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Stefan Bollinger tritt an, die nach Skandalen verunsicherte Bank wachzurütteln. Sein Handlungsspielraum ist gross.
Energiebündel: Stefan Bollinger beim «Walk the Floor» am 9. Januar, seinem ersten Arbeitstag für Julius Bär.
Valeria Di Domenico / PRWerbung
Frühmorgens war Stefan Bollinger am 9. Januar im Büro. Er hatte sich ja auch viel vorgenommen für seinen ersten Arbeitstag bei seinem neuen Arbeitgeber, der altehrwürdigen Bank Julius Bär. Erstes Vorhaben: sich persönlich an die wichtigsten Kunden zu wenden – um 7 Uhr gingen 438 E-Mails raus. Dann stand der «Walk the Floor» an – zunächst am Hauptsitz an der Zürcher Bahnhofstrasse, am Nachmittag dann an der Aussenstelle in Altstetten, mit dem Ziel, jedem anwesenden Mitarbeiter persönlich die Hand zu schütteln, also mehr als 500 Shakehands, die meisten davon noch vor dem Townhall Meeting um 11 Uhr.
Nicht wenige Mitarbeiter bei Julius Bär waren überrascht vom Besuch ihres neuen CEO – manche hatten seit Jahren keinen hohen Boss mehr persönlich zu Gesicht bekommen. Für viele ein Beispiel für den Zustand der Bank, die in den letzten Jahren zunehmend mit sich selbst beschäftigt war. Und dabei offenbar auch sonst etwas den Fokus aufs Business verloren hatte: So soll sich Bollinger gewundert haben, dass die Bank die Liste der wichtigsten Kunden nicht auf Knopfdruck zur Verfügung hatte, sondern dass diese mühsam zusammengesucht, zusammengestellt und angepasst werden musste, wie er Vertrauten erzählte. Da waren die Erwartungen des Mannes, der zuletzt 20 Jahre in Diensten der toughen US-Bank Goldman Sachs gestanden hatte, an Bär offenbar höher gewesen.
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betragen die von der Zürcher Privatbank verwalteten Vermögen.
beschäftigte die Julius-Bär-Gruppe Ende 2023 weltweit.
besteht die Bank bereits und ist nun in rund 25 Ländern an gut 60 Standorten vertreten.
«Client Obsession» war denn auch eine seiner Kernbotschaften an der Mitarbeiterveranstaltung: «Wir wollen eine Organisation sein, wo jeder von uns mehr Zeit mit Kunden verbringt als jeder unserer Konkurrenten», liess er die Zuhörerschaft wissen. Sein persönliches Ziel sei es, 1000 Kunden im Jahr zu sehen, «what is yours?», warf er in den Raum.
Mit Botschaften und Symbolen arbeitet er gerne. So trat er an seinem ersten Tag nicht im Anzug mit Krawatte, sondern mit offenem Hemdkragen und weissen Turnschuhen der Marke On auf. Bewusst, wie seine Antwort auf eine Frage aus dem Plenum zeigt: Die On-Turnschuhe stünden für «be authentic and bring yourself to work», liess er wissen. Mit Turnschuhen könne man zudem «schneller gehen und höher springen». Auch das Businessmodell von On könnte für die Bank inspirierend sein: Aus Zürich heraus hat On die Turnschuh-Welt erobert und hat frech den Platzhirschen wie Adidas oder Nike Marktanteile abgerungen. Warum sollte das Bär im Banking nicht auch gelingen?
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Zugänglich: Rund 500 Shakehands nach dem Antritt – der neue CEO sucht den Kontakt zur Belegschaft. Viele Mitarbeiter hatten seit Jahren keinen hohen Chef mehr persönlich gesehen.
Valeriano Di Domenico / PRZugänglich: Rund 500 Shakehands nach dem Antritt – der neue CEO sucht den Kontakt zur Belegschaft. Viele Mitarbeiter hatten seit Jahren keinen hohen Chef mehr persönlich gesehen.
