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Neue Regeln für Stablecoins

Der Wettlauf um den digitalen Franken nimmt Fahrt auf

Seit die USA Stablecoins reguliert haben, bekommt das Thema weltweit Auftrieb. Nun will die Schweiz nachlegen. Doch es bleiben Hürden. 

Holger AlichMichael Heim Handelszeitung

<p>Schweizer Franken sind als Bargeld beliebt. Künftig soll es auch Stablecoins geben, die mit Franken besichert sind. </p>

Schweizer Franken sind als Bargeld beliebt. Künftig soll es auch Stablecoins geben, die mit Franken besichert sind. 

©RMS VISUALS / JULIE BODY (Diese Illustration wurde von einem KI-Modell generiert und von einem Menschen überprüft und finalisiert.)

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Die Zukunft des Zahlungsverkehrs konnte Janko Hahn schon ausprobieren. Der Leiter Treasury des Autozulieferers Autoneum hat im vergangenen November das neue «UBS Digital Cash» bei grenzüberschreitenden Zahlungen in Dollar und chinesischen Yuan in einem Pilotversuch getestet. Beim Digital Cash handelt es sich vereinfacht gesagt um Bankeneinlagen, die auf einer Blockchain abgebildet werden.

Hahn ist begeistert, das digitale Geld sei «bei grenzüberschreitenden Zahlungen ein echter Fortschritt». Denn die Zahlung werde unmittelbar auf dem Konto des Empfängers gebucht, der Absender habe volle Transparenz, und «wir bewegen uns im regulierten Rahmen, da wir weiterhin mit Banken arbeiten».

Solches Blockchain-Geld verspricht nicht nur schnellere, sondern auch billigere Zahlungen über Landesgrenzen hinweg: Denn bei klassischen Banküberweisungen ins Ausland sind je nach Währung bis zu drei Kreditinstitute beteiligt, daher können die Gebühren für eine Zahlung von einer Million zum Teil vierstellige Beträge erreichen. Gelder schnell und günstig mittels einer Blockchain zu versenden, das gilt als eine der Zukunftstechnologien im Finanzsektor.

Auch die Schweizerische Bankiervereinigung hat hierzu jüngst mit Erfolg einen Pilotversuch mit einem Deposit-Token durchgeführt (siehe Kasten). Neben solchen tokenisierten Bankeinlagen gelten Stablecoins als vielversprechende Lösung. Die Citibank sieht in ihnen nicht weniger als den «Chat-GPT-Moment» für die Blockchain-Technologie – sprich, damit könnte die Technik ein Massenpublikum erreichen.

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Schweizer Pioniere wollen mitmischen

Tokenisiertes Bankenbuchgeld können nur Banken herausgeben, einen Stablecoin dagegen können auch andere Anbieter lancieren. Die bekanntesten Emittenten sind Tether und Circle. Allein Tether hat Token im Wert von 180 Milliarden Dollar ausgegeben. Statt mit Bankenbuchgeld sind solche Stablecoins quasi privates digitales Geld, das eins zu eins den Wert einer offiziellen Währung widerspiegelt, etwa den Dollar. Um die Wertstabilität sicherzustellen, sind die ausgegebenen Stablecoins vollständig mit Vermögenswerten gedeckt, also zum Beispiel mit Dollar-Guthaben oder US-Staatsanleihen.

Weltweit hat das Thema Stablecoin nun an Fahrt aufgenommen, auch in der Schweiz. Auslöser war, dass die USA mit dem Genius Act den Stablecoin-Sektor reguliert haben. Die USA wollen damit die Dominanz des Dollar stärken und gleichzeitig im Bereich digitales Geld eine Vorreiterrolle einnehmen.

