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Neuer CEO zum Polestar 6

«Den machen wir auf jeden Fall»

Der chinesisch-schwedische Stromer hat einen neuen Chef: Michael Lohscheller über seine Ausbaupläne, ein Werk in Europa – und Heckscheiben.

Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

Neuer Besen: Der blau karierte dürfte sein Lieblingsanzug sein. Michael Lohscheller soll Polestar auf die nächste Stufe heben.

Neuer Besen: Der blau karierte dürfte sein Lieblingsanzug sein. Michael Lohscheller soll Polestar auf die nächste Stufe heben.

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Herr Lohscheller, im Gegensatz zu Ihrem Vorgänger, der gelernter Designer war, sind Sie ein klassischer Manager mit einem Schwerpunkt im Finanzressort. Gehen Sie anders an den Job ran?

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Stimmt, ich komme aus dem Finanzbereich. Ich bin schon ein Mensch der Zahlen. Aber ich glaube, ich war jetzt lange im, wie sagt man so schön, General Management, hatte mehrere CEO-Rollen. Selber beschreiben würde ich mich als Manager mit gesundem Menschenverstand.

Welche Schwerpunkte setzen Sie?

Wichtig ist mir Fokussierung. Siehe unser neuer Businessplan, der ist sehr, sehr klar strukturiert. So muss ein Plan aussehen, man muss sich fokussiert auf Punkte konzentrieren und die dann entsprechend umsetzen.

Was machen Sie also?

Zunächst habe ich eine sehr gute Basis vorgefunden. Polestar ist eine toll positionierte Marke, mit den entscheidenden Werten Nachhaltigkeit, Performance, Design, zudem sind die Autos technisch sehr gut. Das ist schon mal mehr als die Hälfte.

Der Neue beim China-Schweden

Michael Lohscheller (56) studierte in Osnabrück und Barcelona mit Abschluss als Diplom-Kaufmann. Zudem erwarb er einen Master in Marketing-Management. 1992 stieg er beim Gabelstaplerhersteller Jungheinrich als Controller ein, war später bei DaimlerChrysler Rail und Mitsubishi im Ressort Finanzen. 2004 wurde er Marketing- und Vertriebsleiter bei Volkswagen, 2008 CEO bei VW America. 2012 wechselte er in den Vorstand von Opel, wo er 2017 zum CEO avancierte. 2021 ging er zur asiatischen Automarke Vinfast, 2022 zum E-Mobility-Start-up Nikola. Im Oktober 2024 wurde er CEO von Polestar. Lohscheller ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Und der kleinere Teil, Ihre Aufgabe nun?

Struktur hineinbringen, den Vertrieb komplett neu aufbauen. Wir haben klare Ziele für Umsatzwachstum und Margenverbesserung durch neue Autos.

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Die beiden SUVs Polestar 3 und 4 sind noch nicht lange am Markt. Zufrieden, oder sehen Sie Nachholbedarf?

Beginnen wir mit der Basis, dem Polestar 2. Der ist supererfolgreich, mit zeitlosem Design. Wir haben über 170'000 Autos verkauft. Das ist mal für eine junge Marke ein Riesenmeilenstein. Polestar 3: Das ist wirklich ein ganz toller SUV und vor allem der erste, der eine Software-definierte Entwicklung hat, also einen Zentralrechner drin. Das können bisher nur Tesla, Rivian und die chinesischen Marken, die Europäer kommen damit erst in drei, vier Jahren. Ich mache Ihnen heute Abend ein Over-the-Air-Update, morgen früh haben Sie ein besseres Auto in der Garage. Und der Polestar 4: tolle Designsprache, tolles Technikpackage. Wenn ich hinten sitze, ich bin zwei Meter gross, kann ich noch mal 20 Zentimeter drauflegen und mich dort mit Basketballer Dirk Nowitzki treffen.

Der Polestar 3 ist das bisher wuchtigste Modell des ­Herstellers.

Der Polestar 3 ist das bisher wuchtigste Modell des Herstellers.

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Der Polestar 3 ist das bisher wuchtigste Modell des ­Herstellers.

Der Polestar 3 ist das bisher wuchtigste Modell des Herstellers.

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Dieses Jahr soll noch der sportliche Gran Turismo Polestar 5 kommen. Wie wird der?

