Guten Tag,
Bei der ZKB beginnt bald die Ära unter Urs Baumann. Im Rennen um das CEO-Amt hat er 50 interne und externe Bewerber ausgestochen.
Der neue ZKB-Chef muss eigene Zeichen setzen – ohne das bisherige Erfolgsmodell zu gefährden.
Joseph Khakshouri für BILANZWerbung
In der Freizeit setzt sich Urs Baumann (55) gerne auf seine Harley-Davidson und braust über abgelegene Landstrassen. Bis vor ein paar Jahren gerne zusammen mit seinem inzwischen 85-jährigen Vater, ebenfalls einem grossen Harley-Fan. Auch bei seinem anderen Hobby, dem Reisen, sucht er gerne neue Wege: Sein Ziel ist es, jedes Jahr ein neues Land zu erkunden. Ein Mann also, der gerne ausgetrampelte Pfade verlässt.
Auf eine eher vorgespurte Landschaft trifft er bei seinem neuen Arbeitgeber: Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) gilt als Koloss mit eingefahrenen Strukturen, als fast etwas langweilige Staatsbank, wo vom Prickeln des Bankbusiness, anders als bei den Kollegen bei den Grossbanken ein paar Häuserzeilen weiter, wenig zu spüren ist. Dafür macht man Gewinn, skandalfrei, Jahr für Jahr, und nicht zu wenig: Rekordhohe 942 Millionen waren es im vergangenen Jahr.
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Geführt wurde die Bank in den letzten 15 Jahren von Martin Scholl, einem Hausinternen, der praktisch seine gesamte Karriere bei der Bank verbracht hatte. Zur ZKB war Scholl 1977 als KV-Lehrling in der Filiale Wipkingen gestossen; abgesehen von einer kurzen Stage 1989 in New York blieb er der Bank treu und stieg in langen Jahrzehnten Schritt für Schritt die Leiter hoch bis zum Chefposten. Wie schon seit eh und je üblich.
Und jetzt kommt Baumann, im Amt ab September 2022. Erstmals in der 152-jährigen Geschichte hat die ZKB einen Externen zum Vorsitzenden der Generaldirektion ernannt. Mit Baumann kommt zudem ein Banker, der eher als Firmengründer und Unternehmer denn als Bankbeamter gilt und bisher in eher kleineren Instituten tätig war. Umso grösser war denn auch die Überraschung in der Branche, auch weil es der Bank intern nicht an Kandidaten mangelte.
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Auch im Freundeskreis des gut vernetzten Bankers ist zu hören, man habe überrascht vom neuen Job von Urs bei der Staatsbank Kenntnis genommen. Auch er selbst soll zunächst etwas gestutzt haben, als er vor rund einem Jahr von der beauftragten Headhunter-Firma Egon Zehnder angefragt worden sei, heisst es in seinem Umfeld.
Noch nie hat Urs Baumann eine solch grosse Organisation geleitet wie die ZKB (Bild: Schalterhalle im Hauptsitz an der Bahnhofstrasse).
Joseph KhakshouriNoch nie hat Urs Baumann eine solch grosse Organisation geleitet wie die ZKB (Bild: Schalterhalle im Hauptsitz an der Bahnhofstrasse).
Joseph KhakshouriEr stand kurz vor dem Abflug in seinen Urlaub, und so lud er rund einen Bundesordner voller ZKB-Dokumente runter, von den letzten Geschäftsberichten bis hin zu den Ausführungen zum Leistungsauftrag, um diese in den Ferien in aller Ruhe zu studieren. Noch bevor er zurück war, hatte er Feuer gefangen.
