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Bei vielen Schweizer Firmen galt: Wer am Frauenstreik teilnehmen wollte, musste vorarbeiten oder frei nehmen. Doch es gibt Ausnahmen. Ein Überblick.
Corinna Clara Röttker
&Laura Flepp
Frauenstreik: Schweizweit kämpfen Frauen unter anderem für Lohngleichheit.
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Am Frauenstreiktag legten schweizweit Frauen ihre Arbeit für Lohngleichheit, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gegen Sexismus am Arbeitsplatz nieder. Doch wie handhabten Schweizer Firmen diesen Tag? Mussten Mitarbeiterinnen, die am Frauenstreik teilnahmen, diesen einen Arbeitstag als Ferien abbuchen? Oder wurde ihnen der Tag geschenkt?
Bei SMI- und anderen grossen Firmen nachgefragt zeigte sich: Die meisten Unternehmen standen einer Teilnahme ihrer Angestellten zwar nicht ablehnend gegenüber, wer aber am Freitag mitmarschieren wollte, musste dafür vor- oder nacharbeiten oder gar Ferien nehmen (siehe Bildergalerie unten).
Doch es gibt Ausnahmen, die ihren Angestellten nicht nur am Freitag den Arbeitstag schenkten, sondern sie sogar dazu ermunterten, an diesem Tag zu streiken. Zermatt Tourismus ist so ein Beispiel. Bei der rund 80-prozentigen weiblichen Belegschaft hat die von der Geschäftsleitung initiierten Aktion Anklang gefunden: Bis auf drei der 32 Mitarbeiterinnen nutzten alle Frauen im Unternehmen, die nicht in den Ferien weilten, die Option zu demonstrieren, heisst es.
Für die männlichen Angestellten von Zermatt Tourismus galt die Teilnahmeregelung allerdings nicht, schliesslich musste der Betrieb aufrechterhalten werden. Die Aktion wurde dennoch positiv aufgenommen: «Unsere männliche Belegschaft findet es gut, mit der Aufrechterhaltung des Tagesgeschäftes einen wichtigen Beitrag zu leisten», sagt Simona Altwegg, Mediensprecherin von Zermatt Tourismus.
Wie Schweizer Firmen den Frauenstreik handhabten, sehen Sie in der Bildergalerie:
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Bereits im Vorfeld hat der Frauenstreik-Tag viel Aufsehen erregt. Wie aber handhaben die Schweizer Firmen diesen Tag? Müssen Mitarbeiterinnen frei nehmen? Bei Schweizer Firmen nachgefragt zeigt sich: Frauen, die am Frauenstreik teilnehmen wollen, müssen den Arbeitstag als Ferien abbuchen oder entsprechend vor- bzw- nacharbeiten. Ein Überblick:
Keystone«Da es sich nicht um einen offiziellen Streik handelt, können wir unseren weiblichen Mitarbeitenden nicht frei geben», heisst es auf Anfrage bei Adecco. «Es steht allerdings allen frei, sich den Tag frei zu nehmen oder die Zeit zu kompensieren im Rahmen von flexiblen Arbeitszeiten.»
KeystoneBei SGS heisst es: «In Hinblick auf Freitag sind wir offen, und alle können streiken, ob Mann oder Frau, durch alle Hierarchiestufen. Unsere Mitarbeiter können entweder frei nehmen oder mit Überstunden kompensieren. Wir betreiben keine positive Diskriminierung und deshalb wird der Tag auch nicht 'geschenkt'.»
Keystone«Unsere Mitarbeitenden – Frauen und Männer, unabhängig Hierarchiestufe – können in Absprache mit dem Betrieb der Arbeit fernbleiben, aber in Konsequenz die fehlende Zeit nicht als Arbeitszeit erfassen», so die Swisscom.
KeystoneBei den SBB gelten in Hinblick auf den Frauenstreik: «Die Teilnahme am Streik erfolgt in der Freizeit».
Keystone«Wer am Frauenstreik teilnehmen möchte, muss dafür frei nehmen» so die Swiss. So seien mit allen Mitarbeitergruppen Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen worden, welche unter anderem «eine absolute Friedenspflicht beinhalten, die Streikmassnahmen während der Vertragslaufzeit nicht vorsehen».
KeystoneBeim Versicherer Zurich ist der Tag wie folgt geregelt: «Um an der genannten Veranstaltung teilzunehmen, können die Mitarbeitenden der Zurich Schweiz in Absprache mit der vorgesetzten Person Überstunden kompensieren, die Zeit danach aufarbeiten oder auch Ferien eingeben.»
