Guten Tag,
Hotels brauchen Seele. BILANZ befragte 192 Experten, welche guten Geister in Schweizer Tophäusern besonderes Lob verdienen.
Claus Schweitzer
Hotelière des Jahres: Meike Bambach vom Hotel Paradies in Ftan.
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Jeder Vielreisende spürt schon in den ersten Momenten beim Betreten eines Hotels, ob die Mitarbeiter gerne dort arbeiten oder nicht. Und jeder Vielreisende weiss, dass wahrer Luxus im Kern wenig mit spektakulärer Innenarchitektur, berauschenden Spa-Anlagen und ausgeklügelten Gourmetmenüs zu tun hat. Wahrer Luxus hat vor allem mit den Menschen im Hotel zu tun.
Die Menschen im Hotel sind es, die den kaum messbaren, doch alles prägenden «Vibe» eines Hauses ausmachen. Eine harmonische Grundstimmung und ein entspanntes Lebensgefühl kann kein Stardesigner und kein angesagtes Bar-Konzept mit keinem Geld der Welt erzielen, ohne ein glückliches Team von «serving Ladies and Gentlemen» im Hintergrund zu haben, dem es sichtlich Freude bereitet, andere Menschen glücklich zu machen.
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Umgekehrt sind unzufriedene Mitarbeiter der beste Garant für unglückliche Gäste. Um eine Belegschaft von natürlich strahlenden, perfekt zusammenwirkenden Mitarbeitern zu haben, muss man sie mit der entsprechenden Wertschätzung behandeln und jedem Einzelnen ein Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln. Wirklich gute Hoteliers wissen, dass dies nicht mit ein paar punktuellen Massnahmen erzeugt werden kann, sondern ein weit breiter gefasstes Menschen- und Luxusverständnis voraussetzt. «Hotelglück hängt mehr von den fünfhundert Dingen ab, die man nicht sieht und von den ungezählten unsichtbaren Mitarbeitern ausgeführt werden, als von den 25 Dingen, die man tatsächlich sieht», hat die amerikanische Reiseautorin Pilar Guzmán treffend beobachtet.
Hotelière des Jahres
Meike Bambach, Hotel Paradies, Ftan
Anders als die vielen Heute-hier-morgen-fort-Manager zeigt Meike Bambach seit zehn Jahren im «Paradies», wie man gepflegte Lässigkeit mit Leidenschaft verbindet und durch persönlichen Dauereinsatz und kontinuierliche Perfektionierung des Angebots einem Hotel eine Seele verleihen kann. Unlängst hat sie das Haus ins erste «Members only»-Hotel der Alpen verwandelt (für einen ersten Aufenthalt dürfen jedoch auch Nicht-Mitglieder hier absteigen). Es spricht stille Genussmenschen und Individualisten an, die viel Privatsphäre an einem ganz besonderen Rückzugsort suchen und es schätzen, dass sie wie bei Freunden empfangen werden und bei der Ankunft im Zimmer alles so vorfinden, wie sie es besonders lieben. Für Tagesausflüge dient die Hoteldirektorin gerne als Türöffner zu besonderen Adressen – sie kennt das Engadin und dessen Perlen wie kaum jemand sonst. Ständig fragt sie sich: Nach welchen Erlebnissen sehnen sich die Gäste? Und wie bringe ich das Haus noch mehr zum Leuchten? «Es ist die Vielzahl an Details, welche ein Hotel ausmachen», sagt Bambach. «Man weiss nie, welches Detail den Gast berührt.»
Concierge des Jahres
Mina Bayat, Four Seasons Hotel des Bergues, Genf
Kaum ein anderes Hotel in der Schweiz versammelt eine so grosse Anzahl von engagierten Mitarbeitern quer durch sämtliche Abteilungen wie das Genfer Four Seasons. Stellvertretend für die ganze Crew gewinnt Mina Bayat den Titel «Concierge des Jahres». Bereits seit dreizehn Jahren in verschiedenen Funktionen im Haus tätig, lässt sich die Lausannerin von keinem Spezialwunsch aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Je herausfordernder das Anliegen eines Gastes ist, desto mehr läuft sie zur Hochform auf. Ihr sorgsam gepflegtes weltweites Kontaktnetz hilft ihr dabei ebenso wie ihre Vertrautheit mit der Genferseeregion – beide Faktoren geben sehr viel mehr her als die vermeintlich alleskönnenden Smartphones, insbesondere wenn unvorhergesehene Situationen eintreffen oder es um einen Tisch in einem ausgebuchten Restaurant geht. «Google ist grossartig, wird jedoch niemals persönliche Kontakte schlagen», sagt Bayat aus Überzeugung. Stets gut gelaunt, begegnet sie jedem Gast auf Augenhöhe und hat überdies die Begabung, dass sich Celebrities wie anonyme Besucher fühlen können und normale Sterbliche wie Celebrities.
