Guten Tag,
Derzeit schauen alle auf den Konkurrenzkampf zwischen EFG und Julius Bär. Die eine Bank hebt ab, die andere klebt am Boden. Ein Vergleich.
Chefs mit Ambitionen: Der eine, Stefan Bollinger von Julius Bär (links), muss seine Bank zum Fliegen bringen, der andere, Giorgio Pradelli von EFG, muss sicherstellen, dass der Höhenflug andauert.
PR, Paolo Dutto / BILANZ-MontageWerbung
Fast zeitgleich präsentierten die beiden Bankchefs ihre Zehn-Monats-Zahlen. Am Montag, 24. November, legte Stefan Bollinger von Julius Bär vor, am Dienstag, 25. November, folgte Giorgio Pradelli von EFG. Mit ungleichem Erfolg: Während der Kurs von Julius Bär am Berichtstag um 4,4 Prozent sank, geprägt von tieferen Neugeldzahlen, als erwartet worden waren, und der bösen Überraschung eines erneuten Abschreibers von 149 Millionen für Kreditrisiken, legte der Kurs von EFG um rund 5 Prozent zu, geprägt von einem Rekordgewinn und ehrgeizigen Wachstumsplänen im Strategie-Update.
Überrascht war man im Grunde nicht wirklich auf dem Bankenplatz Zürich, zu sehr passte das ins Bild, dass bei Bär den Chefs das Pech an den Sohlen klebt, während die EFG-Leute in den letzten Jahren alles, was sie anfassen, zu Gold machen. Um 51 Prozent hat der Kurs von EFG im Jahresvergleich zugelegt, bei Bär hingegen ist es gerade mal ein Plus von 2 Prozent.
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Zu den Hauptprofiteuren des EFG-Höhenflugs gehört ausgerechnet ein Ex-Bär-Mann: Boris Collardi, CEO von Bär von 2009 bis 2017 und nach einer Zwischenstation als Partner bei Pictet heute als Investor und Verwaltungsrat bei EFG engagiert. Aus den 80 Millionen, die er im April 2022 aufwarf, um 3,6 Prozent der Aktien von EFG zu erwerben, sind rund 200 Millionen geworden. Das erweitert natürlich den Spielraum für weitere finanzielle Transaktionen und erklärt auch eine geheimnisvolle Börsenmeldung von Ende November. Ein nichtexekutives Verwaltungsratsmitglied habe 500’000 EFG-Aktien im Wert von etwas mehr als neun Millionen Franken verkauft, geht aus Angaben der Börsenaufsicht SIX Exchange Regulation (SER) hervor. Der Verwaltungsrat war Boris Collardi, wie BILANZ aus sicherer Quelle weiss. Er brauchte das Geld offenbar für einen Hauskauf: Er erwarb Ende September für 9,6 Millionen ein Anwesen am Seeufer in Bellevue bei Genf, das vorher dem Karikaturisten Philippe Chappuis gehört hatte. Bei Bär war Collardi 2017 nach einem Kurshöhenflug ausgestiegen, 2018 gings dann tüchtig bergab. Der Mann ist, so wie es aussieht, immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Im Umfeld von Bär-Chef Bollinger blickt man indes mit gemischten Gefühlen auf die Ära von Collardi als CEO zurück. Seit seinem Abgang sind die Chefs bei Bär immer irgendwie am Aufräumen, schon bei Nachfolger Bernhard Hodler war es eine der Hauptaufgaben, die Kundenschar auszumisten, weil sich Bär im euphorischen Wachstumskurs unter Collardi auch viele problematische Kunden ins Haus geholt hatte. Im Frühling 2020 – bereits unter dem nächsten Chef, Philipp Rickenbacher – rügte die Finanzmarktaufsicht (Finma) die Bank wegen schwerer Mängel in der Geldwäscherei-Bekämpfung. Wegen des Benko-Debakels läuft bis heute ein Enforcementverfahren gegen die Bank. Für Bollinger, der seinen Job am 9. Januar dieses Jahres angetreten hat, bedeutet dies unter anderem, dass er im Gegensatz zu EFG nicht alle Waffen im Arsenal nutzen kann, um dem Kurs Schub zu verleihen. Ein Aktienrückkaufprogramm etwa ist eine beliebte und meist auch sehr wirksame Methode dafür. Wie Bollinger im Zusammenhang mit der Zehn-Monats-Berichterstattung sagte, gebe es «einige Dinge, die wir noch zu klären haben», ehe die Bank bei der Finma einen Aktienrückkauf beantragen kann.

