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BILANZ-Briefing

Ein Machtkampf mit bitterem Ende

Der WEF-Stiftungsrat entlastete Klaus Schwab von Vorwürfen, die Peter Brabeck als ernsthaft bezeichnet hatte. Sein Rücktritt endet mit Verschwörungstheorien.

Dirk Schütz

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«Nestlé-Grande Peter Brabeck hat die wohl krachendste Niederlage seines langen Managerlebens erlebt», sagt Chefredaktor Dirk Schütz.

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Das zeichnet den ultimativen Alpha-Mann aus: Da hat Nestlé-Grande Peter Brabeck die wohl krachendste Niederlage seines langen Managerlebens erlebt. Der WEF-Stiftungsrat hat Gründer Klaus Schwab und seine Frau Hilde von allen Verfehlungen freigesprochen – die anonymen Anschuldigungen, die Brabeck als Interims-Präsident nach dem Rücktritt Schwabs als «lang, detailliert» und «ernsthaft» bezeichnet hatte, erwiesen sich allesamt als heisse Luft, was sich sich bei einer internen Schnell-Prüfung sehr schnell hätte verifizieren lassen. Doch für den ewigen Leithammel Brabeck war es ein Kampf Mann gegen Mann voller Furor: Er sperrte Schwabs Mobiltelefon, erteilte ihm Hausverbot und übernahm seine Termine.
 
Aber die Blamage einräumen? Kommt für einen wie Brabeck nicht in Frage – da gilt für den Österreicher die Trumpsche Devise: Nie etwas zugeben, sofort zurückschlagen. Das Klima beim WEF sei «toxisch», trat er in seinem Abschiedsbrief nach, was nicht wirklich dem Moralanspruch entsprach, den er dann natürlich doch für sich reklamierte: Er trete zurück, weil er «feste Werte und einen Sinn für Integrität» habe, teilte er via NZZ am Sonntag mit. Im Umkehrschluss heisst das: Der gesamte 28-köpfige Stiftungsrat mit all seinen globalen Koryphäen, inklusive der neuen Co-Chefs André Hofmann und Larry Fink, liegen auf der Integritäts-Skala weit unter dem Welt-Manager.
 
Die Sonntagszeitung folgte gar brav seiner Linie und verstieg sich zu der Aussage, dass «die Vorwürfe der Whistleblower, die zu Schwabs Rücktritt führten, im Wesentlichen zutrafen.» Das würde bedeuten: Dass Schwab vom gesamten Stiftungsrat und der Kanzlei Homburger, die die Untersuchung leitete, entlastet wurde, war ein Komplott zur Vertuschung der Wahrheit von honorablen Persönlichkeiten von Christine Lagarde bis Al Gore, und nur der grosse Brabeck hatte den Mut, sich dagegen aufzulehnen - eine doch sehr wilde Perspektive, die sich mit keinerlei Fakten belegen lässt. So endet eine grosse Karriere mit Verschwörungstheorien zur Reputations-Sicherung. Peter Brabeck, im 81. Lebensjahr: So viel Trump war selten hierzulande.

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Nestle-Hoffnung


Etwas Trost nach dem ruhmlosen Abtritt könnte Brabeck da zumindest sein Aktienportfolio beschert haben. Da sendete diese Woche das lange frostgeschockte Schwergewicht Nestlé überraschende Lebenszeichen: Mehr als drei Prozent Plus am Mittwoch, das sind bei Nestlé mal schnell mehr als 5 Milliarden Franken. Er habe sich «zwei bis drei Jahre nach seinem Rücktritt entschieden, den Grossteil der Nestlé-Aktien zu verkaufen», hatte Brabeck Anfang Mai in der Aargauer Zeitung verkündet: «Seit einem halben Jahr kaufe ich wieder Aktien.» Glückliches Stockpicking war das kaum: Der Kurs stand bei seinen Verkäufen im Schnitt bei unter 100 Franken, stieg dann aber auf 130. Und seinen Wieder-Einstieg kam vor dem Einbruch Ende Mai, der den Kurs um 20 Prozent senkte.
 
Die Gründe für den Aufschwung dieser Woche? Die Börsenpsychologie ist verschlungen, aber als Gründe bieten sich an: Tech-Ängste, das Revival der Defensiv-Titel, wohl auch die Einsicht, dass Nestlé fundamental unter Wert gehandelt wird. Und vielleicht auch die Hoffnung, dass der designierte Präsident Pablo Isla, beim spanischen Kleiderriesen Inditex erfolgreich im Konsumgeschäft unterwegs, in der iberischen Sommerruhe an einer Vitalisierungs-Strategie arbeitet.

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Präsidenten-Manna


Interessant dabei: Noch-Nestlé-Präsident Bulcke kommt laut den neusten Ethos-Zahlen bei der Rangliste der höchstverdienenden VR-Präsidenten gerade auf Rang 6 – mit 3.5 Millionen bezieht er nicht mal so halb so viel wie Roche-Vormann Severin Schwan (7,2 Millionen). Deutlich kleinere Firmen besolden ihre Präsidenten da grosszügiger: 4 Millionen für Partners-Group-Veteran Steffen Meister, 5,2 Millionen für den Avolta-Duty-Free-König Torres Carretero. Einige Vertreter könnte man – milde formuliert – als grosszügig remuneriert bezeichnen: Knapp 3 Millionen für Andreas Utermann von der eher lokalen Vontobel, 1,3 Milliarden für den wenig erfolgreichen Baloise-Vormann Thomas von Planta, der sich in die Fusion mit der Helvetia rettete.
 
Das Problem ist eher: Bulcke erhielt im letzten Jahr genauso viel wie im Vorjahr – trotz eines Kurseinbruchs von 30 Prozent. Wäre doch eine gute Innovation für Isla zum Start: Eine Performance-Kultur für den Präsidenten.

Nächste Woche: Zoll-Update

 
Um den Zollhammer ist es ruhig geworden. Da dürfen wir nächsten Dienstag auf den Auftritt von Swissmem-Präsident Martin Hirzel bei seiner Halbjahreskonferenz gespannt sei: Laut Programm will er zu «aktuellen Belastungsfaktoren und Gegenmassnahmen der Unternehmen sprechen». Grundlage ist eine Mitglieder-Befragung. Die Prognose sei erlaubt: Es wird keine frohe Botschaft – in diesem Stadium ist das laute Klagen die beste Strategie für Hilfsgelder aller Art.
 
Doch was die Gegenmassnahmen angeht: Da wird im derzeitigen Umfeld kaum ein Firmenchef grosse strategische Entscheide treffen. Die Unsicherheit ist viel zu gross, vielleicht bringt der Herbst ja die ersehnte Zoll-Abkühlung. Die Wirtschaft hat etwas befallen, was Kompetenz signalisierende Politologen gern mit einem speziellen Fachbegriff belegen: Attentismus – laut Wikipedia ein «untätiges, abwartendes Verhalten». 

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Über die Autoren
Dirk Schütz

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