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BILANZ-Briefing

Entrüstungs-Punkte

Die Themen der Woche: Deal-Gezeter, Kelleher & Bessent, lahme Investorentage, Gold-Bilanz & Erben.

Dirk Schütz

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«Das Zetern über den Trump-Deal bleibt eine Mischung aus Naivität, Selbstüberschätzung und ja, Wohlstandverwahrlosung», sagt Chefredaktor Dirk Schütz. 

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Das Gezeter ist laut. «Trump-Deal stoppen!» ruft die SP, «einen Unterwerfungsvertrag» sieht die Grünen-Präsidentin Mazzone, es dürfe «nicht salonfähig werden, mit materiellen Versprechen politische Zusagen zu erkaufen», wettert FDP-Lautsprecher Portmann. «Erpressung» hallt es allerorten, verbunden mit der gut schweizerischen Warnung, dass es noch kein formales Abkommen gebe und der US-Präsident den Deal jederzeit rückgängig machen könnte.
 
Natürlich gibt es noch kein formalisiertes Vertragsabkommen, aber das haben die für Trump deutlich wichtigeren Handelspartner von Grossbritannien über die EU bis Kanada auch nicht. Natürlich kann Trump je nach Laune jeden Deal wieder aufkündigen, was er ständig tut. Und natürlich ist es eine Form der Erpressung, wenn die stärkste Macht der Welt dem Rest die Bedingungen diktiert.
 
Nur: Ausser den Chinesen kuschen alle vor dieser Macht, selbst die EU wirft sich trotz grösserem Binnenmarkt wegen ihrer militärischen Abhängigkeit in den Staub. Wer sich da in einem Kleinstaat moralisch erhaben über die Modalitäten des Deals oder die Eigeninteressen der Oval-Office-Milliardäre aufregt, sammelt billigen Entrüstungs-Zuspruch, redet aber verantwortungslos. Leider können wir uns das harsche Urteil nicht verkneifen: Das Zetern bleibt eine Mischung aus Naivität, Selbstüberschätzung und ja, Wohlstandverwahrlosung – man muss es sich leisten können.

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UBS-Lärm

Angeblich droht er wieder. Da soll also UBS-Präsident Kelleher mit US-Finanzminister Bessent über eine Verlagerung des Hauptsitzes nach New York verhandelt haben, und wenn das die Financial Times auf die Titelseite schreibt, gerät gleich die ganze Wirtschafts-Schweiz in Aufruhr. Was dann stets schnell untergeht: Die Bank betont unermüdlich, auch als Reaktion auf die Bessent-Story, dass sie «als erfolgreiche globale Bank aus der Schweiz heraus» operieren wolle.
 
Der News-Gehalt? Spärlich. Kelleher hatte bereits Ende September im Bilanz Business Talk herausgestrichen, dass er eine Treuepflicht gegenüber seinen Aktionären habe und deshalb rechtlich verpflichtet sei, bei einer gravierenden Standort-Benachteiligung nach Alternativen zu suchen. Schon damals gab es Gerüchte über einen Wegzug, schon damals wurden sie nicht von der UBS-Spitze initiiert. «Wir wurden angesprochen», betonte Kelleher. Natürlich wird sich der Wall-Street-Veteran nicht wehren, wenn sich der mächtigste Finanzminister der Welt, aus New Yorker Zeiten bekannt, bei ihm meldet. Doch die US-Regierung hat ein grosses Interesse, die Gespräche publik zu machen, anders als Kelleher, dessen Bank gerade im Parlament von allen drei bürgerlichen Parteien anschwellende Zustimmung für einen Kapital-Kompromiss erfährt. Er sei sich sicher, dass Trump gern eine Rede darüber halten würde, wie er die Bankgeschäfte «all seiner befreundeten Milliardäre in die USA» gebracht habe, sagte er im Talk – und liess den zentralen Satz folgen: «Das dürfen wir nicht zulassen.»
 
Doch hören will das niemand – die Fama von der drohenden UBS ist einfach schöner. Das Misstrauen ist hierzulande mittlerweile so gross, dass sich auch mit dem Bashing der kerngesunden CS-Retterin billige Entrüstungs-Punkte sammeln lassen. Verantwortungsvoll ist das ebenfalls nicht.

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Folien-Schlachten

Da haben diese Woche drei Schwergewichte also zu ihren herbstlichen Investoren-Tagen geladen – Novartis, ABB, Zurich. And the winner is: Nobody. Bei allen drei Firmen lagen die Kurse nach den Veranstaltungen tiefer als zu Wochenbeginn, auch wenn es nicht ganz so schlimm kam wie bei der Deutschen Bank, die nach ihrem Investorentag am Montag fast sieben Prozent verlor. Gewiss, bei allen Firmen sind vor allem die grossen Börsenwinde verantwortlich. Doch die Frage bleibt: Was bringen die aufwendigen Folien-Schlachten noch in Zeiten umfassender Transparenz und vierteljährlicher Quartalsberichte mit ausuferndem Informationsgehalt?
 
Vor einem Jahr lud auch der damalige Nestlé-Chef Freixe kurz nach seinem Antritt zum grossen Treffen. Impulse blieben aus, sein Abgang war später wenig ruhmreich. Sein Nachfolger Navratil verzichtete diesen Herbst auf das Analysten-Meeting. Die Entrüstungs-Stürme blieben aus. Das bestechendste Motto bleibt noch immer: Underpromise and overdeliver. Muss dann aber auch kommen.

Nächste Woche: Goldenes Erben 

Die Zahlen sind eindeutig: Laut der jüngsten GfS-Trendumfrage droht der Erbschaftssteuer-Initiative am nächsten Sonntag nicht nur eine Niederlage, sondern ein Debakel: 68 Prozent lehnen sie ab. Wer zu diesem Thema Emotionen sucht, findet sie am Sonntag im «Bilanz Business Talk» (siehe unten). Mit dabei: Juso-Chefin Miriam Hostetmann («Spuhler bilde einen «steuerkriminellen Familienclan») und Erbschafts-Anwalt Balz Hoesly (die Wirtschaft werde «von ein paar Spätpubertierenden torpediert, die in ihrem gesamten Leben keinen Bleistift verkauft haben, aber angeblich wissen, wie die Welt funktioniert.»)
 
Und wer Fakten sucht: Nächsten Freitag erscheint unsere alljährliche Reichsten-Parade mit den 300 vermögendsten Personen unseres Landes. Wir lobpreisen die Schaffenskraft unserer Wirtschaft: Es geht primär um das Aufbauen von Reichtum, nicht um die Verteilung. 

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Über die Autoren
Dirk Schütz

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