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«Jeder, der sich mit der Bank intensiver auseinandersetzt, merkt bald: Das manchmal vorherrschende Bild einer trägen Staatsbank wird der ZKB bei Weitem nicht gerecht», sagt er. Die Bank sei im Gegenteil sehr unternehmerisch und innovativ, er sei echt begeistert. Als Beispiele nennt er etwa die Tatsache, dass die Bank der grösste Finanzierer von Start-ups in der Schweiz sei, oder die jüngst lancierten neuen Filialkonzepte, die den Kunden weit über seine direkten Finanzbedürfnisse einbindet, was zukunftsweisend sei.
Und das für ihn persönlich sehr wichtige Thema Nachhaltigkeit sei sogar Teil des Leistungsauftrags. Die Basics stimmten: «Die Bank ist finanziell beeindruckend erfolgreich», windet er indirekt seinem Vorgänger Scholl ein Kränzchen. Und schiebt dann noch einen Satz nach, den man vom ihm, dem Unkonventionellen, dem Externen mit dem frischen Blick aufs Ganze, so explizit denn doch nicht erwartet hätte: «Erste Priorität ist Kontinuität bewahren, es braucht keine radikale Veränderung.»
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Auffällig häufig fällt dieses Wort derzeit im Austausch mit den ZKB-Oberen – Kontinuität. Auch bei Bankratspräsident Jörg Müller-Ganz tönte es ähnlich, als ihn BILANZ am Tag vor dem Treffen mit Baumann ein paar Stockwerke weiter oben im imposanten Hauptgebäude an der Zürcher Bahnhofstrasse 9 zum Gespräch traf: «Wir haben kein Interesse an einer Revolution», merkte er trocken an.
Der scheidende ZKB-Chef war in der Belegschaft wegen seines erfolgreichen Kurses hoch geschätzt. Doch richtig warm mit ihm wurden nicht viele.
EQ ImagesDer scheidende ZKB-Chef war in der Belegschaft wegen seines erfolgreichen Kurses hoch geschätzt. Doch richtig warm mit ihm wurden nicht viele.
EQ ImagesAber hat man nicht darum gezielt einen Externen berufen, um die Ära Scholl endlich etwas auszulüften, frischen Wind und frische Ideen ins altehrwürdige Institut zu bringen? Bekommt man jetzt Angst vor dem eigenen Mut? Man habe nicht gezielt einen Externen berufen, widerspricht Müller-Ganz, «wir haben die beste Person gewählt».
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Schon 2017 habe man mit der Einleitung des Nachfolgeprozesses an der Spitze begonnen, so Müller-Ganz. Damals habe die Situation gezeigt, dass alle GL-Mitglieder und einzelne Schlüsselfiguren in einem Zeitraum von 18 Monaten in Rente gehen würden.
Und so gleiste der Bankrat einen umfassenden Nachfolgeprozess auf, eine Art Masterplan für die Erneuerung an der Spitze. Kernaufgabe in diesem Masterplan war natürlich die Nachfolge des CEO selber. Auf der ersten Liste standen noch 50 interne und externe Kandidaten, sie wurde vom Prüfgremium unter Müller-Ganz dann in einem nächsten Schritt auf rund ein Dutzend Kandidaten eingedampft. Im Mai 2021 folgte dann die Rücktrittsankündigung von Scholl, und man konnte die Kandidaten einzeln angehen.
Das Assessment für den neuen Job war tough und zeitintensiv, unter anderem musste jeder Kandidat in einer Art Business Case seine Vision und Vorstellungen einer «ZKB 2030» formulieren und dann auch vor den internen Gremien vertreten. Das Rennen machte Baumann – Ende Oktober 2021 wurde seine Nominierung bekannt gegeben.
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««Noch nie in der 152-jährigen Geschichte der Bank wurde ein Externer oberster Chef.»»
Böse Zungen mäkeln, Baumann sei natürlich im Vorteil gewesen, weil er als ehemaliger Mitarbeiter des Strategieberaters McKinsey genau wisse, wie man solche Fallstudien zeichne und was die Bankchefs hören wollen.
