Guten Tag,
Das Eigenheim ist unerschwinglich geworden. Erschwert haben es die Bankenaufsicht, die Raumplanung und das Volk. Auswege aus der Wohnbaukrise.
Wohneigentum ist unerreichbar geworden. Was die Gründe sind und wie man den Trend umkehren könnte.
Tessy Ruppert / Midjourney (Diese Illustration wurde von einem KI-Modell generiert und von einem Menschen überprüft und finalisiert.)Werbung
War er ein Prophet? Jean-François Rime, der frühere Präsident des Gewerbeverbandes und Unternehmer, sagte im Jahr 2013: Falls das Volk eine neue, restriktive Raumplanung annehme, sei «die notwendige Wohnfläche für die wachsende Bevölkerung nicht mehr gewährleistet». Der Wohnungsmangel werde «noch gravierender werden als bisher». Die Geschädigten wären Familien und der Mittelstand.

Hans-Ulrich Bigler (l.), Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, und Jean-Francois Rime, Präsident, kämpften 2013 gegen die Vorlage für verdichtetes Bauen (Raumplanungsrevision).
Keystone
Hans-Ulrich Bigler (l.), Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, und Jean-Francois Rime, Präsident, kämpften 2013 gegen die Vorlage für verdichtetes Bauen (Raumplanungsrevision).
KeystoneDie Vorlage propagierte eine starke Reduktion von eingezontem Bauland und die Verdichtung der Städte nach innen. Das Volk stimmte ihr 2013 mit 54 Prozent Ja-Stimmenanteil zu. Ein schicksalhafter Entscheid, wie sich heute herausstellt. Denn die urbane Schweiz klagt über sehr knappen Wohnraum. Noch schwieriger ist der Zugang zu Wohneigentum geworden. Vor der Abstimmung 2013 konnten sich rund 18 Prozent aller Haushalte ein Haus oder eine Wohnung leisten. Heute sind es noch 7 Prozent.
93 Prozent der Bevölkerung sind also von der Möglichkeit ausgeschlossen, Wohneigentum zu kaufen. «Aufgrund flächendeckend hoher Preise sind Eigenheime in der Schweiz ohne Darlehen oder Erbvorbezug für viele kaum mehr erschwinglich», sagte der Immobilienexperte Donato Scognamiglio kürzlich. Sind Miethaushalte verdammt, auf ewig Mieter zu sein? Die wenig erfreuliche Antwort lautet: wohl ja. Zwei Themen stechen heraus: die Hypothekarfinanzierung und das Angebot.
Kurz vor der damaligen Abstimmung schränkten die Nationalbank und die Finanzaufsicht (Finma) 2012 den Zugang zur Hypothekarfinanzierung selbstbewohnter Immobilien stark ein. Die Aufsicht drängte auf eine verschärfte Tragbarkeitsprüfung. Seitdem gilt: Nur wer genügend Cash hat und ein ausreichend hohes Einkommen nachweisen kann, bekommt von der Bank eine Hypothek. Diese Massnahme führte ab 2013 dazu, dass jüngere Haushalte weniger Zugang zur Kreditfinanzierung erhielten, wie Forscher einer neuen SNB-Studie (Bollinger et al.) nachgewiesen haben. 2020 wurden die Bedingungen erneut verschärft.
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Für den Erwerb einer typischen Neubauwohnung (vier Zimmer, 100 Quadratmeter Wohnfläche) für 1,15 Millionen Franken muss heute ein Käufer mindestens 230’000 Franken Eigenkapital hinblättern, wie die Raiffeisenbank errechnet hat. Und der Haushalt muss mindestens 200’000 Franken pro Jahr verdienen, sonst gibts keinen Kredit. In Ballungszentren sind es gar 390’000 Franken Cash, und das Einkommen muss über 300’000 Franken betragen. Wer verdient schon so viel?
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Nach einer Lockerung dieser Regeln sieht es nicht aus, im Gegenteil. Obwohl keine Immobilienblase auszumachen ist, weil ein starker Nachfrageüberhang besteht, wollen SNB und Finma die Kreditregeln weiter verschärfen. Finma-Direktor Stefan Walter verlangt weniger Ausnahmen von den Tragbarkeitsregeln bei der Kreditvergabe als bisher.

