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Die Lebensmittelabteilung als Vorbild, will CEO Thomas Herbert den Marktauftritt vereinheitlichen. Neue Luxusmarken ziehen ein.
Dirk Ruschmann
Anteilseigner und Chef: Thomas Herbert, seit drei Jahren Chef der Warenhaus-Gruppe Globus, verkörpert den neuen Luxusanspruch seiner Flaggschiffe in Genf und Zürich schon jetzt ganz gut.
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Globus an der Bahnhofstrasse – das ist jener Ort, wo man sich gern zum schnellen Lunch oder zum Cüpli an der Bar trifft, im ersten Stock edle Parfums holt oder in der Delicatessa im Untergeschoss Weinflaschen im Wert eines Occasionsautos kauft und danach durch 40 Sorten Rohschinken vergustiert. Sich weiter oben passend einzukleiden, war bis anhin allerdings ein Problem; das Sortiment im Branchenjargon eher «middle of the road» bis höchstens «premium», bei den Herren gelten Tommy Hilfiger und Hugo Boss als die bestverkauften Marken. Oberhalb davon in der Markenpyramide, urteilt der Chef eines Konkurrenten, «findet bei Globus praktisch nichts mehr statt».
Doch nicht nur die Erde dreht sich – auch der Globus: Im Haupthaus locken heute Vestons der Londoner Newcomer-Marke Harris Wharf und Teile von Italiens Edelschneider Corneliani, dazu Stücke des angesagten US-Taschenherstellers Filson. Nebenan, in der ehemaligen Schild-Filiale, finden Damen neuerdings Teile der kalifornischen Kultmarke Fred Segal oder des New Yorker Labels Proenza Schouler, im Männer-Store an der Löwenstrasse stösst der Herr auf luftige Jacketts von Circolo 1901, die Edeltreter von Santoni oder Sweatshirts und Strickpullis des Pariser Fashionlabels Zadig & Voltaire.
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In seinem Genfer «Grand Magasin» verkauft Globus-Chef Thomas Herbert sogar die exklusiven Badehosen von Orlebar Brown. Längst hat er in diversen Häusern Lounges eingebaut, wo sich Kunden Massanzüge sticheln lassen können. Die trägt Herbert selbst gern, am liebsten Dreiteiler mit Krawatte.
Im Herrenfachgeschäft am Zürcher Löwenplatz wartet eine Massanzug-Lounge auf Kunden (oben links), Chesterfield-Sofas und schicke Sessel vor Feuerstelle laden zum Verweilen ein. Neue Brands wie Circolo 1901 oder Zadig & Voltaire runden das Sortiment nach oben und Richtung Modernität ab.
Der ganz grosse Markenaufschlag kommt jedoch erst. Ein Brancheninsider sagt, Globus sei derzeit das heisseste Thema in der Schweizer Retailwelt. Und erstmals bestätigt Herbert die Gerüchte: Kiton und Brioni werden bei Globus einziehen – die Champions League der Anzug- und Hemdennäher, edler und teurer geht es kaum. Sogar der exklusive «Tom Ford ist ein Thema, das wird auch kommen», sagt Herbert, zudem «weitere neue Marken, wir stecken in Verhandlungen, warten Sie ab». Zur Landschaftspflege solcher Lieferanten hat er eigens einen Edel-Einkäufer angestellt, der sich stolz als «Luxury Brand Ambassador» bezeichnet.
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Globus klettert die Luxusleiter hoch – und «die halbe Branche fragt sich, ob das klappen kann», sagt ein Konkurrent. Herbert entgegnet: «Ich wehre mich gegen den Begriff Trading-up.» Er sieht das Ganze etwas anders. Zwar kämen einige Luxusmarken hinzu, das schon, «aber wir schneiden am günstigeren Ende nichts ab; wir wollen nicht alles aufwerten, sondern ein durchgängiges Niveau haben».
