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Das 28. BILANZ-Hotel-Ranking zeigt die aktuellen Spitzenreiter, die Aufsteiger und die Newcomer quer durch Europa und in der Schweiz. Der grosse Trend: Personalisierung. Jeder Gast ist etwas Besonderes.
Claus Schweitzer
Erstmals auf dem Siegerpodest ist La Réserve Genève. Das drittbeste Stadthotel der Schweiz erweitert die allgemeine Vorstellung davon, was ein Luxusresort sein kann.
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Was unterscheidet ein Spitzenhotel von einem guten Hotel? Wenn man ab dem ersten Moment spürt, erwartet zu sein und dass alles für einen vorbereitet ist. Wenn die Koffer bereits vor dem Gast im Zimmer sind und generell auf trinkgeldträchtiges Getue verzichtet wird. Wenn das Team gut gelaunt an einem Strang zieht und die Mitarbeitenden intuitiv erkennen, was Menschen individuell glücklich macht.
Um ein Spitzenhotel handelt es sich, wenn die Frühstückskellnerin spezifische Vorlieben der Gäste wie den frischen Ingwertee mit viel Honig oder die Chilis zur Omelette im Kopf hat, wenn der Barkeeper gegebenenfalls von vornherein auf Eiswürfel im Negroni verzichtet – wenn die grundlegenden, scheinbar einfachen Dinge verlässlich umgesetzt werden und man beispielsweise beim Wunsch nach zwei separaten Bettdecken erwartungsgemäss abends zwei separate Bettdecken vorfindet. Gastliche Klasse bedeutet, dass man beim Room-Service umstandslos ein Lieblingsgericht ausserhalb des fixen Menüs bestellen kann. Dass das Licht im Zimmer stimmig ist und die Schalter intuitiv zu bedienen sind. Dass es viele schöne Details gibt, die man vielleicht erst auf den zweiten Blick bemerkt, etwa eine handgeschriebene Begrüssungskarte, deliziöse Fruchtsäfte in der Minibar, eine Yogamatte im Schrank oder ein Fernglas auf dem Schreibtisch.
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Ein Spitzenhotel, egal ob in den Städten oder auf dem Land, erzeugt zudem ein erhabenes Gefühl beim Gast. Alle Last des Alltags fällt von einem ab, und man glaubt, eleganter und ausgeglichener zu sein, als man wirklich ist, und mehr im Leben erreicht zu haben, als tatsächlich zutrifft. Vor allen Dingen öffnet uns ein Spitzenhotel die Tür zu den schönsten Seiten seines Standorts – und lässt uns diesen Ort auf eine besondere, unverwechselbare Art erleben.
The Dolder Grand ist so ein besonderes Haus, und perfekt für besondere Momente. Kaum verwunderlich, dass es derzeit alle Auszeichnungen einheimst, welche die Branche zu vergeben hat – und wiederholt auch die Messlatte als bestbewertetes Schweizer Stadthotel im 28. Hotel-Ranking von BILANZ setzt.
Viele Faktoren kommen hier zusammen: Die von hochkarätiger, kontinuierlich wechselnder Kunst beseelten öffentlichen Räume. Das aussergewöhnliche Spa mit allem Erquickenden zur passiven und aktiven Erholung. Der ringsum spürbare Swing im Team – angeführt von Markus Granelli, dem begnadeten Hoteldirektor mit der Fähigkeit, sich selbst infrage zu stellen und seinen Leuten Raum zur Entfaltung zu geben.
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Aber um einen Aspekt hervorzuheben: Mehr als jedes andere Stadthotel im Land ist The Dolder Grand ein Ort des aufregend guten Essens. Ob Fine Dining oder Züri-Klassiker, ob japanisch oder orientalisch, ob saisonales Pop-up oder beim Frühstück: die prickelnd vielseitige Kulinarik unter der Obhut des Küchendirektors Heiko Nieder ist getrieben von Innovation und Leidenschaft – und wirkt doch immer locker, lässig, einfach anders. Aktuelles Leuchtturmprojekt ist das vegane Freiluft-Restaurant Blooms, das alle verzaubert – selbst die Crew in der offenen Küche. Zwar musste Heiko Nieder ein gewisses Mass an Unbeirrbarkeit aufbringen, um diesen Traum zu realisieren, welcher das klassische Einmaleins des Gastgewerbes auf den Kopf zu stellen wagt. Logistisch ist das Gartenjuwel inmitten von Kräuter- und Gemüsebeeten zu Füssen der monumentalen Keith-Haring-Skulptur «Dancing Man» nämlich eine Herausforderung, zumal es lediglich bei gutem Wetter öffnen kann und sowohl für Gäste wie Mitarbeitende nur durch labyrinthische Hotelgänge erreichbar ist. Doch wer einmal in dieses Naturidyll am Waldrand gefunden hat, will gar nicht wieder weg.
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Platz 1 (Vorjahr: 1): The Dolder Grand, Zürich
Am «Dolder» kommt auch dieses Jahr kein Schweizer Stadthotel vorbei. In keinem anderen Luxushaus ist derzeit eine solch lustvolle Dynamik quer durch alle Bereiche zu spüren wie hier, und keines legt so hohen Wert auf eine kontinuierlich verfeinerte Detailpflege – von den Appetithäppchen und personalisierten Begrüssungsgetränken auf dem Zimmer über den Blumenschmuck bis zum Frühstücksangebot. Herausragend ist die prickelnd vielseitige Kulinarik unter der Obhut des Küchendirektors und Herdvirtuosen Heiko Nieder. Das Fine Dining Lokal «The Restaurant» und das einfachere All-day-Restaurant «Saltz» mit Panoramaterrasse sind dabei lediglich das Grundangebot. Liebhaber der orientalischen Küche können Mezze-Variationen oder Pouletspiesse Shish Taouk per Room-Service ordern. Im «Mikuriya» bereitet ein japanischer Koch seine 15-gängigen Häppchenmenüs vor den Augen der maximal acht Gäste zu. Ausserdem gibt es regelmässig saisonale Pop-Ups, und inmitten von Kräuter- und Gemüsebeeten mit monumentaler Keith-Haring-Skulptur lockt das Gartenlokal «Blooms» mit veganen Sommergerichten. Im grössten urbanen Hotel-Spa der Schweiz wird man nach allen Regeln der Kunst verwöhnt, und die vielen hochkarätigen, kontinuierlich wechselnden Kunstwerke beseelen die öffentlichen Räume. Der anhaltende Erfolg des «Dolder» hat auch wesentlich mit General Manager Markus Granelli zu tun. Ihm gelingt es, eine coole Atmosphäre aufrecht zu erhalten und bei aller Digitalisierung vieler Hotelabläufe die menschlichen Werte hochzuhalten, damit sich auch die Mitarbeitenden (die «internen Gäste», wie Granelli sie bezeichnet) langfristig weiterentwickeln und dabei jederzeit auf das Hotel verlassen können.
Wenn doch nur… die Aussenflächen des «Dolder Grand», das sich als City Resort positioniert, nicht so eng bemessen wären. An Sommertagen bei vollem Haus ist es nicht immer ganz einfach, ein Liegeplätzchen unter freiem Himmel zu finden.
Platz 2 (Vorjahr: 2): Beau-Rivage Palace, Lausanne
Etwas Magisches geschieht, wenn man durch die Drehtür ins Beau-Rivage Palace tritt. Ein Cinderella-Moment, in dem die Welt unversehens wunderbarer wird, als sie wirklich ist: vergnügter, aufgeweckter, weicher, so als würde George Gershwins «Rhapsody in Blue» durch die Hallen und Parkanlagen schweben. In einer Region, die mit gloriosen Hotels gesegnet ist, überstrahlt diese «Grande dame» alle anderen Luxusherbergen der Westschweiz und macht doch kaum Aufhebens um sich. Die 168 durchwegs renovierten Zimmer mit ihren schönen Bädern überzeugen ebenso wie das lukullische Frühstücksbuffet oder die sublimen Behandlungen im Guerlain Spa. Das Gourmetrestaurant PIC wurde nach fünfzehn Betriebsjahren über die letzten elf Monate von Innendesigner Tristan Auer komplett umgebaut und erstrahlt ab Anfang September 2024 – weiterhin unter der kulinarischen Regie der französischen Dreisterne-Köchin Anne-Sophie Pic – in neuem Glanz. Unter den Arkaden des Hotels locken das japanische Restaurant Kaigan mit Teppanyaki-Grill und einer grossen Auswahl frisch zubereiteter Sushi und Sashimi, die Brasserie Café Beau-Rivage und die Hotelbar – alle mit schönen Sommerterrassen und Seeblick. Direktor Benjamin Chemoul lebt seinem Team vor, wie man entspannt und vor allem ungekünstelt für verlässliche Abläufe sorgt und trotzdem mit tadelloser Haltung auf den Traditionen des Hotels aufbaut. Immerhin heisst das Beau-Rivage Palace seit 1861 Gäste aus aller Welt willkommen.
Wenn doch nur… die vielen Veranstaltungen im Hotel nicht wären – nicht immer kommt man als Individualgast reibungslos daran vorbei.
Platz 3 (Vorjahr: 5): La Réserve Genève, Genf-Bellevue
Das Highend der gegenwärtigen Hotelkultur findet längst auch ausserhalb der Klassiker statt. Und seit das 2003 eröffnete «La Réserve Genève» nicht nur atmosphärisch aus dem gleichförmigen Einrichtungsstil vieler Traditionshäuser herausragt, sondern auch in puncto Service zu verlässlicher Konstanz gefunden hat, gelang dem Genfer City-Resort erstmals der Sprung aufs Siegerpodest. Das zweistöckige, rostrote Gebäude-Ensemble liegt in einem Park fünf Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums. Letzteres lässt sich im Sommerhalbjahr mit dem stündlich verkehrenden Privatboot erreichen (kostenlos für Hotel- und Restaurantgäste). Die Interieurs wurden vom Innenarchitekten Jacques Garcia in cooler Opulenz im Stil einer urbanen Afrika-Lodge mit abstrahiert kolonialen Accessoires durchgestaltet. Dies so gekonnt, dass das fabelhafte, inzwischen sanft modifizierte Design auch nach zwei Jahrzehnten bestens funktioniert. Wohin man blickt, stehen skulpturale Elefanten, Lampen in Form von exotischen Vögeln, an den Wänden der Eingangshalle hängen ganze Schmetterlingssammlungen, und die Büsche im Garten sind in Form von Giraffen und anderen Wildtieren geschnitten. Auf eine Beschilderung in der weitläufigen Anlage wurde zugunsten der Kommunikation bewusst verzichtet. Die 102 Zimmer, die drei Restaurants und das grosse «Spa Nescens» – ja sogar der grosse Kinderspielplatz – erzählen von einer extravaganten Reise, die einen weit aus der Schweiz hinausträgt.
Wenn doch nur… der klobige Wohnblock im südlich angrenzenden Grundstück nicht unlängst aus dem Boden geschossen wäre. Auch mag manchem Gast die Beleuchtung in den Zimmern zu schummrig sein. Doch stehen bereits konkrete Erneuerungspläne an.
Platz 4 (Vorjahr: 3): Baur au Lac, Zürich
Als Stadtreisender hegt man häufig zwei gleich starke Wünsche: sich im Zentrum des Geschehens zu bewegen und selbigem zu entfliehen an einen entschleunigenden Gegenpol. Das Baur au Lac ist in der glücklichen Lage, diese beiden Bedürfnisse erfüllen zu können. Hier kann man sich stilvoll vom städtischen Trubel zurückziehen und trotzdem mittendrin sein. Der Hotelgarten ist ein Juwel mit altehrwürdigen Bäumen. Die Lobby, die hier «Le Hall» heisst, wird von lokalen wie internationalen Gästen als angenehm belebtes Wohnzimmer geschätzt. Mega angesagt ist die zwanglos-zeitgemässe Brasserie «Baur’s», die im farbenfrohen Eklektizismus von Martin Brudnizki gestaltet wurde. Derselbe Interior-Designer hat sich in den letzten Monaten dem einstigen Gourmetlokal im Pavillon-Gebäude angenommen – es wird ab September 2024 als zwanglos-zeitgemässes mediterranes Restaurant «Marguita» auferstehen und mit der grossen, ebenfalls neu dekorierten und bereits geöffneten Gartenterrasse verbunden sein. Die 119 Zimmer sind gut in Schuss – mit etwas Glück ergattert man eines mit Balkönchen über dem Schanzengraben oder sogar zum See. Seit 1844 von der Gründerfamilie Kracht gehegt und gepflegt, ist die 33-jährige Marguita Kracht sukzessive dabei, das Baur au Lac in siebter Generation zu übernehmen und den Seiltanz zwischen Tradition und Innovation auf ihre persönliche Art zu prägen. In einem Interview mit der «Handelszeitung» brachte sie den Vorteil eines unabhängigen Familienunternehmens auf den Punkt: «Kein Corporate Office schreibt uns vor, was wir tun und lassen sollen.»
Wenn doch nur… die vielen Zimmer zur Talstrasse und zur Börsenstrasse nicht wären – die beiden hochfrequentierten Verkehrsachsen sind selbst bei geschlossenen Fenstern nicht zu überhören.
Platz 5 (Vorjahr: 8): The Woodward, Genf
Genf verfügt über die grösste Dichte an Nobelherbergen in der Schweiz, und fast alle reihen sich an der westlichen Seepromenade aneinander. Im Spätsommer 2021 kam das «Woodward» der Oetker Collection hinzu, und mit nur 26 Juniorsuiten und Suiten ist es das einzige echte Boutique-Deluxe-Hotel der Stadt. Boutique bedeutet im Idealfall Individualität, Exklusivität und ein hoher Servicestandard – alles selbstverständlich im The Woodward, mehr noch: Als Gast hat man das Gefühl, in der Stadtresidenz eines wohlhabenden Familienmitglieds zu wohnen. Dieser Lebensstil und dieses private Flair sind hier stets präsent – und unterscheidet das gut geführte Haus klar von den Wettbewerbern vor Ort. Es wurde ursprünglich 1901 im Post-Haussmann-Stil als Hotel erbaut, diente dann aber während vielen Jahrzehnten anderen Zwecken – zuletzt einer Privatbank. Zur Infrastruktur zählen zwei Bars und je eine Dépendance der Restaurants «L’Atelier Robuchon» (zwei Michelin-Sterne) und «Le Jardinier» – Letzteres mit Fokus auf vegetarische Menüs. Das Guerlain Spa im Untergeschoss bietet exzellente Body- und Beauty-Treatments, und das Hallenbad ist mit 21 Metern das längste (wenn auch schmalste) in der Genfer Innenstadt. Ebenfalls speziell: Die Badezimmer sind grösser als so manches Pariser Appartement.
Wenn doch nur… die rückwärtigen Suiten nicht diesen deprimierenden Hinterhofblick hätten und bei Übernachtungspreisen ab 1000 Franken so deutlich überteuert wären. Die meisten Suiten im Hotel blicken jedoch auf den See, den Jet d’eau und den Mont-Blanc.
Platz 6 (Vorjahr: 4): Les Trois Rois, Basel
Im «Drei Könige» am gemächlich dahinziehenden Rhein gehen seit 340 Jahren Gäste ein und aus, länger als in allen anderen Grandhotels dieses Rankings. Das Haus strahlt eine grosse Gemütlichkeit aus, etwa beim Afternoon-Tea in der Lobby oder bei einem Drink in der Kaminbar. Zum leichten Schwindelgefühl, welches das «Trois Rois» auslöst, trägt die Schieflage des Hotels bei. Die Steintreppen im Lichthof zwischen Entree und Lobby – dem architektonischen Herzen des palastartigen Baus – senken sich zur einen Seite um einige Zentimeter, was wie bei venezianischen Palazzi durch Bodenabsenkungen am Flussufer zu erklären ist. Dass der Zauber anhält, ist Thomas Straumann zu verdanken. Nachdem der weltweit erfolgreiche Baselbieter Unternehmer das Hotel 2006 mit architekturgeschichtlicher Leidenschaft renovieren und vielerorts in den einstigen Zustand von Mitte des 19. Jahrhunderts zurückbauen liess, steht derzeit die Transformation des neobarocken Flügelbaus (der rechte Hotelteil neben der Schifflände) an. Herzog & de Meuron wurden damit beauftragt, es soll ein Schritt in die Zukunft werden, und im Dachgeschoss kommt ein Spa hinzu. Ab 2025 soll auch das Hauptgebäude sanft erneuert werden. Im Spätsommer tritt Mark Jacob (bis 2020 Managing Director des «Dolder Grand») die Nachfolge des bisherigen Hoteldirektors Philippe Clarinval an.