Schweiz will Stablecoins regulieren

Das hat nun Hektik in der Schweiz ausgelöst. Die Schweiz sah sich lange als Vorreiterin in der Kryptoregulierung – in Sachen Stablecoins droht das Land jetzt überholt zu werden. Noch im Oktober will daher das Eidgenössische Finanzdepartement einen Vorschlag zur Überarbeitung des Finanzinstitutsgesetzes in die Vernehmlassung schicken. Ein Kernpunkt ist, Emittenten von Schweizer Stablecoins zu regulieren. Und am 10. Oktober tagte ein runder Tisch mit sechzig Vertretern aus Finanzindustrie, Unternehmen, Behörden und Wissenschaft, um Chancen und Risiken von in der Schweiz emittierten Stablecoins zu diskutieren.

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Eingeladen hatte das Fintech Swiss Stablecoin AG, das die Emission eines Franken-Stablecoins vorbereitet. Gründerin und Verwaltungsratspräsidentin ist die ehemalige Ständerätin Pascale Bruderer. Sie selbst war schon dabei, als Facebook den Stablecoin Libra lancieren wollte – was vor rund drei Jahren aber am Widerstand der Regulierer scheiterte. Die Trump-Regierung will sich nun dagegen an die Spitze der Bewegung stellen.

Und die Schweiz muss nachziehen. «Es gibt ein immer breiter getragenes gemeinsames Verständnis, dass die Schweiz in Sachen Regulation nachbessern muss, um international nicht abgehängt zu werden», sagt Bruderer. «Ein Franken-basierter Stablecoin wird kommen. Entweder souverän und reguliert aus der Schweiz hinaus – oder aber lanciert durch einen ausländischen Anbieter.»

Banken müssen reagieren

Daher bewegen sich in der Frage mittlerweile auch die Banken: «Vor allem internationale Zahlungsverkehrsbanken haben jetzt die Sorge, dass Stablecoin-Anbieter aus dem Ausland ihnen Geschäft wegnehmen. Daher müssen Banken sich mit dem Thema auseinandersetzen», sagt Alexander Thoma, Leiter Digital Assets bei der Postfinance.

Die bisherige Zurückhaltung der Banken hat einen handfesten Grund: Sollte ein Franken-Stablecoin ein durchschlagender Erfolg werden, würden Kundinnen und Kunden ihre Einlagen von den Banken abziehen und umtauschen. Weniger Einlagen heisst für Banken aber, dass sie weniger Geld für Kredite haben. Damit steigen die Refinanzierungskosten, oder die Banken müssen alternativ ihre Kreditgeschäfte einschränken.

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Die US-Bank Citi schätzt in einer Studie, dass das Volumen der ausgegebenen Stablecoins bis 2030 von derzeit rund 280 Milliarden auf rund 1,9 Billionen Dollar steigen wird. Rund die Hälfte dieses Volumens stamme von klassischen Bankeinlagen – das wären 2,5 Prozent aller ausstehenden Einlagen der US-Banken.

Stablecoins kommen in der Realwirtschaft an

Aber warum soll das Angebot an digitalem Geld derart emporschnellen? Bisher wurden Stablecoins primär genutzt, um Dollar in die Kryptowelt zu übertragen. Mit dem USDT – dem Tether-Coin – wurden dann Kryptowährungen wie Bitcoin gekauft. Doch laut einer Studie des Zahlungsabwicklers Visa hat sich der Umlauf von Stablecoins mittlerweile von Kryptoanlagen entkoppelt. Stablecoins werden zunehmend in der Realwirtschaft eingesetzt.

In Schwellenländern mit hoher Inflation werden Dollar-Coins genutzt, um einfach und schnell Zugang zu Dollar zu bekommen. Oder sie werden gebraucht, um billiger Geld vom Ausland in die Heimatländer zu schicken, da in Schwellenländern die Bankeninfrastruktur noch unterentwickelt ist. Daher lauten derzeit fast 98 Prozent aller Stablecoins auf den Dollar.

