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Das Versprechen der Raumplaner wurde nicht eingehalten, sagt Immobilienwirtschaftsprofessor Christian Hilber.
«Dort, wo das Angebot flexibel ist, bleibt Wohnraum tendenziell erschwinglich», sagt Experte Christian Hilber.
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Das Stimmvolk wollte die Zersiedelung nicht länger tolerieren. Schicksalhaft ist die Abstimmung von 2013 zur Revision des Raumplanungsgesetzes. Damals bestimmte der Souverän, dass unbebaute Bauzonen reduziert werden und die Entwicklung in Agglomerationen erfolgen sollen. Ich halte diese Revision für den Ursprung der aktuellen Krise des erschwinglichen Wohnraums.
Auf dem Papier klingt dieses Konzept verlockend. Doch diese Gleichung geht in der Praxis auf längere Frist nicht auf. Die räumliche Verdichtung ist viel aufwendiger, als die meisten denken. Verdichtetes Bauen ist teuer, es dauert viel länger als das Bauen am Stadtrand und weckt Widerstand. Deshalb fehlt es heute zunehmend an Wohnraum. Was am Stadtrand an Wohnbau gebremst wurde, wird im Inneren nicht im gleichen Mass ersetzt. Die Raumplanung hielt ihr Versprechen von 2013 also nicht ein, dass mit Verdichten genügend Ersatzwohnraum geschaffen werde.
«Ein kleineres und teureres Angebot an baureifem Land treibt die Preise nach oben.»
Zersiedelung ist nicht schön und auch nicht nachhaltig. Auch ich finde verdichtetes Bauen wünschbar. Doch es besteht ein Zielkonflikt. Ein kleineres und teureres Angebot an baureifem Land treibt die Preise nach oben. Wohnen wird mit der Zeit unerschwinglich. Wenn wir so weitermachen, hat die Schweiz in zehn bis zwanzig Jahren ein grösseres soziales Problem wegen mangelnden Wohnraums, ähnlich wie in London. Obdachlosigkeit ist nur ein Symptom davon.
Grossbritannien führte in den 1950er-Jahren sogenannte Grüngürtel um die grösseren Städte ein. Ab den 1970er-Jahren wirkten diese Gürtel zunehmend restriktiv. Städte wie London konnten nicht mehr nach aussen wachsen. Gleichzeitig wurde das Wachstum in Innenstädten eingeschränkt. In der Schweiz stehen wir am Anfang dieser Phase und sollten solche Fehler nicht auch machen.
«Mir fällt auf, dass etliche schweizerische Raumplaner und Wissenschafter, die diese Wohnform propagieren, selber in Einfamilienhäusern leben.»
Mir fällt auf, dass etliche schweizerische Raumplaner und Wissenschafter, die diese Wohnform propagieren, selber in Einfamilienhäusern leben. Wir wollen die innere Verdichtung offenbar für andere, aber nicht für uns selbst.
Das Eigenheim ist unerschwinglich geworden. Erschwert haben es die Bankenaufsicht, die Raumplanung und das Volk. Auswege aus der Wohnbaukrise.
London zeigt, dass eine dysfunktionale Raumplanung einen massiven Einfluss auf die Erschwinglichkeit von Wohnungen hat. In den 1960er-Jahren wurden jährlich über 400’000 neue Wohnungen erstellt, heute sind es rund 200’000 bei wachsender Zuwanderung.
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Tiefe reale Zinsen und der Überhang an Anlagegeld spielen zwar eine Rolle, doch dort, wo das Angebot flexibel ist, bleibt Wohnraum tendenziell erschwinglich – auch bei niedrigen Zinsen. Für vermögende Investoren sind solche Anlagen weniger interessant. Die Bodenspekulation ist eher ein Symptom als die Ursache.
Boden ist ein knappes Gut, mit dem wir haushälterisch umgehen sollten. Dies könnte durch eine Besteuerung leer stehender Wohnungen oder durch eine Steuer auf den Bodenwert erreicht werden. Eine staatliche Verwaltung wäre nur durch weitreichende und willkürliche Enteignungen erreichbar. Zudem ist fraglich, ob der Staat Wohnraum tatsächlich effizienter bewirtschaften könnte als Private. Sozialer Wohnungsbau führt tendenziell zu räumlicher Konzentration von Armut und kann soziale Exklusion eher verfestigen als abbauen.
Die Raumplanung reagiert unglaublich langsam. Die Weichenstellung an der Urne von 2013 ist erst seit ungefähr dem Jahr 2020 spürbar. Wenn wir heute die Weichen neu stellen würden in Richtung mehr Angebot, dürfte es daher weitere fünf bis zehn Jahre dauern, bis dies am Markt Folgen haben würde.
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