Finma-Chef Stefan Walter will die Verschärfung der Tragbarkeitsregeln der Hypothekarfinanzierung für Eigenheime.
Keystone
Finma-Chef Stefan Walter will die Verschärfung der Tragbarkeitsregeln der Hypothekarfinanzierung für Eigenheime.
KeystoneDie Bankiervereinigung unter Direktor Roman Studer kämpfe dagegen, heisst es. Doch nur schon den Status quo zu halten, sei schwierig, sagt ein Kenner. Die Banken sehen allerdings ein, dass eine Lockerung der Kreditregeln die Immobilienpreise befeuern würde. Mehr Geld bei knappem Angebot treibt in der Marktwirtschaft die Preise hoch. Deshalb fokussieren Fachleute auf die Knappheitsursachen. Aber auch dort sieht es leider schlecht aus.

Roman Studer, Chef der Schweizerischen Bankiervereingung, kämpft gegen die Verschärfung der Tragbarkeitsregeln der Hypothekarfinanzierung für Eigenheime.
sabrina stäubli - perspektiv
Roman Studer, Chef der Schweizerischen Bankiervereingung, kämpft gegen die Verschärfung der Tragbarkeitsregeln der Hypothekarfinanzierung für Eigenheime.
sabrina stäubli - perspektivWohnungsminister Guy Parmelin versuchte bereits zweimal, das Wohnraumproblem an runden Tischen zu entschärfen. Das Resultat war ein typisch helvetischer «Aktionsplan Wohnungsknappheit»: Alle und niemand ist verantwortlich. Der Plan zählt 35 Massnahmen auf wie Prüfaufträge, neue Studien, Behördenausbau und Beratung – als ob das Know-how fehlte.
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Zudem spricht der Plan schwammig von «Baulandmobilisierung». Als Hauptschuldige der Knappheit werden Rekurrenten von Baubewilligungen genannt. Der Verdacht: Missbräuchliche Einsprachen sollen die bauliche Verdichtung torpedieren. Das mag teilweise stimmen, doch kaum jemand spricht vom Sündenfall der Volksabstimmung im Jahr 2013 zum Raumplanungsgesetz.
Jetzt bricht ein Experte dieses Tabu. Der Immobilienwirtschaftsprofessor Christian Hilber von der Universität Zürich sagt: «Ich halte die Revision des Raumplanungsrechts von 2013 für den Ursprung der aktuellen Krise des erschwinglichen Wohnraums.» Die Folgen seien seit 2019 zu spüren. Seither hat die Wohnbauproduktion stark abgenommen.
Zwei Zahlen dazu: Von 2013 bis 2018 wurden im Schnitt 51’500 Wohnungen jährlich gebaut. Seit 2019 sind es nur noch 47’200 Wohnungen. Gleichzeitig heizt die Zuwanderung die Nachfrage an. Mehr Menschen treffen auf ein kleineres Angebot. Damit einhergehend hat sich die Zahl der leeren Wohnungen von 2019 bis 2024 von 71000 auf 48000 verringert. Die Leerstandsziffer sank von 1,65 auf 1 Prozent. Die Wohnungsknappheit verschärfte sich in allen Regionen, selbst in Appenzell Innerrhoden. Prophet und Unternehmer Rime hatte nach zehn Jahren recht bekommen.
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Dass es so lange dauerte, bis man das merkte, hat mit der Methode der Raumplanung zu tun. Sie ist träge und erfolgt top-down: Zuerst der Bund, dann die Kantone, dann die Gemeinden und zuletzt die Eigentümerschaften bestimmen, was läuft. Nachdem das Volk die Revision der Raumplanung beschlossen hatte, gab Bundesbern den Tarif durch: Auszonung bestehender, unbebauter Bauzonen, Verdichtung von Quartieren, Aufstockung bestehender Gebäude und der Umbau von Industrie- in Wohnareale.
Am Drücker war damals Bundesrätin Doris Leuthard, die Raumplanung war in ihrem Departement angesiedelt. Sie plante den Bedarf der Schweiz auf 15 Jahre hinaus, so steht es im Gesetz.
