Guten Tag,
Globus wird in Rinascente integriert. In Basel öffnet bald ein teurer Globus-Neubau, in Zürich werden Stellen abgebaut. Ergibt das Sinn?
Grossprojekt Basel: Nach mehreren Jahren Umbau geht demnächst das Warenhaus am Marktplatz wieder auf.
Michael HeimWerbung
Wie viele Pierluigi Cocchinis gibt es? Er ist Chef des Milliardenkonzerns La Rinascente in Italien, Berater der Warenhauskette Illum in Dänemark sowie der KaDeWe-Gruppe in Deutschland, und schliesslich ist der Italiener Cocchini auch noch exekutiver Präsident der Globus-Gruppe in der Schweiz – Letzteres ist eigentlich allein schon ein Vollamt.
Alle paar Tage fliegt er aus Mailand ein und gibt in Zürich den Wochenbefehl durch. Viel zu diskutieren gibt es nicht. «Forza, ragazzi!», heisst die Devise. Cocchini ist in der Globus-Zentrale der Chefstratege, der Sortimentskönig, der Antreiber und der Kostendrücker. Das hat mittlerweile jeder und jede in der Warenhausgruppe gemerkt. Cocchini greife durch, sagt ein Branchenkenner. Und wie.
Er baut derzeit das Schweizer Geschäft um: Pierluigi Cocchini, CEO der italienischen La Rinascente und Präsident bei Globus.
imago images/Italy Photo PressEr baut derzeit das Schweizer Geschäft um: Pierluigi Cocchini, CEO der italienischen La Rinascente und Präsident bei Globus.
imago images/Italy Photo PressDie Globus-Gruppe – früher unter der Führung eines CEO weitgehend autonom – ist längst zur Tochterfirma von La Rinascente mutiert. Cocchini, der Chef der italienischen Warenhausikone, bestimmt die Strategie, das Marketing, den Vertrieb, die Finanzen. Die Manager in der Schweiz sind faktisch nur noch Umsetzer. Und es werden immer weniger.
Die Zentrale der Warenhausgruppe, die vor acht Jahren noch vierhundert Leute zählte, schrumpfte 2024 auf rund 180 Mitarbeitende. Nun werde das Headoffice in Zürich bis Ende 2026 auf dreissig bis vierzig Personen eingedampft, sagen zwei Branchenkenner. Globus weist seit Jahren keine Zahlen mehr aus; Fragen der Handelszeitung wollte die Firma nicht beantworten. Die letzte offizielle Newsmeldung stammt vom 12. Februar, als man die «nächste Phase bei Globus» ankündigte: den Abgang von Globus-Chef Franco Savastano, die Einsetzung von Pierluigi Cocchini als VR-Präsidenten und die Ankündigung: «Wir sind nun bereit, Synergien zu realisieren.»
Savastano wurde nun ersetzt, wie die Handelszeitung am Mittwochabend erfahren hat. So übernimmt Globus-Einkäuferin Lucia Guagliardi künftig die Rolle eines Managing Directors für die Schweiz. Parallel zu ihrer bisherigen Aufgabe.
«Kosten, Kosten, Kosten» heisse das Programm unter Cocchini, sagt einer, der die Gruppe seit Jahren kennt. Die Stimmung in der Zentrale ist entsprechend angespannt, die Verunsicherung gross. Die Reihen lichten sich, einige gehen freiwillig, andere weniger freiwillig, manche werden pensioniert oder umverteilt. Jüngste Abgänge gab es in der Leitung von Finanzbuchhaltung, von Strategie und Transformation, von Vertrieb.
Werbung
Viele sind überzählig. Im Schweizer Headoffice sollen im Wesentlichen nur noch der Verkauf sowie Teile der Finanz- und Personalabteilung übrig bleiben. Der Grossteil der zentralen Funktionen – auch IT und Einkauf – werden aus der Rinascente-Zentrale in Mailand erledigt. Einen klassischen Länderchef für Globus braucht es da nicht mehr; ein Statthalter, der die Verträge mit den lokalen Lieferanten unterschreiben darf, genügt. Das ergebe alles Sinn, sagt ein Branchenkenner. Im Ausschöpfen von Synergien liege riesiges Potenzial.
Nummer eins: Der Globus am Zürcher Löwenplatz wurde gegenüber den Signa-Investoren einst auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt.
KeystoneNummer eins: Der Globus am Zürcher Löwenplatz wurde gegenüber den Signa-Investoren einst auf 1,3 Milliarden Euro geschätzt.
KeystoneDer Abbau widerspiegelt sich im Platzbedarf. Die Zentrale sitzt an der Zürcher Lintheschergasse neben dem Flagship-Store, früher auf drei Etagen, dann nur noch auf zwei. Nun sei der Mietvertrag gekündigt, und es sei ein Umzug geplant, hört man. Und zwar in ein renovationsbedürftiges Bürogebäude an der Schweizergasse, das Eigentum der Globus-Gruppe ist. Dank dem kleineren Flächenbedarf und dem Umzug werden weitere Millionen gespart.