Wenn doch nur… die Equipe des Gourmetrestaurants Cheval Blanc nicht so spürbar ein Team ausserhalb des übrigen Hotelteams wäre. Tadellos zwar, aber irgendwie abgehoben vom restlichen Geschehen im «Trois Rois».
Platz 7 (Vorjahr: 12): Four Seasons Hotel des Bergues, Genf
Das älteste Genfer Luxushotel, 1834 erbaut und seit 2005 von der kanadischen Hotelgruppe Four Seasons geführt, liegt im sprichwörtlichen Herzen der Calvin-Stadt beim nördlichen Brückenpfeiler der Mont-Blanc-Brücke. Die Vieille-Ville, das beliebte Bains des Pâquis, das Plainpalais-Viertel – alles in ein paar Gehminuten zu erreichen, zudem blicken viele der 115 Zimmer auf das Seebecken mit dem Jet d’Eau. Das gefällt vielen Reisenden, die gerne ein Destillat der Stadt vor der Haustür haben – und damit viel Erlebniszeit bei wenig Transportlogistik. Menschen, die sensibel auf ihre Umgebung reagieren, mögen sich hingegen von der Einmündung des Genfersees in die Rhone unmittelbar beim Hotel energetisch gestört fühlen, doch zieht das Therapeutenteam im Rooftop-Spa alle Feng-Shui-Register für ein fliessendes Chi bei den Gästen. Letztere kommen aus den verschiedensten Ecken der Welt – im «Des Bergues» verschmelzen Kulturen, und kulturelle Unterschiede werden weniger wichtig. Tatsächlich sieht man hier öfter mal Gäste zusammensitzen, die sich andernorts kaum ansprechen würden. Aber hier finden sie an der Bar oder in einem der Restaurants schwerelos zusammen und unterhalten sich von Mensch zu Mensch. Die Faszination eines kosmopolitischen Grandhotels voller Möglichkeiten geht im «Des Bergues» mit einem zeitgemässen Verständnis von Service einher. Die eloquente Crew um den langjährigen Direktor Martin Rhomberg sorgt ohne serviles Getue dafür, dass sich Celebrities wie anonyme Besucher fühlen können und normale Sterbliche wie Celebrities. Kulinarisch hat man die Wahl zwischen dem Edel-Italiener «Il Lago» im Erdgeschoss und dem japanischen Restaurant «Izumi» mit der schönsten Dachterrasse der Stadt. Rhomberg kann sich auf einen weiteren Standort in der Schweiz freuen: Four Seasons wird das derzeit geschlossene Luxushotel «Park Gstaad» in den kommenden anderthalb Jahren für rund 100 Millionen Franken komplett erneuern und im Sommer 2026 als Four Seasons Gstaad eröffnen.
Wenn doch nur… der Zahn der Zeit nicht schon seit Längerem an manchen Zimmern nagen würde. Eine gelegentliche Auffrischung wäre auch angesichts der saftigen Tarife angezeigt.
Platz 8 (Vorjahr: 6): Fairmont Le Montreux Palace, Montreux
1906 erbaut, ist dieser Hotelpalast ein Aushängeschild der Belle Epoque am Genfersee, mit prachtvollen Hallen und Salons, fünf Restaurants und Bars (darunter das beliebte «Montreux Jazz Café» und «Funky Claude’s Bar») und schönem Spa. Michael Smithuis, der das «Montreux Palace» seit zwanzig Jahren passioniert führt und überdies Präsident der Swiss Deluxe Hotels ist, sorgt für dezenten Luxus mit dem beherzten gewissen Etwas – und für glückliche Gäste aus unterschiedlichsten Kulturen. Als Sinnbild für das entspannte Lebensgefühl im Haus steht der legendäre Konzertflügel in der Hotelhalle im ersten Stock. Dieser wird fast täglich und zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten spontan von Hotelgästen bespielt – von der zehnjährigen Diplomatentochter ebenso wie vom prominenten amerikanischen Jazzmusiker, der sich mal für eine Woche an der Waadtländer Riviera erholt. Der Besitzer, der deutsche Unternehmer und Milliardär Bernard Broermann, ist im Februar 2024 verstorben, doch soll die Kontinuität durch dessen Familie gewahrt bleiben. Im kommenden Winter steht die zweite von drei Renovationsetappen an. Dabei werden – parallel zur umfassenden Sanierung des Musik- und Kongresszentrums gegenüber – die Fassade und alle 236 Zimmer grunderneuert.
Wenn doch nur… die viel befahrene Seestrasse vor dem ansonsten wunderbar gelegenen Hotel nicht wäre.
Platz 9 (Vorjahr: 7): Victoria-Jungfrau, Interlaken
Die 168-jährige Hotelikone mit Blick auf das Jungfraumassiv bietet verschiedene Stimmungswelten unter einem Dach: Wer gerne grosses Kino mit Sehen und Gesehenwerden in weitläufigen Belle-Epoque-Hallen mag, ist hier ebenso gut aufgehoben wie jene Gäste, die einfach mal ein paar Tage genüsslich abtauchen oder im Spa zu neuer Lebensenergie finden wollen. Soeben hat Nico Braunwalder die Führung des Grandhotels übernommen. Der Mittvierziger bringt internationale Erfahrung in Luxus-Hotelgruppen mit, war jedoch vor ein paar Jahren bereits Vizedirektor im «Victoria-Jungfrau». Das Credo seines Vorgängers Peter Kämpfer, der das Haus im Frühsommer altershalber verliess, hat Braunwalder übernommen: Wo immer möglich und sinnvoll, authentisch lokal zu sein, Erlebnisse für den Gast zu schaffen und für eine persönliche Note zu sorgen.
Wenn doch nur… der Pool-Bereich im Verhältnis zu den mehreren hundert Gästen bei Vollbelegung des Hotels (je nach Saison auch mit vielen Kindern) grosszügiger konzipiert worden wäre. Immerhin kam im letzten Jahr ein Sommer-Freibad hinzu.
Platz 10 (11): Mandarin Oriental Palace, Luzern
Die Reinkarnation des «Palace Luzern» zum «Mandarin Oriental Palace» ist gelungen. In den öffentlichen Räumen wurden die geschichtlichen Überreste des Jugendstilhotels aus dem Jahr 1906 mit viel Geld des chinesischen Besitzers Yunfeng Gao wiederbelebt und mit moderner Architektur verknüpft. Die 136 Zimmer sind im globalen Chic mit hochwertigen Materialien eingerichtet. Wem es hier an Swissness fehlt, braucht lediglich aus dem Fenster zu blicken, um die ganze Pracht der Innerschweiz einschliesslich Rigi, Pilatus und Luzerner Seebecken vor sich zu haben. Es gibt drei Restaurants im Haus: die Brasserie «MOzern» mit kreisförmiger Bar in der Raummitte, das Gourmetlokal «Colonnade» und das intime «Minamo», wo pro Abend nur sechs Gäste am Tresen Platz nehmen und vom japanischen Koch mit acht kunstfertig vor Ort zubereiteten Gängen der sogenannten Omakase Cuisine überrascht werden. Im Sommer kommt noch das mediterrane Gartenlokal «Quai 10» an der Seepromenade hinzu. Das Wellnessangebot ist bescheiden, einen Pool sucht man vergeblich, doch liegt das beliebte Seebad gleich vis-à-vis. Wer als Besucher das Luzern der Luzernerinnen und Luzerner kennenlernen möchte, ist auf dieser schwimmenden Holzstruktur an sonnigen Sommertagen und -abenden am vielleicht stimmigsten Ort der Leuchtenstadt.
Wenn doch nur… die Bereitschaft mancher jungen Mitarbeitenden aus nicht-deutschsprachigen Ländern grösser wäre, deutsch zu lernen. Gar oft wird man hier mit den Worten «Would you mind speaking in English» angesprochen.
Platz 11 (Vorjahr: 9): Grand Hôtel du Lac, Vevey
Ein gutes Hotel erkennt man daran, dass sich die Gäste ganz selbstverständlich darin bewegen – weil sie so entspannt sind und sich wohlfühlen. Das Grand Hôtel du Lac strahlt eine angenehme Gelassenheit aus, die zum einen mit der friedlichen Umgebung an der Uferpromenade von Vevey herrührt, zum anderen mit dem netten Team um Gastgeber Luc Califano zu erklären ist: Vom Zimmermädchen bis zum Frühstückskellner scheint jeder mit Freude hier zu arbeiten und für Glücksmomente bei den Gästen sorgen zu wollen. Ein nostalgisches Gefühl von kultivierter Heimeligkeit zieht sich wie ein roter Faden durchs ganze Haus und bis ins Kleinste der insgesamt 50 Zimmer. Von den vielen Hotels, die der Pariser Innenarchitekt Pierre-Yves Rochon gestaltet hat (allein am Genfersee das Beau-Rivage Palace in Lausanne sowie das Four Seasons Hotel des Bergues und The Woodward in Genf), ist das «Du Lac» das wohl stimmungsvollste. Zum schönen Gesamterlebnis trägt Guy Ravet substanziell bei. So locker, lässig und souverän wie unser «Hotelkoch des Jahres 2024» würde jeder Genussmensch gerne kochen können. Doch kann man ihn ja in Vevey besuchen: Neben dem Gourmetlokal «Emotions» und der Brasserie «Esprit Kitchen» – beide mit eigenen Terrassen über der platanengesäumten Uferpromenade und dem Bootshafen – lockt in den Sommermonaten die «Buddha-Bar Beach» im Garten mit loungigen Rhythmen und trendiger Multikulti-Küche.
Wenn doch nur… der winzige Aussenpool zum Schwimmen geeignet wäre. Der Zugang zum grössten Schwimmbecken der Schweiz – dem Lac Léman – befindet sich jedoch gleich über die Strasse.
Platz 12 (Vorjahr: 10): La Réserve Eden au Lac, Zürich
Von aussen ein architektonisch üppiger, für Zürcher Verhältnisse fast schon schwülstiger Belle-Epoque-Bau, im Innern das Kontrastprogramm: «Ein moderner Jachtclub-Stil» war das Vorhaben des französischen Designers Philippe Starck, und dies ist ihm aufs Vortrefflichste gelungen. Das Hotel zählt zum Besten, was Starck je geschaffen hat. 40 maritim geprägte Zimmer stehen bereit (gut die Hälfte blicken frontal auf den See), dazu das Hauptrestaurant «Eden Kitchen» mit Bar im Erdgeschoss und das japanisch-peruanische Restaurant «La Muña» im Dachgeschoss unter offener Balkenkonstruktion, im Sommer mit zwei herrlichen Dachterrassen. Das vorwiegend junge Team ist gut drauf und stets nahe an den Gästen dran, auch wenn hier und da mal etwas vergessen geht und nicht immer alles reibungslos klappt. Das macht aber nichts, weil das «La Réserve» bewusst entspannter, frischer, unkonventioneller sein will als die konkurrierenden Luxushäuser vor Ort – passend zum vielfältig-lebendigen Seefeldquartier vor der Haustür. Anders als die Schwesterhotels in Genf, Ramatuelle und Paris hat das La Réserve Zürich weder Spa noch Pool, doch für einen Schwumm im See liegt das schöne Seebad Utoquai gleich vis-à-vis.
Wenn doch nur… die zwei abendlichen Seatings im Restaurant «La Muña» nicht wären: Der Gast hat sich für eine der beiden Schichten von 18 bis 20.30 Uhr oder von 21 bis 23 Uhr zu entscheiden und muss am Ende des ersten Seatings mehr oder weniger abrupt aufbrechen.
Wie sieht die Dolder-Equipe die neue Konkurrenz unten am Paradeplatz? «Ein weiterer Grund, uns anzustrengen», sagt Markus Granelli. Das an Weihnachten 2023 wiedereröffnete «Savoy», das nun unter chinesisch-britischer Flagge als Mandarin Oriental Savoy firmiert, aber der Grossbank UBS gehört, buhlt immerhin um dieselbe solvente Klientel.
Überzeugt das für 80 Millionen Franken umgebaute Hotel? Das Verdikt der 217 befragten Experten ist durchmischt. Mehrheitlich gelobt wird die Servicekultur. General Manager Dominik Reiner versteht es, sich mit engagierten Mitarbeitenden zu umgeben. Die noch hohe Personalfluktuation – ein häufiger Kritikpunkt – lässt sich bei einem Newcomer kaum vermeiden. Das Design? Gediegen korrekt.
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Tristan Auer, der sich selbst als «Innenarchitekt für emotionale Räume» bezeichnet, hat hier eher ein Exempel für die Homogenisierung der Luxushotellerie geschaffen. Die Interieurs sind von zeitgeistigem Chic mit asiatischem Touch, doch könnte man beliebig auch in Singapur oder Doha sein (einschliesslich der arg heruntergekühlten Luft im ganzen Haus), und vom Genius Loci des «Savoy» als dem ältesten Grandhotel der Stadt ist kaum noch etwas zu spüren. Auch fehlt eine richtige Hotelbar (es gibt lediglich eine Bartheke am Eingang der Brasserie), und ein asiatisches Restaurant hätte gut zur DNA der Hotelmarke gepasst. Die 80 Zimmer (ab 1000 Franken) sind mit handbemalten Seidentapeten und vortrefflichen Betten ausgestattet, zugleich aber nicht bis ins Letzte durchdacht, was man zum Beispiel dann merkt, wenn man in der Badewanne liegt und auf unschöne Abflussrohre unter dem Waschtisch blickt. Gäste, die hingegen ein kosmopolitisches Lebensgefühl an zentralster Züri-Lage schätzen, sind im neusten «Mandarin»-Ableger richtig. Und die Dachterrasse, die mit ihrem Rundumpanorama bereits im Gründungsjahr 1838 die damaligen Besucher entzückte, ist pures Instagram-Gold. Summa summarum ein respektabler Einstieg: Platz 15 unter den Schweizer Stadtherbergen, mit Potenzial nach oben.
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In den Städten am Genfersee schöpfen fast alle führenden Hotels ihre Anziehungskraft aus der tourismusgeschichtlich geadelten Vergangenheit. Ob die Architektur die Belle Epoque aufleben lässt wie das Beau-Rivage Palace in Lausanne und das Montreux Palace, in neoklassizistischer Pracht daherkommt wie im Four Seasons Hotel des Bergues oder zurückhaltender im Post-Haussmann-Stil auftritt wie im The Woodward in Genf: Die palastartigen Grandes Dames vermitteln hinter ihren nostalgischen Fassaden ein Gefühl von unvergänglicher Erhabenheit, auch wenn sie smart mit ihrer Geschichte spielen.
So mag ein erster Besuch im 2003 eröffneten La Réserve Genève ein wenig irritieren, denn die weitläufige Hotelanlage ist alles, was ein Genfer Grand Hotel nicht ist – entspannter, fantasievoller, stylischer, als man vielleicht erwartet hätte. Es beginnt damit, dass das zweistöckige, rostrote Gebäude-Ensemble in einem Park fünf Kilometer ausserhalb des Stadtzentrums liegt. Zum Seequai beim Jet-d’Eau lassen sich Hotelgäste kostenlos mit dem stündlich verkehrenden Privatboot chauffieren.
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Die Interieurs wurden vom Innenarchitekten Jacques Garcia in cooler Opulenz im Stil einer urbanen Afrika-Lodge mit abstrahiert kolonialen Accessoires durchgestaltet. Dies allerdings so gekonnt, dass das fabelhafte, inzwischen sanft erneuerte Design auch nach zwei Jahrzehnten bestens funktioniert. Der Kontrast zum gleichförmigen Einrichtungsstil vieler Traditionshäuser am Lac Léman ist jedenfalls reizvoll: Wohin man blickt, stehen skulpturale Elefanten, Lampen in Form von exotischen Vögeln, an den Wänden der Eingangshalle hängen ganze Schmetterlingssammlungen.
