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Er hat Rolexʼ Rolle als Branchenprimus gefestigt und gar stärker gemacht – still und leise, ohne Aufhebens. Und doch sorgt Dufour für Aufsehen.
Mr. Rolex: Jean-Frédéric Dufour hat mit der Übernahme von Bucherer nun ein exquisites Retailnetz mit Boutiquen etwa in Genf, Paris (im Bild) und London.
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Jean-Frédéric Dufour übernahm bei Rolex am 15. Juni 2015 das Kommando. Zehn Jahre später hat sich am Wesen des Genfer Uhrenherstellers nichts geändert, die Marke mit der Krone ist noch immer das, was sie war, als er antrat: Branchenprimus, der alles auf Stufe «herausragend» exerziert – dank Dufour allerdings in neuen Sphären.
Wer ihn kennt, beschreibt den 57-Jährigen als Macher. Und den hat er schon ganz zu Beginn bei Rolex markiert: Kaum war er da, erhöhte er die Preise, was in der Branche erst einmal für Aufsehen sorgte. Im Nachhinein erweist sich der Schritt als kluger Schachzug, weil er die Exklusivität der Marke zusätzlich steigerte. Der Output ist unter seiner Ägide von 800'000 auf 1,2 Millionen Einheiten pro Jahr gestiegen – ohne den kleinsten Kompromiss in Sachen Qualität und Präzision und ohne dem Trend zu immer komplizierteren Zeitmessern zu folgen.
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Rolex, das zeigte sich auch in harzigen Jahren wie 2024, kennt keine Krise. Während die Umsätze anderer honoriger Mitspieler teils zweistellig einbrachen, legte die Marke mit der Krone fünf Prozent zu, bei leicht weniger Volumen. Der Kniff: höhere Preise und teurere Modelle. Dass 2024 leicht weniger Zeitmesser verkauft worden sind und 2025 abermals harzig werden dürfte, ändert nichts am ehrgeizigen Wachstumskurs, den Dufour eingeschlagen hat. Die Nachfrage übersteigt das Angebot ja nach wie vor bei Weitem. In Bulle FR wird bis 2029 eine neue Fabrik mit einer Gesamtfläche von 15 Fussballfeldern gebaut. Sie kostet über eine Milliarde Franken und soll 2000 Arbeitsplätze schaffen. Gemäss Dan Crivello, der auf seinem Blog Coron.et seit über fünfzehn Jahren jede Regung von Rolex protokolliert, geht es mit mehr Output aber bereits 2025 los: In einer für 30 Millionen Franken restaurierten Industriebrache in Romont werden gerade Produktionslinien errichtet und im zweiten Semester hochgefahren.
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2023 brachte Dufour eine Daytona mit Glasboden auf den Markt und ...
PR... lancierte mit der Perpetual 1908 eine ganz neue Kollektion. Die Produktion der Cellini wurde dafür eingestellt.
PRDufour sorgte mit einer höchst ausgefallenen Day-Date für eine Überraschung.
PRSo forsch Dufour das eine anpackte, so zart fasste er die Zeitmesser selbst an. Dennoch attribuierten Rolex-Fans seinen Touch schon nach kurzer Zeit mit «frischer». Inzwischen sind bei den Neuheiten, die jeweils an der Uhrenmesse im Frühling gezeigt werden, immer Rolex-Modelle dabei, die niemand erwartet hat. Die Puzzle-Day-Date mit Emojis statt Datum etwa, eine Daytona mit Glasboden oder auch die neue Dresswatches-Kollektion Perpetual 1908. Für diese vergleichsweise gewagten Modelle hat Dufour sich und Rolex Zeit gelassen, drückt nun aber aufs Gas: «Er hat das Tempo bei der Produktentwicklung stark erhöht», sagt Branchenkenner Oliver Müller, «die Lancierungen sind kühner und häufiger.»
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Das Image von Rolex hat Dufour von beneidenswert auf unerreichbar hochgeschraubt. Gemäss Schätzung von Morgan Stanley und LuxeConsult besitzt die Marke einen Marktanteil von 32,1 Prozent am Gesamtmarkt und dominiert das sogenannte Bread-and-Butter-Geschäft mit Uhren, die zwischen 7000 und 15'000 Franken kosten. Auch dieses Jahr soll es wieder ein Plus geben – bei kleineren Volumen. Zum Auftakt hat Dufour die Preise erneut erhöht. Wie die Nachfrage darauf reagiert, bleibt abzuwarten. Es gibt jedenfalls Anzeichen, dass die Preiselastizität ausgereizt ist: Für einzelne Rolex-Modelle wie die goldene Sky-Dweller und einige Damenuhren werden keine Wartelisten mehr geführt.
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Den grössten Sprung nach vorn hat Dufour beim Umsatz gemacht. Er hat ihn in der vergangenen Dekade auf 10,6 Milliarden Franken mehr als verdoppelt. Wie alle Zahlen ist auch diese eine Schätzung aus dem Morgan-Stanley-Report. Offiziell gibt es von Rolex, deren Aktien alle der Hans Wilsdorf Stiftung gehören, nämlich nichts: Schweigen gehört in dieser Firma zum Goldstandard. Nichts – weder Erfolge noch Misserfolge – wird aktiv nach aussen kommuniziert. Interviews gibt es keine, das Mantra dazu lautet: «Die Exzellenz der Produkte soll für sich sprechen».
