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Epizentrum der Schusterkunst

Besuch in der Heimat der Herrenschuhe

Man kennt die Marken, ihren Ursprung jedoch nicht: Im britischen Northampton wird noch gearbeitet wie zu Grossvaters Zeit.

Dirk Ruschmann

Tricker’s ist seit 1829 am Markt und königlicher Hoflieferant. Hinter diesen Fenstern geht es höchst traditionell zu.

Tricker’s ist seit 1829 am Markt und königlicher Hoflieferant. Hinter diesen Fenstern geht es höchst traditionell zu.

Andrea Artz für BILANZ

Northampton, eine Dreiviertelstunde mit dem Pendlerzug nördlich von London, besticht mit jenem rauen Charme, der so typisch ist für die mittelenglischen Arbeiterstädte. Ein zugiger Wochenmarkt duckt sich im Wind auf dem gigantischen Market Square, Billigläden und Imbisse bevölkern die Fussgängerzone Abington Street, auf der bedenklich viele Läden leer stehen.

Das offenbar gängigste Geschäftsmodell, der «turkish barber shop», hat sich dafür zügig ausgebreitet. In den abgerockten, aber auch in den prächtigen Pubs sitzen wenige Anzugträger neben Rentnern und Jugendlichen im Hoodie. Die prächtige Guildhall zeugt von besseren Zeiten für das lokale Gewerbe und setzt im Verbund mit dem benachbarten, frisch restaurierten Museum metropolitane Akzente.

Wer dann durch die Wohnviertel wandert, entlang an zweistöckigen Backsteinhäusern, Schulter an Schulter gelehnt und direkt an den schmalen Gehsteig gebaut, wird nur mit etwas Glück die diskret angebrachten Firmennamen erblicken oder aus einem gerade geöffneten Fenster Radiogedudel, Hammerschläge und das Kreischen einer Maschine vernehmen – und kann allenfalls ahnen, was sich hinter den unscheinbaren Häuserfronten verbirgt: Fabriken, wo noch gearbeitet wie zu viktorianischen Zeiten, teilweise mit Werkzeugen und Maschinen, die noch die Weltkriege miterlebt haben; das angewandte Handwerk ist noch viele Jahrhunderte älter.

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Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

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