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Spekulationen über einen möglichen Wegzug der UBS nach New York dominieren die Medienlandschaft. Ein solcher Schritt wäre teuer und geschäftlich riskant.
«Die Debatte um einen möglichen Wegzug der UBS nach New York schlägt hohe Wellen.»
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Es ist schon fast beängstigend, wie stark es der Politik gelungen ist, die kernsolide UBS zum Prügelknaben der Nation aufzubauen. Da trommelt die gesamte Staats- und Regulierungsmacht von Finanzministerin Keller-Sutter über Finma-Chef Walter bis zu Nationalbank-Präsident Schlegel für das härteste Kapitalregime der Welt und wird de facto vertragsbrüchig, indem sie den Preis der CS-Übernahme nachträglich erhöht. Das wohl heftigste Staats-Lobbying der jüngeren Schweizer Geschichte wird willfährig in grossem Stil medial transportiert. Die Krönung des PR-Meisterstücks besteht dann darin, die Gegenseite des Lobbyings zu bezichtigen. «Wir wurden von den Lobbyisten nicht vergessen», stichelt Mitte-Ständerätin und PUK-Präsidentin Chassot gegen die UBS. In Zeiten der maximalen Verkantung zwischen Finanzplatz und Politik schafft es sogar eine dünne Story des Boulevardblatts «New York Post» über einen angeblichen UBS-Wegzug nach New York auf die «NZZ»-Frontseite, der «Blick» bewirtschaftet das Thema zwei Tage gross: Emotionen sind Trumpf. Gönnen wir uns deshalb etwas Sachlichkeit. Dass eine Bank, die sich mehrheitlich in der Hand von ausländischen Investoren befindet, angesichts überrissener Staats-Forderungen alle Szenarien prüft, ist Teil ihrer Treuepflicht gegenüber den Aktionären. Doch realistisch ist ein Wegzug nicht. Er wäre teuer, juristisch hochkomplex und vor allem verheerend aus Geschäftssicht: Der Erfolg des weltweiten Wealth Management hängt an der Swissness. Ja, die UBS braucht die Schweiz. Doch leider hat das jahrelange Banken-Bashing die Haltung befeuert, von Staatsmacht bis zur Akademie: Die Schweiz braucht die UBS nicht. Ausserhalb der Schweiz tobt der Standort-Wettbewerb, Industrie-Politik blüht, Deregulierung dominiert. Doch der Weltmarktführer im Wealth Management? Soll er doch woanders hingehen. Muss man sich leisten können. Unmilde formuliert: Wohlstands-Verwahrlosung.
Und auch die Nachrichten, die uns von der langjährigen Ikone der Schweizer Firmenwelt erreichen, sollten für alle Standort-Verantwortlichen ein Alarmsignal sein. Da hat also Veteran Bulcke am Dienstag doch frühzeitig seinen Ausstieg bekannt geben, in gerade sieben Arbeitstagen ist nach fast 50 Jahren Schluss bei seiner geliebten Nestlé. Der bodenständige und intern beliebte Belgier war am Ende zum Investoren-Schreck geworden, und er hatte bereits vor der Investoren-Schelte in der «Financial Times» vom Samstag eingesehen, dass ein Weitermachen nur eine Verzögerung des Neustarts wäre. Die bittere Lehre: Nostalgie ist keine Strategie – selbst für die lange so erfolgsverwöhnte Nestlé nicht, die stets in ihrem eigenen Orbit kreiste. Es bleibt ihm zumindest ein kleiner Triumph über den Vorgänger Brabeck, dem er in herzlicher Abneigung verbunden ist: Der Österreicher konnte bei seinem Abgang nicht Ehrenpräsident werden, weil dieser Titel an den Übervater Helmut Maucher vergeben war. Also schuf man für ihn den wenig eingängigen Fantasietitel des «Chairman Emeritus». Mit dem Tod Mauchers 2018 wurde der Titel des «Honorary Chairman» wieder frei – und Bulcke darf ihn jetzt tragen. Er wird ihn seiner wahren Bedeutung zuführen: Einem Symbol der Sinnlosigkeit. Denn anders als Brabeck verzichtet er auf Büro und Assistenz. Da ist der Zen-Mann, der stets auch in turbulenten Zeiten die Tugend des «Detached Involvements» pflegte, plötzlich ganz modern.
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Leider zeigt die Debatte um die UBS auch: Die Schweiz ist nicht so liberal, wie sich die bürgerliche Mitte in ihren Sonntagsreden gern gebärdet. Die Emotionen über Vor- und Nachteile des Eigenmietwerts schiessen vor der Abstimmung von nächstem Sonntag hoch, und die Lager beschiessen sich herzerfrischend mit ihren Argumenten. Fügen wir aus liberaler Sicht noch eines hinzu. Eigentum mit einem fiktiven Einkommen zu belegen, ist nicht nur eine Schwächung des in einer Volkswirtschaft zentralen Pfeiler des Eigentumsrechts. Es ist auch ein Vergehen an der Marktwirtschaft, das zu Fehlanreizen im System führt: Enorme Hypothekar-Verschuldungen, überflüssige Erhalts-Massnahmen, unnötige Steuerbürokratie. Die Geschichte ist voller Steuern, die wegen Geldknappheit lanciert, später aber aus fadenscheinigen Gründen konserviert wurden – die erste Einführung des Eigenmietwerts geschah 1915 nicht etwa wegen des sozialen Anliegens des Mieterschutzes, sondern wegen schlichter Geldnot nach dem Wegbrechen der Zollerträge zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Diese besitz-bestrafende, antikapitalistische Steuerform ist ein Schweizer Unikat – und für einmal kein gutes. Leider schrumpft der Zuspruch. Hoffen wir auf das liberale Schweizer Herz.
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Es ist die Gnade des späten Auftritts: Wenn die SNB nächste Woche ihren Zinsentscheid verkündet, konnte sie die Daten von Fed, EZB und Bank of England bereits verarbeiten. Sie geben den Trend vor: Zwar hat sich die Fed eine schüchterne Senkung von 0,25 Prozent geleistet, was angesichts des Drucks jedoch schon fast ein Widerstandsakt ist. Aber EZB und Bank of England änderten nichts – und das dürfte auch Nationalbank-Chef Schlegel so halten. Das Leitzins-Ranking: 4,0 Prozent in England und den USA, 2,0 Prozent bei der EZB – und 0,0 Prozent in der Schweiz. Der neue Chef, seit fast einem Jahr im Amt, setzt die erfolgreiche Politik seines Vorgängers fort. Wenn da bloss nicht die überrissene Banken-Regulierung wäre. Aber lassen wir uns davon nicht das sonnige Spätsommer-Wochenende vermiesen.
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