Die 102 Zimmer (ab 700 Franken), die drei Restaurants und das grosse Spa erzählen von einer extravaganten Reise, die einen weit aus der Schweiz hinausträgt. Alles im «La Réserve» zelebriert das gute Leben, wahlweise mit Fokus auf Wellbeing und Gesundheit, und der Service ist sowohl leger als auch präzise. Hier stimmt der Flow, wohl auch dank dem breit gefächerten Publikum, und das erste Hotel des Genfer Unternehmers Michel Reybier ist heute das insgesamt Vielfältigste und Geschliffenste in seiner mittlerweile ansehnlichen Kollektion. Es macht zwei Ränge im Ranking gut und ist erstmals auf dem Siegerpodest der Schweizer Stadthotels.
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So wie La Réserve Genève die allgemeine Vorstellung davon, was ein Luxushotel sein kann, in den Nullerjahren erweiterte, so gelang diese Meisterleistung dem Hotel Cipriani in Venedig ein halbes Jahrhundert zuvor. Der italienische Pionier veranschaulicht überdies, wie aus einem Eigenbrötler ein Klassiker werden kann.
Begründet wurde der diesjährige Primus, der bereits 2003 und 2016 die Spitzenposition unter den europäischen Stadthotels im BILANZ-Ranking innehatte, in den 1950ern auf dem Gelände einer halbverfallenen Werft am östlichen Ende der damals wenig begehrten Giudecca-Insel. Entstanden als Gegenentwurf zu den legendären Palazzo-Hotels am Canal Grande, ist das «Cipriani» ein Wegbereiter der City-Resorts.
Platz 1 (Vorjahr: 4): Hotel Cipriani, A Belmond Hotel, Venedig
Das «Cipriani» ist eines der ikonischsten, charaktervollsten Hotels Europas. Auf der ganzen Welt gibt es nur eine Handvoll Häuser, die eine derartige Strahlkraft haben und so sehr mit dem Lebensgefühl ihrer Destination verbunden sind. Dabei ist das «Cipriani» erst 1958 entstanden – am östlichen Ende der damals noch wenig begehrten, von stillgelegten Industriekomplexen geprägten Giudecca-Insel. Der Vorteil, einst wie heute: Hier weht auch in den heissen Sommermonaten stets ein frisches Lüftchen, und die Hotelanlage ist gross genug für Tennisplätze, einen veritablen Küchengarten und einen Salzwasserpool, der nicht nur der Einzige der Stadt ist, sondern auch noch olympische Ausmasse und einen einmaligen Ausblick auf die Lagune hat. Die verschiedenen, ineinander verschachtelten Gebäude präsentieren sich in Zartrosa mit pfirsichfarbenen Reflexen (die Bellinis liegen dem Hotel sozusagen im Blut), und die hauseigenen Mahagoniboote führen innert fünf Minuten zum Markusplatz und jederzeit wieder retour – und zwar so lange, bis sich der letzte Gast für die Nacht eingefunden hat. Venedig wird hier und von hier aus zum Erlebnis. Zum Charme des «Cipriani» gehört, dass es ein lebendiger und gleichzeitig eben auch gelebter Ort mit einer gewissen venezianischen Patina ist, dem man kleine Schwächen verzeiht, weil es wunderbare Stärken hat. Im Gegensatz zu so manchen vulgären Prunkhotels mit deren seelenloser Atmosphäre, konnte das «Cipriani» seine Familiarität und Gemütlichkeit bewahren – was stark dem Selbstverständnis der vielen langjährigen Mitarbeitenden zu verdanken ist, die grossartig oldschool sind und durchaus zeitgemäss auf Augenhöhe mit den Gästen kommunizieren. An der Rezeption, beim Concierge, an der Bar oder in den beiden Restaurants wird man nie wie ein dummer Tourist behandelt. Als Gast fühlt man sich stets respektiert und in seiner Individualität wahrgenommen. Kommt man nach ein, zwei Jahren wieder, wird man so selbstverständlich freundlich begrüsst, als wäre man kurz für einen Besuch im Gemäldemuseum Gallerie dell’Accademia aus dem Haus gegangen. Selbst unter dem jetzigen Besitzer, dem französischen Luxusriesen LVMH, entwickelte das «Cipriani» bisher kein globales Corporate-Flair und kein nerviges Bling-Bling, sondern bietet etwas Seltenes in unserer modernen Welt: eine nostalgische Rückbesinnung auf den unangestrengten Glamour und die lässige Italianità von einst. «La vita è bella» für alle, die hier absteigen und das Glück haben, es sich leisten zu können.
Wenn doch nur… die Tische im traumhaft vis-à-vis dem Markusplatz gelegenen Terrassenrestaurant «Cip’s Club» nicht so eng beieinander stünden.
Platz 2 (Vorjahr: 3): La Réserve Paris, Paris
Das luxuriöse Boutiquehotel wurde 2015 eröffnet, aber man hat das Gefühl, dass es schon viel länger Teil von Paris ist. Vielleicht liegt es daran, dass sich die einstige Stadtresidenz aus dem 19. Jahrhundert so organisch in die Umgebung des achten Arrondissements – an der ruhigen Avenue Gabriel zwischen Champs-Elysées und Rue du Faubourg Saint-Honoré – einfügt. Oder vielleicht ist es die historisierende Ästhetik, die sich durch die stimmungsvollen Salons zieht und mit verschwenderischer Liebe zum Detail von Innenarchitekt Jacques Garcia entworfen wurde. Oder es ist der Service: poliert und freundlich, auf eine willkommene Weise vertraut. Dem «La Réserve Paris» gelingt es wie keinem anderen Hotel an der Seine, ein Gefühl elitärer Intimität entstehen zu lassen. Es strahlt einen angenehmen Club-Charakter aus, ohne angeberisch zu wirken und spricht Menschen an, welche das Sehen und Gesehenwerden in palastartigen Lobbys und aufgesetztes Luxus-Getue nicht ertragen, sondern ein gewisses Understatement schätzen und sich eher wie in einem exklusiven zweiten Zuhause fühlen wollen. Es gibt 25 Suiten und 15 Zimmer (selbst die kleinsten sind charmant) und ein kleines Spa mit 16-Meter-Pool im Untergeschoss. Das Gourmetlokal «Le Gabriel» von Küchenchef Jérôme Banctel hat im Frühjahr 2024 den dritten Michelin-Stern erhalten und das ganztägig geöffnete Zweitrestaurant «La Pagode de Cos» mit hübschem Innenhof ist eine entspannte Alternative – der Name bezieht sich auf den Zweitwein des Bordeaux-Weinguts Château Cos d’Estournel, das ebenfalls zum Genuss-Imperium des Hotelbesitzers Michel Reybier gehört.
Wenn doch nur… dem Frühstück dieselbe Aufmerksamkeit zuteil würde wie der restlichen Kulinarik am Mittag und Abend.
Platz 3 (Vorjahr: 1): The Connaught, London
Der letztjährige Spitzenreiter muss sich in diesem Jahr mit dem dritten Rang begnügen, bleibt aber ein Leuchtturm urbaner Hospitality – mit konstanten Höchstwerten in punkto Auslastung und Zimmerpreisen an der Themse. Dieser Erfolg kommt nicht von ungefähr: Das 1897 eröffnete Haus hat die Grandhotelmagie der Gegenwart angepasst. Das elegante rote Backsteingebäude liegt in einer besonders schönen Ecke im vornehmen Stadtteil Mayfair und ist so britisch, wie ein Hotel nur sein kann, mitsamt seinen stilistischen Widersprüchen – und es besticht mit vielen langjährigen Mitarbeitenden, die dieses englische Flair zum Leuchten bringen können. Zum Angebot zählen ein kleines Spa mit Hallenbad, zwei legendäre Bars mit modernen Twists, das Gourmetrestaurant «Hélène Darroze» (drei Michelin-Sterne) und das ganztägig geöffnete Wintergarten-Lokal «Jean-Georges», wo auch der Afternoon-Tea serviert wird. Im letzten Jahr neu hinzugekommen ist der «Connaught Grill», ebenfalls unter der kulinarischen Ägide von Jean-Georges Vongerichten. Vor dem Hotel befindet sich eine wunderbare, regelmässig Wasserdampf verbreitende Brunneninstallation des japanischen Architekten Tadao Ando. Doch bei allen Erneuerungen und Management-Wechseln der letzten Jahre ist das Grundgefühl des «Connaught», in eine Zeitkapsel einzutreten, die alle Unbill gegenwärtiger Zeiten vergessen lässt, erhalten geblieben. Das 300 Meter entfernte Schwesterhotel Claridge’s (Rang 18) hat jüngst eine spektakuläre Erweiterung in den Untergeschossen erfahren (bei der 33 Meter tief unter die Brook Street gegraben wurde) sowie eine neue Rooftop-Supersuite erbaut, doch was die berühmtere Schwester an Modernität gewinnt, verliert sie an Aura und Charme.
Wenn doch nur… ein Aufenthalt nicht so aufs Portemonnaie schlagen würde. Unter 1200 Franken für eine Übernachtung ohne Frühstück geht selbst in ruhigen Zeiten nichts und nach oben hin wird es schwindelerregend. Auf die Gesamtrechnung wird dann noch eine Service Charge von 5 Prozent draufgeschlagen, die man beim Auschecken zwar wieder abwählen kann, doch ist dieses London-typische Vorgehen alles andere als elegant.
Platz 4 (Vorjahr: 2): Hotel Vier Jahreszeiten, Hamburg
Den Fixsternen am Hotelhimmel kommt zugute, dass sie nicht irgendeine Geschichte erzählen, sondern die Geschichte ihrer Stadt. Sie sind zum Synonym ihrer Destination geworden und machen das dortige Lebensgefühl in verdichteter Form erfahrbar, ohne dass man das Hotel je verlassen müsste. Das «Vier Jahreszeiten» an der Binnenalster verkörpert die Quintessenz von Hamburg besser als jedes andere Hotel der Hansestadt und hat seine Rolle im 21. Jahrhundert mustergültig neu definiert, indem es die Atmosphäre behaglicher Grandhotellerie mit zeitgemässen Akzenten kontrastiert, etwa dem japanisch-südamerikanischen Restaurant «Nikkei Nine» oder der geradezu genialen Gestaltung des gesamten Küchenbereichs hinter den Kulissen. Schon beim Betreten dieser lebenden Hotellegende spürt man sofort: Das ist ein Ort von Menschen für Menschen. Im Mittelpunkt allen Handelns von Hotelier Ingo C. Peters und seinem einnehmenden Team steht der Leitsatz, die grundlegenden Dinge verlässlich gut zu machen, die Werte durchdachter Gastlichkeit hochzuhalten und wo immer möglich auf die individuellen Vorlieben und Interessen des Gastes einzugehen. Unlängst wurde die Empfangshalle aufwendig umgestaltet und der historische Weinkeller mit rund 100'000 eingelagerten Flaschen in eine exquisite Erlebniswelt für Empfänge und Degustationen verwandelt. «Die spannendste Aufgabe in einem Traditionshaus wie dem unseren ist, die DNA des Hotels an die heutige Zeit anzupassen», sagt Ingo C. Peters, der seine Karriere als Page im Vier Jahreszeiten begann und es seit nunmehr 27 Jahren leitet.
Wenn doch nur… alle 156 Zimmer so einladend und stilvoll wären wie diejenigen zur Binnenalster. Wer eines der einfachen Einzel- oder Doppelzimmer zum Innenhof wählt, hat nur limitiertes Tageslicht und fühlt sich wie in einem beliebigen Hotel des Mutterkonzerns Accor.
Platz 5 (Vorjahr: 8): Four Seasons Hotel Firenze, Florenz
Mit seiner prachtvollen Architektur macht das Gebäude-Ensemble der Renaissancestadt alle Ehre. Und dank dem riesigen Innenhofgarten fühlt man sich ein bisschen wie auf einem toskanischen Landgut – mit dem Vorteil, dass man die Museen und Trattorien um die Ecke weiss. In den Augen vieler Branchenprofis ist das 2008 eröffnete Four Seasons Hotel Firenze eine der schönsten Stadtoasen der Welt. Es bietet Substanz statt Spektakel und Stil statt Trend – und ist selbstredend ausgezeichnet geführt. «Ein gutes Hotel fliesst», sagt General Manager Max Musto, der leidenschaftlich dafür sorgt, dass seine städtische Zuflucht genau die Ungezwungenheit atmet, die fortgeschrittene Reisende ersehnen. Wichtig bei der Buchung zu wissen: In der Dépendance «La Villa» (wo 37 der insgesamt 116 Zimmer untergebracht sind) kommt nicht dasselbe erhebende Gefühl auf wie im schöneren, nicht direkt verbundenen Hauptgebäude «Palazzo della Gherardesca». Die Dépendance blickt jedoch auf denselben Innenhofgarten – einfach von der gegenüberliegenden Seite. Ausserdem: Die kanadische Hotelgruppe ist dabei, ihr italienisches Portfolio zu erweitern: 2025 wird sie nach einer Totalrenovierung das legendäre Hotel Danieli in Venedig wiedereröffnen, 2027 soll das Four Seasons Resort Puglia (Apulien) folgen, und auch eine Niederlassung in Rom ist geplant.
Wenn doch nur… die Öffnungszeiten des Aussenpools im Garten grosszügiger gehandhabt würden. Dieser schliesst um 18 Uhr und öffnet gar nicht erst bei Regen.
Platz 6 (Vorjahr: 9): Hôtel de Crillon, a Rosewood Hotel, Paris
Mitte des 18. Jahrhunderts als prachtvolles, von korinthischen Säulen gesäumtes Stadtpalais an der riesigen Place de la Concorde erbaut und seit 1909 ein Luxushotel, ist das «Crillon» eine Fallstudie, wie eine Hotellegende im 21. Jahrhundert relevant bleiben kann. Bei der vierjährigen Totalrenovation vor der Wiedereröffnung 2017 blieb kein Stein, der nicht unter Denkmalschutz stand, auf dem anderen. Aus der historischen Substanz haben die verschiedenen Designer, zu denen auch Karl Lagerfeld gehörte, einen einzigartigen Mix aus Hollywood-Glamour, Pariser Chic und Mid-Century-Flair herausgearbeitet. Als Beispiel für die innenarchitektonische Detailliebe sei hier das Hallenbad genannt, dessen Becken aus 17'600 schuppenförmigen Blattgold-Mosaiken des Keramikkünstlers Peter Lane ausgekleidet ist. Ein begrünter Innenhof dient als stimmiges Sommerrestaurant, die Wintergarten-Lounge ist ein eleganter Platz für den Afternoon-Tea, und die Bar «Les Ambassadeurs» ist ein abends hochfrequentierter Treffpunkt mit anspruchsvollem Live-Jazz und französischem Savoir-vivre. Die Rosewood-Gruppe sorgt dafür, dass der Mythos des «Crillon» Tag für Tag der Realität standhält und den Gästen zugleich die Schwellenangst vor dem palastartigen Gebäude genommen wird. Der in den Achtziger-, Neunziger- und Nullerjahren gar vornehme, oftmals herablassende Service ist einer zeitgemäss entspannten, unaufdringlich formvollendeten Gastlichkeit gewichen. Das «Crillon» ist ein Hotel auf der Höhe der Zeit, das unter dem Mantel klassischer Eleganz so aufregend ist wie kaum zuvor.
Wenn doch nur… manche Zimmer nicht vom ständigen Rattern der Métro beeinträchtigt wären. Auch blicken die allermeisten Zimmer nicht auf die Place de la Concorde, sondern auf die gegenüberliegende amerikanische Botschaft oder auf einen der Innenhöfe.
