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Immer mehr junge Frauen wollen ohne Partner bleiben. Dass der Boyfriend zum Auslaufmodell wird, hat auch finanzielle Gründe.
«Gesucht sind Männer, die bereit sind, finanzielle Risiken fair zu verteilen, statt sie der Frau aufzubürden», schreibt Redaktorin Anne-Barbara Luft.
BilanzFalls Sie nicht nur Wirtschaftsmagazine lesen, sondern ab und zu auch durch ein Lifestyle-Journal blättern, haben Sie die jüngste Provokation der britischen «Vogue» vielleicht mitbekommen: «Is it now embarrassing to have a boyfriend?» Diese Frage stellte die Autorin Chanté Joseph in der Oktober-Ausgabe und traf damit einen Nerv. Während ein Partner früher als Statussymbol galt, empfinden viele Frauen eine Beziehung heute als finanzielle Hypothek. Die Zahlen aus den USA sind eindeutig: Mehr als die Hälfte der Frauen zwischen 18 und 40 sind single – Tendenz steigend. Nur 34 Prozent suchen überhaupt nach einer Beziehung.
Der «Economist» machte «The Relationship Recession» sogar zur Titelstory. Hintergrund der «Beziehungsrezession» ist unter anderem eine strukturelle Ungleichheit: Während Männer in Beziehungen statistisch profitieren – höhere Gehälter, bessere Gesundheit, emotionale Stabilität und eine längere Lebenserwartung –, tragen Frauen einen Grossteil der Care-Arbeit und zahlen dafür einen hohen Preis. Studien belegen: Verheiratete Männer verdienen mehr als ihre unverheirateten Kollegen. Bei Frauen? Kein Effekt. Schlimmer noch: Mutterschaft führt zu Lohneinbussen, während Vaterschaft karrieretechnisch nicht schadet. In der Schweiz manifestiert sich diese Ungleichheit besonders in der Altersvorsorge: Frauen erhalten durchschnittlich 37 Prozent weniger Rente als Männer. In der Pensionskasse klafft gar eine Lücke von über 60 Prozent. Wer Teilzeit arbeitet, zahlt weniger ein. Erwerbsunterbrüche führen zu Vorsorgelücken.
Im Dating-Dschungel macht also nicht mehr der Ritter in glänzender Rüstung das Rennen, sondern der Partner, der aktiv Kinderbetreuung und Hausarbeit übernimmt. Gesucht sind Männer, die bereit sind, finanzielle Risiken fair zu verteilen, statt sie der Frau aufzubürden. Der Märchenprinz von heute hinterfragt nicht nur tradierte Rollenbilder, sondern versucht, sie zu verändern. Solange sich daran nichts ändert, bleibt die Rechnung simpel: Single zu sein, bedeutet für Frauen oft weniger Arbeit bei mehr finanzieller Kontrolle. Das ist keine Frage von Peinlichkeit – das ist Risikomanagement.
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