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Machtnetz

So ist die Staatssekretärin Daniela Stoffel vernetzt

Diskret und effizient: Für die CS-Rettung liefen die Fäden bei der Staatssekretärin ­zusammen.

sdf

Daniela Stoffel, Staatssekretärin für internationale Finanzfragen SIF, fotografiert im Bernerhof.

Daniela Stoffel übernahm bei der CS-Rettung das Operative.

Daniel Rihs / 13 Photo

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Es waren fünf nervenzehrende Tage, die in die Schweizer Wirtschaftsgeschichte eingehen werden. Als die Credit Suisse am 15. März die Nationalbank um Liquiditätshilfe anfragen musste, schaltete Finanzministerin Karin Keller-Sutter in den Rettungsmodus – und überliess das Operative ihrer wichtigsten Mitarbeiterin: Daniela Stoffel.

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Als Leiterin des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) rapportierte die 54-Jährige direkt an die Finanzministerin, die den Druck ihrer Kollegen aus London und Washington spürte. Krisensitzungen zur CS hatte es in den Monaten zuvor häufiger gegeben, doch jetzt wurde es ernst. Stoffel hielt den Kontakt zu den Chefs der beiden Banken und deren Due-Diligence-Teams und wachte über den Zeitplan: Bis Sonntagabend musste eine Lösung her – für die Schnellprüfung der Zahlen waren den Banken nur 48 Stunden gestattet.

Als Leiterin des Lenkungsausschusses von Bund, Nationalbank und Finma koordinierte die promovierte Philosophin auch die nicht immer einfache Abstimmung mit den Regulatoren. Den grossen Auftritt überliess sie ihrer Chefin, sie selbst hielt sich lieber im Hintergrund. Die CS-Rettung und ihre Folgen werden das Finanzdepartement noch lange beschäftigen, und das heisst: Es wartet viel Arbeit auf Daniela Stoffel.

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Die Mitstreiter

Neben ihrer Vorgesetzten Karin Keller-Sutter waren in der heissen Rettungsphase die anderen Mitglieder des Finanzkrisen-Lenkungsausschusses von zentraler Bedeutung für Stoffel: Finma-Chef Urban Angehrn, Nationalbank-Vize Martin Schlegel und Finanzverwaltungschefin Sabine D’Amelio Favez. Inhaltlicher Taktgeber war Nationalbank-Präsident Thomas Jordan.

Besonders aktiv ist Stoffel im Bereich Nachhaltigkeit. Zusammen mit Finanzexperten, NGOs und Wissenschaft hat sie das Gütesiegel «Swiss Climate Scores» entwickelt, das die Klimafreundlichkeit von Finanzanlagen transparent machen soll. Beim Thema «Sustainable Finance» hat sie in Patrick Odier einen engagierten Mitstreiter gefunden. Der Doyen der Genfer Privatbank Lombard Odier ist Präsident von «Building Bridges», einer Initiative zur Förderung nachhaltiger Finanzwirtschaft.

Stoffel zählt ebenso zur Gruppe der «Building Bridges Leaders» wie Helene Budliger Artieda, Direktorin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), August Benz, CEO der Bankiervereinigung ad interim, und Adrian Schatzmann, CEO der Asset Management Association Switzerland.

Bundesraetin Karin Keller Sutter spricht an einer Medienkonferenz ueber die Departementsverteilung im Bundesrat, am Donnerstag, 8. Dezember 2022, in Bern. Bundesraetin Karin Keller Sutter uebernimmt das EFD, Bundesrat Albert Roesti das UVEK und Bundesraetin Elisabeth Baume Schneider das EJPD. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Finanzministerin und Bundesrätin Karin Keller-Sutter.

Keystone
Bundesraetin Karin Keller Sutter spricht an einer Medienkonferenz ueber die Departementsverteilung im Bundesrat, am Donnerstag, 8. Dezember 2022, in Bern. Bundesraetin Karin Keller Sutter uebernimmt das EFD, Bundesrat Albert Roesti das UVEK und Bundesraetin Elisabeth Baume Schneider das EJPD. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Finanzministerin und Bundesrätin Karin Keller-Sutter.

Keystone

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Das Private

Daniela Stoffel wurde 1968 in Winterthur geboren. Das Studium der Philosophie absolvierte sie an der Universität Zürich, doch nach der Promotion zog es sie ins Ausland. Für Forschungsaufenthalte ging sie in die USA und nach England.

Im Laufe ihrer Karriere als Diplomatin lebte sie in Washington, Berlin und Paris. In dieser Zeit zog sie ihre heute erwachsene Tochter gross. Ihren Lebenspartner Peter Minder lernte Stoffel im Finanzdepartement (EFD) kennen, wo dieser bis 2022 Kommunikationschef war. Der ehemalige Sportjournalist von SRF war zuvor vier Jahre Leiter Kommunikation im Verteidigungsdepartement, bis er 2016 mit Bundesrat Ueli Maurer ins EFD wechselte.

Die Karriere

Die Laufbahn von Stoffel im SIF beginnt bereits 2015. Der damalige Staatssekretär Jacques de Watteville holt die Diplomatin von der OECD nach Bern. Schon ein Jahr später tritt de Watteville altersbedingt zurück und wird von Jörg Gasser abgelöst. Dieser befördert Stoffel zu seiner Stabschefin und damit zur wichtigsten Mitarbeiterin. Rückblickend auf seine Karriere beim SIF, bezeichnet er Stoffel als «sicher eine der wertvollsten Mitarbeiterinnen, mit der ich je zusammenarbeiten durfte».