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Doch selbst die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) glaubt, dass es einen Nutzen für Franken-Stablecoins geben kann. «Den grössten potenziellen Nutzen sehen wir bei grenzüberschreitenden Zahlungen und beim Liquiditätsmanagement», sagt Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik der SBVg. «In Zukunft könnten programmierbare Zahlungen ein Nutzungsargument sein» – etwa, wenn sich Maschinen autonom untereinander Leistungen verrechnen.

Hess betont aber, dass die SBVg noch keine abschliessende Meinung zu dem Thema formuliert habe – dazu müsse der Bankenverband erst wissen, was Bern in Sachen Regulation plane. «Es gibt zahlreiche Use-Cases für einen gut regulierten Stablecoin: beim Handel mit digitalen Vermögenswerten, im Treasury-Management, als kostengünstiges Zahlungsmittel – speziell bei grenzüberschreitenden Zahlungen – und für intelligente Transaktionen, zum Beispiel automatisiert ausgelöst direkt bei einer Lieferung. Stablecoins lassen sich in Treueprogramme integrieren, und Zahlungen lassen sich programmieren», erklärt Fintech-Unternehmerin Bruderer.

Die Finma-Regeln bremsen

Doch damit ein digitaler Franken als Schweizer Stablecoin ein Erfolg wird, muss die Regulierung angepasst werden. Darin sind sich alle Beteiligten einig. «Die strengen Geldwäscheregeln der Finma für Stablecoins führen dazu, dass de facto deren Emission in der Schweiz unterbunden wird», sagt SBVg-Experte Hess.

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Derzeit verlangt die Finma, dass die Nutzer von Stablecoin jederzeit identifiziert sein müssen. Dies kann durch die Herausgeber selbst oder durch andere Finanzintermediäre erfolgen, die den Geldwäsche-Regeln unterliegen. Damit soll eine anonyme Verwahrung und Übertragung des Digitalgeld verhindert werden. Kritiker halten dies für zu streng.

Wie die Reform aussehen soll

Die Finma verteidigt sich und verweist auf die erheblichen Geldwäscherisiken, sollten Stablecoins anonym übertragen werden können. Dem Vernehmen nach sollen die sehr strengen Geldwäscheregeln etwas gelockert werden, wie auch schon die «Finanz und Wirtschaft» schrieb. So sollen Emittenten nur noch beim Ein- und Auszahlen von Stablecoins gegen Franken die Inhaber identifizieren und prüfen – aber nicht mehr, wenn die einmal geprüften Wallet-Inhaber untereinander mit Coins zahlen.

Bei der Prüfung der Wallet-Inhaber soll eine Blacklist eingeführt werden– sprich, dubiosen Gestalten soll es verboten werden, ein Wallet zu besitzen. Das zuständige Staatssekretariat für internationale Finanzfragen will zum Inhalt der Vorlage noch nichts sagen.

Doch selbst mit neuer Regulierung wird ein Schweizer Stablecoin kein Selbstläufer. So verdienen Tether und Circle ihr Geld damit, dass sie die Zinsen kassieren, welche die Vermögenswerte im Sicherungsfonds abwerfen. «In der Schweiz werfen Franken-Anleihen aber nichts ab, und damit ist der Business-Case eines Franken-Stablecoins komplexer», sagt Thoma von der Postfinance.

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Die Migros winkt ab

Zudem stellt sich die Frage: Wer braucht wirklich einen digitalen Franken? Stablecoin-Pionierin Bruderer ist überzeugt, dass dieser auch für den Handel interessant sein könnte, um den Gebühren von Visa, Mastercard und Twint zu entgehen.

Doch das ist noch Zukunftsmusik, wie eine Nachfrage bei der Migros zeigt: «Aktuell sehen wir kein Bedürfnis, Stablecoins in unser Bezahlsystem oder für alltägliche Einkäufe zu verwenden.» Auch Autoneum-Treasurer Hahn ist bei Stablecoins von privaten Emittenten skeptisch. Banken können also vorerst aufatmen: Sie dürften nicht so schnell obsolet werden.