Ein absolutes Sportauto, mit 800-Volt-Technologie und fast 900 PS. Ich finde, für eine noch so junge Marke wie Polestar ein sehr starkes Portfolio.

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Welche Rolle soll er spielen? Er wird ja offensichtlich ein Konkurrent des Porsche Taycan werden, der sich am Markt aktuell eher schwertut.

Wir sind eine Premiummarke, und der Polestar 5 wird die Marke weiter nach oben bringen. Hier geht es nicht um Stückzahlen, sondern darum, neue Kunden zu erreichen, zu demonstrieren, was wir können punkto Qualität und Technologie. Das Auto soll die Marke positionieren, und Abstrahleffekte auf alle anderen Modelle haben.

neue hoffnung Der Polestar 5 soll die Marke punkto Image noch ein Stück höher positionieren. Das dürfte sich auch preislich bemerkbar machen.

Neue Hoffnung: Der Polestar 5 soll die Marke punkto Image noch ein Stück höher positionieren. Das dürfte sich auch preislich bemerkbar machen.

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neue hoffnung Der Polestar 5 soll die Marke punkto Image noch ein Stück höher positionieren. Das dürfte sich auch preislich bemerkbar machen.

Neue Hoffnung: Der Polestar 5 soll die Marke punkto Image noch ein Stück höher positionieren. Das dürfte sich auch preislich bemerkbar machen.

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Zum Rest der Modellpalette: Was wird mit dem Polestar 6, der als Roadster geplant ist? Und der Polestar 7 war von Ihrem Vorgänger Thomas Ingenlath als Nachfolger des erfolgreichen Fliessheck-Kompakten Polestar 2 angekündigt worden. Wie sieht es damit aus?

Also, hier eine Einordnung: Der Polestar 5 kommt dieses Jahr. Dann kommt der Polestar 7, ein Kompakt-SUV, dieses Segment ist gross, wächst und hat global eine hohe Bedeutung. Der Polestar 7 wird nicht den Polestar 2 ablösen. Der Polestar 2 wird bestehen bleiben und irgendwann natürlich erneuert werden oder sich weiterentwickeln. Und wenn wir diese beiden erfolgreich lanciert haben, dann gehen wir an den Polestar 6 ran. Den machen wir auf jeden Fall. Aber wir sind eine kleine Firma mit begrenzten Ressourcen, wir können nicht alles gleichzeitig.

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2024 hat Polestar 45'000 Autos verkauft, im Jahr davor waren es noch fast 53'000. Was lief schief?

2024 war kein einfaches Jahr. Aber ich bin auch erst im Oktober hier gestartet und schaue lieber nach vorn. Ich will nun keine Marketing-Rede halten, aber im vierten Quartal sind unsere Auftragseingänge um 37 Prozent gestiegen. Das ist schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung. 

Ihr erklärtes Ziel ist, bis 2027 jedes Jahr um 30 bis 35 Prozent zuzulegen. Wie viel Potenzial hat Polestar längerfristig?

Wir wollen natürlich über die Schwelle von 100'000 Fahrzeugen kommen.

Das wäre nach Ihrer Prognose 2027 erreicht.

Das ist als Meilenstein wichtig. Aber wir wollen ja eine Premiummarke bleiben. Wir denken nicht, dass wir irgendwann mal anderthalb Millionen Autos bauen. Zunächst sind die drei Jahre bis 2027 wichtig. Ich möchte keine konkreten Ziele für später nennen, denn eigentlich sehe ich mich hier als CEO und nicht als Chief Announcing Officer. Das Ziel bis 2027 ist konkret und verbindlich, Sie können uns loben, wenn wir es schaffen, und kritisieren, wenn wir es verfehlen. Ich glaube, es ist auch angepasst an die Realität im Markt für Elektroautos. Der wächst nicht jedes Jahr um 50 Prozent, auch nicht in Schweden oder in der Schweiz.

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Absoluter Verkaufsschlager ist der Polestar 2.

Absoluter Verkaufsschlager ist der Polestar 2.

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Absoluter Verkaufsschlager ist der Polestar 2.

Absoluter Verkaufsschlager ist der Polestar 2.

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Auch im Vertrieb haben Sie einiges vor, wollen viel mehr mit stationären Händlern arbeiten. Bis jetzt war Polestar ähnlich wie Tesla: vor allem eigene Showrooms mit der Möglichkeit, dann online ein Auto zu bestellen. 