Auf die Frage, was neu bei der ZKB werden soll, bleibt Müller-Ganz eher im Allgemeinen: «Wir wollen grundsätzlich das bisherige Erfolgsmodell nicht verändern. Aber wir werden die Bank weiterentwickeln entlang den Kundenbedürfnissen und technologischen Möglichkeiten.» Konkreter wird Baumann selber.
Die positive Beurteilung des Status quo dürfe natürlich nicht dazu führen, dass man stehen bleibe. Als Grundpfeiler der zukünftigen Ausrichtung sieht er eine Wachstumsbeschleunigung und den Ausbau der schon von Scholl gestarteten Diversifizierungsstrategie. Zudem soll die Digitalisierung forciert und Nachhaltigkeit zu einem der zentralen Themen werden.
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Gerade bei Letzterem bringt Baumann einiges an Erfahrung mit, war er doch Mitgründer und in den letzten sieben Jahren auch CEO von Blue Earth Capital, einer Schwestergesellschaft der Zuger Private-Equity-Firma Partners Group, die mit ihren Investments «die drängendsten sozialen und ökologischen Herausforderungen bewältigen» will.
«Er ist allein gestartet und hat Blue Earth zu einer wichtigen Drehscheibe für solche Fragen und zu einem wachsenden Unternehmen mit heute über 40 Mitarbeitenden gemacht», sagt Blue-Earth-Präsident und Partners-Group-Mitgründer Urs Wietlisbach.
Doch der jetzige Karriereschritt ist happig: Die Staatsbank ist ein breit aufgestellter Bankkonzern mit heute über 5000 Mitarbeitern. Das ist schon ein anderes Kaliber, als alles, was er bisher gemacht hat, auch in Sachen Führungserfahrung: «Das wird kein Walk in the park», sagt ein Vertrauter.
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Jörg Müller-Ganz
Setzte auf einen stufenweisen Masterplan zur Neubesetzung der Bankspitze.
Reto SchlatterJürg Bühlmann
Der Firmenkundenchef galt als interner Kandidat – und leitet einen mächtigen Kernbereich.
Reto SchlatterFlorence Schnydrig Moser
Die Private-Banking-Chefin nahm sich selber aus dem Rennen um den Chefposten.
© Dominique MeienbergUnd Baumann hat zwar in vielen Bereichen des Bankings im Laufe seiner Karriere Erfahrungen sammeln können, aber kaum im Bereich Firmenkunden, und dieser ist bis heute so etwas wie das Herz der ZKB. Er gilt zudem als eine Art internes Machtzentrum, die Firmenbanker prägen und bestimmen die Bank seit je, wie Insider schildern.
Auch Scholl selber hat diesen Bereich vor seiner Berufung zum CEO geleitet. Zudem soll, wie Bankkenner zu wissen glauben, der jetzige Bereichschef Jürg Bühlmann ganz oben auf der Liste der internen Kandidaten gestanden haben. Bühlmann ist ebenfalls ein Mann mit viel Stallgeruch, er ist schon seit 1994 bei der Bank und wurde spätestens seit seiner Berufung zum Leiter des Bereichs im Jahr 2020 als einer der Papabili gehandelt.
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Auch Scholl dürfte ein gutes Wort für seine eigenen Leute eingelegt haben. Die ZKB selbst gibt dazu und auch zu möglichen Kandidaten keinen Kommentar.
Sich in diesem Block Akzeptanz zu verschaffen, dürfte also eine der wichtigsten und gleichzeitig anspruchsvollsten Aufgaben des neuen Mannes an der ZKB-Spitze werden. Vom Firmenkreditgeschäft hat er wenig Ahnung, er gilt auch nicht unbedingt als Kundenbanker oder Marketingmann. Es wäre für die interne Truppe ein Leichtes, den Neuen gezielt auflaufen zu lassen.
Denn auch an anderen Stellen im Konzern haben sich viele Abläufe über Jahre eingespielt, ohne gross in Frage gestellt zu werden.