Die wichtigsten Schweizer Coin-Projekte im Überblick

Swiss Stable Coin

Die von der ehemaligen Politikerin Pascale Bruderer initiierte Swiss Stablecoin AG ging 2022 an den Start. Zusammen mit der Partnerin Postfinance und Cardossier hat das Fintech im Jahr 2023 einen Proof of Concept für einen Franken-Stablecoin vorgestellt. Der Stablecoin namens CHFD ist ein digitales Abbild des Frankens, konform mit der Schweizer Regulierung. «Ziel war von Anfang an, einen wertstabilen und regulierten Stablecoin auf Franken-Basis zu entwickeln», sagt Bruderer. Dabei setzt Swiss Stablecoin auf die Partnerschaft mit schweizweit verankerten Unternehmen und auf eine bankenbasierte Plattform. Dies vereinfacht den Zugang für die Nutzer und reduziert den regulatorischen Aufwand, weil die Banken ihre Kundschaft bereits identifizieren und überwachen müssen.

Swiss Stablecoin sieht den CHFD als Ergänzung zur bestehenden Schweizer Zahlungsinfrastruktur, welche die Wettbewerbsfähigkeit stärkt und die Abhängigkeit von ausländischen Intermediären verringert. Als Zahlungsmittel, das tiefe Transaktionskosten mit einer Verfügbarkeit rund um die Uhr verbindet und programmierbare Zahlungen erlauben soll.
Nachdem viele Schweizer Banken lange zurückhaltend geblieben seien, spüre man seit einigen Monaten ein stark anziehendes Interesse, so Bruderer. Sie hat Erfahrung mit dem Thema, denn sie war schon bei Facebooks Stablecoin-Projekt Libra mit von der Partie, was damals aber am Widerstand der Regulierer scheiterte. Neben ihr sind auch Ex-Twint-CEO Thierry Kneissler und der frühere SIX-Manager Valerio Roncone mit an Bord bei der Swiss Stablecoin AG.

SBA Deposit Token

Mitte September hat die Schweizerische Bankiervereinigung ihr Projekt für das digitale Bezahlen vorgestellt, den SBA Deposit Token. Dieser ist kein Stablecoin, dessen Wertstabilität durch die Hinterlegung von Franken oder Franken-Anlagen gesichert ist, sondern er stellt quasi tokenisiertes Bankenbuchgeld dar. Sprich, die Kundeneinlagen auf den Bankkonten werden auf einer öffentlichen Blockchain gespiegelt. Mit diesem Set-up reagiert der Bankenverband auf die Sorge der Banken, dass einfach verfügbare Digitalwährungen zu grossen Abflüssen in den Bankbilanzen führen könnten, die letztlich das Kreditgeschäft massgeblich einschränken würden.

Als Partner sind am Projekt auch die Grossbank UBS, die Postfinance und die auf Kryptoassets spezialisierte Sygnum Bank beteiligt. Der vom Verband im Rahmen eines Proof of Concept im September vorgestellte Token soll die Vorteile einer auf der Blockchain basierenden Digitalwährung mit dem Einlagensystem der Banken kombinieren. Konkret basiert der Token auf dezentral bei den Banken verwalteten Vermögen. Führt ein Bankkunde eine Transaktion mit diesem Token aus, wird der entsprechende Betrag im Hintergrund von einer Bank zur anderen überwiesen.

Stand heute würde dies über das normale Interbanken-Clearing geschehen. Der Deposit Token des Bankenverbands ist damit weniger eine echte Digitalwährung als eine modernere Version des heutigen Zahlungsverkehrs. Im aktuellen Set-up bietet das System kaum Mehrwert. Der Deposit Token des Bankenverbands soll in Zukunft dann neue Anwendungen wie automatisierte Zahlungen über Smart Contracts ermöglichen.