Als Bundesrat Ueli Maurer einen persönlichen Mitarbeiter sucht, wird Stoffel die Stelle angeboten. Sie übernimmt den Job, wird Maurers diplomatische Beraterin und unterstützt ihn beim Austausch mit dem Internationalen Währungsfonds, in der Gruppe G-20 oder der OECD. Stoffel redet niemandem nach dem Mund. Sie hat eine klare Meinung und bringt diese auch zum Ausdruck – entweder man mag das oder nicht.

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Maurer schätzt Stoffel, die damit zu einer logischen Kandidatin für die Nachfolge Gassers wird, als dieser 2019 das Staatssekretariat verlässt, um CEO der Bankiervereinigung zu werden. Stoffel kannte das SIF und auch die Bedürfnisse des Departementchefs genau. Erst wenige Monate vorher hatte sie der Bundesrat zur Botschafterin für die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain ernannt – sie gibt dem SIF den Vorzug.

Bundesrat Ueli Maurer, links, und sein Kommunikationsleiter Peter Minder erscheinen zu einer Medienkonferenz ueber die Situation des Coronavirus, am Mittwoch, 22. April 2020 in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Ueli Maurer (links) und Peter Minder, Stoffels Lebenspartner.

keystone-sda.ch
Bundesrat Ueli Maurer, links, und sein Kommunikationsleiter Peter Minder erscheinen zu einer Medienkonferenz ueber die Situation des Coronavirus, am Mittwoch, 22. April 2020 in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)

Ueli Maurer (links) und Peter Minder, Stoffels Lebenspartner.

keystone-sda.ch

Die Gegenspieler

Als Staatssekretärin für internationale Finanzfragen ist Daniela Stoffel aufreibende Verhandlungen gewohnt. Doch Alt-Bundesrat Christoph Blocher gefiel ihr Aufritt nicht: Wie auch die Verantwortlichen der Finma habe die zuständige Staatssekretärin keinen vertrauenerweckenden Eindruck auf ihn gemacht, dekretierte der SVP-Übervater. Dass Ueli Maurer eine Frau ohne SVP-Parteibuch auf den wichtigen Posten gehievt hatte, dürfte nicht nach seinem Gusto gewesen sein.

Auch die CS-Oberen Axel Lehmann und Ulrich Körner zählen kaum zu ihren Fans: Am verhängnisvollen letzten Sonntag ihrer Unabhängigkeit sträubten sie sich lange, die von Stoffels Seite verordnete Übernahme durch die UBS zu akzeptieren.

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Der Präsident der Credit Suisse, Axel Lehmann, spricht am 19. März 2023 in Bern auf einer Pressekonferenz nach den Gesprächen über die Übernahme der konkurrierenden Schweizer Bank Credit Suisse durch die UBS. - Die UBS hat sich bereit erklärt, ihre angeschlagene Schweizer Rivalin Credit Suisse zu übernehmen. Dies gab der Bundespräsident der Schweiz am 19. März 2023 nach dringenden Gesprächen bekannt, die darauf abzielten, die angeschlagene Bank vor einem Blutbad zu bewahren, wenn die Märkte wieder geöffnet

Axel Lehmann, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse.

AFP
Der Präsident der Credit Suisse, Axel Lehmann, spricht am 19. März 2023 in Bern auf einer Pressekonferenz nach den Gesprächen über die Übernahme der konkurrierenden Schweizer Bank Credit Suisse durch die UBS. - Die UBS hat sich bereit erklärt, ihre angeschlagene Schweizer Rivalin Credit Suisse zu übernehmen. Dies gab der Bundespräsident der Schweiz am 19. März 2023 nach dringenden Gesprächen bekannt, die darauf abzielten, die angeschlagene Bank vor einem Blutbad zu bewahren, wenn die Märkte wieder geöffnet

Axel Lehmann, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse.

AFP

Die Diplomaten-Connection

Nach dem Studium der Philosophie, Volkswirtschaft und deutschen Sprachwissenschaft an der Universität Zürich tritt Daniela Stoffel 1998 in den Diplomatischen Dienst des Aussendepartements (EDA) ein. Im September 2005 wird sie Leiterin des Bereichs Öffentlichkeitsarbeit und Kultur in der Schweizer Botschaft in Washington. Damals ist Christian Blickenstorfer Botschafter in den USA – wie Stoffel ist der Zürcher Doktor der Philosophie.

Schon im darauffolgenden Jahr verlässt er Washington und übernimmt die Leitung der Botschaft in Berlin. Stoffel folgt ihm 2009 in die deutsche Hauptstadt, als Leiterin des Bereichs Wirtschaft und Finanzen. Drei Jahre später wird sie zur stellvertretenden Missionschefin ernannt.

In dieser Zeit macht sie Bekanntschaft mit dem Leiter des damals neu geschaffenen Staatssekretariats für internationale Finanzfragen, Michael Ambühl. Dieser reiste für zahlreiche Verhandlungen nach Berlin, um unter anderem über die Abgeltungssteuer zu verhandeln. Stoffels nächste Station ist Paris: Sie übernimmt eine Funktion im Stab von Pascal Saint-Amans im Generalsekretariat der OECD, der damals Ángel Gurría vorstand.

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Portrait von Pascal Saint-Amans

Pascal Saint-Amans vom Generalsekretariat der OECD.

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Portrait von Pascal Saint-Amans

Pascal Saint-Amans vom Generalsekretariat der OECD.

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Über die Autoren
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Anne-Barbara Luft

Anne-Barbara Luft

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