Guten Tag,
Kaum ist man zurück im Büro, ist die Erholung weg. Grund dafür sind drei Fehler. So retten Sie Ihre Ferienstimmung in den Alltag.
Von der Insel zurück an den Schreibtisch: Wie lange halten die Ferienvibes der Monotonie im Job stand?
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Sisyphos hatte es leichter. Er wusste wenigstens, dass sein Fels immer wieder hinunterrollen würde. Der moderne Arbeitsmensch hingegen hofft nach jeder Auszeit, dass dieses Mal der Stein oben bleibt und das Entspannungsgefühl aus den Ferien länger andauert. Umsonst gehofft: Wer im Büro den Posteingang öffnet und den Berg ungelesener Mails erblickt, ist sofort wieder im Alltag gefangen.
Die Ferien rücken in weite Ferne, Erinnerungen vergilben. Sinkt dazu die Stimmung, dann leidet man am Post-Holiday-Blues – jener melancholischen Trägheit, die den Alltag im Kontrast zur wunderbaren Ferienzeit grau und trist erscheinen lässt. «Die Kluft zwischen der entspannten Ferienatmosphäre und dem Arbeitsalltag verstärkt das Gefühl, wieder ‹gefangen› zu sein», sagt der Arbeitspsychologe Brian Cardini von der Fachhochschule Nordwestschweiz. «Je schöner der Urlaub war, desto härter erscheint der Wiedereinstieg.»
Doch was hilft? Wie schaltet man in den Ferien von der Arbeit ab? Und wie verlängert man den Erholungseffekt?
Neue Forschung zeigt: Das Wohlbefinden steigert sich während der Ferien um bis zu 26 Prozent. Nach der Rückkehr liegt es noch immer rund 10 Prozent über dem Vor-Ferien-Befinden. Dann sinkt es und erreicht nach 43 Tagen den Status quo.
Sechs Wochen also, in denen die Ferien nachhallen sollen. Doch viele drehen sich schneller wieder im Hamsterrad. Der Arbeitspsychologe Achim Elfering von der Uni Bern verortet die Gründe in der Selbstbestimmung der Arbeitnehmenden: «Heute führt man sich selber: Man organisiert die eigene Fortbildung, pflegt berufliche Fähigkeiten, will autonom arbeiten.» Dieses Selbstmanagement gilt auch bei Ferien: Heute ist jeder für seinen Bereich verantwortlich und entsprechend auch für die Pausen und die Stellvertretung. Oft werden die Themen so komplex, dass eine Stunde zur Übergabe nicht reicht. Laut einer Umfrage der Jobwebsite Indeed leisten 75,2 Prozent der Befragten Mehrarbeit vor den Ferien, um die Pause angemessen vorzubereiten.
Und: Die wenigsten machen das koordiniert, sondern planen einen «Endspurt vor den Ferien» ein. Das ist gefährlich, wie Elfering weiss: Der Endspurt versetze die Leute zwar in einen Rausch mit positiven Gefühlen, verbrauche aber auch die letzten Ressourcen. «Das fördert Stresshormone, die das Immunsystem hindern, gegen Eindringlinge vorzugehen. Erst in den Ferien entspannt man – und wird krank!» Bettruhe statt Ferienerholung: nicht das, was man sich wünscht.
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Ein Ausweg: Puffer einbauen. Elfering appelliert an die Selbstorganisation. Bei der heutigen Komplexität sollte man eher mit drei Tagen rechnen, um alles abzuschliessen. «Quetschen Sie nicht alles in einen Nachmittag.» So kann das System bereits vor den Ferien langsam herunterfahren. Auch ein Puffertag zwischen Arbeitsende und Abfahrt in die Ferien hilft. Denn der Endspurt mache müde, ohne dass man es merkt. Wer freitagabends noch losfährt, den holt die gefährliche Müdigkeit spätestens hinter dem Steuerrad ein.
Kaum am Ferienort angekommen, möchte man in aller Ruhe entspannen. Doch das ist gar nicht so einfach, wie Brian Cardini sagt: «Stress ist evolutionär ein Überlebensmechanismus – er wird blitzschnell aktiviert, weil das früher lebensrettend war. Entspannung hingegen ist ein langsamerer Prozess, der Zeit braucht.»
