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Machtübergabe oder Machterhalt? CEO Gilles Andrier zieht sich noch nicht zurück, sondern wird Präsident des Verwaltungsrats.
Grosse Fussstapfen: Im März übernimmt Christian Stammkoetter (l.) von Gilles Andrier den CEO-Posten bei Givaudan.
Bilanz Montage/Getty Images/PRWerbung
Mehr als tausend Gäste haben im Zuschauerraum des eleganten David H. Koch Theater am Lincoln Center in New York Platz genommen. Auf dem Programm steht die Verleihung der Fragrance Foundation Awards. Wie jedes Jahr feiert sich auch im Juni 2024 bei diesem Anlass das Who’s who der Duft- und Modebranche, zusammen mit Prominenten, Künstlern und Influencern. Jeder, der in der Branche einen Namen hat, ist in dieser Nacht in Smoking oder langem Abendkleid mit dabei, wenn die «Oscars» der Parfumindustrie verliehen werden. An diesem Abend erhält Gilles Andrier, CEO von Givaudan, eine besondere Ehrung: Er wird in die Hall of Fame der Fragrance Foundation aufgenommen.
Für den Manager ist es nur ein i-Tüpfelchen auf einer Karriere mit einer langen Liste von Erfolgen. Im kommenden März wird er den Chefposten nach zwanzig Jahren abgeben und das Amt des Verwaltungsratspräsidenten übernehmen. Aus der Sicht vieler Beobachter ist dies kein klassischer Generationenwechsel. Es ist vielmehr ein strategischer Schritt, der Andrier in einer mächtigen und zentralen Position im Konzern hält – mit allen Vorteilen und Stolpersteinen, die dies für den Weltmarktführer in der Duft- und Aromenbranche bedeutet.
Givaudan entwickelt Düfte mit einem Katalog von 3000 Riechstoffen. Dabei werden meist synthetische und natürliche Essenzen kombiniert.
Thomas DERONGivaudan entwickelt Düfte mit einem Katalog von 3000 Riechstoffen. Dabei werden meist synthetische und natürliche Essenzen kombiniert.
Thomas DERONDie Bilanz von Andriers zwei Jahrzehnten an der Spitze von Givaudan liest sich wie ein Lehrbuch für erfolgreiche Unternehmensführung. Als er Ende 2004 mit gerade einmal 43 Jahren das Ruder übernimmt, ist Givaudan ein solides, aber regional begrenztes Unternehmen mit 5900 Mitarbeitenden und einem Umsatz von 2,7 Milliarden Franken. Heute beschäftigt der Konzern 16’900 Menschen und erwirtschaftet rund um den Globus 7,4 Milliarden Franken Umsatz. Die Marktkapitalisierung stieg von 5,8 auf 36,6 Milliarden Franken – eine Versechsfachung.
Givaudan entwickelt massgeschneiderte Geschmacks- und Duftlösungen für Lebensmittel- und Getränkehersteller sowie für Kosmetik-, Körperpflege- und Haushaltsprodukte. Zu den Kunden zählen grosse Marken wie Nestlé, Procter & Gamble und Unilever, aber auch zahlreiche kleine, regionale Player. Auch im Luxussektor ist der Konzern aus Vernier im Kanton Genf ein beliebter Partner der grossen Modehäuser geworden. Parfümeure von Givaudan haben in deren Auftrag Bestseller-Parfums wie das ikonische «J’adore» von Dior, «Opium» von Yves Saint Laurent und «Good Girl» von Carolina Herrera kreiert.
Die Parfümeure von Givaudan haben weltbekannte Düfte wie «J’adore» von Dior und «Opium» von Yves Saint Laurent kreiert.
PAULKPORTERDie Parfümeure von Givaudan haben weltbekannte Düfte wie «J’adore» von Dior und «Opium» von Yves Saint Laurent kreiert.
