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Breitling-CEO

«Unverhofft kommt oft»

Georges Kern spricht im Interview über Standhaftigkeit, Mut und Per­formance.

Iris Kuhn Spogat

<p>Georges Kern, seit 2017 CEO von Breitling und auch am Unternehmen beteiligt, hat mit der Marke inzwischen viel erreicht. Nun zündet er die nächste Stufe mit Aussicht auf ein Grande finale.</p>

Georges Kern, seit 2017 CEO von Breitling und auch am Unternehmen beteiligt, hat mit der Marke inzwischen viel erreicht. Nun zündet er die nächste Stufe mit Aussicht auf ein Grande finale.

Dan Cermak für BILANZ

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Während in der Schweizer Uhrenbranche alle auf der Bremse stehen und einen Gang zurückschalten, drückt Georges Kern, CEO von Breitling, weiter aufs Gas. Muss er: Für 2026 ist das Comeback von gleich zwei Uhrenmarken angekündigt. Einmal von Universal Genève, die Breitling preislich und uhrmacherisch überfliegen soll. Und von Gallet. Diese stillgelegte Marke, die kaum jemandem ein Begriff ist, hat er neulich gekauft, um tiefere Preisfelder zu beackern. Wir treffen Kern in seinem Büro in Zürich.

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Herr Kern, wie blicken Sie ins 2025?

Es ist eine schwierige Situation, aber es wäre falsch, nun wie die Maus vor der Schlange zu erstarren. Jetzt kommt es darauf an, dass man trotz allem die Strategie verfolgt, an die man glaubt, und sich gut aufstellt. Wenn die Zeiten wieder ändern – und das werden sie –, ist man dann bereit, wieder stärken zu wachsen.

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Wie sehr stresst Sie die aktuell angespannte Situation?

Ich bin nun 60  Jahre alt, habe alles gesehen, jede Krise, jedes Board, jede Aufregung. In Panik verfalle ich auf jeden Fall nicht.

<p>«Die wollen Performance sehen, und ich will das auch, ich habe selbst viel Geld in der Firma.»</p>

«Die wollen Performance sehen, und ich will das auch, ich habe selbst viel Geld in der Firma.»

Dan Cermak für BILANZ
<p>«Die wollen Performance sehen, und ich will das auch, ich habe selbst viel Geld in der Firma.»</p>

«Die wollen Performance sehen, und ich will das auch, ich habe selbst viel Geld in der Firma.»

Dan Cermak für BILANZ

Und die 31  Prozent Zoll, die Donald Trump nun auf alles aus der Schweiz erhebt?

Offensichtlich sind Zölle nicht hilfreich. Es ist aber davon auszugehen, dass nicht so heiss gegessen wie gekocht wird.

Breitling ist zwar nicht an der Börse, aber Sie haben die Partners Group im Nacken. Wie gross ist der Druck?

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Die wollen Performance sehen, und ich will das auch, ich habe selbst viel Geld in der Firma. Ich bin sehr froh um das Konstrukt, das wir haben: Das Management ist Partner von Investoren wie Partners Group und CVC, und dies macht das Konstrukt so interessant für uns. Viele unserer Mitarbeitenden sind Investoren bei Breitling.

Wie viele sind beteiligt?

Etwa zehn Prozent der Belegschaft.

Kurz vor der Watches and Wonders präsentierten Sie die neue Kollektion Top Time und setzen auf einen neuen Ambassador, Austin Butler. Zieht das noch?

Ein cooler und vor allem hocherfolgreicher junger Mann wie er bringt viel Aufmerksamkeit, und Austin passt sehr gut zur Marke.

<p>Neuer Botschafter: Die Verkörperung der neuen Top Time übernimmt US-Schauspieler Austin Butler.</p>

Neuer Botschafter: Die Verkörperung der neuen Top Time übernimmt US-Schauspieler Austin Butler.

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<p>Neuer Botschafter: Die Verkörperung der neuen Top Time übernimmt US-Schauspieler Austin Butler.</p>

Neuer Botschafter: Die Verkörperung der neuen Top Time übernimmt US-Schauspieler Austin Butler.

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Wie sind Sie auf ihn gekommen?

Wir sind viele Persönlichkeiten und Schauspieler durchgegangen, und dann reagiert man ja auch auf Filme, die man mag. Ich finde den Film «Elvis» super und eine grossartige schauspielerische Leistung von Austin. Ich habe ihn dann ein paar Mal getroffen und muss sagen: Er ist ein Supertyp, bescheiden, aber sehr talentiert und fokussiert. Ohne allzu viel von Uhren zu verstehen – wie er selbst sagt –, hat er einen Sinn für Stil und Ästhetik.

Keine Ahnung von Uhren – kann so jemand ein guter Botschafter sein?

Auf jeden Fall! Das zeigt, dass ihn die Marke anspricht, dass ihm die Designs unserer Uhren gefallen und er die Leute dahinter cool findet.

Die Top Time hat ein Manufakturkaliber und kostet über 5000 Franken, was viel Geld ist, aber im Vergleich zu den Vorjahren überraschend günstig. Warum so bescheiden?

