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Zwei Ex-Migros-Manager wagen den Neustart mit Subway – und fordern Platzhirsch McDonald’s heraus.
Markus Laenzlinger (l.) und Sebastian Becker kennen sich von Migrolino. Dort expandierten sie rasant und stärkten das Convenience-Angebot.
Kim Niederhauser für BILANZWerbung
Vor knapp einem Jahr wurde Markus Laenzlinger fast erschlagen – von einem Dokument des Fast-Food-Konzerns Subway. Der langjährige Migros-Manager knallt demonstrativ den ausgedruckten Franchisevertrag auf den Tisch. 389 Seiten umfasst das Werk, das die Zusammenarbeit mit Subway regelt. Gemeinsam mit Sebastian Becker – ebenfalls ein Ex-Migros-Mann – möchte Laenzlinger die in der Schweiz dahinsiechende Fast-Food-Marke auf Vordermann bringen und auf Expansionskurs führen. Ihr Ziel: den Schweizer Fast-Food-Markt neu aufmischen – mit einem Konzept, das sie grundlegend überarbeitet haben. Doch das Unterfangen erweist sich als anspruchsvoller als gedacht.
Als Master-Franchisenehmer haben die beiden das exklusive Recht, neue Subway-Filialen in der Schweiz zu eröffnen, und bestimmen über die bestehenden Standorte. Doch der Unterschrift beider Parteien im August 2024 waren zähe Verhandlungen vorausgegangen. Zwei Subway-Delegationen aus den USA schickten Laenzlinger und Becker unverrichteter Dinge wieder nach Hause. Erst beim dritten Anlauf kam der Deal endlich zustande.
Nun stehen die beiden vor der dunkelgrünen Wand der im vergangenen Oktober eröffneten Subway-Filiale im Einkaufscenter Glatt. Sie ist eine Schweizer Besonderheit. Eigentlich schreibt die US-Zentrale der Sandwich-Kette mit über 37'000 Filialen weltweit einen deutlich grelleren Grünton vor. «Unsere Variante sieht einfach besser aus», sagt Markus Laenzlinger. Das ist nicht das einzige Zugeständnis, das die langjährigen Migros-Manager den Amerikanern abgerungen haben.
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Die Retail-Profils sind ein zähes Ringen um Vertragsdetails gewohnt. Sie kennen sich von Migrolino – eine der Erfolgsgeschichten des Migros-Konzerns. Laenzlinger verhandelte dort als Migrolino-Chef hart, etwa mit den internationalen Erdölkonzernen Shell und Socar über die Konditionen für Tankstellenshops der Migros-Tochter. 2009 erhielt er von seinem damaligen Chef, Handelsleiter Dieter Berninghaus, eine ehrgeizige Mission: Migrolino, damals mit etwas mehr als einem Dutzend Filialen, sollte den Konkurrenten Coop Pronto innert vier Jahren überholen. Die Herausforderung war gewaltig – Coop verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über mehr als 200 Standorte. Die Aufholjagd gelang. Laenzlinger und sein Team lieferten. Der Ausbau des Convenience-Angebots sorgte in der Branche für Respekt. Sandwiches und andere frische Lebensmittel lieferte Migrolino auch an unabhängige dritte Ladenbetreiber. Für diesen Bereich war Sebastian Becker zuständig. Der Leistungsausweis bezüglich Expansion und Frischesortiment dürfte den Ausschlag gegeben haben, dass die Amerikaner den beiden die Verantwortung für Subway anvertrauten.
Ihre Ambitionen sind hoch: Heute zählt Subway in der Schweiz 56 Standorte – bis 2031 sollen es 130 Filialen werden. «Unser Ziel ist es, bei der Anzahl Standorte nahe an McDonald’s heranzukommen», sagt Laenzlinger. Er verantwortet als Präsident die Expansion, während sich der 40-jährige Sebastian Becker als CEO ums Tagesgeschäft kümmert. Sie agieren unter dem Dach der dafür gegründeten Convenience House, die neben Subway auch weitere Ketten als General-Franchisenehmer prüft. Doch vorerst wartet bei Subway viel Arbeit.