So muss sich Baumann auf Rigiditäten gefasst machen, und doch ist gleichzeitig auch ein Wunsch in der Belegschaft spürbar, den Geist von Martin Scholl aus der Bank zu vertreiben. Denn dieser war zwar wegen seines erfolgreichen Kurses in der Belegschaft sehr respektiert, wurde aber doch nicht wirklich geliebt. Das liegt wohl vor allem an der etwas verknorzten Art des Chefs, der nicht unbedingt als Charmebolzen gilt; ein Mann mit eher sarkastischem Humor, der auf Kritik gerne gereizt reagiert und mit dem viele irgendwie nicht richtig warm wurden.
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Auch seine Haltung zum Homeoffice («nicht im Interesse der ZKB») wird nicht überall verstanden. Scholl war nie im Homeoffice. Ob dies auch Baumann so strikt handhabt, ist unklar, aber argumentativ geht er in eine ähnliche Richtung: «Ich bin der Überzeugung, dass es für eine gute Kultur nicht nur den virtuellen, sondern vor allem den persönlichen Austausch braucht. Homeoffice ist aber auch bei uns möglich, wenn die betrieblichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Das ist in der Bank transparent geregelt.»
Mächtige Gruppierungen prägen die Bank im Innern – eigene Leute in die Konzernleitung holen darf Baumann nicht.
Joseph KhakshouriMächtige Gruppierungen prägen die Bank im Innern – eigene Leute in die Konzernleitung holen darf Baumann nicht.
Joseph KhakshouriWerbung
Baumann ist in den wenigen Wochen seit seinem Eintritt bei der Bank Anfang Juni allerdings generell lockerer rübergekommen: Mitarbeiter, die ihn getroffen haben, schwärmen von seiner einnehmenden Persönlichkeit und seinem guten Draht, den er zu den Leuten finde. Auch ehemalige Kollegen haben ihn positiv erlebt. «Selbst nach einem langen und harten Arbeitstag war er noch gut drauf», so ein ehemaliger Mitstreiter aus seiner Zeit bei McKinsey.
Es sei normal, dass ein Führungswechsel zu Beginn eine gewisse Unruhe in die Bank bringe, sagt Baumann, vor allem wenn ein Externer reinkomme. Bei vielen Firmen sei das ähnlich: «Ein Teil der Belegschaft erwartet Veränderungen, ein Teil hat Angst davor. Hier gilt es, die Erwartungen gut zu managen.»
Klar ist: Ohne dass die Crew mitzieht, kann der Chef nicht erfolgreich sein. Für Baumann ergibt sich zusätzlich die Situation, dass er keine eigene Seilschaft aufbauen kann, indem er ausgewählte Vertraute aus seinem bisherigen Umfeld in Schlüsselfunktionen in der Bank platziert.
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««Wir haben kein interesse an einer Revolution.»»
ZKB-Präsident Jörg Müller-Ganz
Auch die noch anstehenden Veränderungen in der Führungsriege – die Bereiche Investmentbanking, Products and Services, Risk Management sowie Finanz- und Rechnungswesen brauchen noch neue Leiter – würden vom Bankrat bestimmt, und zwar nach den gleichen Bedingungen wie bei den bisherigen Veränderungen in der obersten Führung, also abgestimmt mit dem bestehenden Masterplan und in Verantwortung des zuständigen Prüfgremiums, betont Präsident Müller-Ganz.
Natürlich werde der CEO mitreden, aber der Entscheid liege vollumfänglich beim Bankrat, wie dies ja auch nach den Grundsätzen guter Corporate Governance richtig sei. Für Baumann selbst ist dies kein Thema: «Ich habe noch nie in meiner Karriere Seilschaften gebildet.»
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Nach seinem Studium an der Universität St. Gallen, das er 1992 mit dem Master abschloss, ging er für fünf Jahre zu McKinsey Schweiz, wo er in der Bankengruppe um Christian Casal tätig war. Eines der wichtigen Projekte, die er als Berater begleitete, war die Integration der kriselnden Volksbank in die Grossbank Credit Suisse.