Die Spekulationen der Wettbewerber, Herbert vergraule via Trading-up viele Kunden und treibe sie in die Läden der Konkurrenz, namentlich zu PKZ, «würde ich ganz klar verneinen». Kleidung in dieser Preislage, vor allem in den früheren Schild-Geschäften erhältlich, die 2014 von Globus übernommen wurden, «findet der Kunde weiterhin bei uns, da wir die gleichen Marken, wie Navyboot, Hallhuber, Comma und andere, immer noch anbieten». Lediglich die Bandbreite der Preise werde sich weiter auffächern.
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Hintergrund des Ganzen: Globus hat ein beinahe schon historisches Problem mit seiner inkonsistenten Positionierung, die auch unterschiedliche Kundenschichten zur Folge hat. Während die Anzugabteilung bislang von Strellson oder Hilfiger bewohnt wird, warten in der Delicatessa Edelspeisen und Alkoholika im Luxussegment; Weinflaschen mit Preisschildern bis zu 8000 Franken wandern über die Scannerkassen. Unten kauft der Geldadel, oben die Mittelschicht – diesen Graben will Herbert zuschütten: «Wir glauben daran, dass unsere Delicatessa- und Parfümeriekunden auch bei Bekleidung Lust haben auf Premium- und Luxusmarken.»
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Herbert hat «diverse Analysen und Befragungen» machen lassen, und mit Brands wie Burberry, MCM-Taschen oder neu Santoni-Schuhen «haben wir auch bereits positive Erfahrungen gesammelt». Auch in der Parfümerie oder bei Sonnenbrillen sind Luxusbrands wie Tom Ford, Gucci oder Prada längst präsent.
Ein Topkader lässt anonym durchblicken, welche Zahlen hinter der Sehnsucht nach einer durchgängigen Positionierung stehen. Die Delicatessa erwirtschaftet gruppenweit einen Umsatz von rund 150 Millionen Franken – damit steht allein die Verköstigung für ein Geschäftsvolumen, das Haushaltsabteilungen und Parfümerien gemeinsam einspielen. Mehr Umsatz als mit Lebensmitteln macht Globus nur noch mit Kleidung – diese beiden Abteilungen bestreiten also den Löwenanteil des Geschäfts.
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Doch während die Delicatessa weit über 80 Prozent ihrer Verkäufe im Segment Luxus tätigt und ein Zehntel im nächsttieferen Premium, ist die Verteilung im Fashion-Sortiment umgekehrt; hier seien gut 90 Prozent im Premium anzusiedeln, dafür aber keine fünf Prozent im Luxus. Gastronomie und Accessoires liegen noch einmal deutlich tiefer; beide verteilen ihr Angebot grob hälftig in Premium und Mittelklasse, die Parfümerie ihre Cremes und Wässerchen wiederum rund hälftig in Luxus und Premium. Thomas Herbert will die Zahlen nicht kommentieren, lässt aber zumindest durchblicken, dass «die Parfümerie fast die optimale Positionierung hat».
Und entsprechend soll bei Globus nicht nur das Fashion-Angebot aufgewertet werden, sondern auch Accessoires und Gastronomie. Während Damenhandtaschen weit unter 100 Franken starten und lange bei rund 400-Franken-Exemplaren der US-Massenmarke Michael Kors das Ende der Fahnenstange erreicht war, kitzelt Globus nun mit MCM die Tausendermarke und wird mit Marni sogar mehr als doppelt so teuer.
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«Bei Bekleidung will Herbert seinen Globus auf ähnlichem Niveau ansiedeln wie Jelmoli.»
Deutliche Worte wählt Thomas Herbert beim Thema Gastro-Angebote, die heute in der Warenhauswelt eine zentrale Rolle spielen – das Warenhaus entwickelt sich zum Konsumschaufenster und gesellschaftlichen Treffpunkt. Die Anziehungskraft der Gastronomie ist längst zentraler Frequenzbringer in einem darbenden Markt; profane Artikel werden heute online gekauft. «In Zürich bin ich mit dem Angebot noch nicht glücklich», sagt Herbert. Vor allem im oberen Stock, wo bisher ein Café residiert, will er «ein vollständiges Restaurant, das das Niveau der Delicatessa spiegelt». Damit es in Zukunft nach Ladenschluss noch offenbleiben kann, soll der Zugang verlegt werden, sodass es per Lift von aussen erreichbar wird. Im Jahr 2021 dürfte es wohl so weit sein.
