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Schokolade und Nüsse haben eine italienische Familie sehr reich gemacht. Doch wie weiter? Einblicke in eine diskrete Firma.
Dirk Ruschmann
Brotaufstrich oder pur als Snack: Auch das bauchige Glas gehört zur Marke Nutella.
Phillip Toledano / Trunk ArchiveWerbung
Mitte Januar eröffnete am Silverado Trail, der berühmten Weinstrasse durch Kaliforniens Napa Valley, eine ganz spezielle Attraktion. Das «Hotella Nutella» beherbergte ein Wochenende lang drei junge Paare – Gewinner eines Videowettbewerbs, bei dem sie nachweisen sollten, dass sie so richtig «nuts about Nutella» sind. Eine Gewinnerin hatte ein Video vom Heiratsantrag ihres Verlobten eingeschickt, welchen er neben einer Nutella-Torte vollzog, eine zweite hatte sich ein Kleid in Form eines Nutella-Glases genäht.
Ins Leben gerufen von der US-Bloggerin Sara Rosso, feiert die Welt seit 2007 jeweils am 5. Februar den «Nutella Day». Kochbücher behaupten, der Brotaufstrich sei «von Italiens Spitzenköchen neu entdeckt» worden. 2014, zum 50. Geburtstag der Marke, erschienen die Biografie «Nutella World» und eine Sonderbriefmarke der italienischen Post. 2017 eröffnete in Chicago an bester Citylage ein Nutella-Café, und 2018, bei einem «Hackathon» an Mailands Politecnico, sammelten Fans rund 1000 Ideen für die Weiterverwendung leerer Nutella-Gläser, und Leckermäuler aus 120 Ländern stellten ihre «Nutella Story» online.
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Nutella ist Teil der Alltagskultur – vor allem aber Herzstück und Rückgrat des italienischen Süsswarenkonzerns Ferrero. Haselnuss-Schokoladen-Cremes gibt es zwar weltweit viele. «Nusspli» von Zentis ist in Deutschland, Ovomaltines «Crunchy Cream» in der Schweiz populär, Nudelmacher Barilla und Schokomarke Milka lancierten eigene Angebote, die Zürcher Confiserie Sprüngli bietet ein «Gourmet»-Glas für 15 Franken feil.
Doch am Weltmarkt ist die Sache glasklar. Der wichtigste Wettbewerber, «Cokokrem» aus der Türkei, besetzt ganze zwei Prozent Marktanteil, dagegen ist Nutella mit rund 54 Prozent längst zum Gattungsbegriff avanciert – wie «Tesa» für Klebstreifen. Die jährliche Nutella-Produktion wiegt so viel wie das Empire State Building und könnte mit ihren Gläsern 1,8 Mal den Äquator umrunden.
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Ferrero, seit der Gründung 1946 im Besitz der gleichnamigen Familie, ist heute – hinter dem US-Konzern Mars – die Nummer zwei am Weltmarkt für Süssigkeiten (siehe unten). Der Konzern erwirtschaftet 11,6 Milliarden Euro Umsatz – und seinen Hang zum Gigantismus übertrifft nur noch die notorische Verschwiegenheit: die Webseite nicht mehr als ein Marketinginstrument und die Pressestelle so stumm, als hätte sie einen Esslöffel voll Nutella im Mund.
Also haben wir auf anderen Wegen umfangreiche Firmendaten recherchiert; etwa am steuermilden Standort Luxemburg, wo die Konzernholding seit 1997 in einem gesichtslosen Glaskasten in Nachbarschaft des Flughafens residiert.
Die grössten Süsswaren-Hersteller auf dem Weltmarkt
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Die Zahlen zeigen: Der Süsswarenladen wächst kontinuierlich, sowohl im Umfang als auch beim Gewinn. Selbst in Zeiten des Corona-Shutdowns kann Ferrero punkten: Zwar schweigen die Schweizer Grossverteiler über ihren Absatz mit Ferrero-Artikeln, gestehen aber zu, dass gesüsste Brotaufstriche «einen Nachfrageschub» erlebt haben.