Was Cocchini dem Globus-Management ebenfalls aufs Auge drückt: ein Rabattfeuerwerk, wie es die hiesige Kundschaft selten gesehen hat. Unter CEO Savastano war das Einlisten teurer Modemarken, ein Aufhübschen der Flächen und damit eine höhere Positionierung im Luxusbereich das Programm.
Werbung
Nun werden Globus-Kunden im Wochentakt mit Rabatt-SMS eingedeckt – mal gibt es 20 Prozent auf alle Beauty-Produkte, dann wieder werden an den Eingangstüren «Shoe Days», «Fashion Days», «Home Days» oder «Delicatessa Days» ausgelobt, verbunden mit einem 20-prozentigen Preisnachlass. Diesen Sommer führte Globus auch die in Italien zelebrierte «Black Friday Summer Edition» ein. Ein edles Luxushaus, das auf Abschlag macht? Altgediente Globus-Manager wundern sich.
Rabatte, als gäbe es kein Morgen: Unter den neuen Eigentümern gibt es bei Globus offenbar mehr Aktionen als früher.
HZRabatte, als gäbe es kein Morgen: Unter den neuen Eigentümern gibt es bei Globus offenbar mehr Aktionen als früher.
HZKlar: Was Cocchini und seine Leute im La-Rinascente-Flagship beim Mailänder Dom zeigen, ist Warenhaus-Champions-League. Aber die Vorzeichen sind womöglich nicht die gleichen wie in den Schweizer Globus-Häusern. In Mailand strömen Heerscharen von Touristen aus den USA und Indien in den Luxustempel, die Erwartungen an den Glanz märchenhafter Modemarken und die Zahlungsbereitschaft für italienische High-End-Accessoires sind hoch, womöglich höher als in der Schweiz.
Cocchini lässt sich nicht beirren, denn er hat ein Etappenziel vor Augen: Er will die Globus-Gruppe, die seit Jahren in den roten Zahlen steckt, schon 2025 auf eine schwarze Null bringen. Dieses Ziel sei nicht unrealistisch, hört man. Die Umsätze seien anständig, die Kosten viel tiefer. Der frühere Globus-Chef Savastano glaubte, die Gewinnschwelle 2026 zu erreichen, wie er einst im Lokalsender Tele Züri ungeniert ausplauderte.
Werbung
Doch Cocchini ist nicht nur der Abbauer und Preissenker, er ist auch der Antreiber auf der Verkaufsfläche. So tourt er zu allen neun Filialen im Land; auch im Glatt-Einkaufszentrum ist er aufgetaucht, wo Globus ebenfalls eine Filiale betreibt. Dort traf er Center-Chef Rageth Clavadetscher, der in der «Solothurner Zeitung» über seinen Mieter schwärmte: «Ich durfte Pierluigi Cocchini kennenlernen. Die Italiener sind absolute Profis.» Und zu den Rabattaktionen meint er: «Rabattschlachten gibt es nicht, sondern gezielte Aktionen.»
Mit einem Baukredit von bis zu 172 Millionen Franken wurde der Neubau in Basel finanziert. Über dieses Kreditrisiko schweigt sich die BKB aus.
Während in der Zentrale professionell gespart wird, gibt es in Basel schon bald einen Big Bang. Am 30. Oktober soll die Globus-Filiale am Marktplatz wieder eröffnet werden, die während mehrerer Jahre nicht nur renoviert, sondern faktisch hinter den historischen Fassaden von 1904 neu gebaut wurde. Die Gerüste sind abgebaut, historisch anmutende Plakate sollen die Kundschaft, die während der Bauzeit in einem Provisorium bedient wurde, wieder zurück ins Warenhaus locken. Bereits wird Material von Shops und Pop-ups geliefert, von Marken wie Eleventy Milano und Yoko London.
Werbung
In Basel hat Globus geklotzt, nicht gekleckert. Das Warenhaus wurde von Grund auf neu geplant, dem Kanton wurden sogar die paar Quadratmeter einer Arkade, die seit den Dreissigerjahren am Gebäude entlangführten, abgetrotzt, weshalb die Stadt nun die davorliegenden Trottoirs verbreitern muss. Es sind die letzten Bauarbeiten vor der Neueröffnung.
Der Neubauplan stammt noch aus den Jahren des Übermuts. Ursprünglich unter der Eigentümerschaft der Migros im Jahr 2019 angedacht, hat man in den wilden Jahren nach dem Verkauf an René Benkos Signa-Gruppe im Jahr 2021 mit dem Umbau begonnen. Das Gebäude wurde nicht nur über das einstige Volumen hinaus erweitert und erhöht, das Dach wurde auch noch aufwendig über mehrere Stockwerke hinweg mit Gärten begrünt, die – einer kantonalen Millionensubvention sei Dank – zum Stadtgespräch avancierten.