Platz 7 (Vorjahr: 13): Hotel de Russie, Rom
Viele Stadthotels behaupten von sich, eine «urbane Oase» zu sein, doch kaum irgendwo passt diese Beschreibung besser als in der römischen Niederlassung der Rocco Forte Hotels. Früher der Hauptsitz des Fernsehsenders RAI, seit der Jahrtausendwende ein betörender Rückzugsort im historischen Stadtzentrum. Kaum ist man drin, sind Hektik und Trubel unversehens verschwunden. Stattdessen: Ein Innenhof, der einem den Atem stocken lässt, wenn man ihn zum ersten Mal erlebt, und dahinter der terrassierte «Giardino segreto», der sich bis zu den Stützmauern des angrenzenden Villa-Borghese-Parks hinaufschlängelt. Man sitzt unter Palmen und Eiben und es duftet nach Rosen, Jasmin, Zitrusfrüchten, Rosmarin und Lavendel. Die Terrassen der beiden Restaurants und der Hotelbar sind Teil des berauschenden Grüns. Die 120 wohnlichen Zimmer sind frei von lauten Signalen und bieten dem Gast alles, was er braucht, aber nichts Unsinniges darüber hinaus. Dazu passt das unaufdringlich aufmerksame Hotelteam, das dafür sorgt, dass der normale Gast vom ersten Moment an gleich gut empfangen wird wie die VIPs. Die Lage des Hotels bei der Piazza del Popolo ist super. Wer einigermassen fit ist, kann sämtliche Sehenswürdigkeiten Roms zu Fuss erreichen. Das Problem ist nur: Wer einmal im Hotel de Russie angekommen ist, will eigentlich gar nicht mehr raus.
Wenn doch nur... abends in der Stravinskij Lounge-Bar im Innenhof auch mal spontan ein Plätzchen zu ergattern wäre – doch bietet dieser magische Ort römisches Dolce Vita in Reinkultur und ist auch bei den Einheimischen sehr beliebt.
Platz 8 (Vorjahr: 5): Le Bristol, Paris
In nervösen Zeiten wie den heutigen ist es eine Wohltat, in einen Hotelkosmos einzutauchen, der gegen Trends und Modelaunen immun ist und mit kompromissloser Erhabenheit auf das Beständige und Zeitlose setzt. Das «Bristol» ist so ein unaufgeregt faszinierender Ort, der nach seinen eigenen Regeln spielt und schon Generationen von Gästen glücklich gemacht hat. Ausserdem ist das Haus – zusammen mit dem «La Réserve» – das einzige Pariser Hotel mit «Palace»-Status in europäischer Hand. Bei den sanften Renovationen der letzten Jahre konnte das elegante, über einen bezaubernden Innenhof mit Gartenrestaurant verfügende Traditionshaus an der Einkaufsmeile Rue du Faubourg Saint-Honoré seinen femininen Charme bewahren und sich damit vom eher maskulin geprägten Look der meisten hiesigen Konkurrenten abheben. Der beste Grund hier abzusteigen aber ist der Service: so grossartig oldschool, wie man es kaum noch findet. Viele der mehreren hundert Mitarbeitenden sind schon lange hier tätig und gehören zur Hotelfamilie – genauso wie die stolze Hauskatze Socrate. Die skurrilste Bewohnerin im «Bristol» stiehlt prominenten Gästen die Schau. Im Mai 2024 gab es einen signifikanten Personalwechsel: Nach 25 Jahren, in denen die französische Kochlegende Eric Fréchon das kulinarische Angebot des Hauses (darunter das Dreisterne-Restaurant «Epicure») als Executive Chef verantwortete, übernahm Arnaud Faye das Zepter in der Küche.
Wenn doch nur… mehr als nur eine Person im hübschen, doch winzigen Rooftop-Pool gleichzeitig schwimmen könnte.
Platz 9 (neu): Raffles London at the OWO, London
Die Umwandlung von charismatischen historischen Gebäuden in spektakuläre Unterkünfte ist seit ein paar Jahren ein beliebtes Muster von Hotelentwicklern. So ist Londons einstiges Old War Office, welches Winston Churchill als Kommandozentrale im Zweiten Weltkrieg und vielen James-Bond-Filmen als Kulisse diente, im Herbst 2023 als jüngster «Raffles»-Zuwachs auferstanden. Seitdem ist das Wahrzeichen von Whitehall im Regierungsviertel öffentlich zugänglich und mit 120 Zimmern, acht Restaurants, drei Bars (darunter die coole «Spy Bar» mit einer grossen Auswahl an Martini-Cocktails), «Guerlain Spa» und 20-Meter-Pool ein wahrer Hotspot an der Themse. Die branchenüblichen Anlaufschwierigkeiten hielten sich dank dem welterfahrenen, mit allen Wassern gewaschenen Managing Director Philippe Leboeuf sehr in Grenzen, die Arbeitsabläufe griffen rasch ineinander und funktionierten schon im Winter wie ein gut geöltes Räderwerk, sodass sich der bemerkenswerte Newcomer umgehend als glanzvoll zeitgemässer Hotelklassiker positionieren und auf dem neunten Platz von Europas besten Stadthotels landen konnte.
Wenn doch nur… die Elektronik in den Zimmern auch problemlos ohne den iPad (der in schwachen Momenten keine Verbindung hat) zu bedienen wäre.
Platz 10 (Vorjahr: 7): Cheval Blanc Paris, Paris
Das einstige Art-déco-Warenhaus «La Samaritaine» bei der Pont Neuf im 1. Arrondissement mutierte im Herbst 2021 zum «Cheval Blanc Paris». Die exklusive Hotelgruppe, die stets wohlüberlegte Kooperationen mit anderen Weltmarken eingeht und beim einen und anderen Detail nicht auf den Kontostand des Besitzers LVMH achten muss, hat an ihrem ersten urbanen Standort (nach den Schwesterbetrieben in Courchevel, Saint-Tropez, Saint-Barth und auf den Malediven) neue Massstäbe für die französische Metropole gesetzt. Das Innendesign von Peter Marino ist hochwertig und gelungen, die 72 eleganten, durchwegs in Weiss- und Beige-Tönen gestalteten Zimmer (keines unter 45 Quadratmeter) blicken durch bodentiefe Glasfronten auf die Seine, auf die Kathedrale Notre-Dame oder auf den Louvre. Das unterirdische «Dior Spa» verfügt über ein spektakuläres, dreissig Meter langes Hallenbad, und die vier hochfrequentierten Restaurants und Bars bringen flirrend-glamouröses Pariser Leben ins Haus. Das «Cheval Blanc Paris» beeindruckt in mancher Hinsicht, hat jedoch noch ein paar Schwachstellen zu bewältigen, etwa einige Zimmer in der sechsten Etage, die von früh morgens bis spät abends vom Trittschall und Stühlerücken der darüberliegenden Restaurantetage gestört werden. Auch wirkt der hochpolierte Service ostentativ und künstlich – zwar gibt es an den Hotelabläufen kaum etwas auszusetzen, doch in menschlicher Hinsicht springt der Funke nicht so richtig über.
Wenn doch nur… die extra fürs Hotel kreierten Raumdüfte in der Lobby und manchen öffentlichen Räumen nicht so aufdringlich überparfümiert wären.
Platz 11 (Vorjahr: 20): Ett Hem, Stockholm
Der Name dieses hinreissend unkonventionellen Hotels, das sich im friedlichen Wohnviertel Lärkstaden versteckt, bedeutet übersetzt «ein Zuhause». Die drei hundertjährigen Stadthäuser aus rotem Backstein geben sich nach aussen hin denn auch so, als wären sie gar kein Hotel. Dieses Konzept zieht sich in den grosszügig angelegten Innenräumen mit diversen Salons und 25 stilvollen Gästezimmern weiter. Wer hier absteigt, fühlt sich nicht wie ein gewöhnlicher Tourist im Luxushotel, sondern wie ein Reisender zu Gast bei einem leicht exzentrischen Freund, der für alles gesorgt hat, sich aber gerade entschuldigen lässt. Die Interieurs hat die englische Designerin Ilse Crawford mit skandinavischem Midcentury-Mobiliar wunderbar wohnlich hinbekommen. Die Eigentümerin und Gastgeberin Jeanette Mix ist darauf bedacht, alle Annehmlichkeiten und Dienstleistungen anzubieten, auf die man in einem guten Boutiquehotel zählen kann, zugleich kultiviert sie eine Atmosphäre von Gelassenheit – von den «Help yourself»-Keksdosen und hausgemachten Kuchen in der Wohnküche über die gut bestückte Selbstbedienungsbar bis zu den mannigfaltigen Puzzles in der Bibliothek. Ausserdem gibt es einen Garten, einen Yoga-Raum, ein kleines Gym, ein Auto zum Ausleihen und einen Haushund, den man – wenn man möchte – zum Spazieren ausführen darf. Ins Stadtzentrum sind es rund 20 Gehminuten, und dank den persönlichen Tipps der bestens informierten «Ett Hem»-Crew empfindet man sich rasch als Teil von Stockholm. Bei diesem authentischen Ethos der Gastfreundschaft kann man gar nicht anders, als dem Leitspruch der Hausherrin zu folgen: «Wenn du hier bist, gehörst du zur Familie.»
Wenn doch nur… das kleine Kitchen-Restaurant nicht so beliebt bei den Einheimischen wäre, so dass man auch als Hotelgast frühzeitig zum Mittag- oder Abendessen reservieren muss.
Platz 12 (neu): Hôtel 1 Place Vendôme, Paris
Auf dem Monopoly-Brett der französischen Metropole könnte es kaum einen edleren Standort als diesen geben. An der Ecke Rue Saint-Honoré und Place Vendôme – dort, wo auch die Chopard Boutique im Parterre glänzt und funkelt –, hat im November 2023 ganz ohne mediale Pauken und Trompeten dieses exquisite Hotel eröffnet. Das Gebäude gehört der in Genf ansässigen Unternehmerfamilie Scheufele, die auch die famose Uhren- und Schmuckmarke besitzt. Caroline Scheufele, die das «1 Place Vendôme» zusammen mit ihrem älteren Bruder Karl-Friedrich konzipiert hat, setzt hier auf die Ambiance einer halbprivaten Familienresidenz. «Quiet luxury» eben. Scheufele legt Wert darauf, dass ihr urbanes Juwel nicht «Chopard Hotel» genannt wird, weil es sich nicht als Showroom für die Weltmarke versteht und auch keine weitere Dependance geplant ist. Hat man das blaue Hauptportal passiert und das schmiedeeiserne Tor geöffnet, auf dem lediglich ein hingehauchtes «C» auf das Hotel hinweist, wird man freundlichst in den zweiten Stock geführt, wo sich die öffentlichen Räume wie in einem wohnlich-eleganten Stadtpalais aufreihen: Salon, Bibliothek (mit den Lieblingsbüchern der Scheufeles), Wintergarten, Bar und ein chinesisch inspiriertes Fumoir, das sich hinter einer Wand aus falschen Bücherregalen versteckt. Jede der zehn Suiten und jedes der fünf Zimmer ist ein Kunstwerk für sich, nur schon, weil manche mit Chagalls und Warhols ausgestattet sind. Im «1 Place Vendôme» kann man nicht einfach auf einem Drink vorbeischauen: Es ist ausschliesslich Übernachtungsgästen und deren Besuchern vorbehalten. Ungewöhnlich ist auch der Verzicht auf ein richtiges Restaurant. Anstelle dessen wird zu jeder Zeit alles kulinarisch Erdenkliche an jedem gewünschten Ort im Haus serviert. Selbst Haute-Cuisine gelingt hier facilement: Küchenchef Boris Algarra war zuvor Sous-chef beim gefeierten Thierry Marx im schräg gegenüberliegenden Mandarin Oriental Hotel.
Wenn doch nur… die Lärmkulisse der Stadt in vielen Zimmern bei geöffneten Fenstern nicht wäre. Anders als bei grösseren Pariser Hotels gibt es keinen Innenhof (mit entsprechend ruhigeren Zimmern).
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Der Vorteil dieser Stadtoase, einst wie heute: Auf der Giudecca weht auch in den heissen Sommermonaten stets ein frisches Lüftchen, und die Hotelanlage ist gross genug für Tennisplätze, einen veritablen Küchengarten und einen Salzwasserpool, der nicht nur der Einzige der «Serenissima» ist, sondern auch noch olympische Ausmasse und einen einmaligen Ausblick auf die Lagune hat. Die verschiedenen, ineinander verschachtelten Gebäude, welche 95 Zimmer (ab 1500 Euro) und drei Restaurants behausen, präsentieren sich in Zartrosa mit pfirsichfarbenen Reflexen, und die hauseigenen Mahagoniboote führen innert fünf Minuten zum Markusplatz und jederzeit wieder zurück, was vor allem abends purer Magie gleichkommt. Venedig wird hier und von hier aus zum Erlebnis. Zum Charme des «Cipriani» gehört, dass es ein lebendiger und gleichzeitig eben auch gelebter Ort mit einer gewissen venezianischen Patina ist, dem man kleine Schwächen verzeiht, weil es wunderbare Stärken hat. Im Gegensatz zu manchen Hotelikonen, die früher privat waren und nun Teil von Gruppen und Marken sind, konnte das «Cipriani» seine Familiarität und Gemütlichkeit bewahren. Selbst unter dem jetzigen Besitzer, dem französischen Luxusriesen LVMH, entwickelte das Hotel bisher kein globales Corporate-Flair und kein nerviges Bling-Bling, sondern bietet etwas Seltenes in unserer modernen Welt: eine nostalgische Rückbesinnung auf den unangestrengten Glamour und die lässige Italianità von einst, gepaart mit einem Service, der dank vielen langjährigen Mitarbeitenden grossartig oldschool ist. Auf der ganzen Welt gibt es nur eine Handvoll Stadthotels, die eine derartige Strahlkraft haben und so sehr mit dem Esprit ihrer Stadt verbunden sind.
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Welcher Empfangschef, welche Restaurantleiterin, welche Spa-Managerin verdienen besonderes Lob? 217 Experten zogen Bilanz und kürten ihre Favoriten in der Schweiz.
Das Leben in all diesen Hotels ist gut, ohne Frage. Doch muss es auch immer so teuer sein? Tatsächlich ist die durchschnittliche Rate für die Nacht bei einer Vielzahl der topplatzierten Häuser in den BILANZ-Ranglisten vierstellig. «Wenn ein Hype für eine Destination vorhanden ist, können die Hotels verlangen, was sie wollen», sagt Leo Maissen, operativer CEO der Tschuggen Collection, zu der das «Eden Roc» in Ascona gehört. Der Markt, insbesondere in Italien, Frankreich und England, gibt die teilweise krass ansteigenden Preise her: Erstaunlich viele Reisende scheinen sich vor allem dann für ein Hotel zu interessieren, wenn es einen gewissen Preis hat, vielleicht gar alle regionalen Wettbewerber kostenmässig übertrifft. Diese Entwicklung hat auch seine guten Seiten für die Branche und ermöglicht im Idealfall bessere Löhne für die Mitarbeitenden. Bei stolzen Zimmerpreisen muss man also nicht unbedingt die Nase rümpfen, aber es ist eben wie beim Wein, wenn jemand einfach immer die teuerste Flasche bestellt statt seinem eigenen Geschmack vertraut.
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Glücklicherweise gibt es Lichtblicke für Kenner und Individualisten, die am Highend der Hotellerie gerne auf tiefgestapelten Luxus schielen oder gezielt Kurs auf Cooles und Schönes mit reellem Preis-Leistungs-Verhältnis nehmen.
