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Frauen und Finanzen

Die rosarote Linse: Gender-Investitionen enttäuschen

Gut gemeint ist die kleine Schwester von schlecht gemacht – das gilt für innovative Gadgets ebenso wie für Finanzprodukte.

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<p>«Echte Gleichstellung erfordert gesellschaftlichen Wandel, nicht nur mehr Frauen in Chef­etagen», ist Anne-Barbara Luft überzeugt.</p>
«Echte Gleichstellung erfordert gesellschaftlichen Wandel, nicht nur mehr Frauen in Chefetagen», ist Anne-Barbara Luft überzeugt. Bilanz

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Der Ehemann ist ganz verrückt nach Werkzeugen, Gadgets und Innovationen, die das Leben erleichtern sollen. So steht alle paar Tage ein freundlicher Mitarbeiter der Post, von Planzer oder DHL mit einem Paket vor der Tür. Darin: Multi-Ladestationen, Ultraschallreiniger, ein Set Bürstenaufsätze für den Akkuschrauber oder andere nützliche und weniger nützliche Gerätschaften. Einige gehen leider völlig am Problem vorbei.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Gender Lens Investing (GLI). Die Idee klingt verlockend: investieren in Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen, die auf Gleichstellung achten und Produkte für Frauen entwickeln. 122  Milliarden Dollar sind weltweit bereits in solche Strategien geflossen. Und tatsächlich geben 90  Prozent der Investoren an, 2024 ihre finanziellen Ziele mit GLI-Produkten erreicht zu haben. Klingt gut. Doch bei genauem Hinsehen ähneln diese Fonds klassischen Indexfonds wie ein Eierschalensollbruchstellenverursacher dem anderen. Einige besonders rückständige Branchen werden zwar gemieden, der Rest bleibt meist Standard-Portfolio. Im Branchenjargon heisst es: GLI-Fonds sind oft nur die «beste der schlechten Auswahl».

Aus feministischer Sicht ist GLI sogar kontraproduktiv. Statt systemische Ungleichheiten anzugehen, konzentriert sich der Ansatz auf individuelle Aufstiege in bestehenden Machtstrukturen. Hinzu kommt die Gefahr des «feministischen Greenwashings» – Firmen nutzen feministische Anliegen, um ihr Image aufzupolieren. Echte Gleichstellung erfordert gesellschaftlichen Wandel, nicht nur mehr Frauen in Chefetagen. Und das Wichtigste: Das Versprechen überdurchschnittlicher Renditen lösen die Fonds nicht ein. Die Performance variiert, liegt aber insgesamt nah am breiten Markt oder leicht darunter. Für Frauen, die finanzielle Unabhängigkeit anstreben, sind breit diversifizierte ETFs das sinnvollere Investment. Deren Performance ist transparenter, die Kosten niedriger, die Diversifikation grösser. Der Teenagersohn berichtet von einem kuriosen TikTok-Video: «Es gibt jetzt Jacken mit riesigen Solarpanels, die Strom erzeugen.» Die kleine Schwester: «Erzähl das bloss nicht Papa!»

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Anne-Barbara Luft

Anne-Barbara Luft

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