Guten Tag,
Unter Corona leidet besonders die Luftfahrt. Die Kassen leeren sich schnell. Bloss: Bis Swiss wieder ihr volles Programm fliegt, wird es dauern.
Dirk Ruschmann
Geparkte Flieger von Swiss und Edelweiss in Dübendorf: Airlines leben vom Vorschuss der Kunden.
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Perfekter Sturm für Swiss und Konzernmutter Lufthansa: Seit das Coronavirus die Luftfahrt fast zum Erliegen gebracht hat, kursieren Hochrechnungen, wie lange Airlines überleben können. Denn aktuell fallen zwar keine Kosten für Flugbenzin oder Landegebühren an, aber Personal, Wartung, Miet- und andere Kosten laufen zumindest teilweise weiter. Besonders gefährlich: Weil derzeit kaum Tickets gebucht werden, fliesst kein Cash in die Kassen der Swiss.
Grundsätzlich leben Airlines vom Vorschuss der Kunden, die buchen und zahlen, aber später erst fliegen – dieser nicht abverdiente Umsatz dürfte bei vielen Airlines, auch der Lufthansa-Gruppe, höher sein als die liquiden Mittel. Weil Kunden zugleich für erstattbare Tickets Geld zurückwollen, fliesst Cash ab. Auch deshalb hat Swiss grosszügige Umbuchungsregeln etabliert: Jedes Ticket, das umgebucht und nicht erstattet wird, verschafft der Kasse Luft.
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Bernstein-Analyst Daniel Roeska hat hochgerechnet: Bei einem fast kompletten Flugstopp (wie jetzt) hätte die Lufthansa-Gruppe genug Liquidität, um 17 Wochen zu überleben, Air France / KLM für 14 Wochen, IAG (British Airways, Iberia, Vueling) sogar für 31 Wochen.
Der Schnauf ist also, trotz grundsätzlich kerngesundem Zustand, begrenzt. Auch deshalb hat Swiss-Chef Thomas Klühr als Feuerwehrmann Markus Binkert zurückgeholt; der Schweizer war gut fünf Jahre Kommerzchef der Swiss. Wie aus der Lufthansa verlautet, wurde er über seine Rückbeorderung erst 24 Stunden vor Antritt informiert. Binkert dürfte nun als Finanzchef bei Verhandlungen mit Bundesbern ein grosses Asset sein.
Von CEO Thomas Klühr zurückbeordert: Finanzchef Markus Binkert.
Daniel Winkler / 13 PhotoVon CEO Thomas Klühr zurückbeordert: Finanzchef Markus Binkert.
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Gespräche über mögliche Staatshilfen sind angelaufen. Dabei geht es laut Insidern nicht um Zahlungen, sondern um eine Kreditgarantie, sodass sich die Swiss am Markt Geld beschaffen, ihre Liquiditätslücke überbrücken und später den Kredit zurückzahlen kann. Bern solle lediglich bürgen – und damit das Vertrauen von Banken, Lieferanten und Kunden in die Swiss absichern. Wie es heisst, erwarten die Beteiligten keine ernsthafte Debatte über eine Staatsbeteiligung an der Swiss. Diese Idee von SVP-Nationalrat Thomas Matter habe nicht viele Anhänger. Zudem hätten «Bern und Berlin verstanden, dass der Staat kein guter Airline-Aktionär ist».
Selbst wenn der Shutdown der Swiss zügig endet: Es wird dauern, bis das Flug-Netzwerk wieder so arbeitet wie vor der Krise. Insider glauben, dass zum Jahresende 2020 erst drei Viertel des Netzes stehen.
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Ein Airline-Berater warnt: Werde die Schweiz ohne solvente eigene Drehkreuz-Fluglinie in die Zeit nach Corona starten, könne es Ende 2021 werden, bis vor allem Zürich «wieder vernünftig angebunden» sei. Denn auch die anderen Airlines müssten ihren Flugplan erst hochfahren, und für die sei der Markt Schweiz «nicht prioritär».
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