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Inside Bahnhofstrasse

Glencore sucht neue Wege

Rohstoffriese Glencore steckt tief im Minus; Montana Aerospace fliegt in ertragreichere Sphären; Medacta wächst mit hoher Kadenz.

Frank Goldfinger

<p>Glencore-Chef Gary Nagle (l.) ­gerät wegen schlechter Zahlen von Aktionärsseite unter Druck, ­darunter Ex-CEO Ivan Glasenberg.</p>

Glencore-Chef Gary Nagle (l.) gerät wegen schlechter Zahlen von Aktionärsseite unter Druck, darunter Ex-CEO Ivan Glasenberg.

Keystone, PR / BILANZ-Collage

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Beim lange Zeit erfolgsverwöhnten Rohstoffkonzern Glencore bleiben die Erfolge aus. Nach einem Jahr mit tiefroten Zahlen resultierte auch im ersten Semester 2025 bei gehaltenem Umsatz ein saftiger Verlust. Primär verantwortlich dafür ist der Preisrückgang bei Kohle. Ausgerechnet Kohle: Konzernchef Gary Nagle (50) wollte diese Sparte einst abspalten und an die Börse bringen, die Aktionäre schossen den Plan ab. Nun flüchtet sich das Management in Durchhalteparolen: Alles werde gut, der Kohlepreis werde wieder steigen, ebenso die Produktion von Kupfer.

Doch von Aktionärsseite steigt der Druck auf Nagle. Auch der mit zehn Prozent grösste Anteilseigner, der ehemalige CEO Ivan Glasenberg (68), hat kaum Freude am Kursverlauf. Die Aktien haben seit Januar einen Viertel an Wert eingebüsst, seit Anfang 2023 gingen mehr als 50 Prozent futsch. Dahinter steckt auch ein Käuferstreik durch institutionelle Anleger, denn für viele sind Firmen mit starkem Kohlegeschäft tabu. Bei Glencore in Baar wird gewerweisst, wie Mehrwert zu schaffen wäre. Eine aggressive Vorwärtsstrategie, die Fusion mit dem Bergbauunternehmen Rio Tinto, ist geplatzt. Worauf Nagle laut darüber sinnierte, die Hauptnotierung der Aktien von London nach New York zu verlagern, wohl weil Amerikaner Glencores Werte mehr zu schätzen wüssten. Doch auch diese Idee zerstob.

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Daneben kämpft Glencore an weiteren Fronten. So wird der Kupferabbau zurückgefahren, in Kongo stapeln sich Kobaltvorräte, weil die Regierung ein Exportverbot verhängt hat. Derweil rückt die Konkurrenz, gerade in der Schweiz, dem Konzern auf den Pelz. Glencore muss sich, zumindest in Teilbereichen, neu erfinden. Ich fasse die Aktien erst wieder an, wenn Nagle zum Befreiungsschlag ansetzt.

Frank Goldfinger ist der anonyme Börsenspezialist der BILANZ. Schreiben Sie ihm an: bahnhofstrasse@bilanz.ch

Heftige Krise

Allgemein wurde erwartet, dass Komax ein schlechtes Semesterergebnis abliefern würde – doch nicht derart schlecht: Der Umsatz sank um 13 Prozent, das Ebit brach um zwei Fünftel ein, und der Vorjahresgewinn wandelte sich in einen Verlust. Der Produzent von Maschinen für die Kabelverarbeitung spürt die Absatzkrise in der Autoindustrie. Allerdings harzt es auch in anderen Bereichen. Dazu kommt der starke Franken. Das Management weiss sich nicht anders zu helfen, als noch mehr zu sparen und weitere Mitarbeiter zu entlassen.

Die Misere hat sich im Aktienkurs der Innerschweizer niedergeschlagen; seit 2023 haben die Titel 70 Prozent verloren. Am Kriechgang wird sich wohl nicht so schnell etwas ändern. Zwar prognostizieren einige Analysten bereits für die nächsten zwei Jahre deutlich steigende Gewinne. Ich warte einmal ab, ob Komax den Turnaround wirklich bald schafft.

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Gewinne mit Geduld

Ein spannendes Unternehmen ist Montana Aerospace. Die Jungfirma – Gründungsjahr 2019 – mit Sitz in Reinach BL ist einer der weltweit führenden Hersteller von komplexen Leichtbau-Komponenten für die Luftfahrtindustrie. Hinzu kommen Kupferprodukte für die Energiewirtschaft. Seit dem Börsengang von 2021 ist starkes Umsatzwachstum angesagt; ein Gewinn fiel allerdings erst im letzten Jahr an. Das war nicht zuletzt das Resultat hoher Investitionen in neue Kapazitäten. Inzwischen stimmt auch das Ertragswachstum. Im ersten Semester dieses Jahres stieg der Umsatz um 14 Prozent, das bereinigte Ebitda legte 29 Prozent zu.

Die Aussichten sind vielversprechend. Mitte Jahr meldete das Management für den Sektor Flugzeugteile einen Auftragsbestand von sieben Milliarden Euro – gegen das Neunfache des letztjährigen Bereichsumsatzes. Die Nachfrage wird beflügelt durch den wachsenden Flugverkehr und die prosperierende Verteidigungsindustrie. Positiv auf den Ertrag wirkt sich zudem der geplante Verkauf der Division Energy aus; dort ist die Marge mit 6,7 Prozent wenig berauschend.

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Das ertragsstärkere Wachstum hat den lange Zeit gedrückten Aktien neues Leben eingehaucht: Seit April resultiert ein Gewinn von über 80 Prozent. Damit dürfte das Kurspotenzial vorderhand beschränkt sein, denn die Titel sind mit einem für 2025 geschätzten KGV von 31 satt bewertet. Bereits für 2026 prognostizieren die Analysten ein KGV von 17, Tendenz sinkend. Montana Aerospace verlangen also Geduld.

Klein, aber oho

Im Juni letzten Jahres habe ich Medacta Group empfohlen. Seither legten die Aktien über 20 Prozent zu. Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Der Tessiner Hersteller künstlicher Gelenke präsentiert sich in starker Verfassung; im ersten Semester stieg der Umsatz um 19 Prozent, die Erträge werden in den nächsten Tagen publiziert. Flugs erhöhte die Firma das Jahresziel. Nun soll der Umsatz um 16 bis 18 Prozent steigen (bislang 13 bis 15 Prozent), die Ebit-Marge dürfte von 27 auf 28 Prozent steigen.

Medacta ist im Markt für Orthopädie zwar nur ein kleiner Player, weiss sich aber sehr gut zu behaupten. Die Tessiner zeigen sich innovativ und überzeugen ihre Kunden mit neuen Produkten, Technologien sowie Systemen. Die Verdoppelung der Produktionskapazitäten an den zwei Standorten kommt zur rechten Zeit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Aktienkurs bereits viel Zukunft eingepackt ist; das KGV für nächstes Jahr stellt sich auf 29. Dennoch sind die Titel attraktiv, denn nicht nur die Umsätze, sondern auch die Gewinne wachsen schnell.

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Frank Goldfinger

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