Aus den 80 Millionen, die Boris Collardi 2022 in EFG investiert hat, sind 200 Millionen geworden.
picture alliance / Newscom
Aus den 80 Millionen, die Boris Collardi 2022 in EFG investiert hat, sind 200 Millionen geworden.
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Aus dem Umfeld von Bollinger verlautet, man wolle unter anderem den Amtsantritt der neuen Compliance-Chefin Victoria McLean, einer Vertrauten von Bollinger, die wie er von der US-Bank Goldman Sachs stammt, per Ende Februar abwarten und ihr wohl auch noch einige Wochen geben, um sich ein Bild der Lage zu machen. Das heisst, es dürfte weit in den Frühling gehen, bis ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt werden könnte. Die Geduld der Anleger wird bis dahin weiter strapaziert.
EFG hingegen kann von den Vorteilen von Collardi profitieren, hat sie mit ihm doch einen Banker in den eigenen Reihen, der den Markt wie kaum ein anderer kennt, vor allem in der Wachstumsregion Asien, und bei den Kunden stets ein hohes Standing genoss. Im Rahmen seiner Beteiligung zog er 2022 in den VR von EFG und amtet seit 2023 auch im Vergütungs- und Nominationsausschuss und damit in einer Schlüsselrolle im VR. Auch sonst ist er fürs Management ein gewichtiges Sounding Board, amtet er doch auch als Vorsitzender des Asien-Pazifik-Beratergremiums – der Banker, der früher lange in der Region gearbeitet hat, verfügt bis heute über ausgezeichnete Kontakte in der Region.
Überhaupt sieht sich Giorgio Pradelli in der Lage, hochkarätige Schlüsselfiguren im Verwaltungsrat an seiner Seite zu haben, nebst Collardi etwa auch John Latsis, Vertreter des Hauptaktionärs (der Familie Latsis gehören rund 45 Prozent an EFG). Er hat unter anderem als Professor an der renommierten Wirtschaftsschule der britischen University of Reading gelehrt. Dazu kommt Alexander Classen, der Präsident von EFG, der vorher als Länderchef von HSBC selber in einer CEO-Rolle war.
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Bei Julius Bär und EFG besteht die Konstellation, dass beide Verwaltungsratspräsidenten zuletzt in Diensten desselben Hauses standen – der britischen HSBC. Der eine allerdings in deutlich höherer Funktion als der andere. Noel Quinn (63, Bild oben), seit Mai dieses Jahres Präsident von Julius Bär, war als Group Chief Executive Officer von 2020 bis 2024 oberster Chef der Bank. Über 30 Jahre war er zuvor in verschiedenen Funktionen bei HSBC.
Alexander Classen (63) wiederum, seit Oktober 2022 Präsident von EFG, war von 2018 bis 2022 CEO und Länderchef der Schweizer Tochter HSBC Private Bank (Suisse). Der Vorteil von Classen ist, dass er ein in der Wolle gewaschener Private Banker ist und damit im Kerngeschäft von EFG zu Hause. Classen war vorher unter anderem bei Coutts, Morgan Stanley Private Wealth Management und Pictet. Quinn hat den grössten Teil seiner Karriere bei HSBC im Commercial Banking verbracht.
Quinn, britisch-irischer Doppelbürger, ist für seine neue Rolle nicht extra in die Schweiz gezogen, worin Kritiker Zeichen von mangelndem Commitment sehen. Der Schweizer Classen, der in Genf studiert und einen Grossteil seiner Karriere hierzulande verbracht hat, wohnt schon seit Jahren in der Schweiz.
Quinn darf sich dafür über einen Adelstitel freuen: Zu Beginn des Jahres 2025 erhielt er die Auszeichnung des Knight Bachelor.
Auch Bollinger hat mit seinem Präsidenten Noel Quinn ein Schwergewicht als Sparringspartner – der Brite war von 2020 bis 2024 CEO des Gesamtkonzerns HSBC. Nicht geholfen hat aber, dass Quinn hat wissen lassen, er wolle nicht in der Schweiz wohnen, sondern seinen Job von England aus verrichten. Nähe statt Distanz würde der Bank in der heutigen Situation sicher guttun. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass Bollinger stärker auf sich selbst gestellt ist als Pradelli, dafür aber auch mehr Freiheit geniesst.
