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In Schweizer Hotels steht persönlicher Service im Mittelpunkt. Individuelle Betreuung und authentische Gastfreundschaft wird grossgeschrieben.
Claus Schweitzer
Mike Wehrle ist gastronomisches Mastermind der Bürgenstock Collection und aktuell von der BILANZ zum «Culinary Director des Jahres» gekürt.
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Die Gäste kommen in Hotels, um eine gute Zeit zu verbringen. Im Kern geht es dabei überall um dasselbe: Aufmerksamkeit, Wohlbefinden und das Gespür des Teams dafür, was die Gäste erwarten und was sie individuell glücklich macht. Oft sind es einfache Dinge, die den Unterschied ausmachen: der Bündner Chardonnay als Willkommensgruss auf dem Zimmer, der frische Ingwertee mit viel Honig, an den sich die Frühstückskellnerin schon am zweiten Morgen erinnert. Der vertraute Skilehrer und der Tisch im Lieblingsrestaurant, den der Concierge bereits zwei Wochen vor Anreise reserviert – denn manche Wünsche brauchen etwas Vorlauf.
«Das Geheimnis aufmerksamer Gastgeber liegt darin, herauszufinden, was jeden einzelnen Gast in genau diesem Moment und während seines Aufenthalts so richtig freuen würde», sagt Meike-Cathérine Bambach, Direktorin des neuen «BelArosa Chalet» in Arosa. Sie lebt es vor: eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, die Bedürfnisse der Gäste zu erkennen oder aktiv zu erfragen, ihre Erwartungen zu erfüllen – und sie im Idealfall mit kleinen, persönlichen Gesten zu überraschen. Das Wichtigste dabei: «Es muss von Herzen kommen.»
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Sich auf Menschen einzulassen und intuitiv in sie hineinzudenken, sei der Schlüssel zu einem einzigartigen Gästeerlebnis, bekräftigt Richard Leuenberger, Managing Director des Badrutt’s Palace und unser «Hotelier des Jahres 2025».
Rund 650 Mitarbeitende – im Sommer etwa die Hälfte – sorgen für eine massgeschneiderte Erfahrung im Engadiner Alpenpalast und lassen ihre Arbeit mühelos erscheinen, auch wenn sie es nie ist. Viele von ihnen verleihen ihrem spezifischen Knowhow eine besondere Note, die den Unterschied ausmacht: Humor, Anmut, Empathie oder persönliche Empfehlungen aus der Region. Bei aller Theatralik des legendären Hotels legt Leuenberger grossen Wert auf ein warmes, authentisches Auftreten seines Teams: «Unsere Mitarbeitenden sollen keine Rolle spielen, sondern in gesundem Mass sie selbst sein. Unsere Gäste kommen nicht nur wegen des Luxus ins Badrutt’s – den haben sie auch zu Hause. Sie kommen zu uns, weil wir uns um sie kümmern.»
Von der Empfangschefin zum Hotelkoch: Es sind die Mitarbeitenden, die exzellenten Service und individuelle Erlebnisse für Gäste möglich machen. Lesen Sie hier die Porträts.
Ein Hotel kann kaum genug in seine Servicekultur investieren. Wenn der Service überzeugt und selbst unter hoher Belastung eine gewisse Leichtigkeit bewahrt, sehen auch kritische Gäste über kleinere Schwächen eines Hauses hinweg. Wie in anderen Dienstleistungsbranchen gilt auch hier: Langfristig hat jedes Unternehmen die Mitarbeitenden, die es verdient. «Dafür muss man selektiv sein und ein Umfeld mit einer positiven Kultur, flachen Hierarchien und agilen Formen der Zusammenarbeit schaffen», erklärt Leadership-Professor Wolfgang Jenewein in einem Interview mit der Handelszeitung. «So etwas spricht sich herum – und gute Leute ziehen wiederum gute Leute an.» Manche Hotelgruppen, auch in der Schweiz, lassen jedoch den Respekt gegenüber langjährigen, verdienten Mitarbeitenden vermissen. Bereits bei geringfügigen Meinungsverschiedenheiten werden diese freigestellt. Die aus internationalen Hospitality-Konzernen übernommene Devise «Hire and fire» schadet nicht nur dem einzelnen Haus, sondern untergräbt das Vertrauen in die gesamte Branche. Denn unter solchen Bedingungen will heute kaum noch jemand in der Hotellerie arbeiten.
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Ganz anders das Beau-Rivage Palace in Lausanne: Schon ein flüchtiger Blick genügt, um die aussergewöhnliche Dichte an Talenten in allen Abteilungen zu erkennen. Stellvertretend für das gesamte Team um General Manager Benjamin Chemoul wird in diesem Jahr Empfangschefin Viktoria Panas ausgezeichnet. Doch auch die Concierge-Crew um Sylvie Gonin, die Verantwortlichen der drei Restaurants sowie viele weitere Mitarbeitende zeigen sich derzeit in Bestform und verkörpern gelebte Gastlichkeit mit Leidenschaft. Das Resultat: Als Gast spürt man schon in den ersten Minuten – noch bevor man sein Zimmer oder das Restaurant betritt –, dass man in einem der besten Hotels der Schweiz angekommen ist.