So war die Connection für seinen nächsten Karriereschritt schon gegeben. Die Credit Suisse formte zusammen mit American Express ein Joint Venture im Kreditkartenbereich, das neu aufgebaut werden musste; Baumann wurde CEO und leitete das Unternehmen bis 2005. Es folgten Abstecher zur britischen Barclays Bank und zum norwegischen Investmenthaus Lindorff Group, beides eher kürzere Einsätze, die Baumann etwas den Ruf eintrugen, ein Jobhopper zu sein.
Urs Wietlisbach
Der Partners-Group-Mitgründer setzte auf Baumann in Sachen Impact Investments.
ZVGGratian Anda
Der Nachfahre von Emil Bührle holte Baumann in den Verwaltungsrat seiner Privatbank IHAG.
ZVGMirjam Staub-Bisang
Bei der Bank am Bellevue krachte es mit den Hauptaktionären um Martin Bisang und dessen Gattin.
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2012 gings von Norwegen zurück in die Schweiz, und Baumann wurde CEO der Bank am Bellevue. Auch die verliess er nach knapp drei Jahren schon wieder. Wenn es einen Tiefpunkt in der Karriere von Baumann gibt, dann ist es wohl diese Episode. Denn die Trennung erfolge laut dem damaligen Pressecommuniqué «im gegenseitigen Einvernehmen».
Laut Gesprächen mit mehreren mit der damaligen Situation vertrauten Personen bestand der Knackpunkt in den unterschiedlichen Vorstellungen von Baumann, der sich als CEO auch finanziell an der Firma beteiligt hatte, und den anderen Grossaktionären, allen voran Firmenmitgründer Martin Bisang, flankiert von dessen später in den Verwaltungsrat der Bank eingezogenen Gattin Mirjam Staub-Bisang.
Die Bank am Bellevue befand sich 2012 nach einer Reihe von Skandalen in der Krise, und Bisang war auf Druck als CEO zurückgetreten. Als neuer Hoffnungsträger hatten die Eigner Baumanngeholt, doch auch nach längerer Zeit gelang es den Beteiligten nicht, sich auf eine gemeinsame Strategie zu einigen. Als Baumann, der die Bank vor allem auf das wachsende Asset Management ausrichten wollte, den Plan wälzte, gar das Kernstück, die Bank selber, deren Brokerage die Gruppe gross gemacht hatte, zu verkaufen, stand Bisang auf die Hinterbeine.
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«Es herrschte eine grosse Orientierungslosigkeit, wohin die Reise gehen sollte, und Baumann gelang es nicht, alle auf eine Reihe zu bringen. Und so passierte einfach gar nichts», sagt ein Insider. Baumann räumte das Feld und verkaufte seinen Anteil.
Erleichtert wurde sein Ausstieg auch darum, weil er bereits eine spannende neue Aufgabe in Aussicht hatte: An einer der jährlichen Retraiten in den Schweizer Bergen, die der Eventmanager Schoscho Rufener unter dem Titel «Mountain Wisdom» zweimal jährlich mit Topmanagern veranstaltet, sass er in jener Zeit lange mit Partners-Group-Mitgründer Urs Wietlisbach zusammen, der ihn zum Aufbau der späteren Blue Earth Capital motivierte.
Seinem Erfahrungsschatz – das Kleinkunden-Kreditgeschäft lernte er bei Swisscard kennen, den Börsenhandel und das Asset Management bei der Bank am Bellevue – fügte er zudem noch einen Einblick ins klassische Private Banking hinzu; auch dies bei der ZKB ein immer wichtigerer Bereich.
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Er war nach 2016 im Verwaltungsrat der Privatbank IHAG, die den Nachfahren von Emil Bührle unter dem heutigen Clanchef Gratian Anda gehört. Keine leichte Aufgabe, denn die Familienbank ging durch schwierige Zeiten und machte mit Unruhe in der Führungsetage auf sich aufmerksam. Auch Baumann bekam in den Medien sein Fett weg.