Empfangschefin des Jahres
Mara Horta, The Hotel, Luzern
Die Freude, Menschen glücklich zu machen, steht Mara Horta ins Gesicht geschrieben, und man merkt schnell, dass die junge Managerin an der Front nicht nur eine ausgeglichene Persönlichkeit, sondern auch einen siebten Sinn hat. Dieser ermöglicht ihr, die Erwartungen der Gäste mit den unterschiedlichsten kulturellen und charakterlichen Hintergründen herauszuspüren, den Anforderungen des Moments gerecht zu werden und in heiklen Situationen umsichtig zu improvisieren. Ihre Devise: Wie die Zimmer genau waren, mag mancher Gast wieder vergessen. In Erinnerung bleibt, dass man herzlich empfangen wurde und die Menschen im Hotel jederzeit ansprechbar waren. «Man kann immer auf uns zugehen», sagt die Innerschweizerin. «Wir sind einfach da für unsere Gäste.» Und das nicht nur als digitaler Fragebogen. «Es ist ein faszinierender, stets fordernder Job, weil jeder Tag anders ist und man nie weiss, was als nächstes auf einen zukommt.»
Hotelkoch des Jahres
Stefan Lünse, Lenkerhof, Lenk
Wer im Lenkerhof logiert, braucht sich gar nicht erst die Frage zu stellen, ob er im Hotel oder auswärts essen soll. Fremdzugehen wäre törricht. Stefan Lünse kreiert täglich sechszehn Gerichte in Degustationsgrösse, die man nur anders, aber nicht besser machen kann. Sechs bis sieben Gänge sucht man sich aus, manche Gäste nehmen gleich alle sechzehn. Was aus der Küche kommt, ist stilistisch weit gespannt, darüber hinaus wird man den Veganern und Allergikern gerecht, und Foodie-Motive für perfekte Instagram-Fotos gibt es ebenfalls. Lünse ist der Typus Koch, der – wie man so schön sagt – mit allen Wassern gewaschen ist und dank seiner unaufgeregten Art auch vom ganzen Team geschätzt wird.
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Restaurantleiter des Jahres
Sergio Bassi, Castello del Sole, Ascona
Wer die frisch renovierte «Locanda Barbarossa», das Gourmetlokal im Castello del Sole, betritt, wird von Sergio Bassi empfangen, als wäre er Stammgast. Wer es ist, fühlt sich hier stets willkommen, und wer es nicht ist, ebenfalls. Denn der Maître guten alten Stils macht kaum einen Unterschied zwischen Neulingen und Habitués. Auch versteht es Bassi, sich subtil auf die sehr unterschiedlichen Erwartungen der Gäste einzustellen und er merkt sofort, wie diese drauf sind. Er ist dann an einem Tisch vollkommen zurückhaltend, am nächsten der geduldige Zuhörer, und beim dritten sitzt ihm plötzlich der Schalk im Nacken.
Sommelière des Jahres
Daniela Wüthrich, Victoria-Jungfrau, Interlaken
Während manche ihrer Sommelier-Kollegen wie wandelnde Fachbücher auftreten, versteht es Daniela Wüthrich, ihre neuesten Trouvaillen vom Thuner- und Bielersee, aber auch aus den wichtigsten europäischen Regionen, immer locker und lustvoll an den Gast zu bringen, Wissenswertes quasi en passant zu vermitteln. Auch gelingt es ihr mit beeindruckendem Einfühlungsvermögen, den Wein jeweils nicht nur passend zu den Menüs von Küchenchef Stefan Beer, sondern auch zur Gemütslage des Gastes auszusuchen. Es lohnt sich auf alle Fälle, den Ratschlägen der jungen Emmentalerin zu folgen.
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Barmanagerin des Jahres
Stefanie Baier, Art Deco Hotel Montana, Luzern
Was macht einen guten Barmanager aus? Das Gespür, wenn jemanden der Schuh drückt, die mentale Stärke, um einen ausfälligen Gast in die Schranken zu weisen, sowie das fachliche Wissen und Können, um im Handumdrehen allerlei Drinks zu mixen. Stefanie Baier ist eine dieser raren Barmanager, die auch noch entspannt und unprätentiös auftreten. Während viele ihrer vorwiegend männlichen Kollegen ihr Selbstbewusstsein einer Bugwelle gleich vor sich her schieben, lässt die kommunikative Unterfränkin ihre Gäste strahlen, indem sie jedem einzelnen das Gefühl von Anerkennung, Aufwertung und persönlicher Ansprache gibt.