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Herberts Chefs: Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen (links) hat dringendere Baustellen als Globus, Handelschef Beat Zahnd muss noch die Erkenntnisse von Berater McKinsey abarbeiten.
Kostas Maros / Migros-Genossenschafts-BundHerberts Chefs: Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen (links) hat dringendere Baustellen als Globus, Handelschef Beat Zahnd muss noch die Erkenntnisse von Berater McKinsey abarbeiten.
Kostas Maros / Migros-Genossenschafts-BundDurchgängigkeit, also einheitliches Niveau über die Abteilungen, ist gerade für Globus wichtig. Denn die Migros-Tochter hat sich stets als «Branded House» positioniert, mit Dekoration oder Lifestyle-Themen im Haus aus einem Guss, im Gegensatz zum Konkurrenten Jelmoli, der als «House of Brands» Modemarken Flächen für deren eigene Shops vermietet, also schon dank seines Geschäftsmodells als Sammelsurium auftritt. Nach dem Einzug der neuen Marken sieht Herbert seine Globus-Häuser, jedenfalls die Flaggschiffe in Zürich und Genf, punkto Bekleidungssortiment auf Augenhöhe mit Jelmoli; die Delicatessa brauchte den Vergleich mit dem «Food Market» des Wettbewerbers noch nie zu scheuen. Das steigende Selbstbewusstsein drückt sich auch darin aus, dass Globus in den neuen Grosskomplex «Circle» am Zürcher Flughafen einziehen wird, um dort direkt gegen den längst als Ankermieter feststehenden Jelmoli anzutreten.
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Die künftigen Neuerungen fallen also für die Kunden sichtbarer aus als jene, die Herbert in seinen bisherigen drei Jahren als Globus-Chef veranlasst hat. Nach aussen spektakulärste Massnahme war die «One-Brand-Strategie»: Die Marken Schild und Herren Globus sind verschwunden, Warenhäuser, Damen- und Herrenmodegeschäfte nennen sich einheitlich Globus.
Vor allem in diesen Schritt waren die Consultants von McKinsey eingebunden, die Herberts Boss Beat Zahnd, Leiter des Migros-Handelsdepartments, völlig untypisch für die Genossenschaft, zu seinem Amtsantritt holte und die Edelberater zwecks Strategie-Check trotz ihrer horrenden Tagessätze durch sein enormes Reich, inklusive Globus, Denner, Migrol, Interio oder Ex Libris, trieb. Bei Globus sind die Berater weg, aber «ich war sehr froh um den Support», sagt Herbert.
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Mit der Beschränkung auf die Hauptmarke eliminiert er nicht nur den stetig gestiegenen Druck von Schild, die mit ihrer Positionierung in der unteren Mitte am stärksten unter Einkaufstourismus und Onlinegiganten wie Zalando litt, zugleich sinken die Kosten für Logistik, Marketing und Onlineshop, die statt dreimal nur noch einmal anfallen. Vor allem deshalb schrumpfte die Firmenzentrale von 450 auf 320 Stellen. Die gesamte Belegschaft hat Herbert in aller Stille von 4500 auf 3500 reduziert.
