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Der Bündner Duri Vital hat sich auf die Renovierung alter Häuser spezialisiert. Seine Arbeit zeigt, wie alte Häuser durch sorgfältige Renovierung wiederbelebt werden können.
Duri Vital ist in Sent als Sohn eines Holzhändlers geboren worden und aufgewachsen. Sein Ruf: Spezialist für den Umbau alter Engadiner Häuser.
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Duri Vital: Ich bin in Sent im Unterengadin aufgewachsen, umgeben von den mächtigen Engadiner Häusern, die mit ihrer Präsenz und ihrer Geschichte den Alltag prägen. Man lebt in ihnen, ohne sie zu hinterfragen, bis man eines Tages beginnt, wirklich hinzusehen. Für mich war der Wendepunkt der Umbau eines Hauses in Tschlin für meinen Bruder Not, gemeinsam mit dem Architekten Hans-Jörg Ruch. Dieses Projekt hat mir das enorme Potenzial dieser alten Strukturen gezeigt – vorausgesetzt, man nimmt sie ernst. Seitdem lassen mich diese Häuser nicht mehr los. Es gibt in ihrer Geschichte keine Bausünden – das allein ist schon faszinierend genug.
Ich will das Bestehende nicht überformen, sondern sichtbar machen. Jedes alte Haus erzählt eine Geschichte, oft sogar mehrere. Meine Aufgabe sehe ich darin, diese Geschichten freizulegen. Dafür braucht es Respekt, Geduld und einen scharfen Blick fürs Detail. Ich arbeite mit dem, was vorhanden ist. Historische Techniken wende ich dort an, wo sie Sinn machen, und kombiniere sie mit zeitgemässen Eingriffen. Es geht nicht um Nostalgie, sondern um eine Haltung.
Weil ich einer bin. Ich habe in meinem Leben verschiedene handwerkliche Berufe ausgeübt und bei meinen ersten Umbauten selbst Hand mit angelegt. Dieses Wissen hilft mir enorm in der Kommunikation mit den Handwerkern, denn wir sprechen dieselbe Sprache. Das verhindert Missverständnisse. Ich bin Teil des Prozesses – vom ersten Augenschein bis zum letzten Farbanstrich. Ich kenne das Material, die Werkzeuge, die Schwierigkeiten – und auch das Glück, wenn etwas gelingt. Ich bin täglich auf der Baustelle. Ich bin kein Architekt, der nur am Schreibtisch entwirft. Pläne zeichne ich fast ausschliesslich für die Baueingabe.
Dieses typische Engadiner Haus mit Heustall steht mitten in Ardez und stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Duri Vital hat es von 2022 bis 2023, in Zusammenarbeit mit seiner Assistentin, umgebaut. Dabei wurde der Heustall mit dem Haupthaus zu einem grosszügigen einheitlichen Wohnobjekt verbunden sowie statisch und energetisch an die Ansprüche für zeitgemässen Komfort angepasst. Besonders bestechend sind die Fassadenmalereien von Constant Könz, die in Absprache mit dem Denkmalschutz fachgerecht restauriert wurden. Im Inneren kontrastieren die alten Holztüren, Holzböden und Täfer mit modernen Einbauten aus Schwarzstahl und Betonböden. Das Haus verbindet nach dem Umbau den Charme und die Gemütlichkeit alter Bauten und bietet den Bewohnern dennoch auch überhohe Räume mit grosszügigem Lichteinfall sowie funktionelle Bäder und eine modern ausgestattete Küche.
Am Anfang gehe ich oft und intensiv ins bestehende Gebäude, um es zu verstehen, zu spüren. Irgendwann ist dann ziemlich klar, was daraus werden soll. Der Umbau eines alten Hauses ist immer Teamarbeit. Es braucht gegenseitiges Vertrauen – mit den Eigentümern, den Handwerkern, den Denkmalpflegern. Alle müssen verstehen, dass wir nichts Neues erfinden, sondern etwas wiederentdecken.
Das Schwierigste ist oft die Geduld: Nicht alle sehen sofort, was ich sehe. Ich habe gelernt, zuzuhören, zu erklären – und den richtigen Moment abzuwarten. Und ich habe gelernt, dass Improvisation kein Mangel ist, sondern oft der Schlüssel zur Lösung.
