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Frau des Monats

Wie sich USZ-Direktorin Monika Jänicke auf schwierigem Terrain behauptet

Am Universitätsspital Zürich rumort es immer wieder – mit Monika Jänicke soll endlich Ruhe einkehren. Kann sie das?

pamela beltrameDirk Ruschmann

Pamela Beltrame

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Dirk Ruschmann

sdf

Die Direktorin: Seit einem halben Jahr ist Monika Jänicke CEO des USZ. Ihr muss der Kulturwandel gelingen. Die USZ-CEO verfügt neu über Kontroll- und Weisungsbefugnisse gegenüber Mitarbeitenden und Kaderärzten.

Dan Cermak für BILANZ

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Ein schmuckloser Büroraum im Erdgeschoss, darin sind drei graue Schreibtische zusammengestellt und mit jeweils zwei Bildschirmen bestückt, die Wände so nah, dass sie auf die Laune schlagen können. Das ist der Thronsaal der neunköpfigen Direktion des Universitätsspitals Zürich, die fast 10 000 Mitarbeiter und 1,5 Milliarden Franken Umsatz verwaltet. Auch CEO Monika Jänicke stöpselt hier ihren Computer ein, wenn sie im Haupthaus arbeitet. Ein eigenes Büro unterhält sie nicht. Die Türen stehen offen, Kaffeeduft weht ins Besprechungszimmer, gut gelaunte Gesichter, man duzt sich.

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Fast auf den Tag genau ein Jahr vor dem Gespräch mit BILANZ erschien Jänicke zu ihrem ersten Jobinterview am Universitätsspital. Bereits im Spätherbst 2022 hatte die Rekrutierung begonnen, bei der Kadervermittler Schilling Partners half. Anfang März 2023 wurde Jänicke schliesslich als neue CEO und damit Nachfolgerin des glücklosen Gregor Zünd verkündet, der in diversen Skandalen, insbesondere an der Klinik für Herzchirurgie, keine gute Figur abgegeben hatte, vor allem keine führungsstarke. Im Juni trat Monika Jänicke ihr Amt in Zürich an.

 

Frei und Berufen

Die offizielle Verlautbarung präsentierte Jänicke geradezu als Gegenmodell zu Zünd, der selbst Herzchirurg ist und seine Karriere am Universitätsspital gemacht hat: Die Neue sei «kommunikativ stark und klar in der Führung», lobte Spitalratspräsident André Zemp, dessen Amt dem eines Verwaltungsratspräsidenten gleicht. Sie solle sich gegen die mächtigen Chefärzte der einzelnen Kliniken und Institute am Spital, 43 sind es immerhin, durchsetzen können, absichtlich habe man daher jemanden von aussen geholt. Ein guter Schachzug, meinen Kenner und langjährige Mitarbeiter des Universitätsspitals. Denn Zünd, «ein Produkt des USZ», war als CEO stets jenen verpflichtet, die ihm zum Aufstieg verholfen hatten, beförderte aus Gefälligkeit, hievte Leute nach oben, «um zu begleichen».

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Gregor Zünd.

Jänicke ist als Aussenseiterin die Antwort auf Gregor Zünd, der selbst Herzchirurg ist und seine Karriere am Universitätsspital gemacht hat.

Ornella Cacace / BILANZ
Gregor Zünd.

Jänicke ist als Aussenseiterin die Antwort auf Gregor Zünd, der selbst Herzchirurg ist und seine Karriere am Universitätsspital gemacht hat.

Ornella Cacace / BILANZ

Die Aussenseiterin Jänicke dagegen schuldet niemandem etwas. Und im Gegensatz zum Vorgänger hat sie auch Werkzeuge für klare Kante gegenüber den Klinikdirektoren. Denn das kürzlich revidierte Universitätsspitalgesetz verleiht Jänicke offiziell Weisungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber den Kaderärzten. Das heisst, Jänicke ist nun Personalvorgesetzte – etwa für Entlassungen zuständig. Präsident Zemp, nach eigenen Worten – «sie ist toll» und «ein echter Glücksgriff» – Jänickes grösster Fan, befürwortet den gesetzlich verordneten grösseren Handlungsspielraum für die USZ-CEO, auch wenn dies weniger Macht für den Spitalrat bedeutet. Denn unter Zemps Vorgänger, SP-Mann Martin Waser, hatte sich der Spitalrat an Gregor Zünd vorbei als direkten Ansprechpartner der Klinikdirektoren etabliert. Zemp, überzeugt von Jänickes «people skills», hält sie jedoch für goldrichtig, um eine «Expertenorganisation» wie das USZ zu führen. Dass zwischen Spitalrat und CEO Sympathie und eine Vertrauenskultur herrschen, ist laut Insidern ein Novum am Unispital. Jänicke gibt sich locker, wenn sie über den Spitalrat spricht: Man rede Klartext miteinander, verkehre nicht via politische Floskeln.