Wer sich in den Führungsetagen der beiden Banken umhört, dem fällt auf, mit welch grossem gegenseitigem Respekt die jeweiligen Vertreter vom Mitbewerber reden. Bei EFG etwa wird auf die starke Marke Julius Bär hingewiesen, bei Bär bewundert man das eindrückliche Comeback von EFG in den letzten Jahren. Bollinger und Pradelli kennen sich von beruflichen Anlässen, so sind beide etwa im Board der Handelskammer USA–Schweiz (AmCham).
| Bank | Brand Value | |
|---|---|---|
| 1. Julius Bär | 1,540 Mrd. Fr. | |
| 2. Pictet | 1,424 Mrd. Fr. | |
| 3. LGT | 587 Mio. Fr. | |
| 4. EFG | 410 Mio. Fr. | |
| 5. Vontobel | 405 Mio. Fr. | |
| Quelle: Brand Finance, Brand Valuation Report 2025 | ||
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Geschäftlich läuft es bei beiden Banken gut, auch bei Bär, nur geht dies angesichts der Reihe von Skandalen bei der Bank gerne etwas vergessen. Kein Wunder, an Negativschlagzeilen mangelte es den Bären in den letzten Jahren wahrlich nicht. So liegt heute eine Art genereller Misstrauens-Discount auf der Aktie, mit dem sich auch die neue Führung unter Bollinger herumschlagen muss. Dass jetzt mit den Zehn-Monats-Zahlen erneut überraschenderweise ein Abschreiber verkündet werden musste, ist in dieser Hinsicht natürlich Gift. Seit Ende 2023, als der Skandal um den österreichischen Immobilieninvestor René Benko platzte und Bär als eine der hauptbetroffenen Banken 600 Millionen abschreiben musste, wirkt die Bank wie im Krisenmodus.
Wer auf einen schnellen Wandel gehofft hatte, wurde enttäuscht: Auch der Anfang Jahr angetretene Bollinger musste sich mit Altlasten herumschlagen, wie der Abschreiber auf Kreditrisiken von 130 Millionen zeigt, den Bollinger Ende Mai beim Strategie-Update bekannt geben musste.
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Ein Liebkind der Presse ist er nicht geworden. Die «NZZ am Sonntag» warf jüngst gar die Frage auf, ob «das Phantom von der Bahnhofstrasse» das Zeug zum CEO habe. Nicht geholfen hat Bollinger, dass er seit seinem Amtsantritt kein einziges Interview gegeben hat, wodurch er nach aussen wenig greifbar wirkt. Er selbst hat dies ganz bewusst so gewählt: Die Leute sollen sehen, dass er seine Aufmerksamkeit auf die Aufgaben im Innern legt. Lieber zeigt er sich auf Social Media als Mann an der Front: Auf LinkedIn postete er Bilder, die ihn in Abu Dhabi zeigen, wo Bär Anfang Dezember eine Banklizenz erhalten hat.
Pradelli nutzt die gute Phase seiner Bank indes regelmässig für Medienauftritte, wohl wissend, dass dies die Visibilität von EFG auch als Arbeitgeber vergrössert. Mit Erfolg: Rümpfte man in Bankerkreisen vor zehn Jahren noch schnöde die Nase, wenn einer erzählte, er wechsle zu EFG, ist die Bank heute auch für die guten Leute in der Branche eine der bevorzugten Adressen. Der Erfolgskurs – «2016 bis 2018 haben wir die Bank solide aufgestellt, seit 2019 sind wir in der Phase profitablen Wachstums», so Pradelli – ist nicht unbemerkt geblieben.
Was man aber trotz der Aufholjagd von EFG nicht vergessen darf: Bär ist immer noch eine Schuhnummer grösser. Die 520 Milliarden an verwalteten Vermögen sind immer noch fast drei Mal so hoch wie die 184 Milliarden von EFG, genauso wie der Gewinn: Mit 1,02 Milliarden Gewinn per Ende 2024 ist Bär EFG und deren 322 Millionen immer noch meilenweit voraus. In Kernmärkten wie Asien ist Bär seit Jahren fest verankert und einer der Platzhirsche.