Auch andere Player, Hersteller wie Händler, nennen konkret «Tafelschokolade und Nutella» als Krisengewinnler. Und Mirko Warschun, Konsumgüterexperte bei der Beratungsfirma Kearney, die jüngst ihren Vornamen A. T. abgelegt hat, weiss: Auch dank Corona «erreichte der Süsswarenmarkt in den letzten vier Wochen zweistellige Wachstumsraten». Süss macht bessere Laune.
Einer freut sich ganz bestimmt: der aktuelle Vorsteher der Familie, Giovanni Ferrero. Der 55-Jährige kann sich als reichster Mann Italiens feiern, mit 28 Milliarden Dollar führt er laut der Wirtschaftsdatenbank Bloomberg souverän vor Sonnenbrillenmogul Leonardo Del Vecchio (Luxottica), der zehn Milliarden weniger besitzt. Abgeschlagen folgen die Armanis, Berlusconis, Ferraris – oder Ferreros Branchenkollegen, die Brüder Augusto und Giorgio Perfetti, Inhaber von Perfetti Van Melle (Mentos, Vivident).
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Ein tieferer Blick in die Zahlen zeigt: Der Hype dreht sich um Nutella, aber die Konzernmarke Kinder ist mehr als doppelt so gross (siehe Grafik unten). Wo genau Kinder erfunden wurde, lässt sich zwar nicht mehr exakt nachvollziehen – aber vieles spricht dafür, dass sie aus dem deutschen Bundesland Hessen stammt. Hier, im verkehrsgünstig gelegenen Stadtallendorf, errichtete Ferrero 1956 die erste Niederlassung im Ausland.
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Vermutlich entstanden hier auch 1959 die Haselnuss-Tafel Hanuta und 1964 der Duplo-Riegel (später halb ironisch als «längste Praline der Welt» vermarktet). 1968 erblickte dann Kinder das Licht der Welt – der Legende nach, weil schon damals vor allem Kinder Nutella liebten. Selbst in Italien heisst die Marke bis heute Kinder, nicht etwa «Bambini».
Die Geschichte der Ferreros ist eine von konditorischem Einfallsreichtum und unerwarteten Herzanfällen; Zusammenhänge wurden bislang keine nachgewiesen. Alles begann mit Pietro Ferrero, im September 1898 geboren, der 1923 in Dogliani im Piemont eine Konditorei eröffnete.
Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte er aus seiner Idee, einen Brotaufstrich aus Kakao und gerösteten Haselnüssen herzustellen, ein erstes Produkt, das er zunächst «Pasta Gianduja», bald aber «Giandujot» taufte; damals wohl ein recht massiver Schokoladenblock, dem man nur mit einer Messerklinge beikam.
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Im Mai 1946 gründete Pietro sein Unternehmen, gemeinsam mit dem sieben Jahre jüngeren Bruder Giovanni, der eine Grosshandlung für Lebensmittel-Zutaten betrieb. 1949 firmierte «Giandujot» um zu «Supercrema», die bereits aufs Brot gestrichen werden konnte. Im selben Jahr starb Pietro an einem Herzinfarkt.
Seine Witwe Piera Cillario übernahm gemeinsam mit Giovanni die Leitung. Im Folgejahr wurde die Firma neu aufgesetzt, drei Partner hielten die Aktien zu gleichen Teilen: Giovanni regelte den Verkauf, Piera führte die Arbeiter, ihr Sohn Michele im zarten Alter von 25 die Produktentwicklung; seine ersten Hervorbringungen nannten sich «Sultanino» oder «Cremablock». 1957 starb Giovanni, wieder eine Herzattacke. Seine Witwe Ottavia wurde ausbezahlt, die Aktien blieben in der Firma. Nun brachen produktive Jahre an.