Für den Job musste Baumann durch ein langwieriges Assessment. Seine Vision von der «ZKB 2030» überzeugte den Bankrat.
Joseph KhakshouriFür den Job musste Baumann durch ein langwieriges Assessment. Seine Vision von der «ZKB 2030» überzeugte den Bankrat.
Joseph KhakshouriFür den Job bei der Zürcher Kantonalbank muss Baumann in den Kanton Zürich umziehen. Bisher residierte er im steuergünstigen Schindellegi im Kanton Schwyz. Die Wohnung in der Zürcher Seegemeinde Kilchberg sei bereits gefunden, sagt er, der Umzug finde bald statt. Seine Lebenspartnerin Germaine ist beim Zürcher Executive-Search-Unternehmen Schillingpartners in Diensten, das Paar hat keine Kinder.
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Urs Baumann treibt viel Sport, er fährt Ski, macht Langlauf und radelt gerne auf seinem Bike, Spass mache ihm generell «alles, was outdoor ist». Jüngst habe er sich noch ein Stand-up-Paddelboard gekauft. Er betreibe Sport nicht mit Wettbewerbscharakter, für ihn sei es eher aktive Erholung. Er hat eine Ferienwohnung in Laax im Bündnerland und macht gerne ausgedehnte Wanderungen.
Er besucht immer mal wieder Konzerte, jüngst war er etwa am «Blues ’n’ Jazz Festival» in Rapperswil, auch am «Moon & Stars» in Locarno ist er ab und zu. Baumann ist ein zugänglicher Typ, im Gespräch wirkt er unprätentiös und offen. Er stammt nicht aus reichem Haus, sein Urgrossvater war Bauer, sein Grossvater Bäcker, sein Vater hatte ein Architekturbüro mit rund zwanzig Leuten.
Noch bis zum 1. September dauert seine Einführungszeit an der Seite von Scholl, dann muss er allein ran und gilt offiziell als neuer Vorsitzender der Generaldirektion. Eine seiner wichtigsten Aufgaben ist die Teambildung auf Konzernleitungsebene. Wichtige Schlüsselfiguren muss er einbinden; dazu gehören nebst dem bereits erwähnten Firmenkundenchef Bühlmann etwa auch die Leiterin Private Banking, Florence Schnydrig Moser.
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Auch sie galt lange als Nachfolgekandidatin für Scholl, ja intern wie extern gingen viele davon aus, dass auch die ZKB ganz zeitgemäss auf eine Frau als neue Chefin der Bank setzen würde. Vor allem auch, weil Schnydrig Moser doch einiges an Erfahrung mitbringt. 2021 hatte sie Christoph Weber ersetzt, einen engen Vertrauten von Scholl und wie jener schon seit Urzeiten bei der ZKB.
««Ein Teil der Belegschaft erwartet Veränderungen, ein Teil hat Angst davor.»»
Urs Baumann
In der ganzen Diskussion ging allerdings etwas unter, dass Schnydrig Moser in einem Interview mit dem Portal «Finews» selbst öffentlich verkündete, dass sie sich gar nicht für den CEO-Job beworben habe – sie wolle lieber in ihrem Bereich Private Banking einen «Impact» für die Bank generieren.
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Immerhin ist die ebenfalls von aussen geholte ehemalige Grossbankerin – von 2oo0 bis 2018 war sie bei der Credit Suisse – ein Zeichen, dass der Scholl-Zirkel aus engen Vertrauten generell am Aufbrechen ist.
Zu hören, man sei nicht auf dem ersten Platz, sei natürlich für einen Kandidaten ein Schlag, sagt Müller-Ganz. Mit den externen Kandidaten habe man ein Debriefing gemacht, mit den internen mehrfach geredet. Auch Baumann selber ist schon mit den betroffenen Kollegen zusammengesessen.