Housekeeper des Jahres
Karin Gilgen, Hotel Krafft Basel
Karin Gilgen ist ein wichtiger Baustein im Hotelteam. Seit acht Jahren im Haus tätig, hat sie diverse Renovationsschritte mitbegleitet und -gestaltet sowie die Abläufe in der Hauswirtschaft mitoptimiert. Anders als die meisten ihrer Berufskolleginnen ist sie nicht darauf bedacht, jedes Zimmer so nüchtern wie möglich für den nächsten Gast vorzubereiten, sondern sie erlaubt sich, die Gardinen im Zimmer ein Stück weit offen zu lassen oder den Bürostuhl etwas schräg zum Tisch hinzustellen, so dass man beim Eintreten direkt auf den Rhein blickt und das Zimmer wohnliches Ambiente statt steriles Hotelflair verströmt. Auch ist die junge Baslerin keine stille Fee im Hintergrund, der man nur zufällig auf dem Korridor begegnet, sondern als Gastgeberin auf den Etagen jederzeit spür- und ansprechbar.
Spa-Director des Jahres
Therese Martirena, Dolder Grand, Zürich
Stress, Hektik, Beschleunigung prägen unsere Zeit, entsprechend sind wir alle der Erschöpfung nahe. Wellness-Welten versprechen Abhilfe, doch haben ungezählte Hotel-Spas in den letzten dreissig Jahren denkbar merkwürdige und oft wenig spürbare Angebote hervorgebracht. Wer im Dolder Grand Spa abtaucht, kann seinem Körper und Geist echte Wiedergutmachung anbieten und nachhaltig zu neuer Vitalität und Balance finden. Der Weg zum besseren Lebensgefühl ist hier so individuell wie die Gäste. «Wir holen den Gast in seiner individuellen Situation ab, geben ihm, woran es ihm fehlt, und reduzieren, wovon er zu viel hat», erklärt Therese Martirena. Seit 2008 im Dolder Grand Spa tätig und seit 2014 als Director of Spa für das fast fünfzigköpfige Team mit nicht nachlassender Passion verantwortlich, sagt die Frohnatur über sich selbst: «I am Spa.»
Hotelunternehmer des Jahres
Michel Reybier, La Réserve Group
Die drei La Réserve-Hotels in Genf, Paris und Ramatuelle sind seine Herzensangelegenheit, ein weiteres kommt im Herbst in Zürich hinzu (das ehemalige Eden au Lac bei der Oper). Mit dem Schweizerhof Zermatt, dem Michel Reybier im letzten Winter neues Leben einhauchte, brachte er urbanes Flair ins ansonsten eher rustikal geprägte Matterhorndorf. Auch in der Aevis-Victoria-Gruppe, an der Reybier grosse Anteile des Aktienkapitals hält, setzt er seine Visionen in Realitäten um. Gemeinsam ist allen Hotels eine positive Atmosphäre, die auch daraus resultiert, dass der Vielgelobte nicht jeden letzten Franken Profit aus seinen Häusern herauspresst, sondern seine Investitionen als langfristiges Engagement betrachtet, in dem auch eine gute Unternehmenskultur mit treuen Mitarbeitern und gegenseitigem Respekt ein grundlegender Teil der Hotel-DNA ist.
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Wie ein Hotel tickt, merkt man als eintreffender Gast spätestens, wenn man die Rezeption erreicht hat. Vermittelt der Front Office Manager das Gefühl, dass alles für einen vorbereitet ist? Oder wird man zunächst einmal mit nervösem Tastengeklapper, Stirnrunzeln und genereller Unsicherheit über die Reservierung empfangen? Die Hoffnung, ein herzlich erwarteter Gast zu sein, kann sich schon beim Einchecken in Luft auflösen, wenn man am Rezeptionspult erst einmal seine Mail- und Privatadressen ausfüllen muss, die in den Tagen oder Wochen vor der Ankunft längst vom Hotel erfasst hätten sein sollen. Wird man dann aufs Zimmer geführt, kann dies mit ausschweifenden Erklärungen über technische Funktionen von TV, Safe und Bad verbunden sein. Idealerweise aber schaltet der Empfangsmitarbeiter den inneren Autopilot ab und spürt das eventuelle Bedürfnis und die subtile Körpersprache des Gastes, rasch allein gelassen werden zu wollen. Zumindest bis – im ungünstigen Fall – einige Minuten später der Portier klopft, um den Koffer so umständlich (und trinkgeldträchtig) wie möglich in der Garderobe zu platzieren.
