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Tropfen der Macht

Das Einmaleins des Weinwissens für Führungskräfte

Wer eine Führungsrolle einnimmt, benötigt ein breites Skill-Set. Dazu gehört Wissen über Wein. Diese Tipps helfen beim Business-Dinner.

Tina Fischer

<p>Richtig Wein trinken: Am Business-Dinner kredenzen Führungspersonen gerne eine gute Flasche Wein.</p>

Richtig Wein trinken: Am Business-Dinner kredenzen Führungspersonen gerne eine gute Flasche Wein.

KEYSTONE/Urs Flueeler

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Weltweit haben Führungskräfte eines gemeinsam: Sie kredenzen gerne ein Glas Wein. Emmanuel Macron trinkt mittags und abends ein Gläschen. Winston Churchill entkorkte täglich zwei Flaschen Champagner. Und Bundesrat Guy Parmelin bezieht den Wein vom Familienbetrieb.

Im Geschäftsleben wird inzwischen zwar deutlich weniger Alkohol getrunken als noch vor ein, zwei Jahrzehnten. Doch an formellen Anlässen gehört das gute Glas noch immer dazu. Wein wird zelebriert, allen voran der Rotwein. Mehr denn je kann punkten, wer sich damit auskennt. Und abschiffen, wer beim Small Talk nicht mithalten kann. 

Dabei betreiben die Blender unter den vermeintlichen Kennern oft nur Namedropping: Sie lassen grosse Namen von bekannten Regionen und Häusern fallen, was ihnen den Anstrich verleiht (und natürlich auch stimmen mag), dass sie viel davon verstehen. 

Um sich selbst diesen Hauch von Wissen anzueignen – und immerhin nicht ganz so unbeholfen dazustehen, wenn eine Frage kommt –, hilft das kleine Einmaleins des Weins: fünf bedeutende Regionen, deren typische Traubensorten, die bekannten Weinhäuser und überraschende Anekdoten.

Bordeaux, Frankreich

Am Klassiker schlechthin führt kein Weg vorbei. Bordeaux ist Synonym für grosse und teure Weltklasse. Tischt die Chefin einen Bordeaux auf, will sie entweder angeben, schätzt das Team sehr, oder sie folgt der Familientradition, bei der schon der Grossvater in Subskription Wein kaufte. Als Basisregel gilt: Die Haupttraubensorten (nebst anderen) im Bordeaux sind Cabernet Sauvignon und Merlot, in der Regel verschnitten. Drei Flüsse definieren die Region: Die Garonne und die Dordogne fliessen von rechts nach links, sie vereinen sich zur Gironde, die linker Hand ins Meer fliesst. Die Unterscheidung von links und rechts ist wichtig: Am linken Ufer, wo auch das bekannte Gebiet Médoc liegt, dominiert bei Verschnitten der Cabernet Sauvignon, am rechten Ufer, hier liegen das Pomerol und Sainte-Émilion, hat der Merlot mehr Gewicht. Es gibt rund 6000 Winzer, aber fünf grosse Häuser gehört es zu kennen: Stehen auf dem Tisch Flaschen von Châteaux Lafite, Latour, Mouton Rothschild, Margaux oder Haut Brion, dann heisst das nur: Geniessen! So ein Moment kommt so schnell nicht mehr!

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Wie degustiert man einen Wein?

Die Haltung: Ein Weinglas hält man am Stil und nicht am Kelch, da das die Weintemperatur beeinflussen kann.

Der Geruch: Erst am Wein riechen, ohne ihn zu schwenken. Dann schwenken, das Glas leicht schräg halten und die volle Aromatik in der Nase wahrnehmen.

Der Geschmack: Einen Schluck nehmen, nicht zu wenig, nicht zu viel, vor allem aber den Schluck länger als gewohnt im Gaumen behalten und etwas Luft hinzuziehen – Geräusche sind erlaubt, solange sie nicht ins Affektierte kippen. Die Aromatik eines Weines benötigt Sauerstoff und Zeit, um sich zu entfalten.