Digital Swiss Franc und Cryptofranc

Der Bitcoin-Pionier Bitcoin Suisse lancierte schon 2018 einen eigenen Stablecoin: den Cryptofranc mit dem Kürzel XCHF. Zwei Jahre später folgte ihm die Bank Sygnum mit dem Digital Swiss Franc (DCHF). Doch im vergangenen Jahr zog Bitcoin Suisse beim Krypto-Franken wieder den Stecker. Der Grund sei zu wenig Interesse der Nutzer, erklärt ein Vertreter von Bitcoin Suisse. Anleger würden zum Kauf von Kryptowährungen lieber auf andere Stablecoins mit Dollar-Anbindung zurückgreifen. Daher habe der Cryptofranc keinen Mehrwert geboten. Zum Zeitpunkt der Ankündigung der Einstellung waren rund 905’000 Kryptofranken im Umlauf.

Den Digital Swiss Franc von Sygnum gibt es dagegen noch. Im Unterschied zum eingestellten Kryptofranken, der auf der öffentlichen Blockchain Ethereum aufsetzte, basiert der DCHF auf einer eigenen Blockchain. Der Digital Swiss Franc ist ein klassischer Stablecoin– das heisst, die ausgegebenen Coins sind vollständig mit Franken unterlegt. Als regulierte Bank kann Sygnum dies direkt mit der Schweizerischen Nationalbank tun.

Die derzeitige Regulierung schränkt die Verwendung des Stablecoins aber ein: Laut Syngnum kann der DCHF nur zwischen vollständig identifizierten Kunden der Bank transferiert werden, der Einsatz ist daher auf das hauseigene Ökosystem limitiert. Primär wurde der DCHF geschaffen, um das interne Settlement für den Sekundärmarkt tokenisierter Vermögenswerte zu ermöglichen – sprich, mit dem DCHF können Bankkunden Kryptoanlagen bezahlen. Zum Volumen der ausstehenden Digital Swiss Francs macht Sygnum auf Nachfrage keine Angaben.

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Digital Cash der UBS

Auch die grösste Schweizer Bank UBS hat ein Pilotprojekt für eine Blockchain-basierte Zahlungslösung entwickelt und getestet: UBS Digital Cash heisst das Projekt, dessen Testlauf vor einem Jahr mit Erfolg über die Bühne ging. Technisch gesehen handelt es sich bei Digital Cash um tokenisierte Bankguthaben, sprich, die Kundenguthaben werden auf einer privaten Blockchain abgebildet und können mit ihrer Hilfe übertragen werden. Zugang zum System haben nur berechtigte Kunden und Kundinnen der UBS. Derzeit ist das UBS Digital Cash also eine Silolösung. Einen ähnlichen Coin hat die US-Grossbank J. P. Morgan im Angebot.

Beim Pilotprojekt der UBS vom vergangenen November haben Bankkunden wie der Autozulieferer Autoneum sowie die UBS selbst grenzüberschreitende Zahlungen in Dollar, Franken, Euro und Yuan mithilfe des Digital Cash abgewickelt. Ferner hat die UBS beim Testlauf selbst intern mit dem eigenen Coin Liquidität zwischen den einzelnen UBS-Gesellschaften verschoben.

Der Vorteil des Digital Cash sei, dass grenzüberschreitende Geldtransfers damit schneller und pünktlicher werden sowie lückenlos nachverfolgbar sind, heisst es bei der Bank. Die Grossbank sieht ihr Projekt als Ergänzung zu anderen Schweizer Blockchain-Zahlungsprojekten, allen voran zum Projekt Helvetia der Schweizerischen Nationalbank für digitales Zentralbankgeld.

Seit dem erfolgreichen Testlauf ist es ruhig geworden um das UBS Digital Cash. Doch das Projekt lebt: Nach Angaben der Bank befindet sich das UBS Digital Cash derzeit «in der nächsten Entwicklungsphase». Der Fokus liege darauf, die Funktionen der Bezahllösung zu erweitern.

