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André Hoffman ist der WEF-Vermittler

Der Roche-Erbe soll das World Economic Forum wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen.

Marc Kowalsky

<p>André Hoffman ist Roche-Miterbe und sitzt im Verwaltungsrat des Pharmakonzerns.</p>

André Hoffman ist Roche-Miterbe und sitzt im Verwaltungsrat des Pharmakonzerns.

Mark Henley/Panos Pictures

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Weltpolitik ist eigentlich weniger die Sache von André Hoffmann (67). Wenn er an Konferenzen auftritt (und das macht er immer mal wieder), sind seine Themen Nachhaltigkeit, Umwelt, Unternehmensverantwortung. Denn der Roche-Miterbe und -VR setzt seine Milliarden dafür ein, «Verantwortung für den Planeten zu übernehmen», wie er es nennt. «Wir benützen die Natur, weil sie gratis ist – und verlieren sie, weil sie keinen Preis hat», ist eines seiner Bonmots. Nächsten Januar freilich wird Hoffmann auf der wichtigsten Bühne der Weltpolitik fünf Tage lang Gastgeber und Conférencier sein für Staatschefs, Könige, Konzernlenker: Zusammen mit Blackrock-Chef Larry Fink hat er die interimistische Leitung des World Economic Forum (WEF) übernommen. Seine Aufgabe nach dem durch Heckenschützen erzwungenen Abgang von WEF-Gründer Klaus Schwab und dem in der Folge unausweichlichen Rücktritt seines Nachfolgers Peter Brabeck: Ruhe in die Organisation mit ihren 850 Mitarbeitenden zu bringen, Vertrauen bei den Sponsoren und Partnern wiederherzustellen – und eben die wichtigste Jahresveranstaltung in Davos gut über die Bühne zu bringen. Das ist in den momentan weltpolitisch turbulenten Zeiten eine besondere Herausforderung.

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Die Familie

André Hoffmann ist der Urenkel von Fritz Hoffmann-La Roche, dem Gründer des Pharmaunternehmens Roche. Andrés Vater Hans Lukas («Luc») Hoffmannwar Co-Gründer des World Wildlife Fund (WWF), die Mutter Daria Razumovsky eine ukrainische Gräfin. Ehefrau Rosalie Coombe-Tennant (65) ist Verlegerin. Gemeinsam zogen sie vier Kinder gross: Alexander (35) ist Venture Investor mit seiner Firma Susty; Frederic (33), ein Young Global Leader des WEF, sitzt im Board von mehreren Nachhaltigkeits-Start-ups; Isabel (30) arbeitet bei Climeworks und gilt als mögliche Nachfolgerin von Hoffmann im Roche-VR. Sohn Henry ist 2017 verstorben.

André hat ein enges Verhältnis zu seinen Schwestern: Vera Michalski (70), Witwe des Verlegers Jan Michalski, führt von Lausanne aus mehrere Verlagshäuser. Maja Hoffmann(69) ist Bildhauerin, Gründerin der Luma-Stiftung in Arles, Kunstsammlerin und Präsidentin des Locarno Film Festival. Daschenka («Daria») Hoffmann ist 2019 verstorben. Cousin Andreas Oerisass von 1996 bis 2020 im Roche-VR. Dessen Frau Gigi Oeri prägte als Geldgeberin und Präsidentin den FC Basel von 1999 bis 2012 entscheidend mit. Cousine Catherine Oeri präsidiert die Stiftung Wolf, die wiederum andere Stiftungen bei gemeinnützigen Projekten unterstützt. Maja Oeri, ebenfalls eine Cousine, ist Kunstmäzenin. Auch der Sohn ihrer Schwester Sabine, Jörg Duschmalé, sitzt im Roche-VR und soll dereinst Hoffmann als Vizepräsident ablösen.

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<p>Luc Hoffmann, Jörg Duschmalé, Isabelle Hoffmann (v.l.).</p>

Luc Hoffmann, Jörg Duschmalé, Isabelle Hoffmann (v.l.).

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<p>Luc Hoffmann, Jörg Duschmalé, Isabelle Hoffmann (v.l.).</p>

Luc Hoffmann, Jörg Duschmalé, Isabelle Hoffmann (v.l.).

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Der WEF-Konflikt

Seit Januar 2019 ist Hoffmann Mitglied des sechsköpfigen Stiftungsrats des WEF, er leitet die Arbeitsgruppe Family Enterprises. Mit Klaus Schwab war er immer eng befreundet. Als nach dem anonymen Schreiben im April Axa-Chef Thomas Buberl, Vorsitzender des Audit & Risk Committee, sekundiert von Stiftungsratspräsident und Ex-Nestlé-Chef Peter Brabeck, eine Untersuchung gegen Schwab einleitete und ihm Hausverbot erteilte, war Hoffmann ebenso überrumpelt wie der Rest des Gremiums. Hoffmann wurde als Verbindungsmann zu Schwab mandatiert, alle anderen Mitglieder hatten Kontaktverbot. Nachdem sich die Vorwürfe grossmehrheitlich als haltlos erwiesen hatten und Brabeck zurückgetreten war, wurde Hoffmann zusammen mit Blackrock-Chef Larry Fink zum Leiter ad interim ernannt. 2027 soll EZB-Chefin Christine Lagarde übernehmen – Schwabs Wunschbesetzung.