Ja. Das halte ich nicht für ausreichend, auch nicht wirklich nachhaltig. Denn der Entscheid für ein Auto ist ein emotionaler. Man will sich beraten lassen über Technologie, die sich ja stetig weiterentwickelt, nicht immer sofort verständlich ist. Will Angebote haben, will Vorschläge, was mit dem jetzigen Auto passiert. Deshalb ist dieser Strategie-Schwenk vom reinen Onlinevertrieb, den wir aber beibehalten, zu einem Vertrieb über Händler mit qualifiziertem Verkaufspersonal so wichtig.

Vor allem bisherige Volvo-Händler, richtig?

Ja, idealerweise. Die Mehrheit unserer Retailpartner sind auch Volvo-Händler, das ist super. Die Händler kennen das Geschäft sehr gut. Und die Marken ergänzen sich perfekt und sprechen unterschiedliche Kundinnen und Kunden an. Polestar steht für Nachhaltigkeit, Performance, neue Technologie, ist auch preislich anders positioniert. Das ist Win-win. Von den Volvo-Händlern bekomme ich sehr gutes Feedback. Das hilft uns als junge Marke auch beim Service, denn damit haben wir 1300 Servicepunkte auf der Welt. Denn neue Kunden fragen sich natürlich: Wenn was ist mit dem Auto, wo kann ich damit hin?

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Zur Positionierung sind bei Polestar früher Begriffe wie «Verbindung von Premium und Luxus» gefallen. Wo steht Polestar für Sie?

Eine Positionierung muss sich natürlich über einen längeren Zeitraum entwickeln. Ein Niveau kann man nicht einfach herbeireden. Ich wünsche mir natürlich schon ein Preispremium, um einen Richtwert zu geben, etwa von 15 Prozent gegenüber einem Tesla. In Schweden haben wir kürzlich einen Vergleichstest gegen den Porsche Macan gewonnen. Das finde ich nicht so schlecht. Aber denken wir jetzt, dass wir sofort überall auf Porsche-Niveau sind? Nein, ich glaube, das muss sich entwickeln.

der Heckscheiben-freie Polestar 4, der als Ersatz eine Kamera nach hinten mitführt.

Der Heckscheiben-freie Polestar 4 führt als Ersatz eine Kamera nach hinten mit.

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der Heckscheiben-freie Polestar 4, der als Ersatz eine Kamera nach hinten mitführt.

Der Heckscheiben-freie Polestar 4 führt als Ersatz eine Kamera nach hinten mit.

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Wo kommen Ihre Kunden her?

Unterschiedlich. Natürlich viele von Elektromarken, das beinhaltet Tesla, aber auch deutsche Premiumanbieter. Deshalb ist zum Beispiel ein Polestar 5 so wichtig. Da geht es weniger darum, beim Volumen Riesenschritte zu machen, sondern darum, Autos erfolgreich bei den Kunden zu positionieren. 

Haben Sie in Ihrem Plan bis 2027 auch ein Margenziel definiert?

Ja.

Wie lautet es?

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Das darf ich Ihnen nicht verraten. Wir hatten ja gesagt, Ziel für 2025 ist ein positives Ebitda. Das wird sich 2026 verbessern. Und für 2027 ist das Ziel, einen positiven Cashflow nach Investitionen zu erwirtschaften. Und das auf einem Wachstum von jeweils 30 bis 35 Prozent. Um dahin zu kommen, müssen sich Margen verbessern und Kosten reduzieren. Das Leben ist immer einfach (lacht).

Sie haben bei Konzernen wie Daimler, VW und Stellantis gearbeitet. Wie unterscheidet sich die Arbeit für einen chinesischen Eigentümer von derjenigen für einen europäischen?

Na ja. Wir sind ja an der Börse in den USA gelistet. Sind also nicht direkt integriert in Geely, wir haben ein eigenes Board. Der Fokus liegt komplett auf der Marke Polestar. Das würde ich nicht vergleichen wollen mit den von Ihnen genannten Konzernen.

Keine Unterschiede punkto Freiheiten, Entscheidungswegen, Investitionsmöglichkeiten? Oder würden Sie darüber lieber nicht sprechen? 

Wir haben wie gesagt ein Board, da gibt es eine klare Governance und regelmässige Meetings. Da werden die Sachen vorgestellt und beschlossen. So wie das eine professionelle Firma macht. Genau so tun wir das.

