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Lufthansa und Swiss

Klaus-Michael Kühne lässt die Airlines seinen Einfluss spüren

Der Milliardär ist der grösste Aktionär der Lufthansa-Gruppe. Er übt grossen Druck auf Swiss und deren Mutterkonzern aus.

Marc Kowalsky

<p>Rund 30-mal pro Jahr nutzt ­Klaus-Michael Kühne die Swiss.</p>

Rund 30-mal pro Jahr nutzt Klaus-Michael Kühne die Swiss.

Henning Kretschmer, Urs Meier / Montage Bilanz

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Es war der ganz, ganz grosse Bahnhof: Als sich das Flugzeug mit der Kennzeichnung HB-IFA am frühen Nachmittag des 9. Oktober dem Schweizer Luftraum näherte, stiegen drei F/A-18-Kampfjets der Schweizer Luftwaffe auf. An der Landesgrenze nahmen sie den Airbus A350 in Empfang und begleiteten ihn zum Flughafen Zürich. Dort gelandet, wurde das Flugzeug von drei Pistenfahrzeugen mit Gelblicht über den Tarmac eskortiert zur obligatorischen Willkommensdusche durch zwei Feuerwehrautos. Als der Pilot schliesslich das Cockpit über die Gangway verliess, jubelte er ebenso wie die 2000 Personen auf der Zuschauerterrasse. 40’000 Menschen hatten den Überführungsflug aus Toulouse im Livestream mitverfolgt, weitere 36’000 auf Flightradar24.

Swiss-Chef Jens Fehlinger platzte vor stolz, als er sein neues Vorzeigeflugzeug fünf Tage später den Medien vorführte. Fast die gesamte Konzernleitung liess er im Hangar 3 des Zürcher Flughafens antreten, Tennisprofi Stan Wawrinka war Taufpate für den A350 mit dem Namen Lausanne. «Das gibt es in einem Airlineleben wohl nur einmal: ein neues Flugzeug, eine neue Kabine, ein neues Servicekonzept», jubelte Fehlinger. «Das Jahr 2025 wird in die Firmengeschichte der Swiss eingehen!»

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Es ist der längst überfällige Befreiungsschlag für die Airline. Mit dem Airbus A350, dessen erstes Exemplar soeben eingeflottet wurde, soll alles besser werden. Was hatte sich die Fluglinie in letzter Zeit nicht alles anhören müssen, auch von prominenten Vielfliegern: Swiss sei mittlerweile gleich schlimm wie der Billigflieger EasyJet, polterte Bulgari-Chef Christoph Babin öffentlich. Das Airlinegeschäft sei das einzige, in dem Inkompetenz nicht bestraft werde. «Wenn sich Bulgari so verhalten würde, wäre das Unternehmen in Schwierigkeiten!» Werber Frank Bodin assistierte medial: «Es gibt eine grosse Kluft zwischen dem Versprechen der Swiss und dem Erlebnis», die Preise seien nicht mehr verhältnismässig. «Der Ärger über die Verschlechterung im Service ist gross!» Auch Unternehmer und Ex-National- und -Ständerat Ruedi Noser bemängelte öffentlich den schlechten Service und die hohen Preise: «Die Swiss hat definitiv ein Upgrade nötig!»

<p>Der erste Airbus A350 der Swiss wurde mit militärischen Ehren empfangen.</p>

Der erste Airbus A350 der Swiss wurde mit militärischen Ehren empfangen.

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<p>Der erste Airbus A350 der Swiss wurde mit militärischen Ehren empfangen.</p>

Der erste Airbus A350 der Swiss wurde mit militärischen Ehren empfangen.

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Druck vom Zürichsee 

Der gewichtigste Kritiker jedoch sitzt am oberen Zürichsee, in Schindellegi SZ. Klaus-Michael Kühne ist mit knapp 20 Prozent der grösste Anteilseigner der Swiss-Mutter Lufthansa Group. Vor dreieinhalb Jahren stieg der heute 88-Jährige, der mit Logistik (Kühne + Nagel, Hapag-Lloyd, Flix-Bus) zum Milliardär wurde, beim grössten europäischen Aviatik-Anbieter (10 Airlines, 37,6 Milliarden Euro Umsatz) ein. Seither ist er nie mehr eine konzernfremde Airline geflogen (Privatjets lehnt der kostenbewusste Unternehmer sowieso rigoros ab). Rund 30-mal pro Jahr nutzt er die Swiss, jahrzehntelang in der Economy Class, in den letzten Jahren aus gesundheitlichen Gründen meist in der Business Class. Und was er an Bord erlebt, gefällt dem kantigen Unternehmer nicht im Geringsten.