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Ob Jänicke das Operative allerdings komplett bei sich behalten kann, bleibt abzuwarten. Zemp ist bekannt dafür, dass er gern und rasch selber in die Zügel greift. So war laut Beobachtern schnell klar, dass der neue Klinikdirektor für die skandalumwitterte Herzchirurgie aus dem – Zemp bestens vertrauten – Triemli kommen sollte und nicht aus den unzähligen internationalen Bewerbern. Im Stadtspital Triemli hatte Zemp als KPMG-Berater an den Eckwerten der Spitalstrategie mitgearbeitet – bis ihn der Stadtrat im Herbst 2017 überraschend zum Triemli-CEO machte und den amtierenden Direktor in den vorzeitigen Ruhestand schickte. Zemp hat das Triemli schliesslich mit dem Stadtspital Waid zusammengelegt und auf Wirtschaftlichkeit getrimmt.

 

Unternehmertum im Spital

Der Präsident will auch unternehmerische Grundsätze ins öffentlich-rechtliche Unispital Zürich einbauen. Bisher als Postbote der politischen Wünsche und Vorstellungen aktiv, soll der Spitalrat künftig eher wie ein echter Verwaltungsrat agieren. Der Präsident, dem die Agilität des Unispitals am Markt ein Anliegen ist, hat deshalb von Anfang an klare Ansagen gemacht, als er, der ausgewiesene Krisenmanager, für das Amt des Spitalratspräsidenten angefragt wurde.

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Angesichts des Wunsches nach mehr Unternehmertum im Unispital Zürich kam Kandidatin Jänicke mit Führungserfahrung und hohen Rechenkünsten natürlich sehr gelegen. Denn das klamme Universitätsspital Zürich saniert sukzessive seine in die Jahre gekommenen Gebäude, und zwischen den politischen Vorgaben für Gewinnmargen und der Realität klafft ein kaum überwindbarer Graben.

Und Jänicke hat in ihrem letzten Job als Frankreich-Chefin des Pharmamultis Novartis gezeigt, dass sie es kann: ein Unternehmen neu aufstellen und «den Gewinn deutlich steigern». Letzteres hat sie auch vor, schliesslich ist es die politische Vorgabe, die Gewinnmarge des Unternehmens Universitätsspital auf Stufe Ebitda von derzeit mageren vier auf zehn Prozent zu steigern. Wie sie das schaffen will, möchte sie nach einem halben Jahr im Amt noch nicht verraten, jedenfalls sei sie bereit, «vorübergehend Defizite in Kauf zu nehmen», um nicht von der Zukunft abgehängt zu werden. Viel Vorarbeit ist jedenfalls schon geleistet worden. Etwa die riesige Baugrube, die neben dem Hauptgebäude an der Gloriastrasse klafft. Dort sollen die aufwendigen Neubauten Mitte 1 und 2 entstehen – Zentren modernster Spitzenmedizin, die auch die Effizienz des Unispitals steigern sollen. Das Projekt war unumgänglich. Die bestehenden Gebäude des Unispitals befinden sich im letzten Drittel ihres Nutzungszyklus. Zudem stehen 44 Prozent der Flächen unter Denkmalschutz, was zu hohen Unterhaltskosten und einem Investitionsstau von rund 800 Millionen Franken führt.

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sdf

Im Herzen von Zürich: Als Ausbildungsstätte arbeitet das USZ eng mit der Universität Zürich und der ETH zusammen und forscht an neuen Behandlungsmethoden.

Dan Cermak für BILANZ
sdf

Im Herzen von Zürich: Als Ausbildungsstätte arbeitet das USZ eng mit der Universität Zürich und der ETH zusammen und forscht an neuen Behandlungsmethoden.