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Unabhängig von der Grösse eines Hotels dreht sich heute alles um den individuell richtigen Umgang mit jedem Gast. «Die Fähigkeit eines Hotelteams, sich in den einzelnen Gast hineinzudenken und entsprechend flexibel zu agieren, macht den Unterschied», sagt Meike Bambach. Die Direktorin im Hotel Paradies in Ftan ist sich bewusst, dass sie damit die Achillesferse der weltweiten Hotellerie trifft: den Mangel an Personal, das einen solchen Service umsetzen kann.
Formvollendet und zugleich entspannt den Anforderungen des Moments gerecht zu werden, in hektischen Momenten einen ruhigen Kopf zu bewahren und situationsabhängig herauszuspüren, was für den einzelnen Gast relevant ist, ist ein ständiger Drahtseilakt. Überdies müssen Hotelmitarbeiter zwischenmenschlich vieles abfangen können. Das erfordert eine hohe Sozialkompetenz, weiss Andrea Scherz, Hausherr im Gstaad Palace: «Die Mitarbeiter sollen den Gästen souverän auf Augenhöhe begegnen, aber gleichzeitig nie vergessen, wer vor und wer hinter den Kulissen steht.» Eine grosse Aufgabe, aber auch eine, an der man persönlich wächst.
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Ein Hotel ist heute dann am besten, wenn die Energie und Passion dahinter spürbar wird – so das Verdikt im 23. Hotel-Ranking der BILANZ. Mehr dazu lesen Sie hier.
Als Vollbluthotelier und jederzeit ansprechbare Ankerfigur im Alpenpalast lässt Scherz seinen 300 mehrheitlich langjährigen Mitarbeitern viel Anerkennung und Empathie zuteil werden. «Wir brauchen einander alle, um als Ganzes zu überzeugen», sagt er. «Ein Hotel kann zig Millionen Franken in eine atemberaubende Infrastruktur investieren, doch wenn das Hotelteam keine Seele hat und nicht harmonisch zusammenspielt, bedeutet alles nichts.»
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Auch Stefan Noll, Direktor im Tschuggen Grand Hotel in Arosa, sorgt dafür, dass sich nicht nur jeder Gast, sondern auch jedes Teammitglied willkommen und zu Hause fühlt. Noll hat es in kurzer Zeit verstanden, seine Leute zu fordern und zur Selbstverantwortung anzuleiten. «Statt blind einem Katalog von Service-Standards zu folgen, sollen unsere Mitarbeitenden eigenverantwortlich entscheiden können, wie mit dem einzelnen Gast umzugehen ist», sagt Noll. «Jeder von uns soll authentisch bleiben und seine Arbeit auf seine ganz persönliche Art umsetzen.» Ein konservativ hierarchischer Führungsstil löse beim Personal nur Angst und Paranoia aus, etwas falsch zu machen. «In diesen Betrieben bleibt das vertrauensvolle Klima und der gegenseitige Respekt auf der Strecke – und damit auch die wohlige Atmosphäre.»
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Das «Tschuggen» spiegelt die vielleicht spannendste Tendenz in der Personalpolitik der Schweizer Hotellerie: Vermehrt suchen Hoteliers für ihre Crews wahre Charaktere und lassen ihnen grosszügige Freiräume, sich persönlich zu entwickeln und zu entfalten. So stechen unter den diesjährigen, von der BILANZ ermittelten «Hotelmitarbeitern des Jahres» sechs zugängliche junge Frauen mit positivem Selbstverständnis heraus: Mina Bayat (Chef-Concierge im Four Seasons Hotel des Bergues in Genf), Mara Horta (Front Office Managerin im The Hotel in Luzern), Daniela Wüthrich (Sommelière im Victoria-Jungfrau in Interlaken), Therese Martirena (Spa Director im Dolder Grand in Zürich), Stefanie Baier (Barchefin im Art Deco Hotel Montana in Luzern) und Karin Gilgen (Housekeeper im Hotel Krafft Basel) sind nicht nur besonders talentierte Teamplayer, sondern auch authentische Persönlichkeiten, die ihren Häusern erst den unvergleichlichen Touch geben. Als Gast ist man da in guten, ja in besten Händen.
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Das Hotel-Ranking der BILANZ basiert auf 600 Expertentests in den letzten 18 Monaten, auf einer schriftlichen Umfrage bei 114 Schweizer Top-Hoteliers, auf den aktuellen Wertungen relevanter Reisepublikationen und Testportale sowie auf den Erfahrungen von 78 befragten Hotelkennern und Reiseprofis. BILANZ rechnete die Einstufungen dieser vier Bewertungssäulen in ein einheitliches 100-Punkte-Schema um.
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