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Als Laenzlinger und Becker die definitiven Zahlen für 2024 in ihren Händen hielten, mussten sie erst einmal leer schlucken: ein Rückgang der Gästezahlen um 15 Prozent – schlimmer als erwartet. Inzwischen konnten sie den Negativtrend stoppen, die Kundenfrequenzen steigen. Neue Filialen kommen laufend hinzu, das aufgefrischte Konzept findet Anklang bei der Kundschaft.
Die Erneuerung ist dringend nötig. «Einige Standorte haben den Charme einer alten Holzhütte. Das sieht abschreckend aus», sagt Sebastian Becker. Auch mit dem Markenauftritt haperte es bislang. «Als ich meiner Frau von unseren Plänen erzählte, fragte sie mich ernsthaft, ob es Subway in der Schweiz überhaupt noch gibt.»
In den neuen Filialen hat sich nicht nur die Wandbemalung verändert. Die wichtigste Neuerung sind die grossen Bildschirme am Eingang. Wie bei anderen Fast-Food-Ketten längst Standard, kann die Kundschaft ihre Bestellung nun direkt am Screen aufgeben. Das System dafür haben die Schweizer Franchisenehmer selbst entwickelt – keine einfache Aufgabe. Denn Subway ist bekannt dafür, dass sich jedes Sandwich vom Brot bis zur letzten Zutat individuell zusammenstellen lässt. Eine erste Version war zu komplex: Kundinnen und Kunden verliessen das Restaurant, ohne überhaupt bestellt zu haben. Nach Anpassungen funktioniert das System inzwischen reibungslos. Zwar kann man weiterhin an der Theke beim Personal – im Subway-Jargon «Sandwich Artists» – bestellen, doch die meisten Gäste ziehen die Bildschirme vor. Die Rechte an der Software liegen bei den Schweizern. Sie hoffen nun, dass auch andere Ländergesellschaften das System übernehmen – gegen Lizenzgebühr, versteht sich.
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Vom Brot bis zur letzten Zutat können die Kundinnen und Kunden ihren «Sub» selber zusammenstellen.
Getty ImagesVom Brot bis zur letzten Zutat können die Kundinnen und Kunden ihren «Sub» selber zusammenstellen.
Getty ImagesStatt dem früheren Holzhütten-Charme setzt das neue Restaurantdesign auf eine helle Atmosphäre. Eine Lounge lädt zum Verweilen ein. Die Stühle – im Gegensatz zur Konkurrenz nicht festgeschraubt – sorgen für Flexibilität. In der Filiale im Einkaufszentrum Glatt, wo regelmässig grössere Gruppen einkehren, hat sich das Konzept bewährt. Dass sich gelegentlich auch Kunden aus dem benachbarten McDonald’s-Restaurant zu einer Gruppe hinzugesellen, die bei Subway bestellt hat, wertet Becker als stillen Triumph. Er kümmert sich selbst um die Details – etwa wenn er für die Fotos dieses Beitrags den Getränkekühlschrank öffnet und die Flaschen so ausrichtet, dass die Etiketten nach vorne zeigen. Problematisch, meint er, werde es erst, wenn man das auch zu Hause mache.
Doch der neue Glanz hat seinen Preis. Die Kosten für den Umbau der bestehenden Restaurants müssen die bisherigen Betreiber selbst tragen – nicht alle wollen oder können das. Entsprechend verläuft die Umstellung nicht überall reibungslos. Unter den Franchisenehmern dürfte es deshalb zu einer Konsolidierung kommen. Weniger Partner werden mehr Filialen betreiben. Eine Handvoll Standorte stehen ohnehin auf der Kippe, weil sie die Gewinnschwelle nur knapp erreichen. Die Expansion wollen Laenzlinger und Becker aber vor allem mit von ihrem Convenience House direkt betriebenen Restaurants vorantreiben. «Wir haben über 20 neue Filialen in der Pipeline», sagt Laenzlinger. Im Raum Basel, in Biel, Neuchâtel und im Mittelland sollen bald Standorte hinzukommen.
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Die Ex-Migros-Manager Markus Laenzlinger (l.) und Sebastian Becker krempeln nicht nur das Design der Läden von Subway um.