Valeriano Di Domenico / PRKlar ist: Mit Stefan Bollinger kommt viel frischer Wind in die Bank. Der 50-Jährige ist ein Energiebündel, und sein Drive wirkt ansteckend. Das tut der Bank gut, die nach Skandalen verunsichert ist und zunehmend erstarrt wirkte. Nach dem Abschreiber im Zusammenhang mit dem österreichischen Immobilieninvestor René Benko, dem schlecht gesicherte Kredite von rund 600 Millionen Franken gewährt wurden, was vor einem Jahr zum Abgang von CEO Philipp Rickenbacher führte, machte die Bank den Eindruck eines Boxers, der in den Seilen hängt. Dies umso mehr, als ein Grossteil der Führungscrew, inklusive Präsident Romeo Lacher, in den Skandal involviert war und den Kopf unten hielt. COO Nic Dreckmann war ad interim als CEO eingesprungen, um den Laden ordentlich am Laufen zu halten, aber allen war klar, dass ein Neuaufbruch diesmal von aussen kommen musste.
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Als der Verwaltungsrat letzten Sommer Stefan Bollinger aus dem Hut zauberte, zeigte sich die Zürcher Bankenszene überrascht, denn keiner hatte den Schweizer, der im fernen London in Diensten von Goldman Sachs wirkte, auf dem Radar. Doch nach einem Blick auf sein CV urteilten viele: O.k., das ergibt Sinn. Denn Bollinger ist ein Branchenprofi mit fundierter Erfahrung im Kerngeschäft von Bär: ab 2004 bei Goldman Sachs, davon die letzten 14 Jahre als Partner, ab 2019 Co-Head Private Wealth Management für die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Afrika und in dieser Funktion auch Mitglied des European Management Committee. Seinen Bereich hat er erfolgreich geleitet, konnte er doch die verwalteten Vermögen mehr als verdoppeln.
Aufbruch nach der Krise: An CEO Stefan Bollinger (o.) ist es nun, die Bank auf Vordermann zu bringen – Präsident Romeo Lacher räumt das Feld.
kornel.ch für BILANZAufbruch nach der Krise: An CEO Stefan Bollinger (o.) ist es nun, die Bank auf Vordermann zu bringen – Präsident Romeo Lacher räumt das Feld.
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Für einen, und erst noch den wichtigsten Mann für die Nachfolgeplanung im Verwaltungsrat von Bär war er aber kein Unbekannter: Vize Richard Campbell-Breeden, in seiner Funktion als Vorsitzender des Nominationskomitees für die Neubesetzung der CEO-Stelle verantwortlich, ist selber ein Goldman-Veteran, war er doch von 1989 bis 2016 bei der US-Bank, ehe er 2018 im Bär-VR Einsitz nahm. Persönlich kannten sich die beiden nicht, aber nachdem der beauftragte Headhunter den Schweizer auf die Liste gesetzt hatte, machte sich Campbell-Breeden informell bei seinen alten Kollegen bei Goldman über Bollinger kundig und hörte viel Gutes. Von einem unternehmerisch denkenden Banker war die Rede, von einem unkomplizierten Typ, der stets mit viel Elan, aber doch sehr systematisch an Dinge herangeht, von einem Mann voller Energie – «keiner arbeitet mehr als Stefan», sagt ein ehemaliger Goldman-Sachs-Kollege –, der aber trotzdem unverkrampft wirkt und nach einem langen Arbeitstag in Asien mit den Kollegen gerne auch noch mitkommt auf ein paar Songs in der Karaokebar, wie eine langjährige Kollegin erzählt. Wobei er auch dort noch seinen Ehrgeiz aufblitzen lässt: Als Song habe er sich ein Lied von Stimmwunder Adele ausgesucht, deren Lieder als besonders anspruchsvoll gelten. Er soll sich aber gut geschlagen haben.
