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Geldpolitik

Das sagen Ökonomen zur erneuten Zinssenkung der Fed

Die US-Notenbank hat ihren Leitzins wie erwartet zum dritten Mal in Folge gesenkt. Die Reaktion von Experten.

Reuters

Gebäude der US-Notenbank Federal Reserve in Washington, USA.

Gebäude der US-Notenbank Federal Reserve in Washington, USA.

cash.ch/Daniel Hügli

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Die US-Notenbank hat ihren Leitzins trotz unklarer Konjunkturlage zum dritten Mal in Folge gesenkt. Er wurde am Mittwoch erneut um einen Viertelpunkt auf die neue Spanne von 3,50 bis 3,75 Prozent heruntergesetzt.

Die Federal Reserve hatte den geldpolitischen Schlüsselsatz im September erstmals im laufenden Jahr reduziert und im Oktober nachgelegt. Begründet wurde dies mit Schwächesignalen vom Arbeitsmarkt. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:

BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK:

«Die Notenbanker werden auch in nächster Zeit uneins darin sein, ob und wie stark das Leitzinsniveau gesenkt werden soll. Es lassen sich gute Gründe für Meinungsunterschiede finden: eine unsichere Datenlage, erhöhte Inflationsraten oder Schwächesignale vom Arbeitsmarkt. Der Nebel über dem Leitzinspfad 2026 wird sich nicht so schnell lichten. In dieser Situation wird die Fed wohl eher vorsichtig als forsch vorangehen. Bis zum Spätsommer dürfte die Leitzinsspanne aber dennoch auf 2,75 bis 3,00 Prozent gesenkt werden. Ein tieferes Leitzinsniveau ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wohl nicht erforderlich und würde einen zunehmenden Politikeinfluss widerspiegeln.»

THOMAS ALTMANN, PORTFOLIOMANAGER QC PARTNERS: 

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«Die Börsen gehen für das kommende Jahr 2026 weiterhin von zwei weiteren Zinssenkungen aus. Die Fed-Mitglieder sehen allerdings nur eine weitere Zinssenkung. Hier könnte sich im neuen Jahr ein gefährliches Spannungsfeld aufbauen.»

NATAHN SHIELDS, CHEFÖKONOM CITIGROUP:

«Sollte die Fed im nächsten Jahr aggressiver lockern, als es die Märkte für gerechtfertigt halten, könnten die Anleger dies als inflationär bewerten. Dies würde die langfristigen Zinsen nach oben treiben, einschliesslich der Hypothekenzinsen. Damit würde genau der Sektor gedrosselt, den Trump eigentlich stärken will. Das würde den Immobilienmarkt abwürgen.»

SERGE NUSSBAUMER, KAPITALMARKTEXPERTE MAVERIX

«Die US-Notenbank hat die Leitzinsen wie erwartet um 25 Basispunkte gesenkt. Doch die eigentliche Botschaft der Sitzung war eine andere. Zwar setzt die Fed ihren Lockerungskurs fort und reagiert damit auf eine spürbare Abkühlung des Arbeitsmarkts und eine nur zögerlich sinkende Inflation. Doch Fed-Chef Jerome Powell nahm den Märkten sofort die Hoffnung auf eine automatische Fortsetzung dieser Politik. Weitere Zinssenkungen seien keineswegs garantiert, betonte er ungewohnt deutlich. Der neue Dot-Plot zeigt, für 2026 und 2027 rechnen die meisten Notenbanker lediglich mit jeweils einem zusätzlichen Zinsschritt nach unten.

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Damit sendet die Fed ein klares Signal der Vorsicht. Sie will die Wirtschaft stützen, ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, also ohne zu früh oder zu stark zu lockern. Der Kauf kurzfristiger Staatsanleihen durch die Zentralbank ist weniger ein expansiver Kraftakt als eine technische Massnahme, um zum Jahresende Liquidität im Finanzsystem zu sichern. Es ist ein Eingriff, der Stabilität schaffen soll, aber kein Zeichen für einen neuen, breit angelegten Stimulus.

Für die Märkte bedeutet dies, dass der Zinsschritt bereits eingepreist war und keine zusätzlichen Überraschungseffekte zu verzeichnen waren. Die vorsichtig-taubenhaften Untertöne der Pressekonferenz sprechen jedoch gegen eine Phase ungebremsten Optimismus. Aktien profitieren zwar kurzfristig von niedrigeren Finanzierungskosten, doch der geldpolitische Rückenwind könnte schwächer ausfallen als erhofft. Die Fed erkennt die konjunkturellen Risiken, befindet sich aber nicht im Krisenmodus.

Gleichzeitig schwingt eine zusätzliche Unsicherheit mit. Ab Mai übernimmt ein neuer Fed-Vorsitzender die Führung der Notenbank. Mit diesem personellen Wechsel könnte sich der Tonfall der Geldpolitik verändern, je nachdem, wie stark der neue Vorsitzende bereit ist, das aktuelle Gleichgewicht zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsstützung neu zu gewichten. Die heutige Vorsicht muss also nicht die Linie der kommenden Monate bleiben. Die Marktteilnehmer werden künftige Kommentare und Personalentscheidungen der neuen Führung entsprechend intensiv analysieren.

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Unter dem Strich zieht die US-Notenbank eine feine Linie: genug Lockerung, um eine konjunkturelle Abkühlung abzufedern, aber nicht genug, um einen neuen Risiko-Exzess zu entfachen. Doch mit dem anstehenden Führungswechsel steigt die geldpolitische Unsicherheit – und damit der Bedarf, Entscheidungen der Fed in den kommenden Monaten noch genauer zu lesen.»

(Reuters/cash)

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