Kim Niederhauser für BILANZDie Ex-Migros-Manager Markus Laenzlinger (l.) und Sebastian Becker krempeln nicht nur das Design der Läden von Subway um.
Kim Niederhauser für BILANZDabei macht Laenzlinger neue Erfahrungen. Plötzlich stehen ihm Standorte in Immobilien, die im Besitz des Grossverteilers Coop sind, offen. Zu seinen Migrolino-Zeiten war das praktisch ein Tabu. Gleichzeitig profitiert der 65-Jährige von seinem Netzwerk bei der Migros, die ebenfalls viele Liegenschaften besitzt. Dabei wollte es Laenzlinger nach dem Ende seiner Migrolino-Ära eigentlich etwas ruhiger angehen lassen. Er wurde in den Verwaltungsrat der kriselnden Genossenschaft Migros Zürich gewählt. Doch Subway reizte ihn. «Das ist ein schlafender Riese», sagt er. Sein Engagement für die Imbisskette bedeutete gleichzeitig das Ende im Migros-Gremium. Dort sah man wegen der eigenen Gastrobetriebe potenzielle Interessenkonflikte.
Subway ist mit ihren ehrgeizigen Expansionsplänen derweil nicht allein – auch andere Fast-Food-Konzerne haben Appetit auf mehr Schweiz. Der Branchenprimus McDonald’s hat unter der Leitung der Länderchefin Lara Skripitsky nochmals kräftig aufgedreht. Pro Jahr eröffnet der US-Riese bis zu sieben neue Standorte. «In vier bis fünf Jahren dürften wir auf gegen 220 Restaurants kommen», sagte Skripitsky kürzlich zu BILANZ. Heute sind es 183. Mit grossem Abstand folgt Burger King als Nummer zwei im Schweizer Schnellimbiss-Markt. Beim Ausbau zeigt sich das Unternehmen jedoch zurückhaltender. Burger King wollte eigentlich im laufenden Jahr die Marke von 100 Filialen knacken. Laut Schweiz-Chef Nils Engel wird man das Ziel verfehlen. «Wir wählen neue Standorte sorgfältig aus und achten darauf, bestehende Burger-King-Filialen nicht zu kannibalisieren», sagt er. In den kommenden Jahren seien jeweils drei bis fünf Neueröffnungen geplant. Die Erstellung von Filialen ist teurer geworden – nicht zuletzt wegen verschärfter behördlicher Auflagen, die Genehmigungsprozesse und Bauprojekte verkomplizieren. «Dennoch expandieren wir weiterhin, weil wir an das Potenzial des Schweizer Marktes glauben.»
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Burger King plant vorsichtig
Nils Engel, Schweiz-Chef des Burgerbraters, achtet darauf, mit neuen Filialen die bestehenden Standorte nicht zu kannibalisieren.
Salvatore Vinci / 13 PhotoMcDonald’s zieht davon
Unter Länderchefin Lara Skripitsky hat der Branchenprimus in Sachen Expansion nochmals zugelegt. Rund 40 Schweizer Restaurants sollen hinzukommen.
Boris Müller für BILANZBurger sind auch bei Anlegern gefragt. Vor allem die McDonald’s-Aktie zeigt im längerfristigen Vergleich eine starke Performance. Binnen 20 Jahren hat sich der Kurs vervielfacht. Etwas holpriger der Verlauf von Restaurant Brands International, zu der neben Burger King auch Ketten wie Popeyes gehören. Subway ist nicht kotiert und gehört der Private-Equity-Gruppe Roark Capital.
Obwohl der Fast-Food-Markt in der Schweiz bereits hart umkämpft ist, interessieren sich weitere Ketten für einen Einstieg – angelockt durch stabile Kaufkraft, gut erschlossene Infrastruktur und den Trend zu schnellen, urbanen Essgewohnheiten. Doch selbst grosse Namen zögern. Taco Bell etwa kündigte bereits vor über einem Jahr den Markteintritt an. Bis heute ist kein einziges Restaurant eröffnet.