«Paradeplatz», Andreas Russenberger (2020): Der Platz in der Zürcher Innenstadt hält nicht nur diese Wirtschaftszeitung auf Trab, sondern beschäftigte auch viele Jahre den Autor Andreas Russenberger. Mit «Paradeplatz» gibt er Einblicke in die Eitelkeiten und das Geschehen hinter den Mauern der Banken.
«Söldner des Geldes», Peter Beck (2013): Ein packender Finanzthriller mitten aus den Schweizer Bergen. Geschrieben von einem, der die Finanzwelt von innen kennt. Ein Abenteuer, das den Alltag in weite Ferne und die Alpen ins Zentrum rücken lässt.
«Abschalten», Martin Suter (2012): Egal, welches Buch von Suter man in die Hand nimmt, es garantiert Unterhaltung. Mit «Abschalten» nimmt er Topmanager auf die Schippe, die versuchen, zu entspannen. Denn: Was ist das Schlimmste für einen Manager? Kein Bonus. Das Zweitschlimmste? Ferien.
«Frank der Fünfte», Friedrich Dürrenmatt (1959): Der grösste Flop des Autors. Er schrieb die Komödie siebzig Jahre zu früh, heute ist sie aktueller denn je!
Die Ferien starten also gestresst. Dazu wird man krank, und zumeist drehen im Kopf noch die Gedanken an die Arbeit. Laut der Umfrage von Indeed arbeiten 65 Prozent in den Ferien. Damit das nicht passiert, müsse man klare Grenzen etablieren: Arbeitshandy aus, E-Mails – wenn überhaupt – nur zu festgelegten Zeiten prüfen und keine arbeitsbezogenen Gespräche.
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Für die volle Erholung rät Cardini: «Fokussieren Sie sich auf Sinneseindrücke – Meeresrauschen, Vogelzwitschern, den Sand unter den Füssen. Das holt Sie aus dem Gedankenkarussell und aktiviert das Hier-und-jetzt-Bewusstsein.» Wichtig ist auch, den Wach-Schlaf-Rhythmus nicht komplett zu verändern. Wer normalerweise um sechs Uhr aufsteht, sollte in den Ferien nicht bis elf Uhr liegen bleiben. Jetlags verstärken die Problematik. Eine Umgewöhnung benötigt in der Regel pro Zeitzone einen Tag.
Entspannung erfährt auch, wer tagsüber nicht nur am Strand oder Pool liegt: Die wirksamsten Ferien beinhalten laut der 2025 publizierten Metaanalyse um den Psychologen Ryan Grant körperliche Aktivitäten. Gesellige Erlebnisse hatten einen moderaten Effekt, passive Pausen zeigten kaum Wirkung. Die Länge der Ferien zeigte wenig Einfluss. Zwar ist der Erholungseffekt bei längeren Ferien grösser, er nimmt aber auch schneller ab.
Und doch: Öffnet man im Büro das Postfach, findet man sich im Wahnsinn wieder: volles E-Mail-Postfach, Terminkalender mit völlig ausgebuchten Slots, dringende Rückfragen, angestaute Probleme. «Diese äusseren Belastungen reaktivieren blitzschnell unser Alarmsystem», sagt Cardini. «Wir verfallen in alte Verhaltensmuster und vergessen die praktizierte Gelassenheit.»
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Der Schlüssel dafür, dass das nicht passiert, liegt in der bewussten Übergangsgestaltung. Dazu gehören zwei bis drei Puffertage zwischen Ferienende und Arbeitsbeginn. Ausserdem: die E-Mails nicht am ersten Tag aufs Mal, sondern portionenweise über mehrere Tage abarbeiten. Und den Terminkalender in der ersten Woche bewusst weniger vollpacken. Das ermöglicht einen sanfteren Einstieg. Elfering ergänzt: «Bleiben Sie mit dem Kopf im Urlaub.» Wer in den Ferien jeden Morgen spazierte, soll das im Alltag beibehalten. Ferienfotos anschauen, das Lieblingsessen nachkochen, mit den neuen Kontakten aus den Ferien kabeln. Das erinnert das Nervensystem an den entspannten Zustand und verlängert die Ferienstimmung.
Denn wie im Falle Sisyphos kehrt die Arbeit zurück, der Stein rollt wieder. Aber er rollt immerhin ein wenig gemächlicher.
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