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«Viele Leute haben mir zahlreiche Nachrichten geschrieben, und die gemeinsame Botschaft lautet: Ja, ich habe es geschafft, das Unternehmen um das Dreifache zu vergrössern, die Marktkapitalisierung hat sich versechsfacht», reflektiert Andrier über sein Lebenswerk. «Aber das ist nur ein Teil davon, den jeder vergessen wird. Worauf ich stolz bin, ist die Tatsache, dass wir als menschliches Unternehmen angesehen werden.» Diese menschliche Komponente ist mehr als marketingtauglicher Konzernsprech. Givaudan gilt in der Branche als Top-Arbeitgeber mit sehr positiver Firmenkultur – die Fluktuation ist entsprechend niedrig. Andriers Standing in der Branche ist ausserordentlich, sogar Konkurrenten finden nur lobende Worte für den Manager.
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Andrier ist mit der renommierten Parfümeurin Daniela Andrier verheiratet. Die Deutsche ist Absolventin der Roure Parfümerieschule, die heute zu Givaudan gehört. Gemeinsam haben sie vier Kinder und zwei Enkelkinder. Gilles Andrier ist ein passionierter Sportler. Vor allem Radfahren ist seine Leidenschaft. Eine weitere Passion ist die Musik, deren emotionale Wirkung er mit der von Düften vergleicht. Der gebürtige Franzose mit zwei Master-Abschlüssen in Ingenieurwissenschaften von der ENSEEIHT in Toulouse, einer der Grandes Écoles in Frankreich, steigt 1993 als Controller der Duftdivision und Assistent des CEO bei Givaudan ein. Er geht für das Unternehmen nach New York, arbeitet viele Jahre in Paris und übernimmt sukzessive mehr Verantwortung, bis er 2005 an der Spitze des Konzerns ankommt.
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Mit mehr als zwanzig strategischen Übernahmen hat er Givaudan zum unangefochtenen Weltmarktführer in beiden Kerngeschäften, Duftstoffe (Fragrance & Beauty) und Aromen (Taste & Wellbeing), gemacht. Bei all den Akquisitionen hat Andrier sich nie auf Abenteuer eingelassen. Statt auf spektakuläre Megadeals zu setzen, wie sie Konkurrenten mit gemischtem Erfolg abgeschlossen haben, konzentrierte er sich auf gezielte Übernahmen, die das Portfolio sinnvoll erweiterten. «Givaudan hat wirklich gute Deals gemacht, die sich schnell ausgezahlt haben, und das war auch essenziell für den Erfolg des Unternehmens», sagt Arben Hasanaj, Analyst für Schweizer Aktien bei Vontobel. Während Mitbewerber wie Firmenich oder IFF nach aufwendigen Megafusionen nun einzelne Sparten wieder abstossen wollen, steht Givaudan operativ stärker da denn je.
Drei Jahre nach der gigantischen Fusion von DSM und Firmenich gibt es dort immer noch Probleme bei der Integration der verschiedenen Geschäftsbereiche. Es wird berichtet, dass man sich von der Sparte Animal Nutrition & Health trennen will. Das Vitamingeschäft, das DSM mit in den neuen Konzern gebracht hat, dürfte ebenfalls nach wie vor eine Belastung sein. Auch nach der sehr komplexen Fusion von International Flavors & Fragrances (IFF) mit der Nutrition-und-Biosciences-Sparte von DuPont gab es einige Herausforderungen, vor allem bei der Integration der unterschiedlichen Sparten. Einzelne Geschäftsbereiche wurden wieder abgestossen, um das Portfolio zu fokussieren. Derartige Schwierigkeiten gab es bei Givaudan nicht. Es überrascht daher nicht, dass der Konzern aus Vernier in den letzten Jahren schneller als die Konkurrenz gewachsen ist und Marktanteile gewonnen hat.
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Dieser Erfolg ist auch auf das starke Team zurückzuführen, das Andrier um sich aufgebaut hat. Wie der Brite Stewart Harris, seit einem Jahr CFO und zuvor als Group Treasurer mitverantwortlich für mehrere erfolgreiche M&A-Transaktionen. Oder Anne Tayac, die Französin, die den Bereich Business Solutions aufgebaut hat – jenes Herzstück von Givaudans digitalem Erfolg, das interne Komplexität reduziert und neue Akquisitionen schneller integriert. «Es ist eine von Andriers Qualitäten, gute Leute aufzubauen und zu fördern», bestätigt Aktienanalyst Hasanaj.
