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Platz in den Top Ten

So wurde die ZKB zur (un)heimlichen Macht im Private Banking

Die ZKB ist eine der grössten Vermögensverwalterinnen der Schweiz. Private-Banking-Chefin Florence Schnydrig Moser nennt erstmals Zahlen.

Holger Alich

<p>Florence Schnydrig Moser leitet das Private Banking der ZKB – mit grossem Erfolg. </p>

Florence Schnydrig Moser leitet das Private Banking der ZKB – mit grossem Erfolg. 

DANIEL WINKLER FOTOGRAFIE

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Wer in Zug aus dem Zug steigt, wird am Bahnhof zuweilen vom Werbeplakat einer Kantonalbank begrüsst. Die Reklame ist aber nicht von der Zuger Kantonalbank, sondern von der Konkurrentin aus dem Nachbarkanton, der Zürcher Kantonalbank (ZKB). «Wir bemühen uns nicht um Ihre Unterschrift. Sondern um Ihr Vertrauen», so der Slogan, mit dem die grösste Kantonalbank der Schweiz ihr Private-Banking-Angebot bewirbt.

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Seit vier Jahren hat die ZKB die Schweizer Paradedisziplin des Bankings zu einem Wachstumspfeiler erkoren. Der Kopf dahinter ist eine ehemalige Bankerin der Credit Suisse: Florence Schnydrig Moser. Die 53-Jährige leitet seit 2021 das Private Banking der ZKB. Die Frau ist eine Schnelldenkerin und -sprecherin und scheint damit nicht so recht in die behäbige Staatsbank zu passen.

91 Milliarden Franken Kundengelder

«Wir streben ein zweistelliges Wachstum an», kündigte sie vor zwei Jahren forsch in einem ihrer ersten Interviews mit der Handelszeitung an. Und sie hat geliefert. Bei einem erneuten Treffen nennt die ZKB-Managerin zum ersten Mal detaillierte Zahlen zum Geschäft mit den Reichen.

Diese zeigen: Die Bank, die vollständig im Besitz des Kantons Zürich ist, hat sich zu einer Macht im Schweizer Private-Banking-Markt entwickelt – was bisher weitgehend unbeachtet blieb. Der Fakt, dass die ZKB über eine explizite Staatsgarantie verfügt, stellt sich als Fluch und Segen zugleich heraus.

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«Im Private Banking haben wir ein Businessvolumen von 114 Milliarden Franken. Das setzt sich zusammen aus 91 Milliarden verwalteter Vermögen und 23 Milliarden anderer Geschäfte, primär Hypotheken», erklärt Schnydrig Moser.

Mit dieser Grösse zählt die Staatsbank zu den Top Ten der Schweizer Privatbanken. Und liegt nur knapp hinter Traditionsadressen wie Vontobel. Die weist zwar insgesamt knapp 230 Milliarden Franken Kundenvermögen aus, davon stammen indes nur 110 Milliarden von Privatkunden, der Rest kommt von institutionellen Kunden wie Versicherern oder Pensionskassen.

«Das Geschäft wächst pro Jahr mit einer Rate von 12 Prozent», sagt die ZKB-Managerin. Doch dazu, wie sich das Wachstum zusammensetzt, sprich, welcher Teil von Aufwertungen durch die Marktbewegungen kommt und welcher Teil von Zuflüssen stammt, gibt es keine Angaben.

Vergleichszahlen gibt es immerhin zu den Kunden: Waren es vor vier Jahren rund 46'000, sind es nun 55'000. Nach Jahren des Schweigens zu ihrer Grösse im Private Banking lässt die grösste Kantonalbank des Landes jetzt etwas Transparenz zu.

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Das liegt daran, dass die ZKB ihr Geschäft neu strukturiert. Bislang zählte auch die Kundschaft mit weniger als 1 Million Franken Anlagevermögen zum Reich von Schnydrig Moser. Ab November werden die kleineren Kunden in die neue Sparte «Privatkunden» überführt, in die auch das heutige Retailsegment eingebracht wird. Deren Leitung übernimmt die frühere Chefin der Schwyzer Kantonalbank, Susanne Thellung, die seit Juni in Zürich arbeitet.

Schnydrig Moser verantwortet dann die Einheit Private Banking, die sich ganz auf das Geschäft mit der Kundschaft mit mehr als 1 Million Franken Anlagevolumen konzentriert. Zudem wird die Walliserin ab nächstem Jahr mit dem Titel «stellvertretende Vorsitzende der Generaldirektion» geadelt. Das befeuerte gleich Gerüchte, sie könnte bald ZKB-Chef Urs Baumann beerben.

