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Pauschalsteuer: Zürich ohne Esprit

Nach dem Fall der Pauschalsteuer hat auch Esprit-­Modeschöpfer Jürgen Friedrich dem Kanton Zürich den Rücken gekehrt.

Walter Pellinghausen

&

Stefan Lüscher

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In der Steuerzentrale der Textilgruppe Esprit in Hongkong – der Bekleidungsriese registriert rund 3,6 Milliarden Franken an Verkaufserlösen – hatte Anteilseigner Jürgen Friedrich vorsorglich die Schweiz als Lebensmittelpunkt für sich und Gemahlin Anke Beck-Friedrich zu Protokoll gegeben. Doch noch bevor sich die Zuzüger am noblen Sonnenberg in Zürich richtig einrichten konnten, ­machten ihnen die Stimmbürger im Wahl­kanton einen Strich durch die Kalku­lation. Den Wegfall der Pauschalsteuer, der Besteuerung nach Lebens­aufwand, quittieren die Friedrichs mit Wegzug – ins Bündner Steuerparadies. Die Be­hörden im Engadin begnügen sich bei reichen Ausländern unverändert mit einer Steuerpauschale. Der Patron ­kommentiert seinen privaten Laufsteg ­Richtung St. Moritz allerdings nicht.

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Friedrich ist nur einer von zahlreichen vermögenden Ausländern, die seit dem Fall der Pauschalsteuer aus dem Kanton Zürich weggezogen sind. Der bekannteste – und mit einem von BILANZ ­geschätzten Vermögen von zehn bis elf ­Milliarden Franken reichste – Steuerflüchtling ist Viktor Vekselberg; er hat sich in Zug niedergelassen. Andere wie der Deutsche Theo Müller, oberster ­Melker bei Müller Milch, haben sich ­dagegen trotz x-fach höherer Steuer­belastung zum Bleiben entschieden. Sogar ­Zuzüge von Reichsten waren zu verzeichnen. So zügelte Maurice Brenninkmeijer, Chef des Textilkonzerns C&A, in den Kanton Zürich.

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Unter dem Strich jedoch fällt die ­Bilanz negativ aus. Laut einer Umfrage der Finanzdirektorenkonferenz erfreuten sich 2008 im Kanton Zürich insgesamt 201 Personen der Besteuerung nach Lebens­aufwand. Seit Anfang 2010 dürften laut Steuer­experten gegen 100 Reichste in steuermildere Gefilde weg­gezogen sein.

Profitiert hat davon vor allem die Westschweiz. Ende 2010 wurden im ­Kanton Waadt 1397 Aufwandbesteuerte gezählt, was einem Plus von 17 Prozent seit Ende 2008 entspricht. In Genf stieg in derselben Periode die Zahl der Pauschalsteuerabkommen um 8 Prozent auf 690 und im Kanton Wallis um 16 Prozent auf 1162. 

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