Die Methode erinnert entfernt an den realen Sozialismus mit seinen Zehnjahresplänen für die Wirtschaft. Man glaubt, zu wissen, was in 15 Jahren passieren wird. 2012, vor der Abstimmung, gingen die Planer davon aus, dass die Bevölkerung im Jahr 2060 die Neun-Millionen-Grenze erreiche. Tatsächlich aber hat sie diese Marke bereits geknackt.
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Das Versprechen der Raumplaner wurde nicht eingehalten, sagt Immobilienwirtschaftsprofessor Christian Hilber.
Dies änderte wenig am Ukas aus Bern, die Bauzonen zu reduzieren. Die Raumplanungsmethode hinkt der realen Entwicklung um fünf bis sieben Jahre hinterher. Zum Glück aktualisierten die Kantone bei der Umsetzung die Prognosen. So zonte etwa der Kanton Zürich bisher kein Bauland aus, schuf aber auch kein neues. Die Lösung: verdichten nach innen.
Der Immobilienmarkt reagierte weit schneller. Die Knappheitssignale des Marktes liessen die Preise in die Höhe schnellen. Seit der Raumplanungsrevision von 2013 stiegen sie im Durchschnitt um rund einen Drittel an. Dieser Umstand führte zusammen mit der erschwerten Bankfinanzierung und schwach wachsenden Reallöhnen zu einer sinkenden Eigentumsquote: für die Zwanzig- bis Fünfzigjährigen von 24,5 auf 19,6 Prozent (2013 bis 2024), für die Fünfzigjährigen von 47,7 auf 47 Prozent. In den 1990er- und den Nullerjahren ist diese Quote noch massiv angestiegen.
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Zwischen der Abstimmung und 2022 (letzter Stand) wurden 390 Hektar Bauland zu Nichtbauland umgewandelt. Dies entspricht ungefähr der Fläche der Stadt Basel. 173 von 2100 Gemeinden beteiligten sich daran. Weitere dürften folgen, da der Prozess langsam vorangeht. Die Bauzonenfläche pro Person reduzierte sich von 309 auf 282 Quadratmeter.
Dennoch gebe es noch «beträchtliche Baulandreserven», sagt das Bundesamt für Raumentwicklung. Knapp die Hälfte der derzeit unbebauten Bauzonen befänden sich in städtischen, etwas mehr als ein Viertel in stadtnahen und ein Viertel in ländlichen Gemeinden. Das Potenzial für verdichtetes Bauen wird auf «Wohnraum für bis zu 2 Millionen Menschen» beziffert. In den Jahren von 2018 bis 2022 seien 59 Prozent der Neubauten auf bereits bebauten Parzellen erfolgt.
Der Sprecher des Bundesamtes für Raumentwicklung, Michael Furger, betont: «Die Siedlungsentwicklung nach innen ist eine erfolgreiche Strategie. Wir sind auf gutem Weg, damit Wohnraum in genügendem Umfang zu schaffen.» Sein Amt rapportiert an Bundesrat Albert Rösti. Der neue Chef seit Oktober heisst Roman Mayer.

Roman Mayer, seit Oktober neuer Direktor des Bundesamts für Raumentwicklung, ist ein Vertrauter des Bundesrats Albert Rösti.

Roman Mayer, seit Oktober neuer Direktor des Bundesamts für Raumentwicklung, ist ein Vertrauter des Bundesrats Albert Rösti.
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Doch der Wind hat gedreht. Nicht nur lehnen die Bürgerlichen eine weiter einschränkende Raumplanung ab – Rösti setzte kürzlich auch die langjährige Raumplanungschefin Maria Lezzi ab und übertrug die Leitung einem Mann seines Vertrauens. Lezzi war 17 Jahre lang Madame Verdichtung gewesen.
Sie trat 2009 unter SP-Bundesrat Moritz Leuenberger an, brachte die Volksabstimmung durch und verteidigte die Verdichtungsstrategie bis zuletzt. Ihr halfen die damaligen Bundesrätinnen Doris Leuthard und Simonetta Sommaruga. Paradoxerweise wohnt Lezzi in einem kleinen Einfamilienhaus im Baselland. Das Gleiche gilt für Raimund Rodewald, den damaligen Chef der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz. Er gilt als Vater der Rückzonungsidee, hat er doch mit einer Volksinitiative dem Parlament Beine gemacht.