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Bollinger, 1974 geboren, ist in Pfungen aufgewachsen, einem kleinen Ort in der Nähe von Winterthur. Der Vater war Elektroingenieur, die Mutter Sozialarbeiterin. Eine Gewohnheit des Vaters war die tägliche Lektüre der «Neuen Zürcher Zeitung», die er ausführlich durchlas, mit einer Ausnahme allerdings: Die Finanzberichterstattung interessierte ihn nicht, ja den Börsen- und Märkteteil riss er jeweils raus und legte ihn beiseite. Genau diese herausgerissenen Seiten interessierten aber den Sohn, der nicht nur von den Finanzgeschäften fasziniert war, sondern auch von den exotischen Börsenplätzen: London, New York, Hongkong. Irgendwann einmal an solchen Orten zu arbeiten, das wäre doch was! Dass genau das geschehen würde, wusste er damals noch nicht.
Liebe zu Architektur: Bollinger wurde 2024 zum Chairman der London School of Architecture gekürt – hat das Amt jetzt aber abgegeben.
PRLiebe zu Architektur: Bollinger wurde 2024 zum Chairman der London School of Architecture gekürt – hat das Amt jetzt aber abgegeben.
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Als die Berufswahl anstand, sei er zwischen einer Banklehre und einem Architekturstudium hin und her gerissen gewesen, wissen Freunde. Doch das Banking lockte ihn dann doch mehr. Immerhin: Als Chairman der London School of Architecture, wo er 2024 antrat, hat der Banker später im Nebenamt doch noch den Zugang zum Thema gefunden.
1990 trat er seine Lehre bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) in Winterthur an und landete dann für drei Jahre im Bereich Trading. Früh zeigte er Ehrgeiz: Als in der Dependance in Luxemburg eine Stelle zu besetzen war, hob der erst 19-Jährige die Hand und meinte, er würde das gerne machen.
Sein erster Kunde im Trading bei der ZKB war 1994 die Bank Julius Bär, seine «erste Liebe», wie er intern gerne erzählt. Seine Kontakte zu Bär ermöglichten ihm später auch den ersten grossen Karrieresprung. Ansprechpartnerin bei Bär war damals Spartenleiterin Eftychia Fischer, heute Präsidentin der Waadtländer Kantonalbank, die vor Bär bei J.P. Morgan war. Als Bollinger mit einem Wechsel zur US-Bank liebäugelte, empfahl die Kundin den jungen Banker ihren ehemaligen Kollegen, und 1999 trat er seinen Job in New York an. 2004 wechselte er dann zu Goldman Sachs, wo er verschiedene Bereiche wie die Private Investors Products Group leitete und auch Länderchef Schweiz war. 2010 gings nach Asien. Stationiert in Hongkong, wurde er in jenem Jahr auch zum Partner und hielt damit Einzug in die oberste Führungsgilde der Unternehmens.
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Branchenprofi: Nach Top-Positionen bei den US-Banken J.P. Morgan und Goldman Sachs ist der Schweizer nun wieder zurück in der Heimat.
Valeriano Di Domenico / PRBranchenprofi: Nach Top-Positionen bei den US-Banken J.P. Morgan und Goldman Sachs ist der Schweizer nun wieder zurück in der Heimat.
Valeriano Di Domenico / PRSeine Zeit in Hongkong ist allerdings überschattet von einem traumatischen Erlebnis, wurden er und seine Familie doch Opfer eines Wohnungseinbruchs und brutalen Raubüberfalls, bei dem er schwer am Arm verletzt wurde. Die lokalen Medien berichteten ausführlich über den Fall. Laut «South China Morning Post» wurde er von einem Mitglied derselben Bande, einem Festland-Chinesen, sogar noch ein zweites Mal in derselben Wohnung überfallen, beim zweiten Mal küsste ihn der Räuber zum Abschied aufs Gesicht, bevor er mit dessen Bankkarte und weiteren Wertgegenständen das Haus verliess. Der Täter wurde noch am gleichen Tag auf der Strasse verhaftet und später zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Grund, nun mit seiner Familie sofort das Weite zu suchen und zurück nach Europa zu gehen, war dies nicht: Bollinger zog seinen Job in Asien vier weitere Jahre durch und soll seine Zeit dort trotz der Vorfälle heute insgesamt doch als eine positive Phase schildern, erzählen Freunde.
