Abo
Mann des Monats

Wie Urs Jordi die Grossbäckerei Aryzta aus der Krise führt

Nahe am Firmenkollaps übernahm Urs Jordi die Führung bei Aryzta. Er saniert den Gipfeli-Hersteller gerade zum dritten Mal.

Erich Bürgler, Redaktor BILANZ - fotografiert im September von Paul Seewer für BILANZ

Urs Jordi machte einst eine Bäckerlehre. Als Präsident und CEO von Aryzta hat er das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht.

Urs Jordi machte einst eine Bäckerlehre. Als Präsident und CEO von Aryzta hat er das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht.

Dan Cermak für BILANZ

Urs Jordi brachte im Sommer 2012 ein Stück Rahmkirschtorte mit, als er seine Mutter im Altersheim besuchte. Das Dessert stammte aus einer nahe gelegenen Bäckerei und nicht von Aryzta, dem Backwarenhersteller, für den er seit fünf Jahren das Europa-Geschäft leitete. Trotz der süssen Geste war die Stimmung seiner Mutter an diesem Tag getrübt. Sie hatte in der Zeitung gelesen, dass die zu Aryzta gehörende Grossbäckerei Hiestand, bekannt für ihre Gipfeli, Dutzende von Stellen streicht. «Bub, was machst du da?», fragte sie ihren Sohn. «Das war nicht ich. Das war mein Nachfolger», lautete seine Antwort.

Einige Wochen bevor er seine Mutter besuchte, hatte Jordi seine Tätigkeit als Topmanager bei Aryzta abrupt beendet. Ein Anruf des damaligen Finanzchefs Patrick McEniff hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Er solle 45 Mitarbeitende in der Schweiz entlassen, ordnete dieser an. Die Kosteneinsparungen hätten das Ergebnis in Europa rückwirkend für das gesamte Geschäftsjahr besser aussehen lassen. Doch abgesehen davon gab es keinen Grund für die Stellenstreichungen. Jordi weigerte sich, die Befehle der Zentrale auszuführen. «Ich habe danach gekündigt, weil ich mit der strategischen Ausrichtung nicht einverstanden war, mit einem Stellenabbau schon gar nicht», sagt Jordi heute.

Gipfeli bleiben der Verkaufsrenner

Mehr als zehn Jahre später ist er wieder da, als Verwaltungsratspräsident und Interims-CEO des Backwarenherstellers. Als er im September 2020 die Konzernleitung übernahm, stand Aryzta, die aus der Fusion von Hiestand und der irischen IAWS entstanden war, nahe am Kollaps. Wie ernst die Lage war, sah Jordi erst nach seiner Wahl in den Verwaltungsrat: Seine Vorgänger hatten einen Konkurs nicht mehr ausschliessen können. «Im Mai 2020 wurden Vorbereitungen getroffen, die alle möglichen Szenarien berücksichtigten», sagt Jordi heute. Zum Worst-Case-Szenario kam es nicht. Der Schuldenberg des Konzerns, der sich über die Jahre unter der Führung des ehemaligen Managements um CEO Owen Killian anhäufte, ist zwar immer noch hoch. Doch operativ geht es in die richtige Richtung. Aryzta schaffte zwischen 2021 und 2023 neun Quartale mit zweistelligem organischem Wachstum, Marktanteile kamen hinzu, die Verschuldungsquote sank. Die Betriebsgewinnmarge soll bis 2025 ansehnliche 14,5 Prozent erreichen. «Mindestens 14,5 Prozent», betont der 59-jährige Jordi.

Über die Autoren
Erich Bürgler, Redaktor BILANZ - fotografiert im September von Paul Seewer für BILANZ

Erich Bürgler

Erich Bürgler

Werbung