Abhängigkeiten vom Zinsgeschäft lösen

Auch andere Player – etwa die Raiffeisen-Gruppe – haben die Vermögensverwaltung entdeckt: Denn das Private Banking braucht wenig Kapital, weil es risikoarm ist, wenn man die Geldwäscherisiken im Griff hat und den Kunden keine gefährlichen Derivate ins Depot packt. Und dank den Erträgen aus der Vermögensverwaltung können die Banken ihre Abhängigkeit vom Hypothekargeschäft lösen.

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So hat sich der Anteil des Kommissions- und Dienstleistungsgeschäfts an den Einnahmen bei der ZKB binnen zehn Jahren auf 33 Prozent verdoppelt. Ein wichtiger Treiber war dabei der Kauf des Assetmanagers Swisscanto, den der frühere ZKB-Chef Martin Scholl 2014 eintütete.

Im Raum Zürich stösst die ZKB im Kreditgeschäft mit einer Marktdurchdringung von rund 50 Prozent fast schon an die Wachstumsgrenzen. Von solch einer dominanten Stellung ist sie im Private Banking noch Lichtjahre entfernt. Zumal hier die Bank nicht nur den Wirtschaftsraum Zürich, sondern die ganze Schweiz und sogar Auslandsmärkte wie Deutschland ins Visier nimmt. «Wir haben 55'000 Private-Banking-Kunden, es gibt aber 1,2 Millionen Millionäre in der Schweiz. Das Potenzial ist also riesig», erklärt Schnydrig Moser.

Reizthema Staatsgarantie

Die Konkurrenz wittert indes ein Foulspiel: Dank ihrer Staatsgarantie habe die ZKB einen klaren Vorteil im Wettbewerb, hört man es raunen. Gerade in der Krise der CS stürmten verunsicherte Kunden die Staatsbank. So sagt Christian Hintermann, Partner bei der KPMG mit Blick auf die staatlichen Kantonalbanken: «Die explizite Staatsgarantie ist auch im Private Banking ein wichtiger Wettbewerbsvorteil, da sie Kundinnen und Kunden zusätzliche Sicherheit bietet.»

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Ein weiterer Vorteil ist, dass die Bank eine öffentlich-rechtliche Anstalt ist: Mit Unannehmlichkeiten wie Gewinnsteuern muss sich die ZKB somit nicht herumschlagen. Zwar muss die Bank neuerdings die OECD-Mindeststeuer zahlen. Doch diese wird einfach von der Ausschüttung an den Kanton abgezogen. Nettolast: null. So bleibt mehr Geld für Investitionen.

Kommentar Holger Alich wundert sich über die UBS.

Befreit die ZKB

Die Zürcher Kantonalbank hätte das Potenzial, die UBS in der Schweiz herauszufordern. Dazu braucht sie Freiraum und sollte privatisiert werden.

Der Partner einer Privatbank meint: «Die Staatsgarantie ist eines der Top-Selling-Argumente für die ZKB und sorgt dafür, dass die Kunden eher weniger wechselbereit sind.» Als nunmehr zweitgrösste Bank der Schweiz profitiere die ZKB fast schon automatisch vom Verschwinden der CS und werde auch von reichen Kunden als Alternative zur UBS angesehen.

Schnydrig Moser kontert: «Wir sind eine sichere Bank, mit oder ohne Staatsgarantie.» Den CS-Faktor beim Wachstum reden die ZKB-Oberen schon seit längerem klein, Schnydrig Moser ebenso: «Wie alle Banken haben wir einen positiven CS-Effekt gespürt, dies ist aber nicht der primäre Grund, weshalb wir so gross geworden sind», betont sie.

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Vorteil Firmenkundengeschäft

Warum denn dann? Sie macht drei Gründe geltend: Zum einen würden die bestehenden ZKB-Kunden immer reicher – und wachsen so quasi automatisch in die Kategorie Private Banking rein. Ein wichtiger Treiber sei zudem die Vernetzung mit dem Kommerzgeschäft, die sie ausgebaut hat. «Wir erhalten viele Leads aus dem Firmenkundengeschäft, die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut», sagt Schnydrig Moser. Der dritte Wachstumstreiber seien die Kundenempfehlungen.

Im Unterschied zu anderen Banken setzt die ZKB nicht auf das Abwerben von Beratern, damit die ihre Kunden und deren Gelder mitbringen. Eher läuft es andersherum: «Die meisten Berater, die wir einstellen, kommen, um Kunden in Empfang zu nehmen, die wir bereits haben», sagt die Private-Banking-Chefin.

Die traditionellen Privatbanken nehmen die ZKB ernst: «Früher waren die ZKBler die Banker im karierten Kurzarmhemd, heute ist der Wettbewerb um Kunden knallhart», sagt der Partner einer Privatbank. «Auch bei Kunden mit Vermögen von mehr als 20 Millionen.»