KeystoneBei der Post müssen Mitarbeiter, die am Streik teilnehmen wollen, eine Teilnahme vorgängig anmelden und sich den Tag frei nehmen, «damit der laufende Betrieb aufrechterhalten werden kann». Und weiter: «Die Teilnahme an gewerkschaftlichen Veranstaltungen am Frauenstreik-Tag ist freiwillig, diese Zeit gilt deshalb nicht als Arbeitszeit und wird entsprechend nicht vergütet.»
KeystoneEinen freien Tag für den Frauenstreik schenkt Roche seinen Mitarbeitern nicht, allerdings bietet der Pharmakonzern flexibles Arbeiten an, das auf dem Model der Jahresarbeitszeit beruht: «Unser Arbeitszeit-Model gibt unseren Mitarbeitenden eine grosse Flexibilität, um berufliche und private Prioritäten zu vereinbaren. Wir gehen davon aus, dass dies auch hier möglich sein sollte», heisst es auf Anfrage.
KeystoneAuch bei Syngenta können Mitarbeiter am Streik teilnehmen, allerdings darf der Streik der Arbeit nicht im Wege stehen: «Die Arbeitszeit kann an diesem Tag flexibel gestaltet werden», so der Agrochemiekonzern. «Natürlich können auch Urlaubs- oder Ausgleichstage genutzt werden, wenn die/der Mitarbeitende an diesem Tag gar nicht arbeiten möchte.»
Keystone«Möchte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter am schweizweiten Frauenstreik teilnehmen, kann sie/er dies tun, muss jedoch einen Ferientag beziehen oder im Rahmen der Jahresarbeitszeit kompensieren. Der Geschäftsbetrieb muss natürlich wie üblich gewährleistet sein», so die UBS.
Keystone«Möchten Mitarbeiterinnen von LafargeHolcim in der Schweiz an diesem Tag streiken, können sie dies im Rahmen ihrer flexiblen Arbeitszeit tun. Wir befürchten jedoch keine Arbeitsunterbrüche im Rahmen des Streiktages», heisst es bei Lafarge-Holcim.
Keystone«Sofern es aus betrieblichen Gründen möglich ist, steht es jeder Frau (jedem Mann) frei, an den Kundgebungen teilzunehmen», so Lonza. «Die fehlende Arbeitszeit wird über das Gleitzeitkonto, Überzeit oder Ferien abgerechnet.»
Keystone«Mitarbeitende können als Privatpersonen oder in ihren Funktionen ausserhalb Novartis an Kundgebungen in ihrer Freizeit teilnehmen», so der Pharmakonzern. «Zudem verfügen wir über ein flexibles Arbeitszeitreglement, das es den Mitarbeitenden erlaubt, auf Wunsch an entsprechenden Veranstaltungen zum Frauenstreik teilzunehmen.»
KeystoneAuch bei Nestlé heisst es: «Es steht unseren Mitarbeitern frei, sich in ihrer Freizeit nach Belieben an sozialen, ökologischen oder politischen Anliegen zu beteiligen oder diese zu unterstützen. Wir bieten hierfür ein flexibles Arbeitsumfeld, damit unsere Mitarbeiter ihr berufliches und privates Engagement so gut wie möglich in Einklang bringen können.»
KeystoneBei Alpiq können Mitarbeiter im Zusammenhang mit dem Streik frei nehmen, «entweder mittels Stundenkompensation oder Ferientagen».
Keystone«ABB Schweiz hat ein Arbeitszeitmodell mit flexiblen Arbeitszeiten, das kürzere Absenzen und damit die Teilnahme an Veranstaltungen grundsätzlich möglich macht», so der Technologiekonzern. «Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von ABB Schweiz steht es unabhängig von der Hierarchiestufe entsprechend frei, nach vorgängiger Absprache mit ihrer Führungskraft und sofern es die aktuelle Arbeitsauslastung erlaubt, an Anlässen und Aktivitäten am 14. Juni teilzunehmen.»
Keystone«Swiss Life stellt im Rahmen der normalen, flexiblen Gleitzeit-Regelungen grundsätzlich allen Mitarbeitenden frei, an der Kundgebung teilzunehmen. Voraussetzungen sind, dass es mit den Vorgesetzten abgesprochen ist, die Stellvertretungen sichergestellt sind und die Arbeit und insbesondere der Kundenkontakt davon nicht beeinträchtigt ist», so der Lebensversicherer.
KeystoneMitarbeiterinnen bei der Migros bekommen nicht frei. Wer am Frauenstreik teilnehmen möchte, soll sich frühzeitig mit Vorgesetzten bezüglich Kompensation von Überzeit oder Bezug eines Freitages absprechen, heisst es beim Detailhändler. «Wir sind überzeugt, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verständnis dafür haben, dass der Betrieb weiterlaufen muss.»
KeystoneÄhnlich handhabt es Coop: «Unseren Mitarbeitenden steht es frei, sich in ihrer Freizeit zu engagieren».
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