Ein italienisch-amerikanischer Galerist kaufte dieses Haus 2007 in Sent als Wohnhaus und Kunstgalerie und liess es durch Duri Vital sanieren. Ursprünglich war das Haus als Bauernhaus konzipiert, aber nachdem der Sohn des Erbauers, Andrea Stupan, zum Gouverneur im Veltlin ernannt worden war, baute er es zwischen 1709 und 1711 zu einem herrschaftlichen Ansitz um. Von der grossen Vergangenheit der Chasa dal Guvernatur zeugen noch heute die stolze Fassade, die schönen Fussböden aus Stein und die alten Holzdielen, die bemalten Türen, die getäferten Stuben, die Kachelöfen und die aufwendig gestalteten Gewölbe. Das Gebäude wurde in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege saniert und energetisch modernisiert – mit Erdsondenheizung, Biodämmputz an den Innenwänden und neu gedämmtem Dach. Duri Vital schuf mit modernen Bädern, Edelstahlküche und diversen neuen Elementen einen bewussten Kontrapunkt zur behutsam aufgefrischten alten Baustubstanz.
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Die grössten Herausforderungen liegen im Unerwarteten. Alte Häuser überraschen einen ständig – manchmal positiv, manchmal weniger. Aber genau das macht die Arbeit lebendig. Am liebsten arbeite ich mit Holz, Kalk und Roheisen – ehrliche, formbare Materialien, die bereits früher verwendet wurden. Ich liebe Oberflächen, bei denen man mit der Hand spürt, dass sie leben.
Herausfordernd wird es, wenn in den letzten Jahrzehnten respektlos in die Substanz eingegriffen wurde. Manchmal ist so viel zerstört, dass nur noch wenig zu retten ist. Da muss man Grenzen akzeptieren. Resigniert habe ich nie – aber es gab Phasen mit schlaflosen Nächten, in denen ich nach einer Lösung suchte, um mit dem Haus ins Reine zu kommen.

Bei einem ehemaligen Stalleingang wurde das alte Kopfsteinpflaster belassen. Darunter verbirgt sich aber eine moderne Fussbodenheizung.
Reto Guntli
Bei einem ehemaligen Stalleingang wurde das alte Kopfsteinpflaster belassen. Darunter verbirgt sich aber eine moderne Fussbodenheizung.
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Ich bin kein Makler, aber weil ich viele Anfragen erhalte, vermittle ich gelegentlich auf Wunsch der Besitzer. Es gibt nach wie vor Objekte – aber Geduld ist entscheidend. Oft geht es darum, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Wir arbeiten heute nur noch gelegentlich zusammen. Aber wenn er etwas Technisches braucht, fragt er mich oft um Rat. Uns verbindet die Liebe zum Engadin und zu den alten Häusern – das bleibt, auch wenn wir unterschiedliche Wege gehen.
Das Haus Plazzetta hat Duri Vital 2024 renoviert – mit besonderem Fokus auf Energieeffizienz und Ressourcenschonung. Ein mineralischer Kalkputz verleiht der Fassade nicht nur einen neuen Ausdruck, sondern verbessert auch das Raumklima. Im Erdgeschoss optimiert ein neuer Glaswindfang den Wärmeerhalt im Eingangsbereich – ein kleiner Eingriff mit grosser Wirkung auf die energetische Bilanz. Die Wiederverwendung lokaler Materialien zeigt sich exemplarisch im Arvenboden der traditionellen Stube. Die Küche wurde neu organisiert, ein ehemaliges Schlafzimmer wurde zum modernen Bad umfunktioniert. Die auffälligste Massnahme ist der Ersatz der früher dominanten Holztreppe durch eine schlanke Wendeltreppe aus Schwarzstahl – ein raumsparendes Element mit minimalem Materialeinsatz und maximaler Wirkung.
Ich wünsche mir Häuser, die im ursprünglichen Zustand erhalten sind – nicht durch Umbauten der letzten Jahrzehnte entstellt wurden. Häuser, die man mit Respekt und Fantasie umnutzen kann. Am liebsten Objekte mit Bedeutung für ein Dorf, mit Geschichte, Charakter.
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Ich habe mein eigenes Haus neu gebaut: reduziert in der Form, geradlinig und modern. Verarbeitet habe ich ausschliesslich einheimische Materialien, diffusionsoffen und damit einem gesunden Raumklima förderlich. Wichtig war mir, das Gebäude in die Landschaft einzubetten, den Bezug zum Dorf zu bewahren und zugleich die regionale Identität in eine zeitgemässe Sprache zu übersetzen.
Es wird viel Schönes gebaut – aber auch vieles, was keinen Bezug zum Ort hat. Gerade in den neuen Bauzonen sind in den letzten Jahren leider viele fragwürdige Gebäude entstanden. Ich möchte keine Regionen hervorheben – aber im Unterengadin, vor allem in den alten Dorfkernen, sind dank der Arbeit der Denkmalpflege viele gute Umbauten realisiert worden. Tradition bedeutet nicht Stillstand – sondern Weiterentwicklung mit Bewusstsein.
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