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«Der Komfort und der Standard bei der Swiss sind gesunken», so Kühne in einem viel beachteten Interview der «FAZ». Er bemängelte, dass die Swiss auf der Kurzstrecke oft keine eigenen Maschinen einsetzt, sondern mit Air Baltic fliegt. «Die haben zwar moderne Flugzeuge, aber das ist ein ganz anderes Produkt.» Zudem setze die Swiss auch auf Helvetic Airways. «Die haben sehr enge Flugzeuge. Ich musste damit mehrfach nach Hamburg fliegen. Das war sehr mühsam.» Auch die Konzernschwester Lufthansa bekommt ihr Fett weg: «Man hat die Kernmarke vernachlässigt, sie steht nicht mehr in der ersten Reihe mit Fluggesellschaften wie Emirates und den Fernost-Airlines», so Kühne. «Dass man es so weit hat kommen lassen, bei aller deutschen Gründlichkeit und Perfektion, das wundert mich sehr.» Die ganze Konzernstrategie sei verkachelt, man habe «sich total verzettelt mit wahnsinnig vielen Nebenprodukten und Airlines unter ganz verschiedenen Namen.» Er sei ein Freund von einfachen und übersichtlichen Strukturen. Und: «Bei einer überzeugenderen Geschäftspolitik wäre der Aktienkurs höher.» Gut gebrüllt, Löwe!

Renditedruck 

Nun ist Kühne bekannt dafür, dass er gerne aneckt und Ratschläge bisweilen auch via Öffentlichkeit erteilt. Dass der mit Abstand grösste Anteilseigner eines Milliardenkonzerns so deutliche Worte für das eigene Management findet, ist dennoch äusserst ungewöhnlich. Mit ein Grund: Als Investment ist die Bilanz bisher durchzogen. In diesem Jahr stieg der Aktienkurs, die Lufthansa Group ist damit eine der besten Performer in Kühnes Portfolio, das derzeit stark unter dem Trump’schen Zollwahnsinn leidet. Doch andere Airlines haben sich in den letzten Jahren deutlich besser entwickelt, etwa Ryanair, Delta oder United, auch die türkische Pegasus oder Turkish Airlines. Derzeit oszilliert der Aktienkurs der Lufthansa Group zwischen sechs und acht Euro: «Das ist viel zu wenig bei dem Rad, das sie drehen. Der war vor Corona auch mal über 20», sagt Jürgen Ringbeck, Airlineberater und Honorarprofessor für Transportmanagement an der Otto Beisheim School of Management.

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Swiss und ihre Schwester Edelweiss machen zusammen knapp die Hälfte des Konzerngewinns aus, doch weil die Hauptmarke Lufthansa defizitär ist, erzielt der Konzern nur 4,4 Prozent Rendite. Europäische Wettbewerber wie Air France-KLM und vor allem IAG (British Airways, Iberia) übertreffen diesen Wert teilweise deutlich mit 5,1 respektive 17,3 Prozent, ebenso die Billigflieger Ryanair (13,2 Prozent) und EasyJet (6,3 Prozent). Nun hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr ein Ziel von 8 bis 10 Prozent ausgerufen. 700 einzelne Massnahmen wie etwa der Abbau von 4000 Verwaltungsstellen hat er dafür definiert. «Mit dem Einstieg von Herrn Kühne ist ein sehr viel höherer Druck entstanden, Rendite zu liefern», sagt Heinrich Grossbongardt, Luftfahrtberater bei Expairtise.

