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Pensionskassen verlieren die Lust auf Private Equity und suchen den Exit aus der Anlageklasse. Doch das ist gar nicht so einfach.
Ein Ausstieg aus Private Equity dauert lange, ist kompliziert und mit hohen Abschlägen verbunden. (Diese Illustration wurde von einem KI-Modell generiert und von einem Menschen überprüft und finalisiert.)
RMS Visuals / Julie BodyWerbung
Es war das Traumpaar der Wirtschaft: hier die zahlungskräftigen, an langfristigen und sicheren Investments interessierten Pensionskassen, dort die verlockenden Angebote der Private-Equity-Firmen, die hohe Renditen versprachen. So fand zusammen, was zusammengehört. Entsprechend floss das Kapital in Strömen. Innert zwanzig Jahren verzwölffachten die Schweizer Pensionskassen ihre Private-Equity-Investments. Ende 2023 erreichte der investierte Wert laut dem Bundesamt für Statistik knapp 28 Milliarden Franken.
Doch nun macht sich Katerstimmung breit. Die Pensionskassen haben begonnen, ihre Private-Equity-Investments zu hinterfragen. Romano Gruber, Managing Director des Beratungsunternehmens PPC Metrics, bestätigt entsprechende Recherchen: «Es gibt Kunden, die im Rahmen der Überprüfung der Anlagestrategie einen Abbau prüfen beziehungsweise schon umsetzen.» Dazu gehört auch die Kasse der grössten Schweizer Arbeitgeberin Migros: «Wir tätigen keine neuen Investitionen in Private Equity und lassen letzte Positionen auslaufen», sagt der Chief Investment Officer Stephan Bereuter. Statt über Private Equity in Privatfirmen zu investieren, will sich die Kasse auf andere Anlagen wie Infrastruktur und Immobilien konzentrieren.
Den Trendbruch bestätigen die Zahlen der Pensionskassenstudie der ZKB-Tochter Swisscanto (siehe Grafik), die seit Jahren die Bilanzen zahlreicher Pensionskassen abbildet. Noch bis 2022 war der Anteil von Private Equity bei den Pensionskassen steil angestiegen. Doch dann folgte der abrupte Bruch, seit zwei Jahren sinkt der Wert. Eine Entwicklung, welche die vom Erfolg verwöhnte Branche schmerzt.
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Private Equity war das Megathema vor der Pandemie und während der Tiefzinsphase. Kurz zusammengefasst: Private Equity sammelt bei Investoren Geld für ihre Fonds, die in nicht kotierte Unternehmen investieren. Bei einem erfolgreichen Verkauf eines Unternehmens oder bei einem Exit an die Börse fliesst Geld an die Investoren zurück.
Zahlungskräftige Pensionskassen nutzten Private Equity zur Diversifikation und als Ertragsquelle in Zeiten tiefer Zinsen. Vor der Pandemie freuten sich neu eröffnete Fonds über reges Interesse und stete Geldflüsse, mit denen sie aufgrund der Nachfrage überbewertete Unternehmen kauften. Die Korrektur kam, als im Juni 2022 die Zinsen in den positiven Bereich zurückkehrten. Gleichzeitig liessen die Pandemie sowie ausufernde globale Unsicherheiten die Geldströme versiegen. Die Anleger wurden vorsichtig. Der Markt korrigierte, die Abschläge auf Private-Equity-Investments lagen bei bis zu 30 Prozent.
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Die gefallenen Bewertungen drücken auf die Rendite der Private-Equity-Anlagen in den Portfolios der Pensionskassen. Daten des Beratungsunternehmens Mercer zeigen die grosse Renditelücke: Bis vor zwei Jahren schlugen die Jahresrenditen von Private Equity die börsenkotierten Anlagen deutlich (siehe Grafik). In Ausreisserjahren wie 2018 generierte Private Equity eine Rendite von 12,2 Prozent, während die börsenkotierten Anlagen mit minus 8,2 Prozent Verluste brachten. Noch 2021 schlug Private Equity die Börseninvestments im Renditevergleich klar: 40,3 versus 22,3 Prozent. Dann kam die Kehrtwende, seither überflügeln die Aktien Private Equity: Im letzten Jahr generierten sie Renditen von 19,2 Prozent, 2023 sogar 24,4 Prozent. Private Equity dümpelte dagegen mit mageren 5,6 respektive 5,9 Prozent herum.
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Das beeinflusst auch die Werte der Anlagen in der Bilanz: Als 2022 die Obligationen und Aktien stark an Wert verloren, stieg im Gegenzug der relative Anteil von Private Equity stark an. Die Aktien haben sich seither erholt, die Korrektur bei Private Equity hingegen erfolgt nur schleichend. Ein Beispiel dafür ist die Nestlé Pensionskasse: Sie hat das Ziel, 7 Prozent ihrer Anlagen in Private Equity anzulegen. Heute verzeichnet sie jedoch einen Anteil von 12 Prozent. Das ist selbst der Kasse zu viel. Aus gut unterrichteten Kreisen heisst es, dass eine Senkung folgen müsse.
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Nestlé ist nicht allein. Kleinere, mittlere und nicht öffentliche Pensionskassen lassen die Positionen auslaufen. Die Pensionskasse eines weiteren SMI-Konzerns baut die Anlageklasse aktiv ab. Offen darüber reden will aber niemand.