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«Signor Michele», wie ihn seine Arbeiter riefen, erwies sich als begabter Entwickler. Nicht nur Hanuta und Duplo gehen auf sein Konto. 1964, nach einer der zahlreichen Rezeptverfeinerungen, erfand er für die «Supercrema» den niedlichen Namen Nutella.
1969 setzte er mit TicTac den Fuss ins Zuckersegment. Und aus seiner Idee, den Spass beim Ostereier-Suchen inklusive der Geschenke in eine täglich konsumierbare Süssigkeit zu packen, entstanden 1974 die Überraschungseier. Zwischenzeitlich hatte seine Mutter Piera den Präsidentenstuhl übernommen, Michele den CEO-Job.
Als Piera 1980 starb, rückte Michele nach und soll, so schreibt es jedenfalls Nutella-Biograf Gigi Padovani, den operativen Chefposten seinen Managern Virgilio Motta und Luciano Chiesa übergeben haben – dass sich dieser Vorgang heute kaum noch rekonstruieren lässt, sagt viel über die Verschwiegenheit der süssen Familie aus.
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Ferrero und sein Sortiment
Eine Auswahl der Produktpalette von Ferrero. Nach wir am bekanntesten ist Nutella.
BLOOMBERG NEWS/Giuseppe AresuEine Auswahl der Produktpalette von Ferrero. Nach wir am bekanntesten ist Nutella.
BLOOMBERG NEWS/Giuseppe AresuMichele, so viel ist klar, blieb die treibende Kraft. Mit den neuen Pralinen Rocher (1982) und Raffaello (1990) strebte er ins Edelsegment, baute zugleich das Sortiment aus – allein Kinder hat heute mehr als 20 Untermarken wie Maxi, Joy, Bueno, Pingui oder Happy Hippos.
Im «Brandz»-Ranking der Mediengruppe WPP tauchen die Ferrero-Marken zwar nicht unter den wertvollsten 100 der Welt auf (das schafft aus Italien nur Gucci), aber im Teilranking für Italien liegen zwei in den Top Ten: Kinder mit einem Markenwert von 6,8 Milliarden Dollar auf Rang vier, vor Ferrari, Prada oder Armani, Nutella mit 2,8 Milliarden auf acht. Ferrero Rocher folgt mit 2,4 Milliarden auf Rang elf.
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Ein Branchenexperte lobt die «extrem starken Marken» von Ferrero, die zudem «sehr trennscharf aufgestellt sind in Richtung Kinder und Familie» oder wie im Fall Rocher mit seiner Goldfolie «auf edle Feierlichkeiten» – Rocher ist heute die meistverkaufte Praline der Welt.
Ferrero und seine Produktepalette
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Allerdings erkauft sich Ferrero die Markenstärke mit viel Geld. Eine Auswertung aus dem Markt Deutschland zeigt: Ferrero steckt sagenhafte 16 Prozent des Umsatzes wieder ins Marketing, das vor allem aus TV-Werbung besteht – dem klassischen Familienmedium. Diesem Wert kommt nur noch Storck (Knoppers, Toffifee) nahe, Lindt & Sprüngli oder Mondelez liegen demnach bei rund sieben, Mars bei nur drei Prozent. Bei der Marke Kinder sollen sogar 21 Umsatzprozent in Werbung fliessen.
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Diese hohen Ausgaben dürften der Hauptgrund sein, warum Ferrero bei der Rendite die Konkurrenz von hinten sieht: Gemessen am Reingewinn, blieben bei den Italienern zuletzt 6,1 Prozent Marge hängen, bei Hershey’s hingegen 14,4 Prozent, bei Mondelez sogar gut 15 Prozent. Operativ, sagt ein Insider, arbeite Ferrero vergleichbar effizient.
Auch die internen Prozesse gelten als sehr professionell. Ferrero betreibt für ihre wichtigsten Rohstoffe, insbesondere Haselnüsse, intensives Preis-Hedging, hat mit eigenen Plantagen zudem die Wertschöpfungskette verlängert – immerhin verarbeitet Ferrero ein Viertel bis ein Drittel der weltweiten Haselnuss-Produktion.