Dan Cermak für BILANZ

Auch beim USZ-Ableger im Flughafen-Circle kann Jänicke auf der Welle der Vorgängerentscheidungen reiten: Ambulante Eingriffe sind zwar die Zukunft der Spitäler und ein Schlüssel zur Kostensenkung im Gesundheitswesen, aber wegen eines veralteten Abgeltungssystems im Gegensatz zu stationären Behandlungen ein Verlustgeschäft. Doch erst im vergangenen Dezember hat das Parlament eine Finanzierungsreform beschlossen, die nach Ablauf der Referendumsfrist im Januar 2028 in Kraft treten soll.

Die unternehmerische Beinfreiheit der USZ-CEO ist auch durch das neue Universitätsgesetz besiegelt. So kann das USZ neu selbstständig über Ausgliederungen entscheiden, allerdings nur bis zu einem Wert von vier Millionen Franken. Der Regierungsrat hatte eine Schwelle von zehn Millionen vorgeschlagen, die Spitaldirektion selbst hatte sich für 40 Millionen ausgesprochen.

Mehr Agilität ist aber noch keine Patentlösung für das Spitalwesen, das massiv gegen die mangelnde Profitabilität kämpft. Extrem profitorientierte Massnahmen, wie sie ausländische Spitäler vormachen, etwa die Auslagerung der Grundversorgung und die Umwandlung des Universitätsspitals Zürich in eine Spezialklinik, lehnt Jänicke getreu dem in der DNA des USZ verankerten Ausbildungsauftrag ab: «Wir bilden Assistenzärztinnen und -ärzte in der hoch spezialisierten Medizin aus, aber genauso auch in der Grundversorgung.» Schliesslich brauche es auch junge Ärztinnen und Ärzte, die in die Hausarztpraxen gehen.

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Kein Machtgehabe

Auch wenn das Gespann Zemp-Jänicke für manche einen zu wirtschaftlichen Anstrich hat, betont Jänicke ausdrücklich: «Ich führe nicht über Zahlen.» Sondern «über die Motivation, dass alle gemeinsam anpacken und die Organisation voranbringen». Und auch in anderen Punkten entspricht Jänicke nicht den Erwartungen an eine forsche Dompteurin für übermütig-arrogante Halbgötter in Weiss. Sie setzt auf partizipative Führung – in ihrem ersten Monat, als sie sich warmlief, der abtretende Zünd noch als Sparringspartner vor Ort, besuchte sie sämtliche 43 Klinikdirektoren, stellte sich vor, fühlte deren Puls. Sie berichtet von einer Vielzahl an E-Mails, Begegnungen im Tram oder im Klinikflur, bei denen Mitarbeiter sie gebeten hätten, «unserem USZ Sorge zu tragen». Und das, sagt sie, «ist auch genau meine Absicht» – das habe sie bei ihren Vorstellungsrunden in Townhalls und Kadermeetings den Mitarbeitern kommuniziert. Wenn sie versichert: «Nicht das USZ ist für mich da, sondern ich bin für das USZ da», dann klingt das bei ihr für einmal nicht nach hohler Phrase, sondern nach ernst gemeinter Führungsphilosophie.

sd

Partizipativ: Von Novartis nahm Jänicke das Unbossing mit. Sie will diejenigen befähigen, die sich um das Wohl der Patienten kümmern.

Dan Cermak für BILANZ
sd

Partizipativ: Von Novartis nahm Jänicke das Unbossing mit. Sie will diejenigen befähigen, die sich um das Wohl der Patienten kümmern.

Dan Cermak für BILANZ

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Auch mit den Chefärzten, also den oft hochmögenden Klinikdirektoren, geht sie so um. «Ich muss den Leuten erst einmal Vertrauen schenken, bevor ich mir selber Vertrauen verdienen kann», beteuert sie. Dass die allermeisten von ihnen honorige Ärzte und Wissenschaftler seien, das Patientenwohl als höchstes Gut im Blick, betont sie gleich mehrfach. Die Reputationskiller: Einzelfälle, keine Kohorte von schwarzen Schafen.