Exquisite «Anti-Hotels», die bewusst unter dem Radar fliegen – dies als Teil eins unseres Lichtblicks – gehören zu den markanten Ein- und Aufsteigern 2024. Das Son Bunyola an der Nordwestküste Mallorcas ist so ein verschwiegener Rückzugsort. Es richtet sich an versierte Reisende, die sich eher zu Gast im Landsitz eines vermögenden Freundes fühlen wollen als wie in einem Hotel. Der Hausherr, Sir Richard Branson, hat lange nach dem passenden Fleckchen Erde auf der Baleareninsel gesucht und dieses am wilden Küstenstreifen bei Banyalbufar gefunden, wo das Tramuntana-Gebirge mit grosser Gebärde ins Meer fällt. Inmitten von Zitrus-, Mandel und Olivenhainen, die seit dem letzten Sommer wiederaufgeforstet werden und in zwei, drei Jahren ihre volle Schönheit entfalten werden, empfängt das herrschaftliche Finca-Gebäude nun stille Geniesser, die für die Öffentlichkeit unsichtbar und den gewöhnlichen Reichen einen Schritt voraus sein wollen. Nur 27 Zimmer gibt es, dazu drei freistehende Villen mit jeweils vier oder fünf Schlafzimmern. Abgesehen von zwei Restaurants, einem 28 Meter langen, angenehm warm beheizten Infinity Pool und kleinem Spa, Tennisplatz und Yoga-Lektionen gibt es keinen übertriebenen Luxus, aber es ist alles da, was man braucht. Und im Unterschied zu manch anderen Hotelneulingen mit potenten Investoren haben die Verantwortlichen kein fragwürdiges Design-Sammelsurium angerichtet, sondern etwas authentisch Mediterranes realisiert, das nicht lediglich aus zu viel Geld, sondern auch aus viel Geschmack besteht und eine erhabene Einfachheit ausstrahlt.
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Wer das erleben will, ist ausserhalb der sommerlichen Hochsaison ab 550 Euro dabei, was zwar kaum ein Schäppchen ist, doch eine vergleichbare Übernachtung im La Residencia im nahen Deià (das in den Neunzigerjahren noch Sir Richard gehörte und seit 2002 ein Belmond-Hotel ist) oder im soeben eröffnenden Four Seasons auf der landschaftlich spektakulären Halbinsel Formentor gibt es erst ab dem doppelten Preis.
Platz 1 (Vorjahr: 1): Hôtel du Cap-Eden-Roc, Cap d’Antibes/Côte d‘Azur
Im «Hôtel du Cap» an der südlichen Spitze der Halbinsel Cap d’Antibes liegt diese Energie in der Luft, die wispert: Hier geschieht etwas Besonderes. Es ist spürbar. Es ist körperlich. Und es ist nunmehr seit 154 Jahren stets von Neuem so. Exzellenz hat eine Aura. Schon beim Passieren des schmiedeeisernen Eingangstors versteht man sofort, warum dieses herrschaftliche, vor neugierigen Blicken abgeschirmte Anwesen seit Generationen ein Sehnsuchtsort der Schönen, der Reichen und Erfolgreichen aus aller Welt ist: In der unverschämt prachtvollen Parkanlage breitet sich noch immer das Gefühl von erhabener Ewigkeit aus, das F. Scott Fitzgerald in seinem Roman «Tender is the Night» über die Goldenen Zwanziger heraufbeschwor und damit dem Hotel ein literarisches Denkmal setzte. Herzstück in diesem «Rock of Paradise» ist die mythische Pinienallee, die in vierhundert Flanierschritten vom schlossartigen Hauptgebäude zum Meer hinunterführt, wo sich auf den schroffen Klippen der in den Fels gehauene Salzwasserpool, 33 private Bade-Cabanas und der sogenannte Pavillon mit zwei Restaurants aneinanderreihen. Dem «Hôtel du Cap» fehlt es weder an Eye-Catchern noch an einer eloquenten Belegschaft. Viele im Team arbeiten seit Jahrzehnten hier und umsorgen Stammgäste vertraut wie Familienmitglieder – umgekehrt werden die Mitarbeitenden von den Gästen als erweiterte Familie behandelt. Die Clientèle teilt sich im grossen Ganzen in zwei gänzlich unterschiedliche Typen: Diejenigen, die das Hotel als Bühne ihres Auftritts, als Kulisse ihrer Inszenierung nutzen und jene, die sich in der weitläufigen Hotelanlage vor aller Augen verstecken. Selbst Halbgötter der Film-, Mode- und Musikwelt fühlen sich hier geschützt und geborgen, denn es gibt etliche diskrete Nischen, wo man sie kaum bemerkt. Celebrities lieben das Hotel auch deshalb so sehr, weil sie hier wie ganz normale Menschen behandelt und nicht wie anderswo pathetisch hofiert werden. Zum Charme des Hauses gehört, dass es sowohl glamourös wie zutiefst bodenständig ist, ganz von heute und zugleich eine grosse Fantasie aus einer unschuldigeren, hoffnungsvolleren Ära. Generaldirektor Philippe Perd sorgt für kontinuierliche Erneuerungen, vor allem aber dafür, dass das «Hôtel du Cap» ein betörender Gegenpol zur schleichenden Gleichschaltung der Luxushotellerie bleibt. Exzellenz hat eben einfach diese gewisse Aura.
Wenn doch nur… der Zugang zum Meer abends nicht unterbunden wäre. Selbst ein Schwumm im Aussenpool ist abends nach halb acht und morgens vor neun Uhr unerwünscht.
Platz 2 (Vorjahr: 3): Schloss Elmau, Elmau/Bayern
Ein faszinierendes Hotel, das in seiner ganz eigenen Liga spielt. Zum einen begeistert es mit einer unvergleichlichen Kombination von körperlichen, seelischen, landschaftlichen, kulinarischen und kulturellen Genüssen, die in dieser Synthese nirgends sonst zu finden ist. Zum andern ist Planet Elmau ein einziger Superlativ, ohne damit zu protzen. Zum Kulturprogramm beispielsweise zählen jährlich 220 Klassik- und Jazzkonzerte renommierter bis weltberühmter Musiker, kostenlos für Hotelgäste. Das Spektrum gesundheitsbezogener Angebote ist ebenfalls grandios. Yoga ist hier nur der Anfang, wenngleich die entsprechenden Kurse und Retreats locker den Massstab für die ganze Branche setzen. Anhaltende Wirkung zeigen auch die individuell angepassten «Personal Wellbeing Retreats» mit unterschiedlichen Schwerpunkten wie «Get back into Shape» oder «Strengthen your Back» – bei aller Professionalität stets mit eine Prise Gelassenheit umgesetzt, mit der sich alles etwas leichter angehen lässt. Die Sportmöglichkeiten in schönster Natur zu Füssen des Wettersteinmassivs sind fast endlos. Für das Training der linken Gehirnseite steht die vielleicht beste Hotelbuchhandlung der Welt bereit – und da bekanntlich auch Tanzen wie Medizin wirkt und die Verbundenheit zu sich selbst und mit anderen Menschen fördert, entstand unlängst das Format der fünftägigen «Dance Retreats». Konstante Erneuerung ist der Anspruch und Spirit im Schloss der Tausend Ideen. Dietmar Müller-Elmau, der Hotelinhaber, will seine Gäste und wohl auch sich selbst immer wieder aufs Neue überraschen. Der Vordenker ist ein Meister darin, seine Marke zu schärfen und mit nicht nachlassender Veränderung relevant zu bleiben – immer im Bestreben, sein Team tagtäglich mitzuziehen und noch mehr Magie für seine Gäste zu schaffen.
Wenn doch nur… die Kalkulation der Weinkarte etwas mehr auf dem Boden bleiben würde. Orientierung an den Weltmarktführern kommt dem Gast in den meisten Bereichen zugute, aber nicht unbedingt in Bezug auf die Weinpreise.
PDPlatz 3 (Vorjahr: 6): La Réserve Ramatuelle, Ramatuelle/Saint-Tropez
Mit einem Plus von drei Rängen steigt das «La Réserve Ramatuelle» nahe Saint-Tropez erstmals in die Top 3 auf. Entstanden ist dieser unklassisch elegante Rückzugsort aus einem modernistischen Privatanwesen aus den 1970er-Jahren. Beim Umbau in ein Hotel 2009 blieben die markanten, kurvenförmigen Dächer und das geradlinige Design erhalten, doch hat Architekt Jean-Michel Wilmotte das sandrosa-farbene Gebäude noch mehr zur provenzalischen Küstenlandschaft hin geöffnet, die mit ihren pinienbewaldeten Hügeln und der üppigen Vegetation an mediterraner Anmut kaum zu schlagen ist. Nicolas Vincent, seit Anbeginn für das Wohl der Gäste und die hohen Massstäbe in punkto Kulinarik, Service und Spa verantwortlich, schenkt den Details grosse Aufmerksamkeit und feilt ständig an der Verbesserung der Infrastruktur. Keines der 27 Zimmer ist kleiner als 40 Quadratmeter, alle haben eine private Terrasse und blicken aufs Meer – einige wurde jüngst vom Innenarchitekt Jacques Garcia mit Bravour aufgefrischt. Das Gourmetlokal «La Voile» strahlt mit zwei Michelin-Sternen, das japanisch-peruanische Rooftop-Restaurant «La Muña» unter freiem Himmel ist ein Dauerbrenner unter heimischen Bonvivants, und im letzten Sommer ist eine kleine Brasserie-Terrasse hinzugekommen. Erholungssuchende, die mit Familie oder Freunden anreisen und noch mehr Privatsphäre suchen als das Hotel ohnehin schon bietet, buchen auf demselben eingezäunten Gelände eine der vierzehn Villen mit jeweils drei bis sechs Schlafzimmern und eigenem Pool.
Wenn doch nur… ein direkter Zugang zum Meer vorhanden wäre. Doch steht jederzeit ein Shuttle zum hoteleigenen Strandclub an der Plage de Pampelonne bereit.
Platz 4 (Vorjahr: 2): Villa Feltrinelli, Gargnano/Gardasee
Das Leben ist nicht perfekt. Aus diesem Grund wurden Hotels wie die Villa Feltrinelli erschaffen. Es ist schier unmöglich, hier nicht umgehend das wunderbare Gefühl zu haben, angekommen zu sein. Glanzvoll wie an einem meisterhaft choreografierten Filmset setzt die neogotische Villa alles daran, die Romantik des Reisens jeden Tag aufs Neue aufleben zu lassen und dafür zu sorgen, dass Gäste wie Mitarbeitende zu besseren Versionen ihrer selbst werden. 1892 als Sommersitz der Papiermagnatenfamilie Feltrinelli erbaut und vor 23 Jahren in ein Landhaushotel mit jeder Menge Platz und Privacy verwandelt, ist heute alles von Heiterkeit und Leichtigkeit durchdrungen und so subtil ausgereift, dass man sich der betörenden Atmosphäre kaum entziehen kann. Nicht nur Besucher spüren das, sondern auch die ganze Equipe. «Wir sind alle stolz darauf, hier tätig zu sein», sagt Markus Odermatt, Hüter des Juwels. Seine Leidenschaft wird vom ganzen Hotelteam geteilt. «Wir arbeiten nicht für die Villa. Wir sind und leben die Villa.» Zum Konzept gehört, dass man sich zu Besuch in einem privaten Anwesen wähnt. Zu den Besonderheiten zählt die Möglichkeit, zu jeder gewünschten Zeit an jedem beliebigen Ort im Park oder in den Salons frühstücken oder dinieren zu können. Wer mitternachts im Freibad schwimmen will, findet einen Stapel Handtücher am Pool-Rand vor. Während die Gäste in anderen Hotels – selbst in der Spitzenliga – dem Zwang unterliegen, zu genau vorgegebenen Zeitfenstern dies und jenes zu tun und zu lassen, scheint es in der Villa Feltrinelli keine Uhren zu geben. Dieser flexible, ganz und gar individuelle Service funktioniert nur, wenn man mit dem Personal nicht knapsen muss. 90 gute Geister kümmern sich um halb so viele Gäste und bestärken diese in ihrem Gefühl, dass das Leben eigentlich doch recht perfekt ist.
Wenn doch nur… mehr Schlechtwetter-Alternativen im Hotel bereitstünden – etwa eine besser bestückte Bibliothek. Immerhin kamen jüngst fünf überdachte Fitnessgeräte-Stationen im Garten hinzu. Und Raoul, der Hausmasseur, ist eine Wucht.
Platz 5 (Vorjahr: 5): Heckfield Place, Hook/Hampshire
In England mangelt es nicht an reizvollen, parkumgebenen Country House Hotels. Welches das Beste im Königreich ist, bleibt letztlich Geschmacksache, doch «Heckfield Place» überragt in den Augen der BILANZ-Jury die Wettbewerber «Gidleigh Park» in Devon, «Chewton Glen» in Hampshire» und «The Newt in Somerset». Das vor sechs Jahren als Hotel eröffnete georgianische Landgut, das anderthalb Autostunden westlich von London liegt, trifft genau den richtigen Ton, mischt Altes und Neues mit augenzwinkerndem Esprit und überrascht mit einer erlesen unkonventionellen Kunstsammlung: Das ganze Haus ist sowohl mit Werken berühmter zeitgenössischer Meister als auch von persönlichen Kunstentdeckungen des Besitzers auf eBay und anderen alternativen Bezugsquellen beseelt. Der Immobilien-Tycoon Gerald Chan, der praktisch unbegrenzte Mittel mit gutem Geschmack zu paaren versteht, macht sich einen Spass daraus, dass der Hotelgast nie weiss, welches Gemälde nun eine halbe Million und welches lediglich ein paar hundert Pfund wert ist. Auch das hauseigene Kino, das Spa und die 45 Zimmer sind state-of-the-art. Ausserdem gibt es nicht nur Räume zum Schlafen, sondern auch solche für den Morgen, den Nachmittag, für geplante oder ungeplante Begegnungen. In gastronomischer Hinsicht kann sich «Heckfield Place» beinahe selbst versorgen: Die weitläufigen biodynamischen Gemüse- und Obstgärten in der insgesamt 174 Hektar grossen Domäne dienen Küchenchefin Skye Gyngell als Basis ihrer «Farm-to-table»-Menüs.
Wenn doch nur… das sehr schöne, im letzten Jahr hinzugekommene Spa direkt von den Zimmertrakten aus erreicht werden könnte. Dieses ist jedoch in einem separaten, nicht mit dem Haupthaus verbundenen Gebäude im Garten untergebracht. Zudem müssen sämtliche elektronischen Geräte zwangsweise am Spa-Empfang abgegeben werden und dürfen auch nicht mit EarPods oder im Lautlos-Modus genutzt werden.
Platz 6 (Vorjahr: 4): Villa La Coste, Le Puy-Sainte-Réparade/Luberon
Diese versteckte provenzalische Domäne präsentiert sich in sublimer Zen-Ästhetik und raubt selbst schwer zu beeindruckenden Vielgereisten den Atem. Inmitten des hauseigenen Bio-Weinguts, zwischen Pinien und Olivenhainen, hat der kunstsinnige irische Immobilienunternehmer Patrick McKillen seine ganz eigene Vision eines Landsitzes verwirklicht. Diesen versteht er als «work in progress», das organisch weiterwachsen und mit den Jahren immer facettenreicher werden soll. Zwei Dutzend weltberühmte Architekten von Jean Nouvel über Tadao Ando bis Frank Gehry haben hier bereits ihre Spuren hinterlassen, und der Skulpturenpark inmitten der Rebhänge und Wälder würde jedem Museum of Modern Art gut anstehen. Das Wort «Sammlung» will McKillen dennoch nicht gelten lassen. Er habe «einfach seine Freunde aus der Kunstwelt gebeten, Objekte oder Plätze zum Staunen zu gestalten». Überhaupt sei das ganze Projekt La Coste kein wirtschaftlich motiviertes Unterfangen, sondern eine einzige grosse Verrücktheit. Im Hotel Villa La Coste, welches die ganzen Ländereien überblickt, verbinden sich grosse Glasflächen, klare Linien und viel Weiss mit lokalen Naturmaterialien, privaten Patios und weiteren Exponaten zeitgenössischer Kunst. Dass die Gäste im Gesamtkunstwerk «La Coste» ein Gefühl von Gemütlichkeit überkommt, ist der Vielzahl wohnlicher Accessoires in den 28 Suiten und dem Feingefühl des hochgradig gastbewussten Teams zu verdanken. Fünf Restaurants – darunter Ableger der Starköche Hélène Darroze und Francis Mallmann – sowie zuverlässig brillante Spa-Behandlungen sorgen auch bei längeren Aufenthalten für Abwechslung. Im Frühjahr 2024 kam im unteren Teil des riesigen Grundstücks die Hotel-Dépendance «Auberge La Coste» mit einfacheren (und deutlich preiswerteren) Zimmern hinzu.