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Julius Bär
>520 Mrd. verwaltete Vermögen
>1022 Mio. Gewinn
>7595 Mitarbeiter
Verwaltete Vermögen erste 10 Monate 2025, Gewinn und Mitarbeiter per Ende 2024.
Sven ThomannEFG
>184 Mrd. verwaltete Vermögen
>322 Mio. Gewinn
>3114 Mitarbeiter
Verwaltete Vermögen erste 10 Monate 2025, Gewinn und Mitarbeiter per Ende 2024.
KeystoneFür EFG spricht dafür die Konstanz im Management, was gerade im Private Banking, wo vieles auf persönlichen Beziehungen basiert, ein Vorteil ist. Zudem liegen die schwierigen Jahre schon deutlich länger zurück als bei Bär. «Es ist eine Frage des Zyklus. Vor zehn Jahren war bei uns die Situation viel anspruchsvoller. Seither haben wir viel erreicht», sagt Pradelli.
Hintergrund der Neupositionierung von EFG ist die Integration der Banca della Svizzera Italiana (BSI) vor rund zehn Jahren, die nach einigen Wirren bei EFG gelandet war. Die Tessiner Bank war bis ins Mark mit Problemen belastet. 2016 verfügte die Finma die Auslösung der BSI. In enger Zusammenarbeit mit der Finma wurde EFG als eine Art Auffangbecken für das Geschäft von BSI erkoren und BSI in EFG integriert. Beziehungen bestanden bereits: Die brasilianische Bankengruppe BTG Pactual, bis heute mit 16,6 Prozent der zweite grosse Aktionär von EFG, hatte BSI zuvor als Tochtergesellschaft übernommen. Viele zweifelten an dem Manöver, nicht aber Pradelli, seit 2018 CEO von EFG, der zuvor Finanzchef war und die Integration bewerkstelligen musste. «Der Kauf erlaubte uns, die Grösse der Bank zu verdoppeln, und hat uns die nötige kritische Masse gegeben», urteilt Pradelli heute, «strategisch war der Fit sehr gut.» Einer der grossen Vorteile war etwa, dass es EFG im Markt Schweiz einen Quantensprung erlaubte. Beobachter zu jener Zeit waren aber skeptisch, die Medien fokussierten auf die Probleme, welche die belastete BSI dem neuen Besitzer brachte, der Kurs dümpelte. Die Integration wurde aber zum Gesellenstück von Pradelli, er räumte auf, führte strengere Compliance-Vorgaben ein, straffte die Organisation, optimierte das Portfolio und schloss mehrere Booking Center, etwa auf den Kanalinseln. Geboren war eine neue, stärkere Bank. Es dauerte dann noch eine Weile, bis auch die Anleger das begriffen, doch als es einmal so weit war, gab es kein Halten mehr – der Kurs kennt in den letzten Jahren fast nur eine Richtung: nach oben. EFG habe den Aktionären seit 2019 eine Gesamtrendite von 294 Prozent beschert, sagt Pradelli stolz.
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Bei Bär hingegen liegen die Probleme erst kurz zurück. In Sachen Benko hatte sich die Bank unter Philipp Rickenbacher in Gefilde begeben, die sie weder kannte noch beherrschte. Der Verwaltungsrat unter Romeo Lacher liess dies alles mit einem untauglichen Risikosystem geschehen.
| Bank |
Verwaltete Vermögen (per Ende 2024)
|
|---|---|
| 1. UBS |
4,182 Mrd. US-$ (1)
|
| 2. Pictet | 724 Mrd. Fr. |
| 3. Julius Bär | 497 Mrd. Fr. |
| 4. J. Safra Sarasin | 224 Mrd. Fr. |
| 5. Lombard Odier | 215 Mrd. Fr. |
| 6. Edmond de Rothschild | 184 Mrd. Fr. |
| 7. EFG | 166 Mrd. Fr. |
| 8. Union Bancaire Privée (UBP) | 154 Mrd. Fr. |
| 9. Vontobel (Private Clients) | 111 Mrd. Fr. (2) |
| 10. ZKB | 90 Mrd. Fr. (3) |
|
Quelle: Bankangaben. |
|
Bollinger sieht sich denn auch einfach später im Zyklus der Erholung als EFG. Er spricht von 2025 als einem «Übergangsjahr». «Wir haben eine starke operative Leistung erzielt – was bestätigt, dass wir bei der Umsetzung unserer Strategie auf dem richtigen Weg sind», liess er die Medien am 24. November wissen. «Zweitens haben wir nun unsere Kreditüberprüfung abgeschlossen – wodurch wir alte Kreditprobleme hinter uns lassen und ein neues Kapitel aufschlagen können.»