Denn das schiefe Licht, in dem das Universitätsspital in der Öffentlichkeit steht, ist vor allem auf die Querelen in der Klinik für Herzchirurgie zurückzuführen, die sich zwischen 2020 und 2021 abspielten. Der Vorwurf, hier nochmals verkürzt und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Der Direktor der Klinik für Herzchirurgie, Francesco Maisano, habe Patienten mit von ihm erfundenen, aber noch nicht zugelassenen Implantaten für Herzklappen operiert. Der Whistleblower André Plass, Leitender Arzt der Klinik für Herzchirurgie, erhob schwere Vorwürfe gegen den Klinikdirektor: Unter anderem soll Maisano wissenschaftliche Publikationen über von ihm mitentwickelte Implantate geschönt und Komplikationen verschwiegen haben. Die Vorwürfe von Plass wurden später durch Untersuchungen des USZ bestätigt. Doch dann folgte eine zweite anonyme Anzeige, die Plass selbst mit schweren Vorwürfen der Patientengefährdung konfrontierte, die aber durch zwei unabhängige Gutachten als haltlos entlarvt wurden. Begleitet wurde das ganze Debakel von einer medialen Seifenoper ungekannten Ausmasses.

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Blick Nach Vorn

Über die Vorkommnisse besteht kein Konsens, wohl aber über die Versäumnisse des Universitätsspitals: fehlende Offenlegungsregeln und Interessenbindungen, eine Angstkultur, die verhinderte, dass Missstände aufgedeckt und anschliessend öffentlich werden. Trotz einer gut ausgebauten Kommunikations- und Rechtsabteilung war die Spitalleitung mit dem aufklärerischen Interesse der Medien überfordert – obwohl es sich nicht um den ersten medienwirksamen Fall am Universitätsspital handelte. Das Unispital verschleppte die rechtzeitige Aufarbeitung, liess Whistleblower und Kritisierte im Kreuzfeuer der öffentlichen Medien stehen und erwies sich schliesslich als illoyale Arbeitgeberin, indem sie beide fallen liess.

Im Januar 2024 erlebten Beobachter dann eine Art Déjà-vu. Ein Finanznachrichtenportal im Internet schoss erneut in Richtung Herzchirurgie: Von wirtschaftlichen Eigeninteressen des Chefarztes Omer Dzemali war die Rede. Dieser habe Aktien einer Firma gehalten, mit der das Universitätsspital «Nano-Carbon Coatings», also Beschichtungen für künstliche Herzklappen entwickeln wollte – darüber habe diese Firma namens Lion ein Memorandum of Understanding mit dem USZ unterzeichnet, kurz darauf habe Dzemali seine Aktien verkauft.

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asd

Neuanfang: Die Vergangenheit des USZ will Jänicke nicht auslöschen. Aber der Blick nach vorne ist der Neuen wichtig.

Dan Cermak für BILANZ
asd

Neuanfang: Die Vergangenheit des USZ will Jänicke nicht auslöschen. Aber der Blick nach vorne ist der Neuen wichtig.

Dan Cermak für BILANZ

Diskret und zügig liess Jänicke die Sache von ihrer Compliance-Abteilung durchleuchten. Ergebnis: Es habe keinen Aktienbesitz von Dzemali gegeben, diese Lion-Meldung habe sich als Irrtum herausgestellt, Lion habe dies schriftlich bestätigt, würde dies auch an Eides statt versichern. Schliesslich hätten die Compliance-Experten des Universitätsspitals «no issue» festgestellt. Dies sei auch intern so kommuniziert worden. Öffentlich verloren aber Jänicke und ihre Medienstelle kein Wort darüber, auch nicht über Jänickes pikanten Schachzug – dass sie das Memorandum of Understanding dennoch gekündigt hat, um der vermeintlichen Skandalgeschichte den Sauerstoff zu entziehen, um, wie sie sagt, «das Thema nicht weiter zu befeuern». Das kann man getrost auch als Warnung nach innen verstehen: Ich kann auch anders.

BILANZ liess sich diese Angaben direkt von Lion bestätigen. Bestätigt wurde nicht nur, dass Dzemali keine Aktien hält, sondern auch, dass der Autor schriftlich und telefonisch auf den Fehler von Lion aufmerksam gemacht wurde, die Meldung auf besagtem Newsportal aber nicht angepasst wurde.

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Gewohnte Gruben

Sie wolle die Vergangenheit nicht wegwischen, aber auch nicht kultivieren, sagt Monika Jänicke. Sondern den Blick nach vorn richten: Nach wie vor geniesst das Universitätsspital Zürich international hohes Ansehen und belegt gemäss dem renommierten Ranking von «Newsweek» und Statista Rang zwölf der weltbesten Spitäler. Und mit medizinischen Innovationen soll der Spitzenplatz gesichert werden – Jänicke erzählt mit leuchtenden Augen von einer Roboter-Operation, bei der sie dabei war: «Da müssen wir hin.»