Ihr Plan ist, Polestar 7 in Europa zu produzieren. Bisher laufen Polestar-Modelle in China und den USA vom Band. Volvo unterhält in Europa Werke in Göteborg und im belgischen Gent. Kommen die in Frage? Vielleicht auch bisherige VW-Werke? Oder gar selber eins bauen?

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Zunächst: In Europa zu produzieren, ist ja sinnvoll. Weil es kostengünstiger ist und näher am Kunden. Wer jetzt ein Auto bestellt, wartet natürlich viel länger, wenn es aus Asien kommt. Und das Thema Zölle, das sich jetzt entwickelt und die sich jederzeit ändern können, umgeht man damit auch.

Welche Auswirkungen erwarten Sie von den Vorschriften, die die USA für Elektroautos aus China erlassen? Vor allem dort produziert Polestar ja bisher.

Ich kann nur für uns sprechen und für das, was wir tun, und hier kommt der Wert unseres Asset-Light-Modells ins Spiel. Wir stellen bereits Autos in den USA her und werden in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 auch in Südkorea produzieren, und Europa wird ebenfalls bald folgen. Diese Flexibilität und die Nähe zum Kunden sind für uns entscheidend.

Erwarten Sie, dass die Trump-Regierung noch mehr Hindernisse für den Verkauf von Polestar-Autos in den USA schaffen wird?

Es ist viel zu früh, um das jetzt schon zu sagen. Die USA sind ein grosser und wichtiger Markt für uns, und wir arbeiten daran, dass wir die dortigen Vorschriften einhalten.

Der schöne Hybrid-Erstling Polestar 1 (oben); seitdem baut Polestar nur noch reine Stromer.

Der schöne Hybrid-Erstling Polestar 1; seitdem baut Polestar nur noch reine Stromer.

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Der schöne Hybrid-Erstling Polestar 1 (oben); seitdem baut Polestar nur noch reine Stromer.

Der schöne Hybrid-Erstling Polestar 1; seitdem baut Polestar nur noch reine Stromer.

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Selber ein Werk in Europa bauen, ist das eine Option?

Das kann ich mir nicht vorstellen. So ein Werk, das steht dann für 50 Jahre. Es gibt wenige Entscheidungen, die so langfristig sind. Wir setzen derzeit alle Puzzleteile zusammen und geben in den nächsten zwei bis vier Monaten bekannt, wo wir fertigen wollen.

Warum ist die Produktion in Europa günstiger als in Asien? Ist der Schiffstransport so teuer?

Da kommen mehrere Faktoren zusammen. Klar, Europa ist nicht in jedem Fall der günstigste Produktionsstandort. Es kommt immer darauf an, wo genau man ist. Aber die Logistikkosten etwa, um ein Auto von Asien in die Vereinigten Staaten zu bringen, die sind nicht gerade klein. Ich würde da jetzt keine konkrete Zahl nennen wollen – aber es gibt einerseits die Kosten, andererseits aber auch die Dauer. Wenn die Autos auf irgendwelchen Schiffen dieser Welt stehen, ist das ja gebundenes Kapital. Und wenn dann womöglich der Suezkanal einmal unpassierbar ist, wird es haarig. Man will ja die Autos bei den Kunden haben. Insofern ist lokale Produktion richtig.

Der Verkaufsschlager Polestar 2 ist ein Fliessheck, der Polestar 7 wird ein Kompakt-SUV. Welcher von beiden bildet denn das künftige Einstiegsmodell, also wird günstiger positioniert?

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Gute Frage. Da würde ich sagen, das lassen wir vorerst noch offen. Sonst müssten wir jetzt schon definieren, wie die finale Grösse des Polestar 7 aussieht und wie der finale Preis sein wird.

Wird der Polestar 7 eine Heckscheibe haben wie der Polestar 2? Oder keine wie der grosse Polestar 4?

Auch das verrate ich noch nicht.

Wie funktioniert der Markt Schweiz für Sie?

Der ist natürlich super für uns. Unsere Performance-Ausstattungen, die Allradantriebe, etwa beim Polestar 3, sind enorm nachgefragt. Unsere Premium-Positionierung passt sehr gut zur Schweiz, die Autos ohnehin, und ich sehe hier noch enormes Potenzial.

Eine Zahl dafür …

… werde ich Ihnen jetzt aber keine nennen. Sorry.

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