Der Abgang: Ein Wein zeigt sein wahres Potenzial erst nach dem Schluck. Verweilt der Geschmack auch lange danach noch im Gaumen, ist es ein (richtig) guter Wein.

Burgund, Frankreich

Beim zweiten Klassiker auf französischem Boden variiert der Verkaufspreis und Marktwert von Weinen stärker als in Bordeaux. Der Grund: die Rotweine aus Pinot noir. Die Traube ist eine Diva, die britische Weinkritikerin Jancis Robinson schreibt: «Das Los des Pinot-noir-Winzers ist nicht einfach.» Die Traube liefert weder hohe Erträge, noch ist sie einfach in der Handhabe, da die dünne Haut für Fäule anfällig ist. Warum also die Mühe? Wer es schafft, gesunde Pinot-Trauben zu keltern, erhält Weine von grandiosem und alterungswürdigem Kaliber. Ein Blick auf die «Trinkreife-Tabelle» von Mövenpick und dem Weinmagazin «Vinum» zeichnet aktuell die Jahrgänge 2009 und 2010 mit Stern aus. Öffnet der Chef also einen Burgunder – vorzugsweise von der Côte de Beaune oder der Côte de Nuits –, dann ist das Produkt erster Klasse. Auch erster Klasse sind die Burgunder Weissweine, namentlich die reinsortigen Chardonnays aus dem Chablis.

Champagne, Frankreich

Dass Pinot noir trotz ihrer Anfälligkeit zu den zehn meistangebauten Trauben gehört, verdankt sie nicht dem Burgund, sondern der Heimat des Champagners. Hier gehört sie mit Chardonnay und Pinot Meunier zu den meistgenutzten Trauben für den Schaumwein. Bekannte Namen gibt es viele: Ruinart, Luis Roeder, Taittinger, Veuve Clicquot, Bollinger oder Pol Roger, Churchills Liebling. Die weltweite Bekanntheit von Champagner liegt einerseits an der Geschichte, andererseits basiert sie auf dem Herstellungsverfahren: Jeder Champagner durchläuft zwei Gärungen. Nach der ersten Gärung wird dem Stillwein erneut Hefe und etwas Zucker zugesetzt und die Flasche verschlossen. Die Hefe bewirkt eine zweite Vergärung. Dadurch entsteht Kohlendioxid, das aber nicht entweichen kann, wodurch sich dieses als Perlage im Wein einbindet. Der ganze Prozess, bis die Hefe mit dem Rüttelverfahren wieder aus der Flasche entfernt wird, dauert mindestens zwölf Monate, meistens gar das Doppelte oder Dreifache. Wird also eine Flasche Champagner ausgeschenkt, steckt eine Menge Arbeit dahinter. Und meist wird eine solche Flasche geöffnet, um auf ein grosses Projekt anzustossen und Wertschätzung zu zeigen.

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Was, wenn der Wein Zapfen hat?

Es ist die Gretchenfrage des Weins: Zapfen oder kein Zapfen? Den Weinfehler zu erkennen, gehört zum Grundwissen des Weintrinkens. Er zeigt sich durch einen unangenehmen Geruch von stinkigem Käse oder muffigem Keller. Im besten Fall erkennt man den Fehler bereits beim Degustieren, im unangenehmen Fall entdeckt man ihn, obwohl jemand anderes den Wein zum Ausschank freigab. Die ehrlichste Taktik: Direkt sagen, dass man nicht ganz sicher ist, ob der Wein gut ist. Die verzögernde Taktik: Leicht abwarten, immer wieder am Wein riechen, bis man von jemanden darauf angesprochen wird. Keine Taktik: Gar nichts sagen. Verlieren kann man nämlich nicht. Wer einen Zapfen zu riechen meint, kann sich auf spannende Diskussionen am Tisch freuen.

