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BILANZ-Briefing

Interessante Allianz gegen Gerichtsurteil

Die Themen der Woche: Finma mit UBS, gnadenlose Börse, triste Vontobel, laute Zurich.

Dirk Schütz

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«Wenn ein Gericht der Finma derartige Fehleinschätzungen attestiert – was ist dann von ihrer Forderung nach der weltweit höchsten Kapitalquote zu halten? fragt Chefredaktor Dirk Schütz. 

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Das Thema ist sperrig, zweifellos, aber angesichts der enormen Bedeutung müssen wir uns doch noch mal der Abschreibung der AT1-Anleihen zuwenden. Da hat also die UBS vorgestern bei der Quartalszahlen-Präsentation verkündet, dass sie wie die Finma gegen die Aufhebung der 17-Milliarden-Abschreibung in Berufung geht – eine interessante Allianz: Im Kampf um die Kapitalregeln haben sich die Bank und ihr Aufseher heftig ineinander verbissen, jetzt marschieren sie Hand in Hand gegen einen Richter namens Christian Winiger vom St.Galler Bundesverwaltungsgericht, der, wie wir in unserer heute erscheinenden neuen Ausgabe berichten, tatsächlich ein SP-Parteibuch hält.
 
Doch das harsche Urteil auf linken Banken- und Behördenhass abzuschieben, greift zu kurz. Unsere Rekonstruktion zeigt vielmehr: Die Finma hat sich mehrere handwerkliche Fehler geleistet. Es war die Aufsichtsbehörde selbst, die die AT1-Produktbedingungen autorisierte, die eine Abschreibung bei Staatshilfe nur bei Kapitalknappheit festlegten – dennoch wies sie die Abschreibungen an, obwohl sie der CS über alle Turbulenzen hinweg angemessene Kapitalisierung testierte. Sie weigerte sich auch, den Klägern die Verfügung zur Abschreibung vorzulegen, und verzichteten auf hochkarätige externe Juristen-Expertise. Ihre Argumentation war aus Sicht des Gerichts so wenig stichhaltig, dass sie nicht einmal – wie bei derartigen Verfahren üblich – den Klageparteien zur Replik vorgelegt wurde. Das Gericht übernahm voll die Linie der Kläger: Höchststrafe.
 
Bleibt die grosse Frage: Wer bezahlt? Die UBS kann gelassen bleiben. Zwar ist sie als CS-Nachfolger vertragsrechtlich der Emittent. Doch sie kann eindeutig nachweisen, dass die Abschreibung unter Druck gegen den Willen der CS geschah. Kein Wunder, dass sie keine Rückstellungen bildet. Es bleibt ein Schaudern: Wenn ein Gericht der Finma derartige Fehleinschätzungen attestiert – was ist dann von ihrer Forderung nach der weltweit höchsten Kapitalquote zu halten?

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Abschmelzender Nestlé-Kurs 

Was die starken UBS-Zahlen aber auch zeigen: Die Gnadenlosigkeit der Börse. Die Bank liefert seit Beginn der CS-Integration jedes Quartal Ergebnisse über den Prognosen, doch die verwöhnten Börsianer honorieren es nicht: Der Kurs sank am Mittwoch trotz einer Gewinnsteigerung von mehr als 70 Prozent. Noch fataler die Lage bei Novartis: Zehn Quartale lieferten die Basler Profitzahlen über Marktkonsens und erhöhten die Prognosen. Jetzt kam es zu einer vom Finanzchef bereits angekündigten Verschnaufpause - und gleich fiel der Kurs um drei Prozent unter die magische 100-Franken-Marke.
 
Bitter auch Nestlé: Ruckartig schoss der Kurs nach den harten Ankündigungen des neuen Chefs mit einen Abbau von 16 000 Stellen in die Höhe – von 71 auf 85 Franken. Der Abstieg war dann graduell: Seit zwei Wochen bröckelt der Kurs jeden Tag, gestern lag die Marke wieder bei eher tristen 77 Franken. Und Nestlé ist noch weit von den zehn Star-Quartalen von Novartis entfernt – es gab gerade mal ein ansprechendes Drei-Monats-Resultat. Einziger Lichtblick: Sollte der stetig anschwellende KI-Alarmpegel die Blase wirklich zum Platzen bringe, rauschen die Schweizer Defensiv-Weltkonzerne nur verhalten in die Tiefe.

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Vontobels Problem 

Und dann ist da Vontobel: Als Andreas E.F. Utermann (das gravitätische doppelte Mittel-Initial gönnte sich in der Schweizer Finanzszene bislang nur der einstiege Bär-Dominator Boris F.J. Collardi) vor dreieinhalb Jahren das Präsidium übernahm, wurde er vor allem für seine Expertise im Asset Management gepriesen: Er hatte viele Jahre die weltumspannende Allianz-Anlagetochter AGI geführt. Bei seinen ersten Auftritten plauderte er so engagiert über das institutionelle Vermögens-Verwaltungsgeschäft, dass die Spekulationen anschwollen, er wollte das Geschäft gleich selbst übernehmen.
 
Tat er dann zwar nicht. Aber er installierte mit Christel Rendu eine handverlesene Bereichsverantwortliche als Co-CEO, die die Macht teilen muss mit Private Banking-Chef Georg Schubiger, was in der Gesamtmelange wiederum die Verantwortlichkeit von Utermann stärkt. Und so kann man sagen: Der Schlamassel in seinem Kerngeschäft ist auch sein Schlamassel. Das Geschäft kommt trotzt der so wohlklingend vorgetragenen Expertise nicht vom Fleck, auch im dritten Quartal gab es kein Nettoneugeld. Ach ja: Utermanns Präsidenten-Salär mit fast drei Millionen für einen nicht exekutiven Teilzeitjob bei einer vergleichsweise kleinen Bank stammt eher aus dem Investmentbanking als aus der Vermögensverwaltung. Bleibt die Frage: Wann merkt die Familie, dass nicht Worte, sondern Taten gefragt sind?

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Nächste Woche: Überraschungsfreie Zurich 

Da kapitulieren selbst die Analysten angesichts der grossen Vorhersehbarkeit: «Der 9M25-Zwischenbericht sollte u.E. keine Überraschungen aufweisen. Der Wachstumstrend sollte sich fortgesetzt haben» schreibt die ZKB in ihrem Ausblick auf das Business-Update der Zurich von nächstem Donnerstag.

Es bleibt nur eine Lösung: Selbst für Superlative sorgen. Unter der Leitung von CEO Mario Greco, so verkündete die Zurich am Mittwoch, lanciere der Versicherer ein «bahnbrechendes KI-Labor» und läutet gar «eine neue Ära ein», um das Geschäftsmodell der Branche «grundlegend zu verändern». Nun ist der diskrete «Iron Mario» kaum als Lautsprecher bekant. Unsere Vermutung: Seine Kommunikationsleute wollen endlich mal gehört werden. Da gilt dann die Devise, gerade bei dem von der Zurich nicht exklusiv entdecktem Thema KI: Besonders laut brüllen.

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Dirk Schütz

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