Trotz fortgeschrittenen Alters steht Kühne unternehmerisch voll im Saft. Doch Lufthansa ist für ihn nicht nur ein Investment. Auch eine gehörige Portion Patriotismus schwingt mit: Die europäische, speziell die deutsche Exportwirtschaft dürfe nicht in die Abhängigkeit von staatlichen Airlines anderer geopolitischer Machtblöcke kommen, so die Überzeugung des gebürtigen Hamburgers. Deshalb verhinderte er einst mit dem Einstieg bei Hapag-Lloyd den Verkauf der Reederei nach Südostasien. Beim Lufthansa-Engagement spielte sein Vertrauter Karl Gernandt (65) eine zentrale Rolle. Während der Lieferkettenschwierigkeiten in der Corona-Zeit explodierten die Logistikpreise und damit Kühnes Gewinne. Im Bemühen, das Portfolio zu diversifizieren, beobachtete Gernandt über längere Zeit die Situation bei Lufthansa, wo der deutsche Unternehmer Heinz Hermann Thiele grösster Aktionär war. Als dieser verstarb und seine Erben verkaufen wollten, schlug Kühne zu. Weitere Anteile nahm man später dem deutschen Staat ab, der während der Pandemie als Aktionär eingesprungen war. Im Mai 2023 zog Gernandt als Kühnes Vertreter in den Lufthansa-Aufsichtsrat ein.

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Qualitätsprobleme 

Es ist ein spezielles Verhältnis, dass die beiden haben. Sie arbeiten seit 2008 zusammen, dennoch siezen sie sich noch immer. Gernandt sitzt im Board von Kühnes Reederei Hapag-Lloyd, ist zudem Vize im VR des Logistikers Kühne+Nagel, präsidiert den Verwaltungsrat der Kühne Holding, die er bis Anfang letzten Jahres auch operativ geführt hatte. Für den statusbewussten und weltmännischen Gernandt ist der Posten als Lufthansa-Aufsichtsrat ein Traumjob – zu toppen allenfalls noch von der Position des Aufsichtsratsvorsitzenden, den zu besetzen Kühne als grösster Aktionär eigentlich das Recht hätte.

<p>Klaus-Michael Kühne und sein langjähriger Vertrauter Karl Gernandt (Bild) haben eine spezielle Beziehung.</p>

Klaus-Michael Kühne und sein langjähriger Vertrauter Karl Gernandt (Bild) haben eine spezielle Beziehung.

Marcelo Hernandez / Funke Foto Services
<p>Klaus-Michael Kühne und sein langjähriger Vertrauter Karl Gernandt (Bild) haben eine spezielle Beziehung.</p>

Klaus-Michael Kühne und sein langjähriger Vertrauter Karl Gernandt (Bild) haben eine spezielle Beziehung.

Marcelo Hernandez / Funke Foto Services

Der gebürtige Hamburger und Ex-Westeuropa-Chef von Holcim kümmert sich jedoch nicht nur gewissenhaft um Kühnes Beteiligungen, sondern auch um alle anderen Sorgen des Milliardärs, und seien sie noch so klein – etwa wenn es ein Problem mit dem Catering auf dessen Yacht gibt. Die Begriffe «Edelassistent» und «Laufbursche» benutzt jemand, der die beiden gut kennt. Zu entscheiden habe Gernandt nichts: «Er muss mit den kleinsten Dingen bei Kühne antreten.» Gernandt selber sieht das ganz anders, zumindest was die Lufthansa angeht: «Herr Kühne lässt mir viel freie Hand. Ich informiere ihn, soweit das im Rahmen der Vertraulichkeit möglich ist.» Klar ist: «Herrn Kühne liegen die Lufthansa-Gruppe und speziell die Swiss sehr am Herzen», wie es Gernandt ausdrückt. Er verfolge jede Entwicklung des Konzerns mit Argusaugen. «Letztes Jahr war die Entwicklung der Lufthansa-Gruppe eines der am intensivsten diskutierten Themen zwischen Herrn Kühne und mir», so Gernandt: «Wir haben zusammen Papiere entwickelt mit unseren Prioritäten und haben sie an Herrn Spohr herangetragen.» Zwei- bis dreimal pro Jahr, so hört man, komme Kühne selber mit der Lufthansa-Spitze zusammen, bei Gernandt ist es gegen achtmal. Und Kühne ist bekannt dafür, dass er an allen Gremien vorbei auch gerne mal einen CEO direkt anruft, wenn ihm etwas nicht passt. Jens Fehlinger hatte mit dem eigenwilligen Unternehmer aber noch keinen persönlichen Kontakt:. «Das findet über den Aufsichtsrat und den Konzernvorstand statt»