Zum Rückzug aus ihren Private-Equity-Investments bekennt sich nebst der Migros-Pensionskasse auch die staatliche Zürcher BVK. Mit 43,06 Milliarden Franken verwaltet sie schweizweit das grösste Vermögen. Davon ist nichts mehr in Private Equity investiert. 2022 hat die Pensionskasse die letzten Restpositionen verkauft. «Wir ziehen es vor, die langfristige Aktienprämie über kotierte Anlagen zu erzielen, und sehen darin Vorteile gegenüber nicht kotierten Aktienanlagen», heisst es.
Beide Kassen lassen ihre Positionen über Jahre auslaufen, denn ein Ausstieg ist teuer. Typischerweise laufen Private-Equity-Fonds zehn bis zwölf Jahre. Die Manager rufen das Geld während vier Jahren ab, danach bleibt es rund sechs Jahre in den Unternehmen. Aufgrund dieser langen Phasen sind die Verträge so ausgelegt, dass vorzeitige Ausstiege unattraktiv sind. Die Ausstiegskosten sind hoch, Abschläge wahrscheinlich. Denn die Fonds müssten ihre Unternehmen am Sekundärmarkt veräussern, wo sie aufgrund der erfolgten Korrekturen tiefer bewertet würden.
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Auch die Publica, die Pensionskasse des Bundes, ist kritisch gegenüber Private Equity. Dominique Gilgen, Head Private Markets bei der Publica, sagt: «Rein inhaltlich ist der Bereich spannend.» Aber bisher hätten drei Gründe gegen ein Investment gesprochen: Erstens mangle es an Transparenz. «Die Fonds haben zwar Investment-Guidelines, doch diese sind breit gehalten. Als Investor haben wir wenig bis keine Einflussmöglichkeiten auf die Fondsausgestaltung.» Zweitens hänge die Entwicklung der Fonds stark von ihren Managern ab – ein Risikofaktor, den die Kasse nicht eingehen will. Und drittens bemängelt Gilgen die aus seiner Sicht überhöhten Gebühren. Denn neben den ohnehin hohen Verwaltungskosten fällt zusätzlich eine Performancevergütung für den Manager an. Diese sei oft komplex ausgestaltet und für Gilgen nicht nachvollziehbar. «Ein grosser Teil der Rendite geht an den Manager, dabei trägt der Investor das finanzielle Risiko», kritisiert er.
Normalerweise rechnen Fonds mit der 2-und-20-Regel: 2 Prozent Verwaltungskosten fallen an und ab einem bestimmten Benchmark weitere 20 Prozent, die der Manager erhält. Daher bewegen sich die durchschnittlichen Kosten von Private-Equity-Anlagen zwischen 3,5 und 6,5 Prozent pro Jahr. Mandate für kotierte Anlagen hingegen kosten zwischen 0,3 und 0,8 Prozent pro Jahr. Diese hohen Gebühren können zu einem Reputationsproblem werden, wie Pensionskassenverbandsdirektor Lukas Müller-Brunner sagt: «Grosse oder exponierte Kassen machen sich politisch angreifbar und müssen die hohen Verwaltungskosten aufwendig rechtfertigen.»
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Trotz der aktuellen Schwächephase warnen Experten jedoch davor, die Anlageklasse abzuschreiben. So erklärt Swisscanto-Studienleiterin Francesca Pitsch: «Die Zeitreihe für Private Equity weist am aktuellen Rand zwar einen leichten Rückgang aus, der übergeordnete Trend bleibt jedoch positiv. Die durchschnittliche Nettorendite von 2020 bis 2024 der Kassen mit den höchsten Private-Equity-Anteilen beläuft sich auf 3,1 Prozent, während Kassen ohne diese Anteile für denselben Zeitraum 2,91 Prozent erreichten.»
Und so setzt ein Teil der Pensionskassen denn auch weiterhin auf Private-Equity-Anlagen. Die Asga Pensionskasse bereitet aktuell zwei Mandate vor, die sie in den kommenden Jahren investieren möchte. Die KMU-Sammelstiftung PKG will ihren Wert von aktuell 1,9 auf 3 Prozent erhöhen.
Da das Geschäft mit institutionellen Kunden wie Pensionskassen harzt, zielen Private-Equity-Anbieter nun auf ein neues Publikum. Sie versuchen, Privatanleger mit tieferen Einstiegshürden zu gewinnen, umgarnen aber auch Pensionskassen mit zeitlich flexibleren Optionen. Die Rede ist von «Snackable Private Equity». So ermöglichen Vermögensverwalter wie Everon den Einstieg ab 10'000 Franken. Publikumsfonds öffnen ab demselben Betrag, und sogenannte Fonds mit Evergreen-Strukturen erlauben einen flexiblen Ausstiegszeitpunkt.
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Es ist ein Novum für die Branche. Ob es der Beziehung zwischen Pensionskassen und Private-Equity-Anlagen zu neuem Schwung verhilft, bezweifeln die Experten. Denn gerade bei Evergreen-Strukturen, bei denen die Investoren flexibel aussteigen können, besteht die Gefahr, dass sie bei schlechter Performance ihr Geld abziehen und die Fonds in eine Liquiditätskrise stürzen. Ein Pensionskassenexperte, der anonym bleiben will, sagt schlicht: «Finger weg! Verarbeitete Lebensmittel sind ungesund.»
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