Eine konzerneigene Task Force kümmert sich um alles Nussige. Und die wenigen Aussenseiter, die schon einen Blick ins Stammwerk in Alba werfen durften, berichten von hochgradig automatisierter Fertigung – keine Spur der bei Familienfirmen häufig anzutreffenden Modernisierungsscheu.
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1997 übertrug Michele die CEO-Rolle seinen Söhnen Pietro und Giovanni, er gab weiterhin den Headcoach. In dieser Rolle verhinderte er 2010 die Übernahme des britischen Wettbewerbers Cadbury, die Pietro und Giovanni zuvor eingefädelt hatten – es war das erste Mal, dass Differenzen innerhalb der Familie an die Öffentlichkeit drangen. Pietro, der als der Geschäftstüchtigere der Söhne galt, starb jedoch im April 2011 beim Velofahren auf einer Küstenstrasse nahe Kapstadt – mit 47 Jahren, an einem Herzinfarkt.
Der ein Jahr jüngere Giovanni hatte bis dahin eher den Ruf eines Schöngeists, veröffentlichte Sachbücher und Romane. Ab 2011 besetzte er die CEO-Position allein und verblüffte mit Handlungsbereitschaft – vor allem, seit auch noch sein Vater, 89-jährig, im Februar 2015 gestorben ist. Nun alleiniger Chef, wenn auch nicht alle Aktien bei ihm liegen, hat Giovanni kräftig an der Strategieschraube gedreht. Und um sich aufs grosse Ganze zu konzentrieren, im Herbst 2017 den CEO-Job an Konzernmanager Lapo Civiletti weitergereicht.
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Ferrero: Giovanni Ferrero
Der Vormann der Familie und Präsident der Firma, Giovanni Ferrero.
AFP/Giuseppe CacaceDer Vormann der Familie und Präsident der Firma, Giovanni Ferrero.
AFP/Giuseppe CacaceZwei Richtungen hat Giovanni Ferrero eingeschlagen: einerseits eine stärkere Präsenz im Riesenmarkt USA, andererseits die Verbreiterung der Marken- und Produktpalette. Denn das Wachstum lag zuletzt deutlich unter dem Zielwert von 7,33 Prozent, der einer Umsatzverdoppelung innerhalb von zehn Jahren entspricht.
Tatsächlich erreicht hat Ferrero 6,2 Prozent, und davon waren lediglich 3,7 Prozent organisch – es braucht also gekauftes Zusatzgeschäft. Umso mehr, als Ferrero nicht in hochprofitablen Nischen agiert, sondern von Skaleneffekten lebt sowie von der kaufanregenden Präsenz auf möglichst vielen Regalmetern im Supermarkt.
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Also geht Giovanni seit 2015 regelmässig shoppen. Er erstand Schokolade- und Kekshersteller in England (Thorntons), Belgien (Delacre), Dänemark (Kelsen), dazu 70 Prozent des spanischen Eisherstellers ICFC Comaker, mit dem die Italiener Erfahrungen im Speiseeis-Geschäft sammeln möchten; die Kooperation mit Unilever, die Ferreros Kinder Ice Cream produziert, hat offenbar den Appetit angeregt.
Die grössten Brocken schluckte Ferrero aber in den USA: die Schokoladenmarke Fannie May, Süsswarenhersteller Ferrara Candy und das Keksgeschäft des Kellogg-Konzerns, die zwei Letzteren für jeweils eine gute Milliarde Euro. Krönung der Einkaufstour war das US-Süsswarenbusiness von Nestlé mit der bekanntesten Marke Butterfinger. Nestlé beziffert den Deal auf rund 2,5 Milliarden Euro.
