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Neue Investoren, neue Mitstreiter – das Zürcher Brillen-Start-up Viu schaltet nun einen Gang höher.
Das Kernteam von Viu: Kilian Wagner und Peter Kaeser, Viu-Co-Gründer, Finanzchef Johannes Heinrich, Kreativchef Fabrice Aeberhard (v.l.).
ZVGAm Hauptsitz des Brillenlabels Viu an der Weststrasse in Zürich Wiedikon geht es zu wie in einem Bienenstock: Es wimmelt von jungen Leuten an dicht an dicht gestellten Pulten, es ist laut, die Luft ist zum Schneiden. «Ja, es ist inzwischen eng hier», sagt Viu-CEO Kilian Wagner, winkt seinen Kompagnon, Viu-Mitinhaber Peter Kaeser, herbei und steuert zum riesigen Tisch, der in einer Ecke des Grossraums steht.
Erster Eindruck: Wagner und Kaeser sind komplett verschiedene Typen. Nur äusserlich? «Nein, wir ticken auch ganz anders», sagt Kaeser, «Kili ist der Indianer, der als Erster durch den Dschungel rennt und sich einen Weg bahnt, und ich eile hinterher und räume auf, was liegen bleibt.» Wagner lacht. Seine Version: «Ich sorge dafür, dass der Karren mit 150 km/h unterwegs ist, und Peter, dass das Gefährt auch vier Räder hat.» Kaum sind die Worte gesagt, versachlicht er: «Ich mache alles nach aussen, Peter nach innen.»
Als sie vor knapp sechs Jahren ihr Unternehmen starteten – coole Brillen herstellen lassen und online only verkaufen –, wurden sie als «junge Wilde» beschrieben. Jung waren sie, Wilde keineswegs: Dafür wussten Wagner, damals 30 Jahre alt, HSG-geschult, McKinsey-Berater, und Studienfreund Kaeser, damals 29 Jahre alt, HSG-Absolvent, Produktmanager bei Noble Biocare, viel zu genau, was sie wollten und wie. 1. Raus aus ihren Tretmühlen. 2. Ein eigenes Unternehmen gründen. 3. Den Brillenmarkt aufmischen.
Die Geschäftsidee aber war kühn. Weder Wagner noch Kaeser hatten viel Ahnung von Brillen. Zudem ist der Schweizer Brillenmarkt üppig besetzt: Gemäss Optikerverband buhlen hierzulande 1100 Fachgeschäfte um Kurz- und Weitsichtige (siehe «Heiss umkämpfter Markt»). Aus diesem Grund erschien dem Zürcher Unternehmer und Gastronomen Dieter Meier ein Einstieg bei Viu damals auch zu riskant. Heute fuchst es ihn. «Ich kam zu der Einschätzung, dass der Markt für Brillen in der Breite schon übersättigt sei, und lehnte ab», sagte er in einem Interview auf die Frage, ob es nicht getätigte Investments gebe, die er bereue. «Zu meiner Überraschung wuchs die Firma aber rasant.»
Genaue Zahlen zum Schweizer Brillenmarkt gibt es nicht – dafür ist er zu zersplittert. Schätzungen gehen davon aus, dass in der Schweiz sieben von zehn Personen eine Brille tragen und diese alle vier bis fünf Jahre durch eine neue ersetzen. Der jährliche Branchenumsatz wird auf 1,5 Milliarden Franken beziffert. Mehr als die Hälfte davon geht aufs Konto von grossen Ketten wie Visilab, Fielmann und McOptic. Den Rest teilen die rund 1000 eigenständigen Optikergeschäfte untereinander auf.
Marktführer Visilab, zu der auch Kochoptik und Linsenmax gehören, wurde letzten Herbst von der niederländischen GrandVision übernommen (6500 Geschäfte, 31 000 Mitarbeiter), inklusive Daniel Mori, der Visilab vor 30 Jahren gegründet hat und seither führt. Mori hat ehrgeizige Pläne, um den Abstand zu Fielmann weiter zu vergrössern: In den nächsten fünf Jahren will er 76 weitere Filialen eröffnen, teils für Visilab, teils für Kochoptik und 36 für den neu gegründeten Discounter +Vision.
Bei Viu gibt man sich ungerührt: «Unsere Wettbewerber sind nicht Fielmann und Co., sondern andere Newcomer wie Mister Spex aus Deutschland und Ace & Tate aus Holland», sagt Viu-CEO Kilian Wagner. Um sich von ihnen abzuheben, verfolgen die Zürcher strikt den Kurs «Premium direct to the customer». Premium sind an Viu Schweizer Design, italienisches Handwerk – und verglichen mit den Newcomern, die Brillen made in China fast gratis verkaufen, auch der Preis: Die günstigste kostet 195 Franken.
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