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Nestlé

Ein Jahr, ein CEO und ein Skandal

Nach einem Jahr als CEO verlässt Laurent Freixe Nestlé. Der neue CEO Philipp Navratil, ein Neuling in der Konzernleitung, übernimmt inmitten von Unsicherheiten und einem historisch niedrigen Aktienkurs.

Dirk Schütz

Pablo Isa
Nestlé-Präsident Pablo Isla wollte sich eigentlich Zeit lassen mit der Nachfolgesuche von CEO Laurent Freixe. IMAGO/El Mundo

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So war das nicht geplant. Eigentlich wollte sich der designierte Nestlé-Präsident Pablo Isla Zeit lassen mit der Nachfolgesuche von CEO Laurent Freixe. Schliesslich hatte er den Franzosen vor einem Jahr mit einer Hauruck-Übung nach der harschen Verabschiedung des lange gefeierten Mark Schneider selbst inthronisiert: Als Vize-Präsident und Lead Director spielte er zusammen mit Präsident Paul Bulcke die Schlüsselrolle. Ein weiterer Chefwechsel wäre Gift für die beschworene Nestlé-Konstanz. Die Freixe-Nachfolge war die wichtigste Mission des Mannes, der den spanischen Textilriesen Inditex («Zara») zu luftigen Höhen geführt hatte. Er wollte nichts überstürzen, auch wenn intern die Zweifel an Freixe angeschwollen waren – als Grossdynamiker galt der 63-Jährige kaum.

Doch Isla blieb keine Wahl. «Wir stehen am Anfang eines aufregenden neuen Kapitels bei Nestlé» hatten Bulcke und Freixe im frisch aufgelegten «Nestlé Code of Business Conduct» auf der Terrasse des Glasbaus in Vevey zu Jahresbeginn verkündet. Dort heisst es auf Seite 21:  «Ein direktes Berichtsverhältnis zwischen Familienmitgliedern, Partnern und engen Vertrauten ist nicht erlaubt.» Dass eine «romantische Beziehung», wie sie Freixe mit einer direkt Untergebenen laut Medienmitteilung unterhielt, durchaus als enge Vertraute bezeichnet werden darf, ist nicht wirklich umstritten. Freixe war CEO für nur ein Jahr. 

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Zwei CEO-Wechsel in zwölf Monaten

Für den Noch-Präsidenten Bulcke steht damit das Ende seiner Amtszeit nach zwei CEO-Wechseln in zwölf Monaten unter dem Motto an: Erst kein Glück, dann auch noch Pech. Und die Frage für Isla wird sein: Einfach weiter so? «Wir ändern unseren strategischen Kurs nicht», betonte Bulcke in der Medienmitteilung natürlich. Doch angesichts des historisch niedrigen Aktienkurses fragen sich die Börsianer: ist das eine Verheissung - oder eine Drohung? Bislang hatte Isla, der sein Amt als Vollzeit-Job definiert und an den Genfer See ziehen wird, erst zur nächsten Generalversammlung am 16. April voll einsteigen wollen. Auch mit der Nachbesetzung des Verwaltungsrats wollte er sich Zeit lassen: Die altersbedingte Ablösung der Verwaltungsräte Renato Fassbind und Patrick Aebischer sollte nicht wie bisher geplant 2026 passieren, sondern erst ein Jahr später. 

Jetzt muss der neue und in Börsenkreisen unbekannte CEO Philipp Navratil, bislang allein im Kaffeegeschäft unterwegs, im Turbo-Tempo in die verschlungene Konzern-Kultur eingearbeitet werden - der 49-Jährige HSG-Absolvent mit Schweizer und österreichischem Pass ist erst seit acht Monaten Mitglied der Konzernleitung. Bei der UBS gab es einst den Plan «Accelerate». Würde auch für Islas Nestlé-Mission taugen. 

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Dirk Schütz

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