In der tieferen Kategorie – also von 1 Million bis 20 Millionen – sei es indes schon vorgekommen, dass seine Bank ZKB-Kunden habe gewinnen können. Denn die Staatsbank würde sich in diesem Segment zunehmend wie eine Grossbank aufführen und das Cross-Selling vorantreiben, etwa von Fonds des hauseigenen Assetmanagers Swisscanto.

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36 Prozent der Kundendepots in eigenen Produkten

Laut Schnydrig Moser stecken im Schnitt 36 Prozent der Kundendepots in hauseigenen Produkten. Ein befragter Branchenexperte hält das für einen hohen Wert. Ein guter Teil der Privatbanken hat gemäss der Untersuchung einer Unternehmensberatung überhaupt keine eigenen Produkte in den Kundenportfolios, nur bei zehn Privatbanken sind es gemäss der Untersuchung mehr als 10 Prozent.

Die ZKB als träger Tanker – das war einmal: Hinsichtlich Wachstum könnte sie sogar noch mehr Gas geben. Aber sie darf nicht. Die staatliche Haftung ist zwar ein Plus in Sachen Sicherheit. Aber auch eine Wachstumsbremse. Denn mit der Staatshaftung geht stets ein etwas misstrauischer Blick des Zürcher Kantonsrates auf das Wachstum der Bank einher.

Schnydrig Moser formuliert das wie folgt: «Der Kanton setzt den Rahmen; so wird zum Beispiel definiert, wie viele Geschäfte wir im Ausland machen können. Wir könnten mehr machen, aber es ist nicht möglich.»

Auch eine physische Präsenz in einem anderen Kanton sei nicht gewollt. Daher betreuen die 265 Kundenberater und -beraterinnen die reiche Kundschaft von Zürich aus, die Berater fahren dann für Kundenbesuche mit den SBB kreuz und quer durch die Schweiz.

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Mit Argusaugen wurde im Kantonsrat der Vorstoss der ZKB nach Deutschland verfolgt. 2023 erteilte die deutsche Aufsicht Bafin der ZKB die Erlaubnis, deutsche Kunden und Kundinnen aus der Schweiz heraus zu betreuen. Ein Jahr später verkaufte die ZKB dann ihre Österreich-Tochter an die Liechtensteinische Landesbank. Mit der Auslandsbank wollte die ZKB einen Fuss im EU-Raum haben, sie brachte jedoch primär Ärger ein. Eine EU-Bank brauchen die Zürcher nicht mehr, was die politische Angriffsfläche reduziert.

Kritik trotz Rekordgewinn

Das neue Deutschland-Geschäft entwickelt sich ansprechend: Die ZKB verwaltet bereits 4,3 Milliarden Franken für Deutsche. 72 Berater kümmern sich um die internationale Kundschaft. Neun weitere Auslandsmärkte – hauptsächlich in Europa – werden passiv betreut: Sprich, hier kommt der Kunde zur Bank, die ZKB darf nicht aktiv auf sie zugehen. Der klassische Offshore-Modus.

Wie eng der politische Spielraum ist, zeigte sich exemplarisch im vergangenen Jahr. Als Bankratspräsident Jörg Müller-Ganz im Kantonsrat den Geschäftsbericht für das Jahr 2023 vorstellte, hagelte es Kritik – trotz eines Rekordgewinns. Seine FDP-Parteikollegin Astrid Furrer störte sich am schnellen Bilanzwachstum und an der Auslandsexpansion.

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Mittlerweile ist sie milder gestimmt – das Bilanzwachstum sei mit der Regulation und höheren Liquiditätsanforderungen zu erklären. «Mein Eindruck ist, dass sich die Bankführung ihrer Verantwortung gegenüber dem Kanton und der Bevölkerung als Eigentümer bewusst ist. Wir haben eine Bank, die mit Bedacht wächst», sagt Furrer heute. Eine Privatisierung ist kein Thema und gilt als politisch aussichtslos.

Dennoch weiss die ehrgeizige Private-Banking-Chefin Schnydrig Moser: Das Eis ist dünn. Eine der wichtigsten Aufgaben der Bankführung ist, die ZKB aus den Schlagzeilen zu halten. Abschreckendes Beispiel ist das Drama der Basellandschaftlichen Kantonalbank. Bei ihr mussten wegen der gescheiterten Expansion mit der Onlineanlagebank Radicant unlängst gleich der CEO und der Bankratspräsident den Hut nehmen.

Mit Plakaten in Nachbarkantonen werben – mehr Keckheit ist bei der ZKB nicht drin. Die kleine Grossbank in Staatsbesitz bleibt lieber unter der Wasseroberfläche. Denn sie kommt auch so gut voran. Leise und fast unaufhaltsam.

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Über die Autoren
Holger Alich

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