Daran hält sich auch «Jean-Fred». So nennt ihn, wer in seinen 30 Jahren in der Uhrenindustrie mit ihm zu tun hatte. Vor Rolex, wo er «JFD» heisst, war er bei Chopard, Ulysse Nardin, Blancpain, nochmals bei Chopard und zuletzt CEO von Zenith, die er mit einer konsequenten Ausrichtung auf uhrmacherische Inhalte statt Jetset-Glamour neu belebt hat.
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Auf die Frage, als was Jean-Frédéric Dufour dereinst in die Firmenchronik eingehen werde, antwortet der Wirtschaftshistoriker und Rolex-Buch-Verfasser Pierre-Yves Donzé: «Als der vierte CEO, der für Rolex sehr prägend war.»
Der erste war Hans Wilsdorf (CEO von 1905 bis 1960), der Rolex gründete und sehr vieles als Erster machte: Er ist der Erfinder der ersten wasserdichten Uhr, der Oyster, und hatte als Erster die Idee, mit Ambassadoren für seine Uhren zu werben. 1945 überführte er Rolex in die Hans Wilsdorf Stiftung. Sie ist in erster Linie dazu da, Rolex die Zukunft zu sichern, und in zweiter Linie, zum Wohlergehen im Kanton Genf beizutragen.
Der zweite prägende CEO war André Heiniger (1964 bis 1992). Er machte Rolex zum Statussymbol. Auf ihn folgte sein Sohn, Patrick Heiniger, der Rolex in seiner Zeit (1992 bis 2007) in eine vertikal organisierte Industriegruppe umformierte.
Jean-Frédéric Dufour (57) dürfte in die Firmenchronik eingehen als der Modernisierer und als derjenige, der seit 2015 bis ans Ende seines Berufslebens für viel Dynamik gesorgt und Rolex neu belebt und aufgestellt hat.
Hans Wilsdorf: Der Rolex-Gründer war ein Pionier in Sachen Uhrmacherei und ein höchst einfallsreicher Marketeer.
PRHans Wilsdorf: Der Rolex-Gründer war ein Pionier in Sachen Uhrmacherei und ein höchst einfallsreicher Marketeer.
PRMit seinem CV und seinem Stammbaum, der tief in der Genfer Gesellschaft verwurzelt ist, war 2015 in gewisser Weise klar, dass er an die Rolex-Spitze gehört. Nur in einem Punkt gab es leise Zweifel: ob der Tausendsassa das Stillschweigen würde aushalten können, das für jede und jeden im Unternehmen Gesetz ist. Dufour war in seiner Karriere zuvor nämlich als Manager aufgefallen, der das Rampenlicht liebt. Doch Dufour kann: Seit Tag eins als Rolex-CEO hält er dicht wie die famose Oyster des Hauses und spielt die Rolle des diskreten Strippenziehers.
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Selbst zum grössten Coup, den er bislang landete, äusserte er sich nicht, und seitens Rolex gab es dazu nur ein sprödes Communiqué: zur Akquisition des wichtigsten Rolex-Händlers und eines der grössten Uhren- und Schmuckhändler weltweit, Bucherer, vor eineinhalb Jahren. Sie hat rund vier Milliarden Franken gekostet, ist seit Sommer 2024 abgeschlossen und markiert einen Wendepunkt in der Vertriebsstrategie von Rolex. Bis dahin hatte der Branchenführer mit Ausnahme einer Boutique in Genf keine eigene Retailpräsenz, sondern verkaufte die Uhren via autorisierte Händler, allen voran Bucherer. Die langfristigen Folgen des Deals für die zahlreichen Partner bleiben abzuwarten, könnten aber einschneidend sein: In einem Einkaufszentrum in Shanghai hat Rolex im letzten Herbst jedenfalls die erste eigene Boutique eröffnet, unter Bucherer-Banner. Bucherer gab es bis anhin im Reich der Mitte nicht. Dass Rolex dort omnipräsent ist, verdankt die Marke einigen langjährigen Partnern. Nun schätzen Beobachter, dass es keine zehn Jahre gehen werde, bis Rolex dort den Markt in Eigenregie bearbeitet.