«Der Onlineshop startete spät, wächst aber derzeit jedes Jahr um mehr als 100 Prozent. »
Online hat er grosse Pläne. Den Umsatz über den Webshop, 2017 erst 12 Millionen Franken, 2018 etwa 30, will er dieses Jahr auf rund 100 Millionen treiben – etwa mit 50-Franken-Gutscheinen, die Herbert an Kunden schicken liess, deren Postadresse Globus zwar hat, die aber noch nie online einkauften. Gutscheine im Wert von zwei Millionen Franken sind eingelöst worden, die damit erzielten Umsätze – Globus-Kunden sind ja premium, keine Rappenspalter und bestellten Waren für deutlich mehr als 50 Franken ein – sollen bei über vier Millionen liegen. Thomas Herbert hat nun die E-Mail-Adressen der Neukunden in seiner Datenbank und kann ihnen passgenau Artikel zum Kauf anpreisen, was mehr Erfolg verspricht als unspezifische Giesskannen-Werbung. Mittlerweile zähle Globus 600 000 registrierte Kunden, damit sei das schweizweite Potenzial im Segment Premium und Luxus ziemlich ausgeschöpft, schätzt Herbert.
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Um seine Mitarbeiter näher an die Kunden zu rücken, hat Herbert die Firmenzentrale vom Industriegebiet in Spreitenbach, wo sich alle hinter Bürotüren verstecken konnten, ins ehemalige Schild-Haus verlegt, also direkt neben sein Zürcher Warenhaus. Hier teilen sich 320 Leute 280 Arbeitsplätze in Grossräumen. Am liebsten hätte er die Toiletten der Bürolisten in die Verkaufsräume gebaut, um Kundenkontakt quasi zu erzwingen, so wie es Stuttgarts Kaufhaus-Platzhirsch Breuninger vorgemacht hat – aber das war arbeitsrechtlich nicht möglich. Seit dem Umzug könne Globus ganz andere Leute anwerben, jung-urbane Kreative etwa, die Spreitenbach mieden, schon weil sie kein Auto zur Anreise besitzen. Heute hat nicht einmal Herbert einen Parkplatz in der City.
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Wenn die Kunden die Auffahrt des Globus in den Bekleidungsolymp mitgehen sollen, braucht Herbert vor allem eines: das richtige Personal auf der Verkaufsfläche. Denn wer Santoni-Sneaker für 500 und Schnürschuhe für 700 Franken an den Mann bringen soll, muss nicht nur Anekdoten über Leder und Hersteller erzählen können, sondern vor allem glaubhaft diesen Luxusstil verkörpern, selbst solche Teile tragen können, ohne verkleidet zu wirken. «Ja, das ist ein Thema», bestätigt der Chef, «das wir mit Schulungen und bei natürlicher Fluktuation angehen.» Ob das reicht, bezweifelt ein Branchenexperte. «Herberts Aufwertungsstrategie», sagt er aber, «ist sicher einen Versuch wert.»
Dass ihn Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen einseitig unter Druck gesetzt habe, verneint Herbert. Zumbrunnen habe nur gesagt, Globus brauche noch zwei Jahre bis in die schwarzen Zahlen, das sehe er genauso. Für die nahe Zukunft setzt er ehrgeizige Ziele. Wird die Gruppe im laufenden Jahr rund 800 Millionen Umsatz erzielen, «wollen wir mittelfristig und inklusive Onlinewachstum auf eine Milliarde kommen» und «streben wir eine Nachsteuer-Rendite von rund fünf Prozent an». Wobei er «mittelfristig» nicht definieren will, aber nach Lage der Dinge die Jahre 2021 bis 2022 meint.
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Ein Migros-Insider sagt, Zumbrunnen habe weder Zeit noch Absicht, Herbert ins Kreuz zu atmen; im Migros-Reich drängten andere Baustellen. Auch Beat Zahnd, dem die Welt der Department Stores und Luxusmarken eher fremd sein soll, gilt nicht als Manndecker. Ohnehin müsste Herbert selbst das grösste Interesse an dicken Renditen haben: Der ehemalige Miteigentümer von Schild beteiligte sich beim Verkauf seiner Firma zu fünf Prozent an Globus. Stand heute kann von Verzinsung offenkundig keine Rede sein. Doch Herbert geht davon aus, dass er «2022 mit dem Investment sehr zufrieden» sein werde. Ob Brioni und Santoni dazu beitragen können, wird sich aber wesentlich früher herausstellen.
Dieser Artikel erschien in der Juni-Ausgabe 06/2019 der BILANZ.
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