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Kollegen beschreiben ihn als einen Banker, der mit Herzblut an die Sachen rangehe und auch in hektischen Phasen die Orientierung nicht verliere. «Er behält immer den 360-Grad-Überblick, ist aber trotzdem auch bei den Details», sagt eine langjährige Mitarbeiterin. Ein anderer Mitstreiter beschreibt ihn als «gut mit Kunden, strukturiert und organisiert». Positiv erwähnt wird auch seine Open Door Policy. Gibts auch Schwächen? «Sometimes he bites off more than he can chew», sagt einer und sprich damit den Umstand an, dass Bollinger sich gerne viel vornimmt und dann auch an seine Grenzen gelangen kann.
In die gleiche Richtung zielt auch die Kritik, die vereinzelt im Vorfeld seines Amtsantritts zu hören war. Er sei ein typischer Goldman-Banker, sagt einer, der ihn getroffen hatte, die würden sich allesamt für die Grössten halten. Klar ist: Ein zu tiefes Selbstbewusstsein gehört nicht zu Bollingers Problemen. Hier komme ein US-geschulter Banker, der den unbedarften Schweizern mal eben zeigen will, wie Banking geht, war da und dort der Eindruck. Inzwischen soll er sich aber deutlich bescheidener geben, sagen die Gleichen, die ihn damals noch kritisierten. Im Wissen, dass er zwar als Spartenleiter sehr erfolgreich unterwegs war, aber noch nie einen CEO-Posten bekleidet hatte – was ihm bei seiner Ernennung, unter anderem auch von BILANZ, als potenzielle Schwachstelle vorgehalten wurde –, soll er sich auf eine Art Erkundungsgang begeben und sich mit mehreren ihm bekannten CEOs von Topfirmen ausgetauscht haben, um von ihnen Tipps zu bekommen, worauf man in einer CEO-Rolle besonders achten muss. Die Klientel bei Goldman Sachs ist eine andere als bei Bär: Das durchschnittlich investierte Vermögen ultrareicher Privatkunden liegt dort bei 60 Millionen Dollar – solche Kunden sind eher Unternehmer, die auch andere Dienstleistungen nachfragen, etwa ein Investmentbanking, wo Bär bewusst nicht tätig ist.
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«Ich glaube, ihm ist schon klar geworden, dass das, was bei Bär auf ihn zukommt, nicht einfach ist», sagt der Schweizer Venture-Capital-Investor Peter Friedli, der den Banker einst als Kunde kennengelernt hat und heute mit ihm befreundet ist. Er habe Bollinger aber nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass, anders als bei den direkten Amerikanern, die Kultur hier eine andere sei und man auf allerlei Befindlichkeiten Rücksicht nehmen müsse.
Bei Bär wartet viel Arbeit auf Bollinger. Einerseits müssen weiterhin die Nachwirkungen des Benko-Skandals aufgearbeitet und das Risikosystem verbessert werden. Erschwerend dabei: Noch immer läuft ein Finma-Verfahren, welches das Management in seiner Handlungsfreiheit beschränkt. Doch auch im Business gibt es Handlungsbedarf. Die Performance der Bank hinkt den Zielen hinterher, und die Kosten sind viel zu hoch, weil die eingestellten neuen Mitarbeiter nicht das erhoffte Wachstum brachten. So lag das Kosten-Ertrags-Verhältnis Ende Oktober 2024 mit 71 Prozent weit weg von den 64 Prozent, die sich seine Vorgänger vorgenommen hatten. Auch beim Neugeld sind viele Konkurrenten wie etwa EFG daran, Bär abzuhängen.