Die Neue bringt also durchaus frischen Wind nach Zürich. Allerdings: So neu ist sie gar nicht. Aufgewachsen in Konstanz, wo sie zunächst die Klosterschule Zofingen besuchte und einen ersten Schulabschluss erwarb, absolvierte sie das Abitur am Droste-Hülshoff-Gymnasium, malerisch untergebracht im «Gelben Schloss» in Meersburg, «ich konnte mit der Bodensee-Fähre zur Schule fahren». Schwerpunktfächer damals waren Deutsch und Mathematik, im «grossen Kanton» eine seltene Kombination, daneben auch Geschichte und Chemie. Letztere studierte sie bis zum Diplom an der Uni Konstanz und wechselte dann nach Zürich, wo sie als Assistentin an der Anorganischen Chemie arbeitete – einer Teildisziplin, die auch angehende Ärzte durchlaufen. Also trifft sie heute am Universitätsspital immer wieder auf Mediziner, die sich an Jänicke als ehemalige Führungskraft erinnern. Ihre Doktorarbeit behandelte Katalysatoren für die «Fischer-Tropsch-Synthese», ein Verfahren, mit dem die höchst aktuellen synthetischen Kraftstoffe hergestellt werden; Jänicke begutachtete vor allem Eisen-Hybrid-Komplexe.

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Anschliessend heuerte sie im Aussendienst des Pharmariesen MSD (Merck) an, bis sie 2003 zu Novartis wechselte. Ab 2009 war sie dort Länderchefin Schweiz, von 2018 bis Anfang 2023 Länderchefin in Frankreich. Novartis-CEO Vas Narasimhan habe ihren Abgang sehr bedauert.

Bereits in diesen Jobs, das ist ihr wichtig, habe sie Kontakte zu Politikern gepflegt, und «mir war auch wichtig, dass mich die Chefärzte, also die Kunden, kennen». Soll heissen: Wer sich wunderte, warum sich eine Konzernmanagerin freiwillig in gleich zwei Schlangengruben setzte, also in die Biosphären der eigenwilligen Stakeholder Politikerinnen und Klinikdirektoren, brauche sich keine Sorgen zu machen – sie muss das nicht lernen, sie kann das schon. Sie habe nach langen Jahren in der Forschung, der Entwicklung und im Vertrieb in Konzerndiensten andere Seiten des Gesundheitswesens kennenlernen wollen: die Patientenbehandlung sowie den holistischen Blick auf Medizin. Dass sie am Universitätsspital umstellt ist von gleich zwei Regierungsrätinnen des Kantons Zürich, Bildungsdirektorin Silvia Steiner und Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli, von Abgeordneten, neun Spitalräten, Krankenkassen, Ärzten, Patientenorganisationen und dann noch zusätzlich unter Druck steht durch klamme Finanzen? «Ich liebe Herausforderungen.» Das klingt immer gut.

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Mit ihrem Partner, einem pensionierten Arzt, lebt sie in Bassersdorf ZH. Dort schaltet sie ab, gern auch in den Bergen oder bei Museumsbesuchen, etwa in Paris, wo sie fünf Jahre gelebt hat. Ausserdem liest sie viel: vom Business-Sachbuch über Krimis bis zu Hermann Hesse.

Auch mit ihr selber ist ihr guter Umgang wichtig. Wenn die Batterien auf Null-Level gesunken sind, sagt sie schon mal ihre Termine am Nachmittag ab und greift erst am nächsten Morgen wieder an. Der Arbeitstag startet bei ihr immerhin zwischen sieben und halb acht, sie sei durchaus ein Morgenmensch – aber als man ihr eine Sitzung um 6.15 Uhr in den Kalender stellen wollte, beschied sie: «Das könnt ihr mit mir nicht machen.» In einem Schichtbetrieb wie dem USZ sind Treffen zu Randzeiten zwar nicht ungewöhnlich, aber Jänicke kommt lieber ausgeschlafen und gut vorbereitet in die Meetings. Dafür treffe sie die Leute regelmässig, auch die Klinikdirektoren, fährt zu den externen Standorten Schlieren, Flughafen-Circle oder Stettbach, und, «statt Powerpoint-Folien aufzulegen, frage ich lieber, wo der Schuh drückt, und lasse mir Fragen stellen».

Nur eben noch nicht morgens um kurz nach sechs.

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