Abo
Abwarten auf dem Hypothekarmarkt

Die Banken sind zurückhaltender geworden

Trotz null Prozent Leitzins sinken die Angebote nicht im Gleichschritt. Das spürt Raiffeisen – und gibt sich heute kleinlaut.

Ueli Kneubuehler Rinigier

<p>Raiffeisens Interims-Chef Christian Poerschke hat mit seinen Vorgängern gebrochen. Er will sich weniger ab­hängig vom Immobilienmarkt machen.</p>

Raiffeisens Interims-Chef Christian Poerschke hat mit seinen Vorgängern gebrochen. Er will sich weniger abhängig vom Immobilienmarkt machen.

Keystone

Werbung

Wer hat noch nicht, wer will noch mal? Raiffeisen war vor nicht allzu langer Zeit der lauteste aller Marktschreier auf dem Hypothekarmarkt. Die Kriterien zur Vergabe von Hypotheken seien viel zu streng, schalmeite der ehemalige Raiffeisen-Chef Patrik Gisel im Herbst 2016 in einem Interview. Wenige Wochen später doppelte er nach und plädierte für eine flexiblere Berechnung der Tragbarkeit. Ganz im Sinne seines Vorgängers Pierin Vincenz, der für ein mediales und politisches Grundrauschen sorgte. Zwei Jahre später musste Gisel gehen.

Seither ist es ruhig geworden um Raiffeisen. Derzeit übt sich Übergangs-Chef und CFO Christian Poerschke in Zurückhaltung und hält den Stuhl für Neo-CEO Gabriel Brenna warm, der im Dezember übernehmen wird. Tatsächlich hat die expansive Strategie zu einem Klumpenrisiko geführt. Fast jede fünfte Hypothek in der Schweiz vergibt Raiffeisen. Sie ist hinter der UBS die Nummer zwei im Markt.

Das garantiert zwar stetige Erträge. Senkt die Nationalbank aber wie zuletzt die Zinsen, schlägt das bei Raiffeisen umgehend aufs Ergebnis durch. Poerschke hat sich daher beim jüngsten Zahlenkranz zum ersten Halbjahr besonders darüber gefreut, «dass sich der Anteil des indifferenten Geschäfts am Geschäftserfolg weiter erhöht hat». Heisst übersetzt: Raiffeisen will sich weniger abhängig vom Hypothekargeschäft machen. Die Medienstelle doppelt nach. Die Raiffeisenbanken verfolgten eine vorsichtige Kreditvergabepolitik und würden Hypotheken grundsätzlich innerhalb der bestehenden Tragbarkeitsrichtlinien vergeben, sagt ein Sprecher. Die Zeit der Dumping-Hypotheken ist in St. Gallen definitiv vorbei.

Partner-Inhalte

<p>Trotz tiefem Zinsniveau: Florian ­Schubiger, Chef von Hypotheke.ch, ­erachtet die aktuellen Konditionen als zu schlecht für Interessenten.</p>

Trotz tiefem Zinsniveau: Florian Schubiger, Chef von Hypotheke.ch, erachtet die aktuellen Konditionen als zu schlecht für Interessenten.

Calvin Mattes
<p>Trotz tiefem Zinsniveau: Florian ­Schubiger, Chef von Hypotheke.ch, ­erachtet die aktuellen Konditionen als zu schlecht für Interessenten.</p>

Trotz tiefem Zinsniveau: Florian Schubiger, Chef von Hypotheke.ch, erachtet die aktuellen Konditionen als zu schlecht für Interessenten.

Calvin Mattes

Tatsächlich sinkt die Zahl vergebener Hypotheken seit Ende 2024 – trotz tiefer Zinsen. Seit Anfang Jahr gelten strengere Eigenmittelvorschriften für Banken. Das wirkt sich auf die Hypothekarvergabe aus. Ende Mai zog die Finma nach und warf den Banken zu lasche Geschäftspraktiken vor. Banken und Kunden befänden sich daher in einer Abwarteposition, sagt Florian Schubiger, CEO der Hypothekenvermittlerin Hypotheke.ch. Wegen der tiefen Zinsen auf den Sparkonti würden viele Bankkunden ihre Gelder in andere Anlageformen transferieren. «Dadurch haben die Banken weniger Volumen zur Verfügung für die Vergabe von Hypothekarkrediten», so Schubiger. Auf den weniger vergebenen Krediten wird dann die Marge erhöht. «Daher werden aktuell oft Geschäfte nicht abgeschlossen.» Zum Nachteil der Interessenten. «Die aktuellen Konditionen sind eigentlich zu schlecht für Kundinnen und Kunden», sagt Schubiger, der aber davon ausgeht, dass sich die Situation bis Ende Jahr wieder normalisieren dürfte.

In die Bresche springen Versicherungen und Pensionskassen. Schubiger: «Sie versuchen, diese Kunden mit extrem kompetitiven Angeboten zu binden.»

Werbung

Über die Autoren
Ueli Kneubuehler Rinigier

Ueli Kneubühler

Ueli Kneubühler

Werbung