Digitales Notenbankgeld der SNB

Die SchweizerischeNationalbank(SNB) wirkt seit einigen Jahren führend bei der Entwicklung von digitalem Notenbankgeld für Grosskunden wie Banken, Notenbanken oder andere Finanzinstitutionen mit. Hierzu läuft seit Ende 2023 das Projekt «Helvetia». Dabei emittiert die SNB digitale Franken für Refinanzierungsgeschäfte mit den Geschäftsbanken (Wholesale Central Bank Digital Currency, kurz CBDC). Dabei bestehen sowohl das Zentralbankgeld, das Banken bekommen, als auch die von Banken hinterlegten Sicherheiten in tokenisierter Form. Die Plattform dafür stammt vom Börsenbetreiber SIX.

Im Juni gab die SNB bekannt, das Projekt bis mindestens Mitte 2027 zu verlängern und zu erweitern. Neu kommt ein zweites Teilprojekt hinzu: Dabei bekommen Banken traditionelles Zentralbankgeld gutgeschrieben, die Sicherheiten dagegen sind auf einer Blockchain tokenisiert. Hierbei wurden die Banken-Clearing-Plattform SIC und die digitale Finanzinfrastruktur BX Digital miteinander synchronisiert. Im Testbetrieb evaluiert die SNB nun beide Ansätze im Vergleich.

Anders als die Europäische Zentralbank will die SNB bisher nichts von einem digitalen Franken auf Blockchain-Technologie wissen, der für Endkunden zugänglich ist. Die Sorge: Können Kunden ihre Guthaben direkt bei der Zentralbank halten, haben sie keinen Grund mehr, Buchgeld bei Geschäftsbanken zu halten, das diese Banken selbst schöpfen können. Damit wäre das zweistufige Banken-system in Gefahr. Damit kein anderer Emittent mit der Bezeichnung «Franken» werben kann, hat sich die SNB bereits die Markenrechte am «Digitalen Franken», am «E-Franken» sowie am «Digitalen Schweizer Franken» gesichert.

Franken-Token der SIX

Die Börsenbetreiberin SIX hat 2021 eine auf Blockchain-Technologie basierende Börsenplattform (SDX) lanciert. Sie soll im Endausbau den Handel, das Clearing und das Settlement in einen Schritt vereinen und so nicht nur diese Abläufe vereinfachen, sondern auch Gegenparteienrisiken reduzieren, die heute aus den separaten Prozessen entstehen. Damit ist die SDX die erste voll regulierte Börse auf Distributed-Ledger-Technologie (DLT).

Erste echte Transaktionen wurden bereits abgewickelt: Die UBS (2022) und die BaslerKantonalbank (2023) haben digitale Anleihen über die SDX ausgegeben. In diesem Zusammenhang hat die SDX mit dem tCHF auch ihren eigenen Franken-Token ausgegeben, der mit Sichtguthaben bei der Nationalbank gedeckt ist. Dieser kann allerdings nur von Börsenmitgliedern, nicht aber von Endkunden verwendet werden. Die digitale Börse ist auch an den Tests der Nationalbank für digitales Notenbankgeld beteiligt, an der SDX wurde das digitale Notenbankgeld CBDC der SNB gehandelt. Laut SIX ist die Schweiz der einzige grosse Finanzplatz weltweit, der die Abwicklung von Wertpapiertransaktionen in digitaler Zentralbankwährung ermöglicht hat.

Die volldigitale Börse SDX ist eines der Vorzeigeprojekte des Schweizer Börsenbetreibers SIX. Den grossen Durch-bruch hat die SDX aber bisher noch nicht erzielt. Zuletzt hat im Juli die Privatbank Pictet mit Erfolg Unternehmens-anleihen auf der SDX tokenisiert. Diese Anleihen haben oft sehr grosse Nennwerte, die Tokenisierung erlaubt die Stückelung der Anleihen in kleinere Teileinheiten, die Pictet dann in Kundendepots einbuchte. Sollten Stablecoins in der Schweiz breitere Verwendung finden, könnte dies möglicherweise auch der SDX wieder neuen Schub verleihen.

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Holger Alich

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