<p>Peter Brabeck, Klaus Schwab, Christine Lagarde (v.l.).</p>

Peter Brabeck, Klaus Schwab, Christine Lagarde (v.l.).

Imago, Keystone, Christian Wind
<p>Peter Brabeck, Klaus Schwab, Christine Lagarde (v.l.).</p>

Peter Brabeck, Klaus Schwab, Christine Lagarde (v.l.).

Imago, Keystone, Christian Wind

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Die Karriere

Hoffmann wuchs in der Camargue auf, begann ein Medizinstudium in Genf, wechselte Anfang der 1980er-Jahre an die Universität St. Gallen und kehrte dann ohne Abschluss in die Camargue zurück als Leiter des Forschungslabors Station Biologique de la Tour du Valat. Später wechselte er nach England, war als Börsenhändler bei James Capel aktiv, arbeitete schliesslich bei Nestlé UK. 1996 zog er als Familienvertreter in den Roche-VR ein, seit 2006 ist er dort Vizepräsident. Ebenfalls als Vizepräsident amtete Hoffmann von 2007 bis 2017 beim WWF unter Yolanda Kakabadse.

Als Feinschmecker sitzt Hoffmann zusammen mit Schwester Vera Michalski sowie André Kudelski im Verwaltungsrat des Drei-Sterne-Restaurants Hôtel de Ville in Crissier VD unweit seiner Heimat Vaux-sur-Morges, eines 170-Seelen-Dorfs. Ebenfalls Einsitz genommen hat er im Board von Systemiq, einem englischen Beratungsunternehmen, das die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens vorantreiben will, und von Gist Impact, einer Schweizer Firma für Datenanalyse im Nachhaltigkeitsbereich. Zudem präsidiert oder berät Hoffmann zahllose Stiftungen in diesem Bereich.

<p>Yolanda Kakabadse, André Kudelski (v.l.).</p>

Yolanda Kakabadse, André Kudelski (v.l.).

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<p>Yolanda Kakabadse, André Kudelski (v.l.).</p>

Yolanda Kakabadse, André Kudelski (v.l.).

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Die Gegenspieler

Mit 9 Prozent des Kapitals kontrolliert die Familie Hoffmann-Oeri 73 Prozent der Stimmen von Roche. Immer wieder gab es Versuche, das Bollwerk zu knacken: Ende der 1980er-Jahre schnürte Milan Panić, Gründer der kalifornischen Biotech-Firma ICN, ein Aktienpaket und drohte mit der Übernahme. Im Jahr 2000 versuchte Financier Martin Ebner sein Glück und wollte Roche zur Fusion mit Novartis zwingen. Nach einem Jahr verkaufte er sein 20-Prozent-Paket an Novartis unter Daniel Vasella, der den Anteil auf 30 Prozent erhöhte, sich aber ebenfalls die Zähne ausbiss. Auf dem Platz Basel bleibt Novartis, inzwischen unter Vas Narasimhan, ärgster Konkurrent. International haben Novo Nordisk, neu unter Maziar Mike Doustdar, und Eli Lilly unter David Ricks mit ihren Abnehmspritzen Roche zwischenzeitlich den Rang abgelaufen.

<p>Daniel Vasella, Martin Ebner, Vas Narasimhan (v.l.).</p>

Daniel Vasella, Martin Ebner, Vas Narasimhan (v.l.).

Keystone, PR
<p>Daniel Vasella, Martin Ebner, Vas Narasimhan (v.l.).</p>

Daniel Vasella, Martin Ebner, Vas Narasimhan (v.l.).

Keystone, PR

Die Verbündeten

Henri B. Meier, Fritz Gerber und Franz Humer gelten als Architekten der heutigen Roche – sie alle hat Hoffmann im Board erlebt. Gerade mit Humer hatte und hat er ein enges Verhältnis, war der doch wichtigster Mitstreiter im Kampf gegen Daniel Vasella und dessen Übernahmedrohung. Den Befreiungsschlag unternahm jedoch dessen Nachfolger auf dem Präsidentenposten, Christoph Franz: Er nagelte den entscheidenden Deal, die Aktien von Novartis mit Konzernmitteln zurückzukaufen und zu vernichten – was den Anteil der Besitzerfamilie von 50 auf 73 Prozent erhöhte, ohne dass sie selber einen Rappen dafür in die Hand nehmen musste.

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Auch zum heutigen VR-Präsidenten Severin Schwan, von 2008 bis 2023 Roche-CEO, hat Hoffmann ein sehr enges Verhältnis. Im Board des Pharmagiganten trifft er ausserdem auf Ex-Nestlé-CEO Mark Schneider und Ex-Swiss-Life-Chef Patrick Frost.

<p>Severin Schwan, Mark Schneider, Franz Humer, Christoph Franz (v.l.).</p>

Severin Schwan, Mark Schneider, Franz Humer, Christoph Franz (v.l.).

Keystone, Markus Bertschi für BILANZ
<p>Severin Schwan, Mark Schneider, Franz Humer, Christoph Franz (v.l.).</p>

Severin Schwan, Mark Schneider, Franz Humer, Christoph Franz (v.l.).

Keystone, Markus Bertschi für BILANZ
Über die Autoren
Marc Kowalsky

Marc Kowalsky

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