Warenhaus mit historischer Fassade und begrüntem Dachgarten: Der Globus am Basler Marktplatz.
Michael HeimWarenhaus mit historischer Fassade und begrüntem Dachgarten: Der Globus am Basler Marktplatz.
Michael HeimUnd so manch einer fragt sich: Wie holen die das je wieder rein? Der Baukredit – gemäss letzten einsehbaren Unterlagen beläuft er sich auf 172 Millionen Franken, die Mitte 2026 fällig werden – stammt von der Basler Kantonalbank. Diese hat das bisher nie offiziell bestätigt. Dokumente der Immobiliengesellschaft, welche das Gebäude besitzt, belegen jedoch, dass die Staatsbank bei Globus im Risiko steht.
Werbung
Doch seit dem Abriss des alten Globus hat sich viel geändert. «Weniger Breite, mehr Exklusivität», lautete das Motto beim Warenhauskonzern, der in Zürich vormacht, was das heisst: Edelboutiquen im Parterre, exklusive Marken in allen Rayons. Lässt sich das auch an einem Standort wie Basel umsetzen? Und das auf einer Fläche, die an jene des Zürcher Warenhauses heranreichen dürfte?
Globus spielt am Rheinknie die Traditionskarte: Alte Fassadenelemente wurden sorgfältig rekonstruiert, der Globus-Schriftzug unter dem Dach glänzt wieder über dem Basler Marktplatz. «Gold draussen, Gold drinnen», könnte hier das Motto lauten. Mit welchem Sortiment es Globus in Basel versucht, dürfte – wie so vieles – in Mailand definiert werden. Gucci oder Gant, Balenciaga oder Boss? Und wie viel davon? Das Sortiment wird vielen auch einen Hinweis auf die Strategie der Italiener geben.
Gebannt auf die Eröffnung blickt man in Basel auch von der anderen Rheinseite aus: Konkurrent Manor, der dort eines seiner ältesten Warenhäuser betreibt und in den letzten Jahren Profiteur der Grossbaustelle gewesen sein dürfte, hat vorsorglich schon mal auf halbem Weg zwischen der Globus-Baustelle und dem Globus-Provisorium ein riesiges Werbeplakat in eigener Sache aufgehängt. «Outfits mit rotem Faden» werden dort über vier Stockwerke gross beworben. Denselben Druck vom Globus-Konkurrenten gibts bald auch in Zürich. Da eröffnet Manor im alten Jelmoli-Gebäude – es ist nur einen Steinwurf vom Globus an der Bahnhofstrasse entfernt – einen dreistöckigen Warenhausableger und kehrt damit nach fünf Jahren Abwesenheit wieder in die Zürcher City zurück.
Werbung
Strategische platzierte Werbung: Konkurrent Manor hat auf halbem Weg zwischen dem Basler Globus-Provisorium an der Freien Strasse und dem neuen Warenhaus am Marktplatz ein riesiges Banner aufgehängt.
Michael HeimStrategische platzierte Werbung: Konkurrent Manor hat auf halbem Weg zwischen dem Basler Globus-Provisorium an der Freien Strasse und dem neuen Warenhaus am Marktplatz ein riesiges Banner aufgehängt.
Michael HeimWährend man sich in der Schweiz noch zur Decke streckt und mit Sonderverkäufen lockt, spielt Cocchini in Italien längst in höheren Sphären. Er hat die Rinascente-Gruppe herausgeputzt und die neun Warenhäuser zu den ersten Adressen der Elite gemacht. Die beiden Flaggschiffe an der Piazza del Duomo in Mailand und an der Via del Tritone in Rom gelten nach millionenteuren Umbauten als Goldstandard im internationalen Luxusretail.
Jetzt setzt der gebürtige Turiner noch einen drauf und richtet im legendären Odeon-Kino beim Mailänder Dom einen Tempel für Kosmetika ein. Die Dimensionen sind beeindruckend: Der Umbau, der im Jahr 2027 abgeschlossen sein wird, kostet 50 Millionen Euro, die Verkaufsfläche misst 3000 Quadratmeter – weitaus mehr als der Bundesplatz in Bern. Das Odeon powered by Rinascente werde die «grösste Beauty-Hall Europas», schwärmt die italienische Wirtschaftszeitung «Il Sole 24 Ore».
Dieser Drang zu Grandezza ist abgestimmt mit dem thailändischen Milliardärsclan Chirathivat, Eigentümer der Central Group. Diese hat mit Globus, La Rinascente, KaDeWe, Selfridges und Illum die erlesensten Warenhauspreziosen Europas eingesammelt. Und Maestro Pierluigi Cocchini sorgt nun für die gemeinsame Linie.
Werbung
An dieser Stelle findest du einen ergänzenden externen Inhalt. Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Werbung