Umso überraschender wirkt vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Verwaltungsrats, mit Christian Stammkoetter einen externen Nachfolger für Andrier zu verpflichten. Der 54-Jährige ist derzeit Präsident von Danone in Asien, dem Mittleren Osten und Afrika und wird im März 2025 die Führung übernehmen. Der deutsche Staatsangehörige bringt 25 Jahre Erfahrung im Konsumgüterbereich mit – bei Unilever, Wella und zuletzt Danone. Für Danone hat Stammkoetter in Osteuropa, Spanien und die letzten acht Jahre in Paris gearbeitet. Er bringt internationale Managementkompetenz mit und gewiss ein tiefgreifendes Wissen in der Lebensmittelindustrie. Doch seine Vita weist eine entscheidende Lücke auf: B2B-Erfahrung in der Aromen- und Duftstoffbranche.
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Forschung und Entwicklung sind für Givaudan entscheidend für den Erfolg. 8 Prozent des Umsatzes werden daher in F&E investiert.
PRForschung und Entwicklung sind für Givaudan entscheidend für den Erfolg. 8 Prozent des Umsatzes werden daher in F&E investiert.
PRDie Überraschung der Investoren über diese Wahl zeigte sich an der Börse. Am Tag der Bekanntgabe verlor die Givaudan-Aktie 1,6 Prozent, insgesamt liegt der Kurs etwa 16 Prozent unter dem Stand des Jahresbeginns und zählt damit zu den schwächeren Titeln im SMI. Warum die externe Lösung? Andrier selbst war stark in den Auswahlprozess involviert: «Wir haben einen Nominierungsausschuss mit sehr guter Unternehmensführungserfahrung, und es gab einen langen Auswahlprozess. Wir haben sowohl interne als auch externe Optionen geprüft. Das Ergebnis war, dass Christian Stammkoetter der beste Kandidat für meine Nachfolge wäre.» Zudem kommt er von einem grossen Kunden. Branchenkenner nehmen an, dass auch dies für den Nachfolger gesprochen hat.
«Ich freue mich darauf, auf dem herausragenden Erbe von Gilles Andrier aufzubauen und gemeinsam mit unseren talentierten Teams, Kunden und Partnern weltweit Wachstum und Innovation voranzutreiben», lässt Stammkoetter sich in der offiziellen Medienmitteilung zitieren. Er weiss, dass er in grosse Fussstapfen tritt, das kann man zwischen den Zeilen lesen. Tatsächlich steht er vor gewaltigen Herausforderungen: Die Aromenbranche funktioniert anders als die Lebensmittelindustrie. Innovationen und Research sind essenziell, die Kundenbeziehungen komplex und langfristig angelegt. Zudem fehlt dem Deutschen das interne Netzwerk bei Givaudan – ein Nachteil in einem Unternehmen, das stark von persönlichen Beziehungen lebt.
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Christian Stammkoetter ist noch bis Januar bei Danone tätig, erst dann wird er zu Givaudan stossen. «Ich werde die Jahresergebnisse selbst berichten und ihn langsam einarbeiten, um ihm dann am 1. März die Leitung zu übergeben», erklärt Andrier den Fahrplan. Als Verwaltungsratspräsident will er seinen Nachfolger unterstützen – betont aber die klare Rollenabgrenzung: «Es ist sehr wichtig, dass der neue CEO seinen Platz finden kann.» Die Rollenverteilung von Chairman und CEO ist laut Andrier ebenfalls in Givaudans Governance geregelt.
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Genau diesen Balanceakt kennt er aus eigener Erfahrung. Als er 2004 CEO wurde, war sein Vorgänger Jörg Witmer Verwaltungsratspräsident. Auch Witmer war eine prägende Persönlichkeit in der Geschichte von Givaudan. Als CEO leitete er massgeblich die Abspaltung von Givaudan von Roche und den Börsengang im Juni 2000. «Wir wissen also, wie man mit solchen Dingen umgeht», versichert er. Doch die Umstände waren damals etwas anders: Andrier kannte das Unternehmen, dessen Strukturen und die Branche hervorragend, er hatte bereits elf Jahre Givaudan-Erfahrung in der Schweiz und im Ausland gesammelt.