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Dergleichen blüht möglicherweise auch in anderen Regionen. Dufour hat einigen kleineren Retailern offenbar bereits die Konzession entzogen, was gemäss Faustregel bedeutet, dass sie rund 50 Prozent ihres Umsatzes verlieren. «Einige Kleinere müssen wohl zittern», sagt ein Uhrenhändler, der sich seiner Sache sicher ist, und fügt an: «Alles andere würde jetzt mit Bucherer ja auch keinen Sinn ergeben.» Ganz auf Partner wird Dufour nicht verzichten. Mit dem britischen Uhrenhändler und Bucherer-Gegenspieler Watches of Switzerland hat er gerade eine neue Wegmarke gesetzt: An der Old Bond Street in London wurde am 14. März die grösste Rolex-Boutique Europas eröffnet. Sie sieht geschätzt genau so aus, wie Dufour sie gestaltet hätte, wäre sie seine. Im Flaggschiff mit vier Etagen gibt es neue und Secondhand-Uhren von Rolex und feine Gastronomie, Theken aus Marmor, Wände aus Stein, die geriffelt sind wie die Lünette der Datejust. Dufour persönlich durchtrennte bei der Eröffnung das Rolex-grüne Stoffband vor dem Portal.
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Mit der Eröffnung der ersten direkt von Rolex unter dem Bucherer-Banner betriebenen Boutique in China – im Einkaufszentrum Taikoo Hui in Shanghai – hat Dufour ein starkes Zeichen für seine anvisierte globale Distributionsstrategie gesetzt.
PRMit der Eröffnung der ersten direkt von Rolex unter dem Bucherer-Banner betriebenen Boutique in China – im Einkaufszentrum Taikoo Hui in Shanghai – hat Dufour ein starkes Zeichen für seine anvisierte globale Distributionsstrategie gesetzt.
PRDufour steht nicht nur kommerziell auf dem Gaspedal, sondern drückt Rolex auch den einen und anderen sehr persönlichen Stempel auf. Hier lockert er Kleidervorschriften, dort baut er Brücken von Privat zu Job: Für Alexander Troller, einen seiner ältesten Freunde, zum Beispiel richtete er bei Rolex auf Anfang dieses Jahres den Posten «Group General Counsel» ein. Troller war davor Anwalt bei Lalive in Genf, also jener Kanzlei, die seitens Rolex in den Bucherer-Deal involviert war. Dass er via die Rolex-Schwester Tudor beim America’s Cup das Team Alinghi Red Bull Racing von Ernesto Bertarelli sponserte, ist freilich auch kein Zufall: Dufour und Bertarelli sind beide passionierte Segler und beide Mitglied im noblen Jachtclub Societé Nautique de Genève.
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Im Business selbst führte Dufour bis dato Undenkbares ein: das Certified-Pre-Owned-Programm (CPO), ausgerollt am 1. Dezember 2022. Es ist ein Gamechanger nicht nur für Rolex, sondern für die ganze Sekundärmarkt-Szene. Seither behandelt Rolex gebrauchte Modelle als wertvoll, prüft, revidiert und zertifiziert sie – so sie von einem offiziellen Rolex-Partner in Genf angeliefert werden.
Das Prozedere verteuert die Zeitmesser aus Vorbesitz natürlich zusätzlich. Und so kommt es, dass zum Beispiel bei Bucherer an der Bahnhofstrasse in Zürich eine Submariner am Rolex-Counter im Erdgeschoss für um die 8000 Franken zu haben ist und in der CPO-Lounge zwei Etagen darüber für deutlich mehr, dafür ohne Wartezeit. Nun wird gemunkelt, aber weder von Rolex noch von Bucherer kommentiert, dass es ein neues Format geben wird: Geschäfte exklusiv für Rolex-CPO-Uhren.
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Grosse Wellen schlug, als Dufour letztes Jahr entschied, sich nach über zehn Jahren aus der Formel 1 zu verabschieden und die offizielle Zeitmessung TAG Heuer zu überlassen. Warum? Die einen vermuten – vor dem Hintergrund der Finanzpower der Wilsdorf Stiftung unwahrscheinlich –, Dufour sei von der TAG-Heuer-Mutter LVMH überboten worden. Andere erkennen in der Abkehr dagegen eine strategische Neuausrichtung, zu der die Formel 1 nicht mehr passt. Das Schlagwort dazu heisst Nachhaltigkeit. Dafür spricht, dass Rolex just nach dem Entscheid den ersten Nachhaltigkeitsbericht in der Firmengeschichte und wenig später den Hollywood-Schauspieler und Umweltaktivisten Leonardo DiCaprio als Markenbotschafter publik gemacht hat.
Dufour sorgt immer wieder für Schlag zeilen, ohne selbst im Scheinwerfer zu stehen: zum Beispiel mit Stars wie Leonardo DiCaprio als neuem Markenbotschafter.
Getty ImagesDufour sorgt immer wieder für Schlag zeilen, ohne selbst im Scheinwerfer zu stehen: zum Beispiel mit Stars wie Leonardo DiCaprio als neuem Markenbotschafter.
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Beides geschah à la Rolex ohne PR-Gedöns: Der Report war eines Tages einfach online. Und DiCaprio wurde in ein Reel auf Social Media montiert. Der kleine Film ist ein Zusammenschnitt aus denkwürdigen Szenen im Leben anderer Rolex-Ambassadoren wie Roger Federer oder Tiger Woods. DiCaprio kommt am Schluss mit dem Oscar in der Hand, den er 2016 für seine Rolle in «The Revenant» gewonnen hat – und sagt nichts, lächelt nur.
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