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Das hat nichts mit Bescheidenheit zu tun. Wir bieten Qualität zu interessanten Preisen. Wir sprechen mit der Top Time – nicht nur, aber auch – eine jüngere Zielgruppe an.

<p>Neue Kollektion: Drei von sechs Referenzen der Top Time B31 mit 38-mm-Edelstahlgehäuse und Manufakturkaliber.</p>

Neue Kollektion: Drei von sechs Referenzen der Top Time B31 mit 38-mm-Edelstahlgehäuse und Manufakturkaliber.

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<p>Neue Kollektion: Drei von sechs Referenzen der Top Time B31 mit 38-mm-Edelstahlgehäuse und Manufakturkaliber.</p>

Neue Kollektion: Drei von sechs Referenzen der Top Time B31 mit 38-mm-Edelstahlgehäuse und Manufakturkaliber.

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Mit Gallet haben Sie im März eine weitere schlafende Uhrenmarke gekauft und stellen für 2026 Uhren im Preisband von 3000 bis 5000 Franken in Aussicht. Im aktuellen Kontext eine kühne Aktion.

Den Entscheid für Gallet haben wir schon vor drei, vier Jahren gefällt, etwa gleichzeitig mit dem Entscheid, Universal Genève zu kaufen, das war keine Spontanentscheidung. Und wenn man eine Strategie hat, an die man glaubt und die sich bewährt hat, zieht man sie durch, auch wenn das geopolitische und wirtschaftliche Umfeld zeitweise herausfordernder ist.

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Der Hintergrund für die Gallet-Akquisition?

Wir hatten eine Vision, wie sich Breitling entwickeln sollte und wie wir einerseits unsere Infrastruktur nutzen und andererseits dem Handel ein breites, interessantes Angebot aus einer Hand bieten können. Der Punkt ist der, dass in den letzten zehn, zwölf Jahren viele Marken ihre Wertschöpfung vertikalisiert und ihre eigene Distribution aufgebaut haben …

… und die Uhren immer teurer werden.

Auch wir haben gewisse Preissegmente verlassen, mitunter weil wir immer mehr Uhren mit Manufakturkalibern bestücken. Unser Durchschnittspreis liegt heute bei 7200 Franken.

Warum machen Sie nicht einfach günstigere Breitling-Modelle?

Weil man eine Marke nicht endlos nach oben oder unten ausdehnen kann.

Das Gallet-Preissegment gilt als schwierig.

Ja, und viele haben das Segment aus diesem Grund auch verlassen. Aber ich sehe im Bereich 3000 bis 5000 Franken ein gigantisches Potenzial. Man muss es einfach richtig machen.

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Richtig?

Mit Gallet können wir Synergien und Skaleneffekte nutzen, quasi «plug and play». Wir werden Gallet mit ihrer eigenen Geschichte und ihrem starken Produktdesign zwar als eigenständige Marke, aber mit unseren vorhandenen Ressourcen und unserer Infrastruktur sowie über unsere vorhandenen Distributionskanäle und Boutiquen aufbauen.

Universal Genève haben Sie viel schneller bekannt gegeben als Gallet. Warum?

Universal Genève gehörte einem börsenkotierten Unternehmen. Als wir Universal Genève gekauft hatten, mussten wir dies veröffentlichen. Bei Gallet hingegen gab es einen komplexen und zeitintensiven juristischen Prozess.

<p>«Es ist sicherlich besser, drei Marken an­bieten zu können als nur eine.»</p>

«Es ist sicherlich besser, drei Marken anbieten zu können als nur eine.»

Dan Cermak für BILANZ
<p>«Es ist sicherlich besser, drei Marken an­bieten zu können als nur eine.»</p>

«Es ist sicherlich besser, drei Marken anbieten zu können als nur eine.»

Dan Cermak für BILANZ

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Nun lancieren Sie Universal Genève und Gallet beide 2026. Zur gleichen Zeit am gleichen Ort?

Das sind unterschiedliche Marken und Ansätze, Gallet ist eine Schwestermarke von Breitling, die auch von Breitling geführt wird, und Universal Genève wird eine eigenständige Marke mit einem separaten Team und mit eigener Produktion und Distribution sein.

Wie wichtig ist das neue Konstrukt für den angepeilten Börsengang?

Es ist sicherlich besser, drei Marken anbieten zu können als nur eine. Allerdings gibt es ausser einem Börsengang auch andere Alternativen, wenn es darum geht, ein weiteres Kapitel zu schreiben.

So viele nun auch wieder nicht.

Sicherlich, aber es gibt Alternativen.

Nun haben Sie eine Luxusmarke, eine Einstiegsmarke, um die Sie sich kümmern müssen. Ist Breitling ausgereizt?

Nein, natürlich nicht, wir haben signifikante Wachstumsmöglichkeiten.

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In welche Richtung?