Erstaunlich ist, dass Ferrero teils deutlich geringere Kaufpreise verbucht hat, als die Kosten offiziell beziffert oder geschätzt wurden. Sichtbare Diskrepanzen gibt es bei den Deals um ICFC Comaker und Kellogg, vor allem aber bei Nestlé: Dieser Kauf steht bei Ferrero nur mit einer knappen Milliarde Euro in den Büchern. Zu Ferrara Candy findet sich gar keine Buchung.
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Des Rätsels Lösung dürfte in einer belgischen Privatholding von Giovanni Ferrero liegen. Dort sollen Ferrara sowie ein Teil der von Kellogg und Nestlé gekauften Marken liegen, im Fall Nestlé handelt es sich wohl um Fruchtgummi-Produkte wie Laffy Taffy oder Sweetarts.
Firmenkenner werten die Parallelstruktur als Zeichen für Uneinigkeit innerhalb der Familie, dass nicht alle Aktionäre Giovannis Akquisitionsstrategie mittragen. Ansonsten wäre diese Abspaltung von geschätzten 1,5 bis 2 Milliarden Euro Umsatz sinnlos – denn die hätten Ferrero den selbst gesetzten Wachstumszielen ein gutes Stück nähergebracht.
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Dennoch halten Experten die Kauftour für richtig. Um Wachstum in neuen Märkten zu erreichen, sagt einer, «ist es kostspielig und zeitaufwendig, neue Brands aufzustarten oder die eigenen zu exportieren». Sinnvoller sei es, «bestehende Marken zu kaufen und sanft umzubauen».
Und immerhin, die als lendenlahm verrufene Entwicklungsabteilung von Ferrero hat zuletzt einige vielversprechende Neuerungen aus der eigenen Pipeline vorgestellt: den Waffelriegel Nutella B-ready, die sich derzeit in Europa ausbreitenden Nutella Biscuits oder auch den Kinder-Keks CereAlé, der minimal gesünder daherkommt als andere Ferrero-Zuckerbomben.
Auf den Megatrend zu gesunder, kalorienarmer Ernährung hat Ferrero bisher keine Antwort gefunden. Bisher drängte die Frage nicht, «auch weil die Süsswarenindustrie hauptsächlich Nahrungsmittel für das Impulsgeschäft und nicht für das tägliche Alltagsleben produziert, kommen diese Trends hier mit etwas Verzögerung an», sagt Nordal Cavadini, Konsumgüterexperte der Beratungsfirma Oliver Wyman: «Aber inzwischen sind sie da.»
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Doch wie soll sich eine Firma, die sogar in ihrer Kinder-Schokolade «mit der Extra-Portion Milch» noch 566 Kilokalorien in 100 Gramm unterbringt, zum Schlankmacher wandeln?
Vermutlich, sagt ein Marketingmann, muss sie das gar nicht. Die Argumentation werde eher jene Richtung einschlagen, die auch McDonald’s verfolgt: Man verkaufe keine Grundnahrungsmittel, sondern Genussteile – wer aktiv lebt und sich bewusst ernährt, darf sich auch mal etwas gönnen. «Positive Geschmacksexplosionen», sagt der Werber, «haben in der Gesundheitsdiskussion einen argumentativen Puffer.»
Mit stoischem Durchhaltevermögen hat Ferreros Dauerläufer Nutella alle Debatten über die Zutat Palmöl, das für die cremige Konsistenz sorgt, genauso überlebt wie jegliche Entrüstung über den Berg enthaltener Kalorien; 539 pro 100 Gramm, umgerechnet fast 20 Stück Würfelzucker – der Konzern stellte schlicht die Werbebotschaften um.
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Nutella verabschiedete sich von der gewagten Positionierung als gesundheitlich wertvolles Kinderfrühstück und gab sich fortan als schmackhaften Alltagsbegleiter. Beim Palmöl fährt Ferrero heute eine von Umweltschützern gelobte Nachhaltigkeitsstrategie. Also wird Giovanni Ferrero noch viele Zuckerbomben auf der Welt verteilen.
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