Wenn doch nur… der Hotelpool nicht so klein und untief wäre, dass man kaum drin schwimmen kann.
Platz 7 (Vorjahr: 8): Rosewood Castiglion del Bosco, Montalcino/Toskana
Das «Castiglion del Bosco» liegt so klassisch, wie ein Landsitz in der Toskana nur liegen kann – 40 Kilometer südlich von Siena, zwölf Kilometer nordwestlich von Montalcino, fernab vom Getöse der Welt und umgeben von fast 2000 Hektaren hauseigenen Ländereien, die teilweise für den Anbau von Reben und Olivenbäumen kultiviert werden. Das Hotel selbst entstand aus einem mittelalterlichen Weiler, zu dem auch die Ruinen einer Burg aus dem 12. Jahrhundert und einer frühen romanischen Kirche gehören. Zu den 30 Zimmern im historischen Teil der Hotelanlage kamen unlängst ein Dutzend weitere, etwas luxuriösere Zimmer in einer neu erstellten, doch perfekt ins Bild passenden und nur wenige Schritte entfernten Dépendance hinzu, ausserdem wurden elf alleinstehende alte Bauernhäuser in Ferienvillen verwandelt. Die Gäste können einander wunderbar aus dem Weg gehen und innere Ruhe finden, doch sich gleichzeitig umsorgt fühlen. Zwei Restaurants, ein kleines Spa und ein 18-Loch-Golfplatz stehen bereit, ausserdem lohnt sich eine Besichtigung des Weinkellers mit einer Degustation des vor Ort produzierten Brunello di Montalcino. Das Hotelteam ist freundlich, das Essen fantastisch, und mit jedem Ferientag verwirft man das sorgfältig geplante Ausflugsprogramm. Eine bessere Art, die Toskana zu erleben, gibt es kaum.
Wenn doch nur… die zehn Kilometer Schottersträsschen nicht wären, bis man am Ziel angelangt ist. Andererseits macht diese Abgeschiedenheit genau den Charme des «Castiglion del Bosco» aus. Hier ist man wortwörtlich weg von allem – zufällig kommt hier kaum jemand vorbei.
Platz 8 (Vorjahr: 40): Can Simoneta, Canyamel/Mallorca
Versierte Reisende wollen keinen Luxus mehr, der einem ins Gesicht springt. Sie wollen vielmehr ein Maximum an Gelassenheit, Privatsphäre und Understatement. Entsprechend hoch im Kurs stehen verschwiegene Zufluchten, die bewusst unter dem Radar fliegen und sich trotz distinguiertem Gesamterlebnis als «Anti-Hotel» verstehen. Das «Can Simoneta» an der Ostküste der Baleareninsel ist ein Musterbeispiel eines solchen Hideaways, entstanden ist es aus einem herrschaftlichen Gutsbetrieb. Eine Olivenbaum-Allee führt zu dem einstigen Finca-Ensemble auf einem Hochplateau über der Bucht von Canyamel. Vorne zur Meerfront breitet sich ein mediterraner Park aus und darin zwei subtil umgebaute Hofgebäude. Die 26 Zimmer nehmen mit viel Weiss und erdigem Ocker die Farben der umgebenden Landschaft auf. Dazu passen mallorquinische Leinenstoffe und unbehandelte Terrakottaböden. Beim Öffnen der Zimmerfenster hört, riecht und sieht man das Meer. Ein sanft abfallender, fünfminütiger Pfad durch ein Pinienwäldchen führt hinunter zu einem felsigen Strandabschnitt. Die meisten Gäste verlassen jedoch das friedliche Anwesen während ihres Aufenthalts nicht – jeder findet hier genug Raum für sich und vor allem sein persönliches Lieblingsplätzchen, sei es in der Hängematte im Schatten einer Pinie oder an einem der beiden Pools. Dank der Devise «Adults only» (ab 16 Jahren) und dem exklusiven Zutritt nur für Hotelgäste hat man im «Can Simoneta» wirklich seine Ruhe. Übrigens: Auf dem direkt benachbarten Grundstück hat die heimische Besitzerfamilie Font del Olors vor sieben Jahren den Schwesterbetrieb «Pleta de Mar» eröffnet, ebenso grosszügig in die Uferlandschaft eingebettet, doch ausschliesslich mit 30 geräumigen Suiten, die in ihrer schlichten Zen-Ästhetik an asiatische Luxus-Bungalows erinnern.
Wenn doch nur… manche Zimmer nicht so hellhörig wären. Auch ist manches Badezimmer nicht mehr ganz State of the Art.
Platz 9 (Vorjahr: 35): Gleneagles, Perthshire/Schottland
Der neunte Platz geht an Schottland. Wer in den Ferien einen Landsitz mit dem gewissen Alles sucht und trotzdem ein Gefühl elitärer Geborgenheit schätzt, ist im «Gleneagles» gut aufgehoben. Das sportliche, kulinarische, regenerierende und kulturelle Angebot ist so mannigfaltig und so stimmig mit der Hügellandschaft von Perthshire im Herzen Schottlands verwoben, dass man das 344 Hektar grosse Anwesen während seines Aufenthalts eigentlich gar nicht mehr zu verlassen braucht. Es gibt drei Turnier-Golfplätze, zahlreiche Outdoor-Aktivitäten von Angeln über Bogenschiessen und Tontaubenschiessen bis Reiten, eine Falknerei und eine Off-Road-Fahrschule, ein weitläufiges Spa, zehn Restaurant und Bars sowie 232 Zimmer im traditionellen Country-House-Stil. Alles ist bestens in Schuss, so dass das 1924 eröffnete «Gleneagles» beste Voraussetzungen bietet, auch in den kommenden hundert Jahren ein Leuchtturm britischer Gastlichkeit zu bleiben. Übrigens: Im vorletzten Sommer hat das ebenfalls empfehlenswerte Schwesterhotel «Gleneagles Townhouse» in einem früheren Bankgebäude im historischen Stadtviertel New Town von Edinburgh eröffnet.
Wenn doch nur… die «Playground Planners» (die Organisatoren der Outdoor-Vergnügungen) professioneller und effizienter agieren würden.
Platz 10 (Vorjahr: 18): San Domenico Palace, a Four Seasons Hotel, Taormina/Sizilien
Dass Sizilien zu den mediterranen Trenddestinationen zählt, ist einzigartigen Zufluchten wie dem «San Domenico Palace» zu verdanken. Es versetzt den Gast in ein anderes Jahrtausend, immerhin wandelt man hier in den Gemäuern eines ehemaligen Dominikanerklosters aus dem 14. Jahrhundert – von der Struktur her weitgehend erhalten mit zentralem Kreuzgang, langen Korridoren und verträumtem mediterranem Park hoch über der Küste und am Rand des historischen Ortszentrums. Im Sommer 2021 hat das legendäre, auf den Ätna und das Meer blickende Anwesen nach einer umfassenden Renovation als Four Seasons Hotel wiedereröffnet, und obschon es hier und da etwas gar makellos herausgeputzt wirkt, gelang es den Verantwortlichen, die Geschichte des ockerfarbenen Prachtbaus so präsent zu halten, dass sie bei jedem Aufenthalt erneut erlebbar wird. Jedenfalls zählt das «San Domenico Palace» für so manchen der beurteilenden Experten des BILANZ-Rankings zu den besten der weltweit 129 Ableger der kanadischen Luxushotelgruppe. Zum durchschlagenden Erfolg des Hotels trug die zweite Staffel der TV-Serie «The White Lotus» bei, deren Schauplatz zu grossen Teilen das «San Domenico Palace» war (allerdings befindet sich der gefilmte Sandstrand in Cefalù im Norden der Insel). Seitdem ist hier das Phänomen des «Jet Setting» zu erleben – mit Reisenden, die sich von Film-Drehorten zum Besuch aussergewöhnlicher Destinationen und Hotels inspirieren lassen.
Wenn doch nur… die Gesetze von Preis und Leistung in diesem schönen Hotel nicht ausser Kraft gesetzt wären. Kleine Standard-Zimmer sind selbst im April und Oktober kaum unter 2000 Euro zu haben, und in den Sommermonaten nehmen die Übernachtungspreise astronomische Dimensionen an.
Platz 11 (Vorjahr: 7): Lily of the Valley, La Croix-Valmer/Var
Auf den ersten Blick ist das «Lily of the Valley» ein ästhetisch herausragendes und passioniert geführtes Ferienhotel inmitten des Naturschutzgebiets Cap Lardier in den mediterran bewachsenen Hügeln über der Mittelmeerküste – drei Shuttle-Minuten vom Sandstrand Plage de Gigaro und zwanzig Autominuten von Saint-Tropez entfernt. Ein perfekter Platz, um durchzuschnaufen und vor der Welt einfach mal seine Ruhe zu haben. Hinter der traumschönen, vom französischen Designer Philippe Starck sorgfältig arrangierten Kulisse tut sich ein holistisches Retreat auf, wo Gesundheit und Lifestyle auf Augenhöhe sind. Es ist ein Wohlfühl-Kosmos, um wieder leben zu lernen, umgeben von schönster Natur. Selbsterneuerung und lebensverändernde Erfahrungen ohne die Klinik-Atmosphäre und den asketischen Drill der Medical-Wellness-Bastionen sind hier das Mantra – sofern man dies wünscht. Man kann genauso gut auch dem süssen Nichtstun frönen, exzellent essen und trinken, und das «Lily of the Valley» als reines Ferienhotel geniessen. Was viele Gäste auch tun, besonders im Hochsommer. In Frühjahr und Herbst überwiegen dann die Selbstoptimierer, die ein Gesundheits- und Fitnessprogramm dazubuchen. Sie reisen mit der Intention an, die Lebensgeister zu wecken, ein paar Kilo abzunehmen und sich auf die sinnenfrohe französische Art wieder in Form zu bringen. «Viele unserer Gäste reisen mit leeren Batterien an und wollen in relaxter Ambiance neue Energien tanken und zurück ins innere Gleichgewicht finden», sagt Gastgeber Stéphane Personeni. «Wir schaffen das Bewusstsein beim Gast, Wellness als Lebensstil weit über den Aufenthalt hinaus anzunehmen und so dem Leben möglichst viele qualitativ gute Jahre abzugewinnen.» Longevity, wie man heute sagt.
Wenn doch nur… alle Zimmer aufs Meer blicken würden.
Platz 12 (Vorjahr: 43): Finca Cortesin, Casares/Costa del Sol
Es gibt drei herausragende Hotels an der Costa del Sol. Das kalifornisch anmutende, zauberhaft bepflanzte Marbella Club Hotel, das soeben sein 70-jähriges Jubiläum feiert. Das benachbarte Puente Romano Beach Resort, das – europaweit einmalig – über 23 Restaurants und Bars verfügt und ein vibrierendes Lebensgefühl für drei Gästegenerationen verströmt. Und die Finca Cortesin. Anders als die beiden erstgenannten Hotels liegt die Finca Cortesin nicht am Meer, sondern ein paar Kilometer im Hinterland von Casares. Immerhin blicken viele der 67 Suiten aufs Meer, und in wenigen Minuten führt der Shuttlebus zum eigenen Beach Club mit kleinem Strand. Die Hotelanlage wirkt wie ein herrschaftliches andalusisches Landgut mit strahlend weissen Fassaden, weitläufigen Gärten und schönen Innenhöfen. Die öffentlichen Räume und Suiten («normale» Zimmer gibt es keine) beeindrucken durch ihre stimmigen Proportionen und Dekors, mit hohen Decken und grosszügigen Ausmassen (die Suiten messen 50 bis 200 Quadratmeter). Alles wirkt organisch gewachsen – man könnte fast glauben, die Finca habe schon immer hier gestanden, dabei wurde sie erst vor fünfzehn Jahren von Grund auf neu erbaut. Der Madrider Immobilien- und Bauunternehmer Javier López Granados, Hauptbesitzer der 215 Hektar grossen Anlage, bewies besonderes Geschick bei der Auswahl der Architekten, Designer und Landschaftsgestalter. Das 25 Meter lange Hallenbad zählt zu den schönsten in Europa, im Garten locken zwei weitere traumhafte Riesenpools, einer davon mit 50 Metern Länge und umringt von Palmen. Die Körperbehandlungen im Spa sind sensationell, darüber hinaus gibt es Yoga- und Pilates Sessions, Tennis- und Padel-Tennis-Plätze und einen der angeblich besten Golfplätze des Landes. Was in den drei Restaurants mit spanischer, italienischer und japanischer Küche auf den Tisch kommt, macht ebenso gute Laune wie das 200-köpfige Hotelteam um den deutschen General Manager René Zimmer.
Wenn doch nur… die gesamte Küste mit dem schönen Namen nicht so schrecklich verbaut wäre. Ist man jedoch einmal in der Hotelanlage mit Golfplatz, Villen und demnächst einer neuen «Lanserhof»-Niederlassung, kriegt man von der schier unendlichen Betonwüste kaum etwas mit.
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Auch in den Städten sind Hotels im Kommen, die so wenig Hotel wie möglich sind und in denen man sich wie in einem zweiten Zuhause wähnt. «Quiet luxury» eben. Das neue Hôtel 1 Place Vendôme in Paris zählt dazu und das unlängst um zwei Nachbarhäuser erweiterte, fröhliches Understatement ausstrahlende Ett Hem in Stockholm.
Halbwegs erschwingliche Zimmer in ausgezeichneten Hotels, und das wäre Teil 2 unseres Lichtblicks, gibt es immer noch und immer wieder – selbst im kostspieligen Paris, wie das neue Hôtel Dame des Arts zeigt. Das urbane Bijou liegt mitten im umtriebigen Saint-Germain-des-Prés-Quartier und ist eine Inkarnation des einstigen Holiday Inn. Gestalterisch dreht sich im feinsinnig arrangierten, vom Innenarchitekten Raphael Navot erneuerten Fünfzigerjahre-Gebäude alles um das Zusammenspiel von geschwungenen und geraden Linien, harten und weichen Texturen, glänzenden und matten Oberflächen. Kaum ist man drin, sind Hektik und Trubel unversehens verschwunden. Stattdessen: 109 Zimmer, die spartanisch und behaglich zugleich sind, darunter 17 mit kleinem Balkon und Eiffelturmblick (ab 450 Euro).
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Auch das Restaurant mit Innenhof und Multikulti-Cuisine macht gute Laune. Mit etwas Glück ergattert man vor oder nach dem Essen einen Platz in der Rooftop-Bar mit Rundumpanorama über das 6. Arrondissement und darüber hinaus. Ein weiteres Highlight versteckt sich im Untergeschoss: Das Fitnessstudio ist mit seinen wellenförmigen Holzwänden, den holzverkleideten Trainingsgeräten und den Gewichten mit Ledergriffen das vielleicht stilvollste von ganz Paris. Wer lieber ausschwärmt, schnappt sich eines der bereitstehenden Elektro-Bikes, und bei der Rückkehr in dieses liebenswert moderne, passioniert geführte Hotel ist alles so, dass man sich nicht als austauschbarer Tourist, sondern wie ein hochwillkommener Gast fühlt und jegliche Gedanken an Superluxus verblassen. Das Dame des Arts ist nicht der höchstbewertete, doch der interessanteste Neuling unter Europas Stadtunterkünften. Hier ist jeder Gast, jeder Mitarbeitende und jedes Einrichtungsdetail etwas Besonderes.
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Die grosse Frage, die man sich ja bei jedem Ranking stellt: Was ist der übergreifende Trend? Was heute zählt, ist die Personalisierung des Hotelerlebnisses. Luxushotels kommen dem immer grösser werdenden Hunger der anspruchsvollen Weltenbummler nach persönlicher Behandlung und individualisierten Erlebnissen entgegen, indem sie mehr über ihre Gäste wissen als die Gäste über sich selbst. Wer einmal in einem Spitzenhotel abgestiegen ist, kann davon ausgehen, dass auf seine spezifischen Vorlieben, Interessen und Abneigungen beim nächsten Besuch ungefragt eingegangen wird. Als Gast wundert man sich über die Ballung glücklicher Zufälle, doch im Luxushotel gibt es keine Zufälle, nur akkurate Guest-History-Aufzeichnungen.
