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Die Themen der Woche: Oval-Office-Audienz , KKS-Botschaft, Novartis & Trump, Richemonts Luxus.
«Sechs Schweizer Wirtschaftsgranden hatten Donald Trump etwas zu bieten, das ihm am stärksten imponiert - Milliarden», sagt Chefredaktor Dirk Schütz.
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Wie Schulbuben hatte der grosse Dominator im August die europäischen Regierungschefs von Macron bis Merz vor seinem Schreibtisch im Oval Office antreten lassen, jetzt zogen die Schweizer Wirtschaftsgranden nach. Und siehe da: Sie hatten etwas zu bieten, das Trump am stärksten imponiert - Milliarden. Reeder-Grande Aponte: 20 Milliarden Franken Vermögen im Familienclan. Richemont-Lenker Rupert: Zehn Milliarden. Partners Group-Vormann Gantner: Drei Milliarden. Mercuria-Chef Jaeggi: zwei Milliarden. Da ist der Präsident nur Mittelmass: Forbes taxierte ihn zuletzt auf 5,1 Milliarden, und das in schwindsüchtigem Dollar. Nur Rolex-Chef Dufour schafft es noch nicht in den Milliardärs-Club. Aber er lenkt die strahlkräftigste Reichen-Marke der Welt. Das öffnet die Tür zum goldverzierten Präsidentenbüro. Dass Trump die Milliardäre als «high level Representatives of Switzerland» begrüsste, passt da in seine Wahrnehmung: Only money matters. Der Trip wurde vor allem von Gantner getrieben, der zum amerikanischen Ex-Schweiz-Botschafter und Trump-Zögling McMullen einen guten Draht hat.
Interessant vor allem, wer nicht dabei war: Nick Hayek etwa, der mit seiner Forderung nach Zöllen auf Goldexporte zur Gegenattacke geblasen hatte. Die Pharma-Manager: No real self-made men. Und vor allem die eigentlichen Repräsentanten der Schweiz: Bundespräsidentin Keller-Sutter, Wirtschaftsminister Parmelin. Bleibt die Frage: Was bringt’s? Es sei um «Handel und Handelsungleichgewichte» gegangen, liess Trump über Social Media verlauten. Es ist nicht auszuschliessen, dass der Präsident devot vorgetragenen Einlassungen von Milliardärs-Kollegen eher zuhört als oberlehrerhaften Belehrungen von Präsidentinnen mit dürrer Staatsbesoldung. Es verdichten sich sogar Gerichte, dass ein Deal nah ist. Doch nur er weiss es, und angesichts des aufflauenden heimischen Wahl-Gegenwinds dürfte er diese Macht besonders geniessen: Genüsslich ein Land vorführen mit rekordhoher Milliardärs-Dichte, das sich nicht wehren kann.
Was für einen baldigen Deal sprechen könnte: Die Aktivitäten von KKS. Am Mittwoch stand die Finanzministerin neben Bahngrande Spuhler in der SRF-Abstimmungs-Arena zur zum Glück fast chancenlosen Erbschaftssteuer-Initiative, gestern gewährte sie dem «Blick» ein breites Interview. Signal: Ich bin noch da. Im Interview kam wie so oft die Botschaft zum Schluss: Das «zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft ist in Kontakt mit den US- Behörden», sagte sie zu einem möglichen Deal. Motto: Wenn er kommt und ich als Bundespräsidentin nicht involviert bin, liegt es nur an der fehlenden Zuständigkeit – und nicht etwa an dem verkachelten Telefonat mit dem Don, wie es die Schweizer Wirtschaftsgranden nur wenig kaschiert flöten. Und natürlich läuft auch schon das Narrativ: Sie habe in bester Schweizer Widerstands-Mentalität «ihre Verantwortung» gegenüber dem mächtigsten Mann der Welt wahrgenommen. Klingt immer gut. Auch wenn es der Schweiz eher nicht genützt hat.
Und zum grossen Pharma-Deal: Dass die Verantwortlichen der Weltfirmen Roche und Novartis nicht dabei waren beim Präsidenten-Treffen, dürfte auch an den stetigen Verhandlungen hinter den Kulissen liegen. «Jede Woche» gebe es ein Gespräch mit der US-Regierung, hatte Novartis-CEO Narasimhan unlängst bei der Präsentation der Neun-Monatszahlen offenbart. Dabei ist die US-Forderung unbestritten: Die Amerikaner, so Trumps Adlaten, subventionierten mit ihren hohen Medikamentenpreise die Forschung der Pharmakonzerne, und deshalb müssten die Anbieter die Preise ausserhalb Amerikas erhöhen. Offenbar steht die britische Pharmaindustrie bereits kurz vor einer derartigen Zusage. Und was sagte der Novartis-Lenker vor kurzem in der NZZ? «Insbesondere in der Schweiz sind die Medikamentenpreise viel zu tief.» Narasimhan ist Amerikaner, und auch der neue Präsident Caforio, gebürtiger Römer, hat einen US-Pass. In den USA lockt für Novartis die höchste Rendite und das grösste Aufholpotential. Der wichtigsten Schweizer Exportbranche wird oft mangelnde Swissness vorgeworfen. Jetzt könnte es sich zumindest für die Aktionäre von Novartis als hilfreich erweisen, dass ihre zwei Vormänner einen US-Pass haben.
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Allerdings: Die Schweiz als das am meisten bestrafte Land der westlichen Welt hält sich trotz des 39-Prozent-Hammers erstaunlich gut. Selbst der grosse Herbst-Blues lässt auf sich warten. Das dürfte auch der reichste Mann beim Treffen im Oval Office demonstrieren: Johann Rupert. Die Halbjahreszahlen von Richemont nächsten Freitag sollten nur wenig Bremsspuren zeigen, weil der Luxuskonzern seine Preise bei Luxusuhren oder Cartier fast gefahrlos erhöhen kann. Die ZKB prognostiziert im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzzuwachs von 3,1 Prozent. Da hat Ruperts Besuch im Oval Office schon fast eine touristische Note.
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