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Meinung des Chefredaktors

WEF: Ein Rücktritt voller Fragen und Vorwürfe

Peter Brabeck verlässt das WEF. Der einstige Unterstützer Schwabs hinterlässt eine beschädigte Beziehung und eine Karriere voller Kontroversen.

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«Es war ein Nachtreten der wenig subtilen Sorte,» sagt Dirk Schütz, Chefredaktor Bilanz. 

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Es war ein Nachtreten der wenig subtilen Sorte. Er habe «feste Werte und einen Sinn von Integrität», deswegen könne er nicht den Stiftungsrat des WEF in die nächste Phase führen, verkündete Ex-Nestlé-Chef Peter Brabeck gegenüber dem «Wall Street Journal» in einem Artikel, der am Freitagabend gerade 31 Minuten nach der Verkündung seines Rücktritts als Interims-Chairman des WEF und der vollständigen Rehabilitierung von WEF Gründer Klaus Schwab erschien – was die enge Beziehung Brabecks zu dem New Yorker Wirtschaftsblatt, das das WEF in den letzten Monaten permanent destabilisiert hatte, deutlich untermauerte. Im Umkehrschluss bedeutete das: Der gesamte Stifungsrat, inklusive der neuen Co-Chefs André Hofmann und Larry Fink, fliegen nicht auf der gleichen Integritäts-Flughöhe wie er.

Sein Furor der letzten Monaten war allerdings kaum von Integrität geprägt. Mit grosser Aggressivität ging er auf den Mann los, der ihn im WEF überhaupt gross gemacht hatte: Schwab hatte den frischen Nestlé-CEO 1998 in den Stiftungsrat geholt, ihn 2014 zu seinem Vize gekürt und dann sogar, nach seinem Ausscheiden als Nestlé-Präsident 2017, auf seinem Posten belassen – es war das einzige Mal in der langen WEF-Geschichte, dass ein Manager ohne Top-Position an Bord blieb. Gedankt hat Brabeck es nicht. Dass die anonymen Vorwürfe gegen den Forumsgründer hanebüchen waren und die Organisation unnötig schwächten, musste er nach derart langer Zusammenarbeit mit dem Ideen-Mann Schwab wissen. Doch offenbar war die Verlockung zu gross, nochmals auf der ganz grossen Weltbühne zu spielen.

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Seine Attacke brach jedoch kläglich zusammen, es blieb nur der Rückzug. Integer wirkte der Abtritt kaum. Das Arbeitsklima sei «toxisch», warf Brabeck dem WEF nach, er sei aus Protest gegangen, übermittelte er der «NZZ am Sonntag», und die »Sonntagszeitung» verstieg sich gar zu der Aussage, dass «die Vorwürfe der Whistleblower, die zu Schwabs Rücktritt führten, im Wesentlichen zutrafen.» Das würde bedeuten: Dass Schwab vom gesamten Stiftungsrat und der Kanzlei Homburger, die die Untersuchung leitete, vollumfänglich entlastet wurde, war ein Komplott zur Vertuschung der Wahrheit, und nur der grosse Peter Brabeck hatte den Mut, sich dagegen aufzulehnen - eine doch sehr wilde Perspektive, die sich mit keinerlei Fakten belegen lässt. So endet eine grosse Karriere mit Verschwörungstheorien.

«Servus» komme von Dienen, pflegt der Österreicher  zu sagen. Dem WEF hat Peter Brabeck am Ende nicht gedient, sondern grossen Schaden zugefügt. 

 

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