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Der tauschte letzten Sommer gleich vier Vorstände aus: Der Vertrag mit Ex-Swiss-Chef Harry Hohmeister, im Konzern für Globale Märkte und Netzmanagement zuständig, wurde ebenso wenig verlängert wie jener von Ex-McKinsey-Mann Detlef Kayser, zuständig für Flotte und Technologie. Ihm wurde mangelnde Performance vorgeworfen. Christina Förster, zuständig für Markenführung und Nachhaltigkeit, wurde gar trotz noch laufenden Vertrags geschasst. «Dass hier Handlungsbedarf bestand, war ein allgemeiner Eindruck, den auch wir geteilt haben. Wir haben die Umsetzung sehr begrüsst», sagt Gernandt. Wie man hört, soll Kühne sogar verhindert haben, dass Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley besagten Kayser als seinen Nachfolger installieren konnte. Nicht beabsichtigt gewesen war hingegen der Abgang des Finanzchefs Remco Steenbergen, der inzwischen in der Schweiz bei Sandoz arbeitet.

Die Qualitätsprobleme, die Kühne und die anderen Kritiker bemängeln, sind belegbar – und hausgemacht. Im Ranking der besten Airlines haben Swiss und Lufthansa den Anschluss an die Weltspitze längst verloren. Die Swiss oszilliert seit Jahren zwischen Platz 10 und 18 – und das auch nur dank der traditionell starken First Class. Bei Business und Eco wird sie gar nicht mehr unter den Top 20 aufgeführt. Selbst Air France und British Airways gelten im Europaverkehr inzwischen als besser. Die Lufthansa liegt in der Rangliste noch weiter hinten. Viel schlimmer: Im prestigeträchtigen Skytrax-Rating hat sie vor drei Jahren den fünften Stern verloren und fliegt seither nicht mehr in der höchsten Premiumklasse. «Es ist ein Riesenproblem, wenn das Flaggschiffprodukt nicht mehr als Fünf-Sterne-Produkt wahrgenommen wird», so Berater Ringbeck. Mit ein Grund ist die veraltete A340-Flotte auf der Langstrecke: «Swiss und Lufthansa fliegen mit Alteisen durch die Gegend, das schon dringend hätte ersetzt werden müssen», sagt der Luftfahrtexperte Heinrich Grossbongardt.

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<p>Die neuen First-Class-Suiten ­der Swiss bieten zahlungskräftigen Kunden noch mehr Luxus als bisher.</p>

Die neuen First-Class-Suiten der Swiss bieten zahlungskräftigen Kunden noch mehr Luxus als bisher.

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<p>Die neuen First-Class-Suiten ­der Swiss bieten zahlungskräftigen Kunden noch mehr Luxus als bisher.</p>

Die neuen First-Class-Suiten der Swiss bieten zahlungskräftigen Kunden noch mehr Luxus als bisher.

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Genau das passiert nun: Bis 2030 erhält der Konzern 100 neue Fluggeräte wie jenen Airbus A350, den die Swiss gerade stolz vorgestellt hat – eine hohe Schlagzahl. Zehn der neuen Flieger kommen nach Zürich, zwei pro Jahr. Die Einflottung wird also Zeit brauchen. Parallel werden bis 2027 die Kabinen des A330 renoviert, später auch jene der Boing 777. «Swiss Senses» heisst das neue Konzept, es umfasst die Kabine, die Crew, das Essen und die Services. Letztes Jahr entschied man über die Einführung, nun wird es quer über alle Klassen ausgerollt und ist Teil der Qualitätsoffensive der Swiss: «Wir müssen als Premium-Airline führend sein», so Fehlinger, die Kunden würden zunehmend danach fragen. Die Lufthansa führt mit «Allegris» ein ähnliches Konzept ein. «Da machen sie einen gewaltigen Sprung nach vorne auf der Langstrecke, das war auch nötig», so Grossbongardt. Und für die besten Kunden baut der Konzern in Zürich sogar ein neues Lounge-Gebäude. Für den Luftfahrtexperten Cord Schellenberg ist das freilich noch nicht genug: «Man muss den Passagieren auf Europaflügen auch in der Economy ein Premiumerlebnis liefern; ein bisschen Schokolade und Wasser wird nicht reichen.» Die Qualitätsoffensive ist ganz im Sinn von Kritiker Kühne. «Diese Gedanken haben wir intensiv besprochen», so Gernandt. «Wir haben fundamentale Entscheidungen mitbegleiten dürfen, die für uns in die richtige Richtung gehen: Fokus auf Qualität sowie die Zuverlässigkeit des Produkts erstmal in den Vordergrund stellen. Wenn das wieder funktioniert, kann man auch über Effizienzthemen besser sprechen.»