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Um die Ohren geschlagen wird ihm allerdings, dass er Ähnliches schon einmal hatte verlauten lassen, Ende Mai bei der Vorstellung der neuen Strategie, als er den Analysten sagte, er gehe nicht davon aus, dass die weitere Überprüfung zu weiteren Verlusten führen werde. Verfrüht, wie der jetzige Abschreiber zeigt. Will Bär langfristig wieder auf die Füsse kommen, muss die Bank den Ruf loswerden, immer für eine unangenehme Überraschung gut zu sein. Für Bollinger bedeutet das: Er darf sich weiterhin keine Fehler erlauben und muss jetzt mehrere Semester hintereinander solide Zahlen liefern.
Wird dies der Fall sein, hat Bär aber natürlich strukturell ein grösseres Potenzial als EFG, die schon seit Längerem auf dem Höhenflug ist und wo sich die Marktteilnehmer die Frage zu stellen beginnen, ob die Decke nun womöglich bald erreicht sei. So setzen die Analysten der UBS die Aktie von EFG nach der Ankündigung des Strategieplanes 2026–2028 zwar auf «Buy», schieben aber nach, man erwarte in Bezug auf den Kurs nur eine «moderate Outperformance». Die Kollegen von Vontobel merken an, der neue Strategieplan sehe «weitgehend nach einer Weiterführung des Bisherigen» aus, und raten zu «Hold».
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Bollinger selbst gibt intern gerne zu erkennen, dass die Bank neue, grosse institutionelle Anleger gewinnen konnte, was für ihn Zeichen von Vertrauen ist. In der Tat gesellten sich in seiner bisherigen Amtszeit zwei angesehene amerikanische Profianleger unter die grossen Investoren, Pzena mit heute rund drei Prozent und Dodge Cox mit rund fünf Prozent.
Pradelli sieht seine EFG ganz und gar nicht an der Decke angekommen, wächst doch der Markt weltweit weiter, und er geht davon aus, dass EFG weiterhin Marktanteile gewinnt. Die Spezialisten im Asien-Geschäft weisen etwa darauf hin, dass China wieder auf Wachstumskurs eingebogen sei und dass in Hongkong eine Schwemme neuer IPOs bevorstehe. «Wir sind überzeugt, auch in den kommenden Jahren weiter überdurchschnittlich starkes, nachhaltiges und profitables Wachstum erzielen zu können», sagt Pradelli. Dabei soll die Vorsicht nicht verloren gehen. Man habe beim Onboarding der Kunden ein mehrstufiges Kontrollsystem. Man wolle keine Risikokunden, er sehe EFG wie eine Art «Club» im englischen Sinn, wo man froh und stolz ist, dabei zu sein.
Es gäbe etwas, das wohl den Kurs von beiden Banken nach oben schiessen lassen würde: ein Zusammenschluss. In Investmentbanker-Kreisen gilt eine Fusion Julius Bär / EFG längst als idealer Fit. In der Tat gab es solche Überlegungen, wie 2024 aus dem Umfeld der Entscheidungsträger gegenüber BILANZ bestätigt wurde. Die Sache wurde aber nicht weiterverfolgt, da Bär zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt war, um sich auch noch um einen transformierenden Merger zu kümmern.
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Auch heute noch ist in dieser Sache Zurückhaltung zu spüren. In Bollingers Umfeld soll die Ansicht vorherrschen, angesichts jährlichen Neugelds von zuletzt rund 14 Milliarden Franken habe man die 184 Milliarden an Assets der EFG in einigen Jahren auch durch organisches Wachstum zusammen, und dies ohne die Unberechenbarkeit einer Grossfusion. Gut möglich allerdings, dass, wenn Bär endgültig aus den Problemen raus ist, auch der Mut für grosse Lösungen steigt. Klar ist jedenfalls, dass die meisten Experten eine weitere Konsolidierung im Sektor für nötig halten, auch um ein klares Gegengewicht gegen die nach der Fusion mit der CS erst recht alles überragende UBS zu schaffen. So gesehen ist eine erfolgreiche Zukunft von Julius Bär wie von EFG auf jeden Fall eine gute Sache für den Finanzplatz Schweiz.
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