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Das Vermögen der 300 reichsten Schweizer ist um 2,2 Prozent gestiegen, trotz wirtschaftlicher Herausforderungen. Die Schweiz bleibt ein Paradies für Wohlstand und Stabilität.
«Wir gönnen uns fast schon losgelöst wirtschaftsfeindliche Debatten um Erbschaftssteuern und UBS-Bestrafung», sagt Chefredaktor Dirk Schütz.
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Jedes Jahr ist der letzte Freitag im November ein besonderer Tag im BILANZ-Kalender: Unsere Ausgabe zu den 300 Reichsten erscheint nach vier Monaten intensiver Arbeit – und jedes Jahr stellt sich wieder die Frage: What’s the story of this year? Und da bleibt schweizerisch-nüchtern festzuhalten: Ein Hoch auf die Stetigkeit. Gewiss, wir haben wieder viele spannende News – einen italienischen Software-Helden namens Andrea Pignataro, wohnhaft in St.Moritz, als Neueinsteiger mit 27 Milliarden auf Platz drei, einen Zementbaron namens Jan Jenisch nach seinem diesjährigen 37-Millionen-Paket neu in der Kategorie «Manager», den Fall des Blocher-Clans aus den Top-Ten. Der Sieger musste Federn lassen: Minus 4 Milliarden für Chanel-Eigentümer Wertheimer. Aber bei neu 33 Milliarden verkraftbar. Doch insgesamt läuft alles gemächlich-kontinuierlich in bestem Schweizer Sinne: Das Vermögen der 300 Reichsten ist um 2,2 Prozent gestiegen – stärker als die Wirtschaft in diesem Jahr, aber weniger als der SMI. Diese Ruhe dürfen wir feiern. Die Schweiz hat als wehrloser Kleinstaat vom Allmächtigen im Weissen Haus mehr als drei Monate den höchsten Zollsatz der westlichen Welt aufgebrummt bekommen, die Exportwirtschaft ächzt zusätzlich unter den Stürmen in den Nachbarstaaten, der starke Franken drückt. Doch wir gönnen uns fast schon losgelöst wirtschaftsfeindliche Debatten um Erbschaftssteuern und UBS-Bestrafung. Da ist Kontinuität bei den Reichsten die wahre Story: Fast schon paradiesisch.
Und auch das Gezeter um die Oval-Office-Milliardäre geht weiter: Da haben also die Juso Strafanzeige wegen «Verdachts auf Bestechung fremder Amtsträger» eingereicht, was sich auch als vorauseilende Ablenkung von der hoffentlich deutlichen Schlappe am Sonntag bei der Erbschafts-Steuerinitiative interpretieren lässt. Da steigt selbst die Financial Times ein: Sie konstatiert ein angebliches Unbehagen über die «Oligarch diplomacy» und führt als Zeugen Männer auf, die offenbar viel tun für ein Zitat in der Wirtschafts-Pravda: Ein gewisser David Bach vom IMD spricht von «discomfort», ein gewisser Daniel Woker, ehemals Schweizer Botschafter in Australien, rückt das Verhalten gar «nahe an Korruption». Lässt sich eben leicht sagen von Menschen, die keine Verantwortung tragen. Interessant hier: Der neue Novartis-Präsident Giovanni Caforio, der sich in unserer neuen Ausgabe erstmals zu dem Thema äussert. Der Römer mit amerikanischem Pass, als langjähriger CEO des US-Pharmamultis BMS mit dem amerikanischem Markt bestens vertraut, stellt sich über das tagesaktuelle Getümmel. Es gebe ein grosses Potenzial in den USA, da beeinflusse die «aktuelle politische Dynamik nicht wirklich eine Firma wie Novartis, die lange Zyklen hat und in langfristige Innovation investieren muss.» Langfristig denken: Eine Eigenschaft, die man eher nicht mit Trump verbindet. Aber mit Novartis und dem neuen Chairman schon: Er hat eine Zehn-Jahresperspektive, die USA sind bei weitem der lukrativste Pharmamarkt der Welt, und bei Novartis ist das Aufholpotential besonders gross. Trump als Nebengeräusch. Nice.
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Jetzt also auch noch die EZB, wieder einmal als Nachzügler: Wie IWF und Bank of England warnt auch sie vor den «überdehnten Bewertungen» von Tech-Aktien wie Nvidia, Alphabet oder Microsoft und konstatiert Anleger-Fomo: Fear of missing out. Auch wenn manche langjährige Gewissheiten in den Zeiten des Don ins Wanken geraten: Dass Kapitalmärkte relevante Informationen einpreisen, darf noch immer als fast sicher gelten. Und das heisst im Umkehrschluss: Sie rechnen auch die seit Wochen ausufernd dokumentierten Crash-Ängste ein – und bleiben dennoch stabil bis steigend. Trösten wir uns also mit der Weisheit: Dass alle darüber reden, macht den Crash unwahrscheinlicher – erstmal. Längerfristig gilt: All bets are off. Aber das gilt ja immer.
Und wo wir schon bei den Reichsten sind: Nächsten Donnerstag veröffentlicht auch die UBS ihren jährlichen «Billionaires Ambitions report». Mehr als 2500 Milliardäre zählt der Planet bislang gemäss der UBS-Datenbank, wir orten davon die Rekordzahl von 156 in der Schweiz oder mit Schweizer Pass: Sechs Prozent der Milliardäre bei 0,1 Prozent der Weltbevölkerung – ein Wohlstands-Indikator, auf den die Schweiz stolz sein darf. Das Schöne daran: Auch die Mehrheit der Bevölkerung sieht es so, wie der Abstimmungs-Sonntag klar zeigen dürfte. Der Exodus bleibt aus.
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