Toskana, Italien

Hohe, schlanke Zypressen säumen die Strassen, auf Italienisch «Strade bianche», die zu toskanischen Weinvillen führen. Die Toskana hat viele kleine Appellationen, besonders bekannt sind Chianti, Brunello di Montalcino und Bolgheri. Wobei Letzteres früher ein Nobody war und erst dank findigen Weinbauern aufstieg, die anstatt auf die klassische Toskana-Traube Sangiovese zu setzen, Versuche mit Bordeaux-Verschnitten aus Cabernet Sauvignon und Merlot wagten. Was erst argwöhnisch betrachtet wurde, ist heute weitherum als «Supertoskaner» bekannt. Aus dem Bolgheri stammen Sassicaia und Ornellaia, in der gleichen Klasse spielt auch Tignanello. Es sind grosse und bekannte Namen, die Weine erhalten immer wieder Spitzenauszeichnungen. Und es sind Weine, die Führungskräfte gerne auf ihre Tische stellen oder verschenken; wegen der Italianità, aber auch wegen des weit verbreiteten Renommees.

Ribera del Duero und Priorat, Spanien

Spanien segelte lange im Schatten der Weinnation Frankreich und dem Liebling Italien – und das, obwohl es mit 945’000 Hektaren weltweit die grösste Rebfläche aufweist. Doch über die Jahre baute sich Spanien rund um die Nationaltraube Tempranillo einen klingenden Namen auf. Rioja, allen voran aber das Ribera del Duero, haben die Weine zur Exzellenz gebracht. Pingus, Vega Sicilia oder Valduero gehören zu den treibenden Häusern. Das Priorat hingegen, in der Nähe von Barcelona, baut seinen Erfolg auf der Garnacha-Traube auf, die auf den Schieferböden, genannt «Llicorella», wächst. Die Böden und steilen Terrassen ermöglichen nur aufwendigen und noch dazu wenig Ertrag. Dafür von höchster Qualität und von höchstem Preis. Priorat-Trinker wissen um die Qualität und schenken ihn nicht ein, um bloss anzugeben. Sondern nur, wenn das Gegenüber das Produkt schätzen und einordnen kann.

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Die Aromatik der wichtigsten Rebensorten

Cabernet Sauvignon

Dunkle und kräftige Weine mit hohem Gerbstoffgehalt und Säure. Aromen von schwarzen Beeren wie die Johannisbeere oder Brombeere und dazu meist Aromatik vom Holz wie Tabak oder Vanille.

Merlot

Gehaltvolle und runde Weine mit vergleichsweise niedrigem Säuregehalt. Intensive Fruchtaromen von Kirsche, Himbeere oder Pflaume.

Pinot noir

Weine mit hellerem Rotton. Ohne Holzausbau viel Erdbeere und Himbeere, aber auch Cassis und Gewürze. Gereifte Pinots riechen tatsächlich nach Waldboden und Pilz, mit Holzausbau kommt etwas Vanille dazu.

Tempranillo

Kräftige, dunkle Farbe mit vielen Gerbstoffen, intensiver Säure und Aromen von Brombeeren, Lakritze und Leder.

Chardonnay

Frische Aromen von Melone oder Zitrusfrüchten, wenn im Fass gereift, dann kommen Vanille oder Butter dazu.

Kalifornien, USA

Die Vereinigten Staaten sind ein Land, das für überbordenden Konsum steht – und es gleichzeitig in die Liste der illustren Weinregionen schafft. Kalifornien kultiviert rund 90 Prozent der amerikanischen Weinproduktion. Das Napa Valley ist dabei die absolute Nummer eins. Besonders beliebt sind die sortenreinen Cabernet Sauvignons. Aber auch Bordeaux-Blends, Cabernet Sauvignon und Merlot sowie die Zugabe von amerikanischem Zinfandel erfreuen sich breiter Beliebtheit. Nicht nur beim bekannten Weinkritiker Robert Parker, sondern auch beim Schweizer Unternehmer Peter Spuhler. In seinem Weinkeller sollen sich Weine von Screaming Eagle, dem Kult-Weingut im Napa Valley, finden, die zu absoluten Raritäten zählen.

 

 

 

 

 

 

Über die Autoren
Tina Fischer

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