Ähnlich beeindruckend ist die Vielfalt herausragender Persönlichkeiten im Kulm Hotel St. Moritz, im Gstaad Palace sowie in den beiden Tessiner Tophäusern Castello del Sole und Eden Roc Ascona. Für Letzteres holt Katrin Wilhelm den Titel «Restaurantleiterin des Jahres 2025».
So erfreulich diese Beispiele individueller Exzellenz auch sind – sie stehen in deutlichem Kontrast zu einem grundlegenden Strukturproblem der Branche: «Die Hotellerie wächst weltweit schneller, als qualifizierte Fachkräfte nachkommen», sagt Mike Wehrle, gastronomisches Mastermind der Bürgenstock Collection und aktuell von der BILANZ zum «Culinary Director des Jahres» gekürt. Sein Talent, Menschen zu fördern und zu inspirieren, ist ebenso bemerkenswert wie seine Fähigkeit, seine Teams in den verschiedenen Restaurants auf persönlicher Ebene zu erreichen – so, wie es Gastgeber idealerweise im Umgang mit ihren Gästen tun.
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Zwar hat sich die Personalsituation nach den Pandemiejahren etwas entspannt, aber die zentrale Herausforderung bleibt: die nächste Generation für eine Laufbahn im Gastgewerbe zu gewinnen – und erfahrende Mitarbeitende langfristig zu binden. Selbst renommierte Häuser, vor allem in ländlichen Regionen, konkurrieren heute häufiger um loyale Fachkräfte als um zahlungskräftige Gäste. Dennoch fehlt es vielerorts an entschlossener Initiative, um attraktive und zukunftsfähige Ausbildungsplätze zu schaffen. Auch eine klare Strategie, wie sich Hotels als zeitgemässe Arbeitgeber positionieren und ein überzeugendes Employer Branding etablieren können, bleibt oft aus.
«Wie wir uns als Familienunternehmen mit einer gelebten Mitarbeiterkultur nach aussen hin präsentieren, wird immer entscheidender», sagt Marguita Kracht, die das Zürcher «Baur au Lac» in siebter Generation gemeinsam mit ihrem Vater Andrea führt. «Man kann das schönste Hotel haben, aber letztlich kommen die Gäste wegen des Services – und wegen der Menschen, die ihn mit Herz und Engagement verlässlich erbringen.»
Auch Andrea Scherz, Hausherr im Gstaad Palace, unterstreicht den menschlichen Faktor: «Viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit zehn oder mehr Jahren Teil unseres Hauses. Man kann sich kaum vorstellen, wie viele Leben sie in dieser Zeit berührt und mitgeprägt haben.» Für ihn ist langfristiges Denken essenziell – entsprechend investiert er gezielt in die Entwicklung und den Erhalt eines stabilen Teams, insbesondere beim Nachwuchs. «Wir arbeiten daran, das gegenseitige Commitment zu stärken und ein abteilungsübergreifendes Wir-Gefühl zu kultivieren», sagt er. «Gerade junge Menschen fühlen sich heute oft orientierungslos oder allein – umso wichtiger ist es, ihnen ein Umfeld zu bieten, das echten Zusammenhalt und einen familiären Spirit vermittelt.»
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Hotels, die so zuverlässige Teamplayer wie Daniela Probost (Gouvernante im «Alpina Gstaad»), Urs Gschwend (Küchenchef im «Bergwelt Grindelwald») oder Raphaël Mathon Goupil (Chef-Concierge im Beau-Rivage Genève) an Bord haben, müssen sich um vieles keine Sorgen machen. Denn für Gäste ist ein Hotelaufenthalt vor allem eines: eine Kette von Begegnungen mit Mitarbeitenden. Und jeder Einzelne kann mit seinem persönlichen Beitrag das Gasterlebnis entweder zum Hochgenuss oder zu einem Desaster machen. Wer dabei auf Teammitglieder wie Sabine Schanzenbach (Spa-Leiterin im «Dolder Grand»), Loris Lenzo (Sommelier im Hotel Einstein in St. Gallen) oder Fabien Theisgen (Barchef im «La Réserve Genève») trifft, begegnet mehr als nur zugänglichen Gastgebern. Es sind Menschenversteher, Wunscherfüller, Möglichmacher – und echte Persönlichkeiten, die über Schema F hinausdenken und ihren Häusern erst den unverwechselbaren Charme verleihen. Ihr Antrieb? Nichts weniger, als ihren Gästen eine wunderbare Zeit zu bereiten.
Das 29. BILANZ-Hotel-Ranking zeigt die aktuellen Spitzenreiter, die Aufsteiger und die Newcomer quer durch Europa und in der Schweiz. Lesen Sie hier.
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