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Problem Pünktlichkeit 

Die von Gernandt angesprochene Zuverlässigkeit ist ebenfalls seit Langem ein Sorgenkind im Konzern. Letztes Jahr gingen die drei Spitzenplätze bei Stornierungen und Verspätungen in Europa allesamt an die Lufthansa-Gruppe: Eurowings, Lufthansa und Swiss waren laut dem Fluggastrechte-Portal Flightright am unzuverlässigsten. Heuer liegen Lufthansa und Swiss noch immer auf den unrühmlichen Plätzen drei und vier. Manche der Gründe sind hausgemacht, etwa fehlende Crews aufgrund des Personalmangels – während Corona hatte der Konzern zu aggressiv Mitarbeiter abgebaut. Andere sind fremdverschuldet. Wegen der geopolitischen Lage wurden Lufträume über Russland und dem Mittleren Osten gesperrt, und es werden mehr Manöver geflogen. Extreme Wetterereignisse sind häufiger gewor den, und in letzter Zeit kommen vermehrt Störungen durch Drohnen hinzu. In der Schuld sieht Fehlinger auch Skyguide, Eurocontrol und Co. «Ein Grossteil der Verspätungen in den letzten Jahren ging auch auf die europaweiten Engpässe in der Flugsicherung zurück.» Das freilich betrifft alle Airlines gleich und erklärt nicht das schlechte Abschneiden der Swiss.

<p>Mit dem A350 will Swiss-Chef Jens Fehlinger bei den Premiumkunden wieder punkten.</p>

Mit dem A350 will Swiss-Chef Jens Fehlinger bei den Premiumkunden wieder punkten.

Keystone
<p>Mit dem A350 will Swiss-Chef Jens Fehlinger bei den Premiumkunden wieder punkten.</p>

Mit dem A350 will Swiss-Chef Jens Fehlinger bei den Premiumkunden wieder punkten.

Keystone

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Immerhin investiert Fehlinger in die Problemlösung: Seit Kurzem gibt es für jeden Flug einen Turnaround-Manager, der sich um eine möglichst kurze Bodenzeit des Flugzeugs kümmert. Die Umsteigezeiten wurden angepasst, und bei schlechter Wetterlage wird frühzeitiger informiert. «Im Vergleich zum letzten Jahr haben wir uns bei der Pünktlichkeit signifikant verbessert. Wir sind aber noch nicht da, wo wir hinwollen, deshalb wird es auch die nächsten Jahre noch Anstrengung brauchen», so Fehlinger.

Schwachstelle Wetlease

Und dann ist da noch das Thema Wetlease: die Tatsache, dass man als Passagier nicht unbedingt mit der Swiss fliegt, obwohl man Swiss gebucht hat. Wegen Lieferschwierigkeiten des Triebwerkherstellers Pratt & Whitney muss die Schweizer Nationalairline einen Teil ihrer Kurzstreckenflotte am Boden stehen lassen. Dafür springen Helvetic und Air Baltic ein. Sie absolvieren pro Jahr stolze 30 Prozent der rund 143’000 Swiss-Flüge – eine Auslagerung, die Kühne besonders stört. «Da gibt es dann auch mal unterschiedliche Meinungen mit der Lufthansa-Führung. Da haben wir letztes Jahr sicherlich viel Geduld aufbringen müssen», so Gernandt. Es ging sogar das Gerücht, bisweilen würde kurzfristig der Flieger gewechselt, wenn Klaus-Michael Kühne auf der Passagierliste steht, um ihn nicht weiter zu verärgern.