Seine Freunde glauben, dass er es schaffen werde, das Team für sich zu gewinnen: «Er ist sehr integrativ», sagt Blue-Earth-Präsident Wietlisbach.
Einfach wird die Reise für Baumann nicht, denn angesichts des Leistungsausweises seines Vorgängers kann er eigentlich nur verlieren: Macht er es gut, ist das nicht mehr als zu erwarten; sind die Zahlen aber rückläufig, hagelt es schnell Kritik. Dass die unruhige Wirtschaft mit Inflations- und Konjunktursorgen sowie Turbulenzen an den Börsen nicht die besten äusseren Voraussetzungen für ihn schafft, ist auch klar.
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Er selbst gibt sich gelassen, die Bank sei von Scholl und dessen Team robust konstruiert und eine der sichersten der Welt, wodurch man mit besseren Voraussetzungen als viele andere auch schwierigere Zeiten angehen könne.
Auch für seine persönlichen Ziele – unternehmerisches Handeln müsse Hand in Hand gehen mit gesellschaftlicher Verantwortung – biete die ZKB mit ihren über 400 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen eine gute Plattform. «Wenn es gelingt, diese nachhaltig anzulegen, hat das eine viel grössere Hebelwirkung als alles, was ich bisher gemacht habe.»
Eine der wichtigsten Fragen bei jedem Jobwechsel, nämlich der Lohn, den man verdienen wird, ist im Falle von Urs Baumann noch nicht final bestimmt. Denn die politische Linke im Zürcher Kantonsrat will das Salär des CEO der Kantonalbank deckeln. Die parlamentarische Initiative, welche die SP-Kantonsrätin Isabel Bartal Ende Mai einreichte, hat zum Ziel, die Cheflöhne nicht über jene der Schweizerischen Nationalbank (SNB) steigen zu lassen. Für Baumann würde das fast eine Halbierung des Lohns bedeuten. Der scheidende ZKB-CEO Martin Scholl bezog rund 2,2 Millionen im Jahr, hinzu kamen 210 000 für Vorsorgeleistungen; Thomas Jordan, Direktionspräsident der SNB, bekam rund 1,25 Millionen, inklusive Sozialbeiträgen. Das ist weit weg von den im Banking üblichen Löhnen. So bekam UBS-Chef Ralph Hamers für letztes Jahr 11,5 Millionen Franken. Die UBS ist mit 73 000 Mitarbeitenden allerdings deutlich grösser als die ZKB mit rund 5200 Angestellten. Doch auch Philipp Rickenbacher, der Chef der mit 6700 Mitarbeitern vergleichbaren Bank Julius Bär, erhielt mit 6,5 Millionen deutlich mehr. Ob der Vorstoss von Bartal im Zürcher Kantonsrat allerdings eine Mehrheit finden wird, ist mehr als fraglich. Er wurde lediglich von Mitgliedern der SP und der AL unterschrieben, selbst von den Grünen wollte den Vorstoss niemand unterstützen.
Die Diskussion um den Lohndeckel nimmt der Bankrat relativ gelassen. Er denke nicht, dass das Anliegen eine Mehrheit finden werde, sagt Bankratspräsident Jörg Müller-Ganz: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kanton Zürich etwas macht, das den Wert der Bank gefährdet.» Man zahle marktgerechte Löhne, und das sei wichtig, um gute Leute zu bekommen.
Die parlamentarische Initiative der Zürcher SP-Kantonsrätin Isabel Bartal (Bild) will den Lohn des ZKB-Chefs deckeln. Nur SP- und AL-Mitglieder unterschrieben.
ZVGDie parlamentarische Initiative der Zürcher SP-Kantonsrätin Isabel Bartal (Bild) will den Lohn des ZKB-Chefs deckeln. Nur SP- und AL-Mitglieder unterschrieben.
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