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Seinen Battle Plan hat Bollinger noch nicht verkündet, aber bereits jetzt scheinen einzelne Punkte durch. An der Townhall nannte er mehrere Punkte, bei denen seinem ersten Eindruck nach Verbesserungsbedarf besteht. Unter anderem sei ihm mangelndes Vertrauen der Belegschaft in die eigenen Fähigkeiten aufgefallen. Als Problem sieht er auch die unübersichtliche Struktur, das Denken in Silos und ein aufgeblähtes Führungsgremium.
Fünf Schwachstellen sind Stefan Bollinger bei Julius Bär besonders aufgefallen:
1. Mangelndes Vertrauen der Belegschaft in die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten.
2. Übermässiger Einsatz von externen Beratern.
3. Ungünstiges Verhältnis zwischen Kundenbetreuung und Gesamtbelegschaft.
4. Unübersichtliche Struktur und umgekehrte Talentpyramide, aufgeblähtes Führungsgremium.
5. Kein ausreichender Fokus auf den Aktienkurs und keine Eigenverantwortung.
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Anpacken will er nicht zuletzt ganz oben, wie bereits in den letzten Wochen zur Presse durchgesickert ist. Mit 15 Personen ist die oberste Geschäftsleitung aufgebläht – hier dürfte es nicht lange gehen, bis man erste Massnahmen sehen wird.
Als Ziel vorgegeben hat er auch eine erhöhte Aktienbeteiligung der gesamten Belegschaft – er ermutigt die Mitarbeiter explizit zum Aktienbesitz. Wer selbst Aktionär ist, handelt eher im Interesse der Gesamtfirma, ist der Gedanke dahinter. Er wolle, dass jeder Mitarbeiter jederzeit wisse, wo der Kurs stehe, und zwar auf die Kommastelle genau. Auch sonst soll sich die Belegschaft einbringen: Eine seiner ersten Massnahmen war die Einrichtung einer Mailbox, wo Mitarbeiter Anregungen deponieren können. Näheres zu seinen Plänen dürfte es wohl an der Bilanzpressekonferenz vom 3. Februar geben.
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Neue Wirkungsstätte: Hauptsitz der Bank Julius Bär an der Zürcher Bahnhofstrasse.
KeystoneNeue Wirkungsstätte: Hauptsitz der Bank Julius Bär an der Zürcher Bahnhofstrasse.
KeystoneAuch personell hat er sich noch nicht in die Karten blicken lassen, die persönliche Erwähnung seines Ad-interim-Vorgängers Nic Dreckmann an der Townhall weist aber darauf hin, dass er mit jenem als COO weitermachen will. Für alle anderen im Executive Committee ist die Lage aber heikel.
Bollinger wird bei Bär viel Handlungsfreiheit geniessen. Erstens, weil weit herum in der Belegschaft der Wunsch nach einem Neustart spürbar ist. Zweitens aber auch, weil ihm im inneren Machtsystem wenig entgegengesetzt wird. Romeo Lacher, der als Präsident die mangelnde Risikokultur zu verantworten hat, war seit dem Benko-Skandal angezählt und tritt nun nicht zur Wiederwahl an, wie die Bank am 27. Januar bekannt gab. Als bestimmender Mann im VR gilt inzwischen Richard Campbell-Breeden, doch auch der ist schwer angeschlagen, hatte er doch wie Lacher im Risikokomitee des Verwaltungsrats Einsitz, das die Benko-Kredite durchwinkte. Der Lacher-Nachfolger oder die -Nachfolgerin soll im März bekannt gegeben werden. Es wird jemand von aussen sein, wie die Bank bestätigt. Support erhoffen darf sich Bollinger bei seinen Plänen von den Investoren, die den Neuen gut aufgenommen haben. Seit der Ankündigung seines Kommens hat der Kurs um über 20 Prozent zugenommen, allein in den letzten vier Wochen waren es rund 7 Prozent (Stand 24. Januar).