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Die Strategie für die kommenden fünf Jahre steht bereits fest und trägt Andriers Handschrift. Die Ziele wurden bei der Präsentation der Halbjahreszahlen kommuniziert: Fokus auf schnell wachsende Kunden und Märkte, organisches Wachstum von vier bis sechs Prozent pro Jahr bis 2030, eine Free-Cashflow-Marge von über zwölf Prozent. «Statt eines neuen Winds kann man Kontinuität erwarten», analysiert ein Experte die Lage.
Im kommenden Jahr feiert Verwaltungsratspräsident Calvin Grieder seinen 70. Geburtstag und muss gemäss den Statuten das Amt abgeben. Der langjährige CEO und spätere Präsident des Verwaltungsrats des Familienunternehmens Bühler hatte das Amt bei Givaudan vor zwölf Jahren angetreten. Er ist ein wichtiger Wegbegleiter von Andrier und ein enger Vertrauter. Bei der Generalversammlung im kommenden März wird Grieder seinen Sparringspartner als seinen Nachfolger als Verwaltungsratspräsident vorschlagen. Mit ziemlicher Sicherheit wird Andrier gewählt. «Die meisten Investoren dürften sehr erleichtert sein, dass er dem Unternehmen erhalten bleibt. Es wäre ein grosser Verlust gewesen. Andrier verkörpert fast schon Givaudan», fasst Vontobel-Analyst Hasanaj die Stimmung zusammen.
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Der direkte Wechsel ohne Cooling-off-Periode stösst nicht überall auf Gegenliebe. In Deutschland etwa ist eine zweijährige Auszeit gesetzlich vorgeschrieben, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Einige ESG-orientierte Investoren beurteilen solche nahtlosen Übergänge kritisch. Andrier sieht es pragmatisch: «Die grössten erfolgreichen Unternehmen wie Roche, Nestlé oder L’Oréal haben es so gemacht, und es funktioniert sehr gut.» Zudem werde die Mehrheit des Verwaltungsrates weiterhin unabhängig sein, was mit den Schweizer Best-Practice-Governance-Richtlinien übereinstimme.
Ines Pöschel ist Juristin und berät Firmen bei Governance- und Compliance-Themen.
PRInes Pöschel ist Juristin und berät Firmen bei Governance- und Compliance-Themen.
PRSo ein Wechsel birgt das Risiko, dass die CEO-Nachfolge nur limitierten Gestaltungsfreiraum erhält und die Rolle nicht optimal ausfüllen kann. Der alte CEO ist sein oder ihr neuer Chef. So ist es fraglich, ob der neue CEO etwa die Strategie des Vorgängers fundamental hinterfragen und überarbeiten kann. Kann er Veränderungen in der vom Verwaltungsrat eingesetzten Konzernleitung vornehmen? Ein solcher Wechsel fördert also eher Kontinuität als Veränderung respektive Erneuerung.
Das hängt stark von der Persönlichkeit des bisherigen CEO, also des neuen VRP, ab: Kann sie oder er loslassen und die notwendige Rollenverschiebung leben? Ein CEO führt, entscheidet, spricht, zoomt heran und hat Antworten, mit kurz- und mittelfristiger, operativer Sicht, während ein VRP begleitet, Entscheidungen unterstützt, zuhört und hinterfragt, herauszoomt und Fragen stellt – mit einer langfristig strategischen Sicht.
Das Modell erfreut sich erstaunlicher Beliebtheit, man kann schon fast von einem Revival sprechen. Grundsätzlich gibt es auch Vorteile. Der neue VRP kennt das Unternehmen und die Industrie in- und auswendig. Wenn er als CEO erfolgreich war, sehen die Aktionäre das gerne. Allerdings birgt der direkte Wechsel Herausforderungen und Risiken – primär aufgrund der Bedeutung der VRP-Rolle. Es kann zu ungesunden Machtakkumulationen, Abhängigkeiten und der Verschleppung von notwendigen Veränderungen kommen. In einigen Ländern gibt es daher gesetzliche oder regulatorische Cooling-off-Regelungen. In Deutschland gilt für kotierte Firmen eine Cooling-off-Phase von zwei Jahren.