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Der deutsche Luftfahrtexperte Cord Schellenberg gibt der Swiss gute Noten, speziell was das Ausspielen der Landeswerte angeht. «Aber das Wetleasing gibt dem ganzen Thema Swissness ein Fragezeichen, gerade im Europaverkehr. Eine Schwachstelle!» Dessen ist man sich bei der Airline bewusst: «Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir alle Flüge lieber selbst fliegen würden», so Fehlinger. «Fakt ist aber, dass uns auf dem A220 für etliche Flugzeuge die Triebwerke fehlen. Deshalb stellt sich dann die Frage: Fliegt jemand anderes für uns, oder fliegt keiner?» Zwar wird sich das Thema mit dem Zulauf an neuen Flugzeugen entspannen. Aber es wird noch bis zum Ende der Dekade dauern, bis sich die Situation wieder normalisiert hat.

Auch Kühnes Vorwurf, der Konzern habe sich mit Nebenprodukten und Airlines verzettelt, geht man nun an: Unter dem Projektnamen «Matrix Next Level» werden Aufgaben zentralisiert, die der Kunde nicht sieht und die bisher jede Airline im Konzern selbstständig organisiert hat. Etwa die Finanzsteuerung, das Netzmanagement der Kurz- und Mittelstrecke, die Angebotssteuerung, den Vertrieb und das Kundenbindungsprogramm Miles & More. «Ich glaube, dass Herr Kühne Herrn Spohr sehr im Nacken sitzt. Wie man nun die Doppelstrukturen angeht und Synergien hebt, da ist deutlich die Handschrift von Kühne zu erkennen», sagt Grossbongardt. «Wir sind nicht mehr eine Gruppe von Airlines, sondern wir sind eine Airlines-Gruppe», so drückt es Spohr aus – sogar dieser Slogan stammt ursprünglich von Kühne.

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<p>700 einzelne Massnahmen hat Konzernchef Carsten Spohr für sein Effizienzprogramm definiert.</p>

700 einzelne Massnahmen hat Konzernchef Carsten Spohr für sein Effizienzprogramm definiert.

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<p>700 einzelne Massnahmen hat Konzernchef Carsten Spohr für sein Effizienzprogramm definiert.</p>

700 einzelne Massnahmen hat Konzernchef Carsten Spohr für sein Effizienzprogramm definiert.

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Es ist ein grosser Schritt für den Konzern, der die Kosten reduziert, aber den einzelnen Airlines einiges an Selbstständigkeit wegnimmt – das böse Wort von der «Swisshansa» macht wieder die Runde, wie schon nach der Übernahme 2005. Entsprechend gross war lange Jahre der Widerstand im Konzern, sehr zur Verwunderung und zum Ärger von Kühne. Der ist nun überwunden. «Wir wollen, dass die Swiss nicht nur für die nächsten zwei Jahre, sondern für die nächsten Dekaden wettbewerbsfähig ist», sagt Fehlinger. «Deshalb werden wir kontinuierlich und konsequent daran arbeiten.» Der A350 ist da ein wichtiger Baustein: Durch den um 25 Prozent niedrigeren Kerosinverbrauch wird er die Effizienz im Konzern deutlich steigen.

Und möglicherweise ist das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Mit gleich sechs Hubs leistet sich der Konzern mehr Drehkreuze als jeder andere Airlineverbund. Und: «Jede Fluglinie hat ihre eigene App, das macht keinen Sinn. Das Gleiche gilt für die Lounges. Und warum braucht jeder Carrier eine unterschiedliche Business Class?», fragt sich Luftfahrtexperte Gerald Wissel von Airborne Consulting. Der Konzern müsse eine einheitliche Identität hinbekommen, die Marke spiele auf der Kurzstrecke eh keine Rolle mehr: «Die Zeit der nationalen Carrier in Europa ist vorbei.»

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Bis dahin ist es vielleicht noch ein weiter Weg. Aber auch der wäre genau nach den Vorstellungen von Klaus-Michael Kühne.

 

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Marc Kowalsky

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