Damit geht die zweite Frage einher: Welche Häuser liefern den Goldstandard dieser Personalisierung? Selbstredend einige Hotels am oberen Rand der BILANZ-Charts, doch stechen zwei heimische Aufsteiger heraus: das Kulm Hotel St. Moritz und das Chenot Palace Weggis.
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Platz 1 (Vorjahr: 1): Gstaad Palace, Gstaad
Das Gstaad Palace verteidigt seinen Spitzenplatz. Die Gäste kehren aus einfachen Gründen immer wieder zurück, wie es ein Branchenprofi treffend beschreibt: «Du kommst zur Tür herein, die Mitarbeitenden kennen deinen Namen, deinen Geburtstag, deine Familie. Sie haben ein feines Gespür dafür, was du wann brauchst, was du vor allen Dingen nicht brauchst, unter keinen Umständen haben möchtest.» Andernorts ist es oftmals eine Floskel, doch im Palace wird jeder wie ein Individuum behandelt. Jeder ist etwas Besonderes. Ebenfalls ausschlaggebend für den ersten Rang: Der Alpenpalast ist authentisch. 111 Jahre Geschichte haben zu dieser Authentizität beigetragen. Darüber hinaus hat das Gstaad Palace eine eklektische Mischung von Gästen, wie man sie in kaum einem anderen Hotel in der Schweiz antrifft – Filmstars, Präsidenten, Royals, Künstler, Modedesigner, Wirtschaftsbosse und zudem ganz normale heimische Erholungssuchende und Familien mit ihren Kindern. Alles kommt hier zusammen an diesem Ort der Geborgenheit, und alle sind wie eine grosse Familie – auch hinter den Kulissen: Dutzende von langjährigen Teammitgliedern tragen wesentlich zum ebenso familiären wie kosmopolitischen Esprit des Luxushauses bei. Andrea Scherz, der das Gstaad Palace in dritter Generation sehr erfolgreich führt, legt hohen Wert auf den menschlichen Faktor: «Ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl im Team ist die Voraussetzung für ein sublimes Gasterlebnis», sagt er. «Die beiden Aspekte sind untrennbar miteinander verknüpft.»
Wenn doch nur… der grosse Aussen-Whirlpool nicht so unmittelbar von den Trainierenden im Fitnessraum überblickt würde.
Platz 2 (Vorjahr: 3): Castello del Sole, Ascona
In der Schweiz behaupten mehr als hundert Hotels von sich, ein Resort zu sein. Diejenigen, die diese Bezeichnung tatsächlich verdienen, lassen sich jedoch an einer Hand abzählen. Sucht man nicht nur eine vielfältige Infrastruktur, sondern auch viel individuellen Freiraum, liegt man im Castello del Sole auf dem Maggiadelta vor Ascona richtig. Das Platzangebot pro Gast ist landesweit konkurrenzlos. Tritt man durch das Empfangsgebäude ins Freie, könnte man Luftsprünge machen: Umgeben von 140 Hektaren landwirtschaftlich genutztem Gelände des hoteleigenen Gutsbetriebs liegt da dieser zum Privatstrand führende Park mit ungezählten sonnenliebenden Pflanzen und knorrigen alten Bäumen, unter die man sich mit einer Gartenliege vor der sommerlichen Hitze retten kann. Natur und Luxus lassen sich kaum besser vereinen, und wer hier eines der 78 Zimmer bewohnt, fühlt sich dank fünf Restaurants und Bars, Spa, Tennisplätzen, Wassersportmöglichkeiten, Kids Club und enormen Auslaufmöglichkeiten selbst bei einem längeren Aufenthalt nie eingeschränkt. Neu wird der Strandbereich immer mehr zum Beach Club ausgebaut (jüngst kam ein langer schwimmender Steg hinzu), im Wellnessbereich ergänzen regelmässig renommierte Gasttherapeuten (von der Naturheilerin bis zum Boxtrainer) das Spa-Team, und Gäste, die mit dem Zug anreisen, werden auf Wunsch von Locarno mit dem Frauscher-Motorboot über den Seeweg zum Hotel gefahren.
Wenn doch nur… die Zimmerkorridore im Haupthaus nicht so sehr an eine Gemeindeverwaltung erinnern würden.
Platz 3 (Vorjahr: 2): The Alpina Gstaad, Gstaad
Das «Alpina» ist einer jener wunderbaren Orte, die uns Gäste lebendiger, eleganter, ausgeglichener fühlen lassen und die ein Portal zu einer Welt eröffnen, in der uns alles Mögliche erwartet und es nur das Hier und das Jetzt gibt. Die hohen Erwartungen an dieses konstant hochbewertete Haus werden in vielerlei Hinsicht erfüllt. Die 56 Zimmer präsentieren sich im feinsten Chalet Chic, doch ist der Alpenstil stellenweise wohldurchdacht gebrochen – etwa mit der japanischen Küche im Restaurant Megu, mit kräftigen Kunst- und Blumen-Akzenten in den öffentlichen Räumen oder dem Six Senses Spa, dessen holistische Gesundheitsprogramme weit über die gewohnten Wellnessangebote hinausreichen und neuerdings auch Longevity-Programme umfassen. Das Frühstück zählt zu den Besten der Alpen und bietet eine Vielzahl an gesunden Optionen mit Quinoas, Protein-Shots und frischen Gemüsesäften. Die Hotelzufahrt ist unterirdisch, so muss niemand Parkplätze sehen und Autos hören. Das Engagement des jungen Besitzers Nachson Mimran für eine nachhaltige Unternehmenskultur ist ausserordentlich. So war er der Erste, der auf plastikfreie Badezimmer-Amenities setzte, den Küchenchef zu «Zero Waste»-Gerichten anregte und sogar die Hotelslipper hochwertig aus Filz und Lammfell fertigen liess – diskret mit dem Hinweis «Take me home» versehen. Im letzten Winter sind im rechten Gebäudetrakt zwei riesige Residences mit jeweils fünf Schlafzimmern zum Hotel hinzugekommen und bieten eine interessante Ergänzung zum Mikrokosmos «Alpina». Im März 2024 hat die bisherige Vizedirektorin Nadine Friedli die Nachfolge von Tim Weiland als General Manager übernommen. Kontinuität bleibt wichtiges Unternehmensziel, doch wechselten mit der Direktion auch viele Mitarbeitende.
Wenn doch nur… der vorwiegend ausgezeichnete Service etwas weniger förmlich wäre und hier und da auch etwas intuitiver agieren würde. So hat der Sommelier im Gourmetlokal wenig Gespür für die individuellen Vorlieben der Gäste, aber fixe Vorstellungen, welche Weine zum Menü passen. Und der Concierge reagiert gar stirnrunzelnd, wenn er wiederholt den kurzen Transfer zur Bergbahn veranlassen muss, weil der Gast seine Sonnenbrille im Zimmer vergessen hat.
Platz 4 (Vorjahr: 4): Eden Roc, Ascona
Zunächst stimmt die Grundvoraussetzung für jedes exzellente Hotel: «Guter Eigentümer, gutes Management, geh hin. Lascher Eigentümer, lasches Management, lass es.» So der Tenor bei den 217 befragten Branchenprofis dieses Rankings. Im Eden Roc führt die Kombination aus engagierter Besitzerfamilie (um Ursula Bechtolsheimer-Kipp) und einer gastorientierten, unaufgeregt mitreissenden Führungspersönlichkeit (Simon Spiller) zu einem stimmigen Gesamterlebnis. Ohne in diesem modernen Hotelklassiker an spektakulärer Lage gewesen zu sein, war man eigentlich nicht im Tessin – oder hat zumindest etwas Grossartiges verpasst. Hier werden hohe Ansprüche an Gastronomie, Service und Wellness erfüllt. Die betörende Szenerie mit subtropischer Vegetation am Ufer des Lago Maggiore trägt das ihre zur südlichen Ferienstimmung bei. Zur Uferpromenade von Ascona sind es nur wenige Schritte, doch lässt sich der Tag auch unter Palmen und alten Bäumen im Garten direkt am Wasser verbringen. Vier Restaurants stehen zur Wahl, ausserdem gibt es eine hauseigene Wassersportschule und eine Reihe von Ausflügen und Abenteuern im Rahmen des «Moving Mountains»-Programms. Nachdem die Zimmer im rechten Hotelflügel (dem «Eden Roc II») unlängst renoviert wurden, steht ab Anfang Oktober die Totalsanierung des Stammhauses an. Dieses soll ab Ostern 2025 nicht nur ein neues Erscheinungsbild mit viel Glas erhalten, sondern auch ein zukunftsweisendes Energiekonzept. Der Besitzerfamilie liegt das Thema Nachhaltigkeit generationenübergreifend am Herzen, weshalb sie sich im Eden Roc und in den Schwesterhotels Carlton St. Moritz, Tschuggen Grand Hotel und Valsana Arosa konsequent für effektiven Klimaschutz einsetzt.
Wenn doch nur… die reizvolle Gartenanlage direkt am Wasser mehr Platz und Privatsphäre bieten würde. Im Hochsommer bei Vollbelegung ist es nicht einfach, eine Sonnenliege im Schatten zu finden, und um die beiden Aussenpools kann es zu Schulferienzeiten trubelig werden.
Platz 5 (Vorjahr: 8): Kulm Hotel St. Moritz, St. Moritz
Im ältesten und zugleich entspanntesten der St. Moritzer Traditionshotels checkt man nicht ein, hier kommt man an. Das Versprechen auf Stil und Service, Seele und Swing wird scheinbar mühelos eingelöst – hierfür sorgen Jenny und Heinz E. Hunkeler, unsere «Hoteliers des Jahres 2024». Zum Plus von drei Rängen im Ranking trägt auch die Vorwärtsstrategie der Besitzerfamilie Niarchos bei: Unaufhörlich wird das ockerfarbene Gebäude-Ensemble an schöner Aussichtslage erneuert und verbessert. Als nächstes Grossprojekt ist die Verlegung des Speisesaals von der Berg- zur Seeseite geplant – das Londoner Architekturbüro Foster + Partners erarbeitet derzeit die Pläne. Im letzten Herbst wurden gleich vier Spezialitätenrestaurants neu konzipiert: Die leidenschaftliche Köchin Claudia Canessa zaubert nun im frisch umgebauten «Amaru» einen Mix aus peruanischem Streetfood und moderner Fusion Cuisine auf die Teller. Die Nachfolge in der traditionellen «Sunny Bar» übernahm der Londoner Küchenchef Tom Booton mit einer Neuinterpretation eines britischen Gastropubs. Sternekoch Mauro Colagreco wechselte in den «Kulm Country Club» bei der hoteleigenen Natureisbahn und begeistert dort mit hochwertigen Gerichten vom Grill oder vom Holzfeuer, während die beliebte «Pizzeria» räumlich erweitert wurde. Kräftig investiert wird auch in den oberen Stockwerken: In jüngster Zeit hat der französische Innenarchitekt Pierre-Yves-Rochon einen Grossteil der 150 Zimmer in stilvoller alpiner Modernität mit viel Arvenholz und natürlichen Materialien renoviert. Im lichtdurchfluteten Spa blicken alle Behandlungs- und Fitnessräume sowie das 20-Meter-Hallenbad auf den St. Moritzersee. Im Sommer sind es fünf Gehminuten zum eigenen 9-Loch-Golfplatz mit Driving Range (freier Zugang für Hotelgäste), und für Kinder wird so gut gesorgt, dass es manchmal schwierig wird, die Familie beieinander zu halten.
Wenn doch nur… die Hektik beim Frühstück im überdimensionierten Grand Restaurant nicht wäre. Immerhin halten die riesigen Buffets ein qualitativ hochstehendes Angebot bereit.
PDPlatz 6 (Vorjahr: 10): Chenot Palace Weggis, Weggis
Technisch gesehen ist das «Chenot Palace» eine Hotelanlage mit 72 Zimmern, einem 5000 Quadratmeter grossen, hochmodernen Medical Spa und einer langgestreckten Liegewiese am Ufer des Vierwaldstättersees. Doch diese Beschreibung greift viel zu kurz. Denn vor allem ist diese Zuflucht eine Bastion des gesunden Lebens, wo man Körper und Geist von allem Überflüssigem befreien kann, seien es Pfunde oder Gedankenspiralen. Das siebentägige Programm «Recover & Energise» ist eine Initialzündung für alle, die jahrelang Raubbau an ihrem Körper betrieben haben und wieder richtig fit werden wollen. So oder so ist man nach einer Kurwoche zu Füssen der Rigi mit seinem Körper wieder per Du und bekommt das notwendige Rüstzeug auf den Weg, dauerhaft an einem Wandel seiner weniger guten Gewohnheiten dranzubleiben. Voraussetzung für dieses transformative Ziel ist, sich ohne Wenn und Aber dem individuell zugeschnittenen Programm aus Detox, Hydrotherapie, Massagen, Fitness, energetischen Behandlungen, Osteopathie, Yoga, Ernährungsberatung und federleichter mediterraner Küche zu unterziehen. George Gaitanos, der wissenschaftliche Leiter, erklärt: «Unser Körper ist in der Lage, bis zu 120 Jahre alt zu werden. Aber während dieser Lebensreise ist es fundamental wichtig, die Funktionalität zu erhalten. Wir Menschen sind auf Verfall programmiert. In den Zellen richten freie Radikale Schäden an der DNA an, die sich nicht von selbst repariert. Der Grundgedanke unserer Methode ist also: Was können wir tun, um das Gesundheitspotenzial jedes einzelnen Gasts freizusetzen und das Altern des Körpers zumindest eine Zeit lang aufzuhalten, besser noch umzukehren?»
Wenn doch nur… die Seestrasse zwischen der Hotelanlage und der privaten Liegewiese am Seeufer nicht wäre. Glücklicherweise ist diese nur schwach befahren und verbindet lediglich das Dorfzentrum mit dem Ortsteil Hertenstein.
Platz 7 (Vorjahr: 6): Grand Hotel Kronenhof, Pontresina
Der «Kronenhof» zählt zu jenen raren Orten, an denen die Zeit für ein paar wunderbare Augenblicke stillzustehen scheint. Die nostalgische Ästhetik des dreiflügligen Gebäudes mit hufeisenförmigem Ehrenhof, neobarockem Speisesaal und zauberhafter Beletage könnte einem Wes-Anderson-Film entsprungen sein. Verbringt man einen verregneten und verschneiten Nachmittag gemütlich in der Lobby oder im angrenzenden Kaminsalon, mag man sich die berühmte Frage am Ende der mysterienumrankten «Twin Peaks»-Saga von David Lynch stellen: «What year is this?» Ganz von heute sind hingegen zahlreiche frisch strahlende Zimmer (38 tragen die Handschrift des Architekten Pierre-Yves Rochona, das schöne Spa mit aussichtsreichem Hallenbad sowie die grosszügig konzipierte Zigarrenlounge mit angrenzendem Billardzimmer. Im Winter gibt es eine hauseigene Eisbahn, im Sommer locken Yoga-Lektionen auf speziellen Holzplattformen im Garten über dem Berninabach. Der aus dem Engadin stammende Hoteldirektor Claudio Laager, der im letzten Winter die Nachfolge von Marc Eichenberger übernommen hat, sorgt dafür, dass sich die «Grande Dame» unter den regionalen Alpenpalästen souverän in den Top Ten der BILANZ-Charts behauptet.
Wenn doch nur… Pontresina eine direkte Pistenanbindung für Skifahrer hätte. Für den Wintersport in einem der umliegenden Skigebiete Diavolezza, Corviglia oder Corvatsch muss stets gependelt werden. Immerhin betreibt der «Kronenhof» einen Ski-Shuttle.