Ich habe beides erlebt und beobachtet. Erfolgreiche Beispiele sind beispielsweise Lindt & Sprüngli oder Hilti. In den USA ist es üblich, dass der CEO zeitgleich als VRP amtet. Auch in der Schweiz gibt es Doppelmandate, meist aufgrund einer ausserordentlichen Situation, in der diese Lösung effektiv sein kann.
Es gilt als Best Practice, einen sogenannten Lead Independent Director (LID) einzusetzen. Idealerweise eine starke Persönlichkeit, welche die besondere Verantwortung konsequent wahrnimmt. Zudem sollten VRP und CEO ihre Rollen gemeinsam festhalten und einen klaren Modus Operandi vereinbaren. Ob die Intention im Alltag auch gelebt wird, müssen sie offen, ehrlich und regelmässig miteinander und mit dem LID oder dem gesamten VR besprechen. Der Erfolg eines solchen Wechsels ohne Cooling-off ist immer eine Frage der involvierten Persönlichkeiten und deren emotionaler Intelligenz.
Tatsächlich können solche Konstrukte funktionieren. Doch bei Givaudan entsteht eine besondere Konstellation: ein externer CEO, der das Unternehmen erst kennenlernen muss, und ein Verwaltungsratspräsident, der zwanzig Jahre lang jede strategische Entscheidung geprägt hat. Das Machtgefälle ist augenfällig. Andriers Erfolg wird paradoxerweise zum Problem für seinen Nachfolger. Nach zwei Jahrzehnten an der Spitze – länger als fast jeder andere CEO eines SMI-Unternehmens – ist der Franzose zu einer Institution geworden. Nur Nick Hayek von Swatch amtiert noch länger. Bei Givaudan ist Andrier nicht nur CEO, er ist die Verkörperung der Unternehmenskultur.
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Stammkoetter steht vor der Herkulesaufgabe, aus diesem übermächtigen Schatten herauszutreten. Einerseits kann er auf eine intakte Organisation und eine bewährte Strategie bauen. Andererseits muss er beweisen, dass er mehr ist als nur Andriers verlängerter Arm. Die M&A-Kompetenz, die für Givaudans Zukunft entscheidend bleibt, muss er erst unter Beweis stellen. Die jüngste Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung an der brasilianischen Vollmens Fragrances zeigt den Weg auf – solche treffsicheren Transaktionen wollen die Investoren zukünftig auch von Stammkoetter sehen.
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«Ich werde etwas mehr Zeit für mich und meine Familie haben», sagt Andrier über seine Zukunftspläne. «Und ich werde sehen, wo ich mich auch weiterhin für andere Dinge als Givaudan engagieren kann.» Die Altersgrenze von 70 Jahren im Verwaltungsrat gibt ihm theoretisch noch sechs Jahre Zeit bei Givaudan. Praktisch wird man seine Duftnote wohl noch länger in Vernier wahrnehmen.
Made in Switzerland: Am Chemin de la Parfumerie in Vernier ist der Hauptsitz und grösste Produktionsstandort von Givaudan.
PRMade in Switzerland: Am Chemin de la Parfumerie in Vernier ist der Hauptsitz und grösste Produktionsstandort von Givaudan.
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Rückblickend bereut Andrier nichts: «Wir haben keine grossen Fehler gemacht, das ist klar. Hätten wir bestimmte Dinge anders oder besser machen können? Sicherlich, aber man muss immer den Kontext berücksichtigen. Ich bin sehr dankbar dafür, wie wir die vergangenen zwanzig Jahre gemeistert haben.» Eine bemerkenswerte Bilanz. Doch die eigentliche Bewährungsprobe steht noch bevor: War Gilles Andrier nur ein brillanter CEO, oder ist er auch ein weiser Staatsmann, der weiss, wann es Zeit ist loszulassen? Bei Givaudan wird sich in den kommenden Jahren entscheiden, ob Kontinuität ein Segen oder ein Fluch ist.
Es ist ein klassisches Dilemma des Erfolgsverwöhnten: Wer zwanzig Jahre lang alles richtig gemacht hat, dem fällt es schwer zu glauben, dass es auch ohne ihn funktionieren könnte. Gilles Andrier wird beweisen müssen, dass wahre Grösse darin liegt, den Nachfolger nicht nur zu ernennen, sondern ihm auch wirklich das Feld zu überlassen.
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