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Eine Studie aus Grossbritannien findet: Wenig intelligente, aber reiche Kinder haben viel höhere Chancen später in einem Spitzenjob zu landen. Kluge Arme haben hingegen das Nachsehen.
Gabriel Knupfer
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Ungleichheit ist in der angelsächsischen Welt seit einiger Zeit ein grosses Thema. Nun bekommt die Diskussion durch eine Studie neuen Zündstoff. Anders als die meisten bisherigen Studien, die sich auf die «gläserne Decke» für Aufsteiger (und Frauen) konzentrierten, ging es den britischen Wissenschaftlern um den «gläsernen Boden», mit dem die Reichen ihre Kinder vor dem Abstieg schützen.
In der Studie wurde der Lebensweg von 17'000 Briten und Britinnen analysiert, die alle in der selben Woche des Jahres 1970 geboren wurden. Welche Erfolge konnten diese Menschen im Alter von 42 vorweisen? Und wie hat der familiäre Hintergrund ihren beruflichen Werdegang geprägt?
Die Resultate scheinen eindeutig: Kinder aus reicheren Familien haben demnach eine 35 Prozent höhere Chance, zu Grossverdienern zu werden als intelligentere Kinder aus ärmeren Familien. So schnitten die Söhne und Töchter aus gutem Haus zwar schon mit fünf Jahren bei einem ersten Intelligenztest besser ab als ihre Altersgenossen. Doch beim zweiten Test mit zehn Jahren war der Graben noch viel tiefer. Mit zunehmendem Alter holten diejenigen reichen Kinder, die beim ersten Test noch schlecht abgeschnitten hatten, auf, während die ärmeren Kinder in ihrer kognitiven Entwicklung weniger schnell vorankamen.
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Als Erwachsene waren Kinder aus der Unterschicht auf dem Arbeitsmarkt laut Studie weniger erfolgreich, auch wenn sie in den frühen Tests noch gut gewesen waren. Es gelang ihnen also nicht, ihr Potenzial in vollem Mass auszuschöpfen. Umgekehrt hatten selbst Kinder, die bei den Tests schlecht abschnitten, im späteren Leben gute Chancen wenn sie von den Eltern richtig gefördert wurden.
Die Studie der Social Mobility and Child Poverty Commission zeigt, dass die soziale Mobilität nach unten nur beschränkt funktioniert. Und das nicht nur, weil sich die reichen Kinder – zum Beispiel auf Druck der Eltern – mehr anstrengen. Sondern auch, weil den ärmeren Eltern nicht die gleichen Möglichkeiten zur Förderung ihrer Kinder zur Verfügung stehen.
Bei einer beschränkten Zahl von Spitzenjobs führe dies dazu, dass eine kleine Gruppe die Berufsmöglichkeiten für ihre Kinder horte, so die Studienverfasser. Eine besondere Rolle spielen dabei in Grossbritannien die Privatschulen, die den Weg in eine Spitzenstellung in der Wirtschaft oder Politik vorspuren.
Die Ausbildung an einer Privatschule hat laut Studie einen doppelten Vorteil. Denn die Kinder werden nicht nur schulisch hervorragend auf die Universität vorbereitet, sondern sie erlernen auch «soft skills» – wie das richtige Verhalten an gesellschaftlichen Anlässen oder die typischen sprachlichen Feinheiten der britischen High Society.
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Nach Angaben des «Independent» haben 48 Prozent der Parlamentarier der britischen Konservativen eine Privatschule besucht. Und auch bei Labour und den Liberaldemokraten sind es immer noch 17 beziehungsweise 14 Prozent.
Auf die Schweiz hingegen kann die Studie nicht direkt übertragen werden. Die Klassengegensätze sind hierzulande weniger ausgeprägt als in England und auch die Rolle der Privatschulen ist nicht die gleiche wie auf der Insel.
Trotzdem ist klar, dass auch hier nicht jeder kriegt, was er aufgrund seiner Fähigkeiten verdienen würde. Auch in der Schweiz zeigten Studien, dass Akademiker meist Akademiker-Eltern haben – und das dies nicht nur mit den kognitiven Fähigkeiten der Kinder zu tun hat.
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