Raimund Rodewald, Ex-Geschäftsleiter der Stiftung für Landschaftsschutz. Seine Landschafts-Volksinitiative von 2010 hatte dem Bundesrat und Parlament Beine gemacht. Deshalb verschwinden Bauzonen, und man baut verdichtet in Städten.
Keystone
Raimund Rodewald, Ex-Geschäftsleiter der Stiftung für Landschaftsschutz. Seine Landschafts-Volksinitiative von 2010 hatte dem Bundesrat und Parlament Beine gemacht. Deshalb verschwinden Bauzonen, und man baut verdichtet in Städten.
KeystoneDie Kehrseite des verdichteten Bauens ist, dass die Menschen teurer wohnen und weniger Wohnraum finden. Auch Christian Hilber befürwortet bauliche Verdichtung. Doch der Professor warnt vor Versprechungen. Verdichtung laufe viel langsamer als das Bauen auf der grünen Wiese. In städtischen Gebieten formiere sich Widerstand gegen verdichtete Neubauten. Das bremse den Wohnbau und verknappe das Angebot.
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Verdichten sei auch viel teurer als Bauen auf der grünen Wiese. Man müsse kontaminierten Boden entsorgen, den Lärmschutz verstärken und die Planung lange Jahre finanzieren. «Verdichten ist für Bauträger ein hohes finanzielles Risiko, das nur wenige Private zu tragen bereit sind», sagt Hilber, von Haus aus Ökonom. Eine Studie der Beratungsfirma Iazi von 2024 im Auftrag des Bundes und der Kantone der Agglomeration Zürich bestätigt weitgehend seine Thesen.
Durch die Angebotsknappheit nehme darüber hinaus «das Risiko von Obdachlosigkeit zu, wenn Eigentums- und Mietpreise in urbanen Gebieten mit der Zeit ins Unermessliche steigen», sagt Hilber. Dies zeige sich in anderen Grossstädten, darunter London. «Wenn die Schweiz so weitermacht wie bisher, haben wir in zwanzig Jahren starke soziale Probleme.»
Es gibt Kreise, die Bauland verstaatlichen und in Baurecht abgeben wollen. Sie beobachten, dass Bauparzellen sich verteuern, weil bei Pensionskassen und Versicherungen das Geld locker sitze. «Investoren bezahlten viel Geld für Parzellen und holten dann das Maximum heraus», so der Chefplaner eines Agglomerationskantons. Deshalb verteuere sich Wohnraum – und nicht weil Bauland zu knapp wäre.
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Der Chef Raumplanung von Basel-Stadt, Martin Sandtner, sagt, dass es nicht sein Job sei, Wohneigentum zu fördern. Priorität hätten der Erhalt und die Förderung von preisgünstigem Wohnraum. Die Stimmbürgerschaft habe wiederholt bestimmt, dass nach innen verdichtet werden soll.
Auch der Chefsprecher von Röstis Bundesamt für Raumentwicklung warnt vor einer Kursänderung. Sie riefe grosse Unsicherheit hervor. «Die alte Raumplanung vor 2013 wäre ein Rückschritt», sagt Furger, der unter Lezzi ins Amt kam. Das Hauptproblem im Wohnbau seien Einsprachen. Man müsse jetzt den Aktionsplan des Bundes konsequent umsetzen.
Anders sieht es Hilber und fordert ein Umdenken: «Bund und Kantone sollten die Regeln gezielt lockern und das Bauen in der Nähe von bestehender Infrastruktur wieder zulassen.» Wichtig sei, dass die Bevölkerung realisiere, dass man nicht gegen die Zersiedlung sein und gleichzeitig bezahlbare Wohnungen verlangen könne. Der frühere Direktor des Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler, ein Gegner der damaligen Revision, sagt, es sei an der Zeit, den Widerstand zu organisieren. Den Kampf müssten aber andere führen.
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