Platz 8 (Vorjahr: 5): Park Hotel Vitznau, Vitznau
Das Genuss-Schloss am Vierwaldstättersee bietet mit seiner dezent von der Aussenwelt abgeschotteten Parkanlage am Seeufer enorm viel Platz und Privatsphäre für jeden Gast. Wer ein Gefühl wahrer Exklusivität an einer der spektakulärsten Lagen der Schweiz sucht, liegt hier goldrichtig. Geführt wird das Park Hotel Vitznau denn auch im Stil eines edlen privaten Gästehauses. Den Übernachtungsgästen und Freunden des Hauses, zu denen einzelne externe Restaurantgäste auf Vorreservation gehören (Spontanbesuche sind nicht möglich), soll ein Aufenthalt ermöglicht werden, der «splendid isolation» für beflügelnde Tage verspricht. Drei Restaurants für unterschiedliche Bedürfnisse stehen zur Wahl – alle mit Sommerterrassen, auf denen Sonnenuntergänge zu Naturschauspielen werden. Ein weiteres Highlight ist der riesige, angenehm temperierte Aussenpool. Und Frühstück ist hier nicht einfach Frühstück, sondern ein lukullisches à-la-carte-Vergnügen mit einer grossartigen Auswahl und Qualität an süssen und salzigen Köstlichkeiten. Es sei hier jedoch nicht verschwiegen, dass derzeit sowohl die Service-Performance als auch die Detailpflege vor sich hindümpelt und so mancher Branchenbeobachter nicht um den Eindruck herumkommt, dass es im Park Hotel Vitznau etwas braucht, das die Belegschaft energetisiert. Man hofft, dass das Haus wieder zur Dynamik der Vorjahre zurückfindet.
Wenn doch nur… die rückwärtigen Juniorsuiten, laut Eigenwerbung «mit Bergsicht», nicht auf die vielbefahrene Seestrasse und den steil aufragenden Hang des Rigi-Fusses blicken würden – zu Preisen ab 1200 Franken selbst im Frühherbst. Auch können nachts die ungezählten beleuchteten LED-Lichtschalter in den Suiten irritieren.
Platz 9 (Vorjahr: 7): Grand Resort Bad Ragaz, Bad Ragaz
Anders als Luxushotels in den berühmten Ferienorten, die auf eine breitgefächerte Infrastruktur mit Freizeit-, Shopping- und Event-Möglichkeiten vor der Haustür zählen können, muss sich das Grand Resort Bad Ragaz den Ort im Wesentlichen selbst schaffen. Das gelingt dem Ostschweizer Resort, das sich lange auf die Standbeine Rehabilitation und Thermalwasser fokussierte, in vielerlei Hinsicht gut. Es hat sich in jüngster Zeit erfolgreich vom traditionellen Kurhotel mit 180-jähriger Bäderkultur zur modernen Health-, Lifestyle- und Kulinarik-Destination für alle Generationen gewandelt. Die genussaffinen Erholungssuchenden, die vermehrt hier absteigen, reisen oftmals mit Kind und Kegel an und schätzen es, dass sie effizient ihre Gesundheit optimieren und zugleich ihre raren Ferientage mit der Familie verbringen können – der Angebotsvielfalt sei Dank: Von der Kindervilla und dem Family-Spa über die professionell geführte E-Bike-Station bis zum eigenen Golfplatz ist für jedes Bedürfnis gesorgt, insbesondere auch in gastronomischer Hinsicht mit sieben Restaurants und insgesamt sechs Michelin-Sternen. Die Medical-Verantwortlichen haben ihre präventiven Kompetenzen in den «NewYou»-Programmen smart gebündelt - Letztere gehen spezifisch auf verschiedene Lebensstile ein und haben jeweils ein transformatives Ziel. Seit einiger Zeit arbeitet die Besitzerfamilie Schmidheiny an der Vision, die Synergien zwischen dem in die Jahre gekommenen Spa und dem baufälligen medizinischem Zentrum zu verbessern, was jedoch markante Neu- und Umbauten erfordert und deshalb auf die lange Bank geschoben wird. Das gedrosselte Erneuerungstempo hatte einige personelle Abgänge im Führungsteam zur Folge. Immerhin wird momentan die öffentlich zugängliche Thermalwasserwelt «Tamina Therme» renoviert und im Oktober 2024 wiedereröffnet. Fürs nächste Jahr ist die Erneuerung des gesamten Erdgeschosses einschliesslich veralteter Küchen im «Hof Ragaz»-Trakt geplant.
Wenn doch nur… die unübersichtliche Konstellation der verschiedenen Empfangsbereiche in den Spa- und Medical-Bereichen besser gelöst wäre.
Platz 10 (Vorjahr: 9): The Omnia, Zermatt
Eine Ikone der Coolness und ein Musterbeispiel an unklassischer Eleganz. Die Entstehungsgeschichte des Hotels ist ziemlich wild und in aller Kürze so: Der New Yorker Architekt Ali Tayar hält 2002 einen Vortrag über Wegbereiter des industriellen Designs und das modulare, zeitlos geniale Möbelbausystem USM Haller. Die Berner Unternehmerfamilie Schärer hört zufällig davon und lädt Tayar in die Schweiz ein. Grosse gegenseitige Anerkennung. Dann die gemeinsame Vision, aus dem zuvor spektakulär gescheiterten Projekt «Into the Hotel» einen Klassiker von morgen zu machen. Tayar, dem alles Trendige, Geistlose und Aufgeblasene zuwider war, hatte praktisch freie Hand, etwas noch nie Dagewesenes zu schaffen. Heute, siebzehn Jahre nach der Eröffnung des «Omnia», wirkt das von Granit, Leder, Filz und Eiche geprägte Innendesign unverändert frisch und cool wie ein Miles-Davis-Song. Die schnörkellose Ästhetik des amerikanischen Modernismus, komplettiert von grösstenteils eigens angefertigten Möbeln und grossformativen Werken bedeutender Naturfotografen, zieht sich von der Lobby-Wohnhalle über die 30 Zimmer bis ins Restaurant. Erreichbar ist das «Omnia», das wie ein Adlerhorst über dem Ortszentrum thront, von der Dorfstrasse aus über einen in den Fels gesprengten Tunnel und Glaslift. Dass man sich im ganzen Kunstwerk nicht als staunender Statist, sondern wie zu Besuch bei einem Freund mit sattelfestem Geschmack fühlt, ist das Verdienst von Hoteldirektor Christian Eckert. Sein Team setzt auf eine Ambiance von Geborgenheit und vermag jedem Gast das Gefühl zu vermitteln, ein besonders wichtiger Lieblingsgast zu sein.
Wenn doch nur… die Kehrseite der (innenarchitektonisch identischen) West-Zimmer nicht wäre: Diese blicken in Richtung Fels, während die meisten anderen Zimmer ein Panorama über Zermatt oder frontal aufs Matterhorn haben.
Platz 11 (Vorjahr: 14): Tschuggen Grand Hotel, Arosa
Das flamboyant zusammengewürfelte Design in den Zimmern und öffentlichen Räumen des Haupthauses steht in starkem Kontrast zum puristisch gestalteten, in den Fels gesprengten und über eine filigrane Passerelle verbundenen «Bergoase»-Spa. Letzteres ist von farbig illuminierten Glassegeln gekrönt und ein wirklicher architektonischer Wurf. Auch die Treatments sind konstant gut. Während der Wintersaison kommen im Restaurant La Brezza des jungen Spitzenkochs Marco Campanella (der im Sommer im Schwesterhotel Eden Roc in Ascona tätig ist) auch vegane Feinschmecker voll auf ihre Kosten, und selbst im traditionellen Grand Restaurant stehen lustvoll komponierte Menüs auf pflanzlicher Basis als Alternative zur Wahl. Eine Besonderheit ist die futuristische Zubringerbahn vom Hotel ins Ski- und Wandergebiet – auf der dreiminütigen Fahrt wähnt man sich in einem James-Bond-Film.
Wenn doch nur… die in den mittleren Nullerjahren konzipierten Zimmer und Hotelkorridore eine gelegentliche Grundüberholung erhalten würden. Dass es der Tessiner Designer und «Hausarchitekt» Carlo Rampazzi auch zurückhaltender hinbekommt, hat er in den vier neuen «Mountains Lofts» im angegliederten Neubau bewiesen.
Platz 12 (15): Badrutt’s Palace, St. Moritz
Es ist das teuerste Hotel der Schweiz, zumindest in der Wintersaison, die kleinsten Zimmer zur Dorfseite sind dann wochentags ab rund 1500 Franken zu haben und vom Nachmittagstee über die «Oxygen Glow»-Gesichtsbehandlung bis zu Matsuhisas Omakase-Menü unterliegt jede Handbewegung einem saftigen Höhenzuschlag. Doch zeigt das Badrutt’s Palace zugleich auf, dass Gäste aus aller Welt bereit sind, hohe Preise zu bezahlen, wenn die Leistung stimmt. Was hier offensichtlich zutrifft, denn das Hotel bewegt sich in jüngster Zeit von einem wirtschaftlichen Rekordjahr zum nächsten: 72 Millionen Franken war der Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2022/23. Der unvergleichliche Mix aus alpiner Rustikalität und mondäner Eleganz, italienischer Nonchalance und einer Prise Hollywood zieht sich auch 128 Jahre nach der Eröffnung durch das turmbewehrte Wahrzeichen von St. Moritz. Dabei ist es alles andere als einfach, einen tourismushistorisch geadelten Alpenpalast überzeugend ins 21. Jahrhundert zu manövrieren. So manche Hotellegende hat dabei ihren einstigen Zauber und ihre DNA verloren und ist einfach zu einer weiteren austauschbaren Luxusherberge geworden, die kurzfristigen Moden und Mätzchen hinterher hechelt statt den eigenen Stil zu zelebrieren. Anders beim «Badrutt‘s». Schon bei der Ankunft spürt man, dass da eine individuelle Substanz ist, eine Energie, eine Philosophie fernab von Trends und Routineluxus. Vieles ist Richard Leuenberger zu verdanken. Seit acht Jahren leitet er das Haus mit diskreter Aufmerksamkeit, heiterem Charme und einer gewissen Demut. Er achtet auf Perfektion von XXL bis XS, hat für jeden Mitarbeitenden ein nettes Wort parat und sorgt dafür, dass man möglichst immer mit Namen angesprochen wird. Warten muss man hier kaum einmal, denn es gibt stets genug Personal, das nur darauf wartet, dass zwei Gäste gleichzeitig etwas wünschen.
Wenn doch nur… die Diskrepanz zwischen den insgesamt 155 Zimmern und Suiten nicht so gross wäre. Manche sind wirkliche Topliga, andere taugen nicht zu höheren Weihen, wie die Zimmerpreise erwarten lassen.
So bleibt im Kulm Hotel der Pool für Spätankömmlinge auch mal eine Stunde länger offen. Wiederkehrende Gäste finden Kopfkissen mit ihren eingestickten Vornamen auf dem Bett. Kinder erhalten über die Festtage ein altersgerechtes Überraschungsgeschenk. Bei Glatteisgefahr auf dem Julierpass ruft der Concierge den Gast nach Möglichkeit vor der Anreise an und weist auf die sichere Alternative des Vereina-Autoverlads hin. Und die persönliche Anrede mit Namen steht ganz oben auf dem Schulungsplan. «Wir versuchen, unseren Mitarbeitenden die Kompetenz und Freude zu vermitteln, die Extrameile zu gehen, sodass sich jeder Gast bei uns persönlich betreut fühlt», sagt Heinz E. Hunkeler. Zusammen mit seiner Frau Jenny hat er den klassischen Hotelkasten in einen innovativen Wohlfühlkosmos umgewandelt. Die beiden sind in der Form ihres Lebens und unsere «Hoteliers des Jahres».
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Anstelle von Engadiner Märchenpalast-Appeal wie im benachbarten Badrutt’s Palace oder im Suvretta House, ist das «Kulm» seit ein paar Jahren standhaft auf dem Weg nach etwas Neuem und kontrastiert die historische Grandezza von 1856 mit modernem Twist. So sind die 150 Zimmer (ab 620 Franken) von ganz heutiger alpiner Wohnlichkeit, und das unlängst erneuerte Spa bietet alles, um in kurzer Zeit ein Maximum an Erholung und Fitness zu erreichen. Im letzten Herbst wurden vier der sechs Restaurants frisch gestaltet, darunter das «Amaru», wo der britische Designer Luke Edward Hall eine heiter stimmende Bühne für die peruanischen Street-Food-Kreationen von Küchenchefin Claudia Canessa geschaffen hat. Das «Kulm», wo 1879 das erste elektrische Licht in einem Schweizer Hotel brannte, bleibt sichtlich am Ball und ist ein Modell dafür, wie eine Hotellegende im 21. Jahrhundert relevant bleiben kann.
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Die Profis an der Front erzeugen die Magie für die Gäste und verdienen mehr Aufmerksamkeit. BILANZ befragte 217 Hotelkenner, welche Mitarbeitenden zu den Besten in der Schweiz gehören. Mehr dazu lesen Sie hier.
Personalisierung lässt sich am tiefgreifendsten in Gesundheitsresorts verwirklichen. Letztere treffen einen Nerv der Zeit, was sich auch daran ablesen lässt, dass sie in den internationalen Hotellisten in einem Atemzug mit den weltbesten Ferienhotels genannt werden. Angetrieben vom Modebegriff Longevity und untermauert von der Erkenntnis, dass ein gesunder Lebenswandel jeden von uns locker um zehn Jahre jünger hält, investieren heute viele Erholungssuchende der Generation Mitte einen Teil ihrer Ferien in die eigene Gesundheit.
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Hotels mit dem Versprechen auf einen Longevity-Boost dealen virtuos mit unseren Sehnsüchten und Ängsten, doch bei der Suche nach Lebensbalance und Lebensglück lassen wir uns alle gern verführen, wenn es gut gemacht ist.
Das Chenot Palace Weggis definiert Wellness anhand von Fortschritten der Wissenschaft und Technik neu und kommt insgesamt so schlüssig daher, dass es die Lanserhof-Betriebe und das an Drive verlierende Grand Resort Bad Ragaz als wichtigsten Impulsgeber bei der Optimierung des eigenen Gesundheitspotenzials abgelöst hat. Das Erfolgsrezept? Es kombiniert die in 50 Jahren ausdifferenzierte Chenot-Methode mit modernsten Diagnostik- und Therapieverfahren, etwa epigenetische Tests, hormonelles Biohacking oder Photobiomodulation. Wer sich vom täglichen Wahnsinn erschöpft fühlt, kann hier Körper und Geist neu starten, die Batterien aufladen und die Verbindung zu sich selbst wiederfinden. Erfrischend pragmatisch und ohne überspannten holistischen Habakuk. George Gaitanos, der wissenschaftliche Leiter, hat als einstiger Profi-Athlet schon früh die Formbarkeit des menschlichen Körpers und die Wirkungskraft gezielter Lebensstil-Anpassungen erkannt. Nach 25 Jahren Erfahrung in der Alterungsforschung ist er überzeugt: «Prävention ist besser als Heilung.» Nur mit aktiver Gesundheitsvorsorge könne man seine Jugendlichkeit bewahren und die verbleibenden Jahre möglichst ohne Funktionsverlust verbringen. «Ein Gefühl des tiefen persönlichen Wohlbefindens gibt es nicht umsonst», mahnt der charismatische Grieche. «Man muss ernsthaft etwas dafür tun.»
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Ein weiterer Erfolgsfaktor dieses Gesundheitsresorts mit 72 Zimmern, viel Platz und langgestreckter Liegewiese am Ufer des Vierwaldstättersees: Kein Klinik-Groove. Man wähnt sich vielmehr in nutzbringenden Luxusferien an der Luzerner Riviera und kann die einwöchige Auszeit (ab 8000 Franken) zu einer lustvollen Erfahrung machen. Es ist ein Ort, wo sich jeder Gast auf einer persönlichen Ebene angenommen fühlt und spürt: Es geht um mich!
Das Hotel-Ranking der BILANZ basiert auf 400 Expertentests in den letzten 18 Monaten, auf einer schriftlichen Umfrage bei 95 Schweizer Top-Hoteliers, auf den aktuellen Wertungen relevanter Reisepublikationen und Testportale sowie auf den Erfahrungen von 122 europäischen Hotelkennern und Reiseprofis. BILANZ rechnete die Einstufungen dieser vier Bewertungssäulen in ein einheitliches 100-Punkte-Schema um.
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