Die Expansion von Subway sorgt bei der Konkurrenz für gemischte Reaktionen. «Schwierig. Die Schweizer holen sich ihre Sandwiches gerne beim Bäcker», sagt der Franchisenehmer einer anderen Kette. Das Konzept wirke veraltet, «in den 1990er-Jahren stecken geblieben», meint eine weitere Stimme aus der Branche – eine strategische Neuausrichtung sei überfällig. Einen Vorteil könne man Subway jedoch nicht absprechen: «Die brauchen wirklich keine grosse Küche, nicht einmal einen Dampfabzug, weil nichts gebraten oder frittiert wird.»
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Diesen Trumpf wollen Laenzlinger und Becker voll ausspielen.«Mit Subway sind wir äusserst flexibel – wir können sowohl kleine als auch grosse Filialen realisieren», sagt Laenzlinger. Doch nicht nur diese Anpassungsfähigkeit erleichtert die Standortsuche. Wenn Läden von Unternehmen wie Weltbild, Bodyshop oder Bestsmile dichtmachen, werden Flächen frei. Nun überlegen sich die Subway-Macher, klar schneller als bisher angekündigt zu expandieren. «Wir sind in Gesprächen mit Investoren. Falls wir uns einigen können, sind deutlich mehr als die auf mittlere Sicht geplanten 130 Standorte möglich.»
Zudem prüfen sie unter dem Dach von Convenience House, weitere Fast-Food-Brands zu betreiben. Taco Bell und deren Tex-Mex-Konzept wurde evaluiert – eine Zusammenarbeit aber wieder verworfen. Stattdessen ist man eine Partnerschaft mit dem Schweizer Start-up Madame Sum eingegangen. Das Unternehmen verkauft Edel-Dumplings mit Zutaten wie Wagyu-Beef, Trüffel oder Alpschwein mit Kimchi – bisher vor allem online. Bald soll der erste physische Laden folgen: als überdimensionierter Dumpling gestaltet und betrieben von Convenience House. «Ähnlich wie bei Subway brauchen wir dafür keine grosse Küche. Die Kosten bleiben dadurch tief», sagt Sebastian Becker.
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Für Subway hat das Schweizer Team bereits zahlreiche Neuerungen in Vorbereitung. Die dunkelgrüne Wandfarbe – statt des international vorgeschriebenen Grellgrüns – soll nicht die einzige lokale Spezialität bleiben. Mit dem Raclette-Sub wurde bereits eine erste Schweizer Spezialität als zeitlich limitiertes Angebot lanciert – mit grossem Erfolg. Demnächst sollen Rice-Bowls das Sortiment erweitern. Das Prinzip bleibt einfach: Die Zutaten, vom Rindfleisch bis zur veganen Alternative, bleiben unverändert, statt Brot bildet Reis die Basis. Auch ein Döner-Sandwich ist in Planung, Arbeitstitel: Dölicious. Für die Vermarktung ist ein in gewissen Kreisen bekannter Influencer vorgesehen.
Auch beim Marketing beschreiten die Schweizer eigene Wege. Als Subway-Superheroes verkleidete Männer und Frauen – sogenannte «Speeders» – rennen in Videos auf TikTok und Instagram durch Schweizer Städte. Bei der jungen Zielgruppe kommt das gut an: Über 14'000 Likes sprechen eine deutliche Sprache. Inzwischen erhält Convenience House sogar externe Marketingaufträge – unter anderem von Dunkin’ Donuts. Diesen Bereich will das Unternehmen nun gezielt ausbauen. Das Nebengeschäft könnte so womöglich zum zweiten Standbein werden.
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Die Zusammenarbeit mit der US-Zentrale von Subway läuft mittlerweile meist reibungslos. Prozessabläufe und Qualitätsstandards sind klar definiert – ansonsten geniessen die Schweizer Generalunternehmer grosse Freiheiten. Das zeigt eine kleine Anekdote: Aus der Zentrale kam der Vorschlag, Ofenkartoffeln mit weissen Bohnen in Tomatensauce ins Sortiment aufzunehmen – kürzlich in Grossbritannien eingeführt. Laenzlinger und Becker mussten nicht lange überlegen: Solche Spezialitäten wollen sie dem hiesigen Publikum lieber ersparen.
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