Im aktuellen geopolitischen Kontext reizt keine Marke das Potenzial aus, was Chancen bietet, sobald der Markt wieder anzieht. Zweitens können wir noch stark wachsen in China. Drittens gibt es neue Märkte wie Indien. In den USA können wir den Umsatz verdoppeln oder verdreifachen und haben da auch einiges in petto. Es gibt noch viele weitere Märkte, in denen die ganze Uhrenindustrie noch Potenzial hat, insbesondere in Asien.

Wie gehen Sie China an?

Ich arbeite mit China schon seit 25  Jahren. Der Markt hat sich verändert, das Empfinden der Kunden hat sich verändert. Ausserdem hat sich das Verlangen nach sichtbarem Luxus unter anderem mit den Antikorruptionsmassnahmen inzwischen abgeschwächt, sodass heute Marken wie Breitling, die dezenter sind, viel mehr ansprechen, insbesondere junge Kunden. Wir sind dort mit einem Umsatzanteil von sechs Prozent noch sehr bescheiden vertreten, unsere Produkte sprechen die chinesische Kundschaft inzwischen aber an. Wir haben in China noch nicht einmal die Hälfte der Distribution, die wir haben sollten.

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Das heisst?

Wir haben 50 Boutiquen, und wir müssten 150 haben.

Wie wäre es, für Frauen etwas mehr Gas zu geben?

Damenuhren spielen etwa 16 bis 17  Prozent des Umsatzes ein. In absoluten Zahlen entspricht das fast dem Umsatz, den wir mit Herrenuhren vor sieben, acht Jahren machten, ein gigantischer Brocken, und wir werden in der zweiten Jahreshälfte eine Neuheit bringen. Aber wie gesagt, Sie können eine Marke nicht zu sehr stretchen.

Themawechsel: Wie kam es, dass Sie Sponsor von Bayern München sind?

Das war nicht geplant, das kam zufällig.

Im Ernst?

Ja, manchmal fallen einem Dinge zu, und man macht es.

Was ist bei Breitling aus dem gehypten Thema Sustainability geworden?

Es gibt Leute, die eine Uhr nicht kaufen, weil das Unternehmen nicht nachhaltig ist. Aber niemand kauft eine Marke nur, weil sie nachhaltig ist. Man kauft eine Uhr wegen des guten Designs, des coolen Image, des präzisen Kalibers. Wir halten auch da unseren Kurs, nicht weil es gerade ein Hype ist, sondern weil wir daran glauben.

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<p>«Man muss auch Glück haben. Man muss Mut haben.»</p>

«Man muss auch Glück haben. Man muss Mut haben.»

Dan Cermak für BILANZ
<p>«Man muss auch Glück haben. Man muss Mut haben.»</p>

«Man muss auch Glück haben. Man muss Mut haben.»

Dan Cermak für BILANZ

Zum Beispiel?

Wir machen innerhalb unserer Einflusssphäre viel mit Projekten zur Reduktion von Plastik in unserer eigenen Produktion wie auch in den Meeren oder mit Partnerschaften wie zum Beispiel Climeworks zur Reduktion von CO2 in der Atmosphäre. Wir liefern mit der Blockchain Transparenz über unsere Lieferketten hinweg. Dergleichen gehört einfach zu einer modernen Marke.

Was ist Ihr grösstes Learning, seit Sie bei Breitling sind?

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Drei Sachen: Unverhofft kommt oft. Man muss auch Glück haben. Man muss Mut haben.

Erzählen Sie!

Das grosse Unverhoffte war Covid. Es war für mich als Unternehmer die Hölle, und während zweier, dreier Wochen habe ich echt geglaubt: «Game over.» Dann kam eine Explosion, die so niemand hatte erwarten können – das «Revenge Buying», ein Nachholbedarf. Ein grosses Glück war, dass ich – über einige Umwege zwar – zu Breitling gefunden habe. Und dass ich den Job schliesslich angenommen und eigenes Geld investiert habe, war mutig. Als wir die ersten Präsentationen machten, haben alle den Kopf geschüttelt, und es hiess, «he will blow it», der fährt die Marke an die Wand. Damals habe ich meinen Kollegen immer wieder gesagt, wir müssen einfach mehr Tore schiessen, als wir kassieren, dann gewinnen wir das Spiel.

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Sie haben mit Breitling einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. Was war das Schwierigste?

Man muss es durchziehen. Das Schlimmste, was man machen kann, ist, nur den halben Weg zu gehen. Da verliert man die alten Kunden und gewinnt keine neuen. Wir haben auch alte Kunden verloren, aber sehr viele neue dazugewonnen.

Veränderungen bei etwas so Ikonischem wie einer Breitling sind eine Gratwanderung.

Ja, Angst ist allerdings ein schlechter Berater. Man muss wissen, wo man hinwill. Und dann, ja dann braucht es Entschlossenheit und eben auch Glück. Wenn ich vor Studierenden stehe, erzähle ich gern, dass ich selbst ein schlechter Student war, dass viele andere besser waren. Aber wie viele von ihnen haben eine bessere Karriere gemacht?

Sagen Sie es!

Ganz, ganz wenige.

Über die Autoren
Iris Kuhn Spogat

Iris Kuhn-Spogat

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