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Aus dem Umfeld des Verwaltungsrats heisst es, dass man Bollinger eng in die Frage der Nachfolge von Lacher einbinden wolle. So will man verhindern, dass aufgrund personeller Konstellationen potenzielle Konflikte zwischen Präsident und CEO entstehen. Das ist nachvollziehbar, stärkt die Position des CEO aber natürlich noch zusätzlich.
So sinnvoll es ist, den Erneuerungsprozess nicht zu bremsen, so gefährlich ist dieser Kurs auch. Denn Bär gilt traditionell als stark CEO-geführtes Unternehmen, was sich unter anderem auch Ex-CEO Boris Collardi zunutze zu machen wusste – vom VR an der langen Leine gelassen, konnte er schalten und walten, wie er wollte. Er hat die Bank so zwar zu Wachstum gebracht, aber auf Kosten hoher Risiken, die der Bank später um die Ohren schlugen. Gerade ein Wirbelwind wie Bollinger braucht Grenzen. Bei Goldman Sachs wirkt das Partnersystem dämpfend auf die Machtgelüste von Einzelnen, bei Bär gibt es ein solches System nicht.
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Bollinger selber hat signalisiert, dass er gekommen ist, um zu bleiben. Persönlich ist er derzeit daran, sich hier neu einzurichten. Er sucht in Zürich oder der Nähe von Zürich ein Haus für sich und seine Familie. In London bewohnte die Familie ein Townhouse im schicken Viertel Notting Hill. Seine Frau Antigone, die er in London kennengelernt hat, ist gebürtige Griechin und seit vielen Jahren im Umweltschutzbereich tätig. Ihren Job als Managing Director der Londoner NGO Climate Strategies gibt sie für den Umzug in die Schweiz jetzt aber auf, wie sie auf LinkedIn schreibt. Das Paar hat eine 14-jährige Tochter und einen 9-jährigen Sohn. Viel Zeit verbringt Stefan Bollinger mit seiner Familie, für Hobbies bleibt wenig Raum.
Begeistert ist er aber vom Tennis, nicht nur als Spieler, sondern auch als Fan, vor allem von Roger Federer, an dessen Spiele er gerne reiste. So war er unter anderem auch Zuschauer beim legendären Finalsieg von Federer gegen Rafael Nadal am Australian Open von 2017. Angereist war er mit Shirt und Hut in den Farben der Schweizer Flagge, Fotos vom – unbekannten – Fan fanden Eingang in die Zuschauerfotos, welche die Schweizer Presse danach veröffentlichte.
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In seinem Büro in London hing ein von Federer signiertes Tennisracket an der Wand, das er jetzt auch mit nach Zürich genommen hat. Es stammt allerdings nicht von Federer selbst, Bollinger hat es an einer Auktion erworben. Persönlich kennt er Federer nicht, der beim Konkurrenten CS als Werbeträger aufgebaut wurde. Das dürfte sich in der kleinräumigen Schweiz wohl bald mal ändern.
Fan von Roger Federer: Sein Hobby ist Tennis – auch als Fan. Für den legendären Match Federer gegen Nadal am Australian Open 2017 nahm er sich eigens ein paar Tage frei.
APFan von Roger Federer: Sein Hobby ist Tennis – auch als Fan. Für den legendären Match Federer gegen Nadal am Australian Open 2017 nahm er sich eigens ein paar Tage frei.
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Bollinger gilt auch sonst als sportlich, er joggt, fährt Ski und hat auch eine Ferienwohnung in den Schweizer Bergen. Ein weiteres Hobby ist die Fotografie.
Zu seinem Job gehört nun noch vermehrt der Kontakt mit den gehobenen Kreisen von Wirtschaft und Politik, jüngst etwa am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Ob er sich dort mit den Mächtigen der Welt austauschen wolle, hatte ein Mitarbeiter ihn im Vorfeld gefragt. «Nein», soll Bollinger geantwortet haben, «ich will dort Kunden treffen.»
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