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Hightech, Speed und Millionen

TAG Heuer kehrt spektakulär zum Motorsport zurück

Die Uhrenmarke ist nun offizieller Zeitnehmer und Sponsor von Oracle Red Bull. Die Gründe. Und was es bedeutet.

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Pierre-André Schmitt

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Das Hightech-Bauteil, das der Firmen-Guide in der Oracle Red Bull Racing Factory unweit von London in die Höhe hält, erinnert auf den ersten Blick an die Konsole eines Videospiels – in Wirklichkeit aber ist es das Lenkrad eines Formel-1-Boliden. «Was schätzen Sie», fragt der Guide, der sich als Charlie vorgestellt hat, «was kostet dieses Steuergerät?» Es sind, wie er rasch selber antwortet, über 70'000 Pfund oder an die 80'000 Franken. Dafür ist es auch mit rund 50 Knöpfen ausgestattet.

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Willkommen in der Oracle Red Bull Racing Factory.

Hier entstehen die neuen Rennwagen des Oracle-Red-Bull-Racing-Teams. Und natürlich sind die Entwicklungen «top secret», Fotografieren «strictly» verboten. Nur eine Ausnahme gibt es: In einer imposanten Halle – man kann ehrfürchtig von einem Tempel des Motorsports sprechen – stehen rund 20 Formel-1-Wagen dicht an dicht. Es sind die Boliden, die in den letzten 20 Jahren in den Farben von Red Bull an den Start gingen.

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Zweifaches Comeback

Demnächst werden das die Autos im gelb-blau-roten Lack auch unter der Flagge von TAG Heuer tun. Die Marke mit Hauptsitz in La Chaux-de-Fonds meldet sich im Formel-1-Zirkus zurück – erstens als offizieller Zeitnehmer, zweitens als Sponsor des Oracle-Red-Bull-Racing-Stalls.

TAG Heuer Formula 1 Chronograph × Oracle Red Bull Racing

TAG Heuer Formula 1 Chronograph × Oracle Red Bull Racing – eine Hommage auf die 20-jährige Geschichte des Rennstalls.

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TAG Heuer Formula 1 Chronograph × Oracle Red Bull Racing

TAG Heuer Formula 1 Chronograph × Oracle Red Bull Racing – eine Hommage auf die 20-jährige Geschichte des Rennstalls.

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Die Nachricht war eine kleine Sensation. Denn bisher gehörten die Formel-1-Circuits zum Sponsor-Territorium der Schweizer Uhrenmarke Nummer eins: Rolex ist mit ihrem von Morgan Stanley und LuxeConsult auf 10,58 Milliarden Franken geschätzten Umsatz klar der Platzhirsch. TAG Heuer, zum Vergleich, kommt mit geschätzt 670 Millionen Franken Umsatz auf Rang elf der Schweizer Uhrenmarken.

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Die Millionen wird man brauchen, denn Geld ist der wahre Treibstoff in derKönigsklasse des Motorsports. Man spricht für die Uhrenmarke von einem Engagement um die 100 Millionen Franken pro Jahr. Oder mehr.

TAG Heuer gehört zum LVMH-Luxusimperium, und dieses hat offenkundig grosses Interesse an der werbeträchtigen Pole Position. Künftig wird daher auf dem Siegerpodest auch die Konzern-Champagnermarke Moët & Chandon verspritzt und die Trophäe aus einem Louis-Vuitton-Koffer heraus gereicht. Und weitere Präsenz im oktangeschwängerten Ambiente ist absehbar – in Australien war die Marke auf dem Circuit kürzlich jedenfalls omnipräsent, das Rennen hiess ja auch offiziell Formula 1 Louis Vuitton Australian Grand Prix. Der Uhrenmarke TAG Heuer selbst, so sagt CEO Antoine Pin, sei das Sponsoring in dieser Domäne ohnehin auf den Leib geschrieben: «Es reiht sich in die Geschichte der Marke ein, ist logisch und relevant.»

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Interview: «Den Finger in die Steckdose»

Antoine Pin, CEO von TAG Heuer, über Logik und Konsequenzen des Comebacks der Marke in der Formel  1, Kreativität und die Magie des Luxus.

Herr Pin, Sie steigen mit TAG Heuer wieder in die Formel  1 ein, eine Welt des Big Deals also, wo es um Milliarden geht. Das ist ein bedeutender Schritt für die Marke. Aber ist er den Aufwand auch wert?

Nun, man kann immer über Geld reden, aber mir ist eine andere Sache viel wichtiger: Die Verbindung zur Formel  1 ist TAG Heuer auf den Leib geschrieben – sie reiht sich in die Geschichte der Marke ein, ist logisch und relevant. Darauf kommt es mir an, denn es gehört zur Essenz der Marke, dass sie schon immer stark mit dem Motorsport verbunden war. Bei der Formel  1 ist das Zusammenspiel von Mensch und Maschine entscheidend – eine Parallele zur Uhrmacherei.

Mit anderen Worten: Es wird Auswirkungen auf die Uhren der Marke haben? Sind in der Produktphilosophie Veränderungen geplant?

Man muss dieses Thema von der umgekehrten Seite her anschauen. Zunächst muss der Fokus auf der Identität des Hauses liegen. Sie bestimmt erstens die Produktentscheidungen und dann zweitens, mit welchem Sport man in Verbindung gebracht werden möchte. TAG Heuer engagiert sich seit 1880 in der Zeitmessung im Sport, 1916 kam es zu ersten Rennen, bei denen auch die Hundertstelsekunden gestoppt wurden. Es gibt also eine echte historische Kohärenz und Authentizität. Und genau dies ist heute von entscheidender Bedeutung.

<p>TAG Heuer Uhren Bilanz 05</p>

CEO Antoine Pin: Eine Schweizer Uhr herzustellen, sei heute eine teure Angelegenheit, sagt der Chef.

GMC
<p>TAG Heuer Uhren Bilanz 05</p>

CEO Antoine Pin: Eine Schweizer Uhr herzustellen, sei heute eine teure Angelegenheit, sagt der Chef.

GMC

Haben Sie keine Sorge vor Diskussionen über Nachhaltigkeit?

Ich werde mit einer Gegenfrage antworten: Kennen Sie ein Produkt, das nicht Fragen zur Nachhaltigkeit aufwerfen kann? Es liegt an uns, in Bezug auf diese Thematik so ehrlich und demütig wie möglich zu sein. Immerhin, und ich betrachte das als ein grosses Glück, gehört TAG Heuer zu einem Konzern, der punkto Nachhaltigkeit extrem bindende Verpflichtungen eingegangen ist. Und überdies produzieren wir mit Uhren die wahrscheinlich langlebigsten und nachhaltigsten Produkte in der Luxusgüterindustrie. Auch die Formel  1 tut viel – zum Beispiel mit ökologischen Treibstoffen. Soll man diese Tätigkeit also abschaffen? Oder ist es klüger, sie schrittweise so nachhaltig wie möglich zu gestalten? Für mich ist Letzteres der richtige Weg, und wir arbeiten hart daran.

Die Formel  1 erlebt dank der Netflixserie «Drive to Survive» insbesondere bei jüngeren Generationen einen Hype. Wird es für sie auch etwas günstigere TAG-Heuer-Uhren geben?

Nun, eine Schweizer Uhr herzustellen, ist heute eine teure Angelegenheit. Das hat mit der Stärke des Frankens zu tun, mit dem angespannten Arbeitsmarkt und mit der Knappheit der Komponenten. Hinzu kommen regulatorische Vorgaben und Compliance-Anforderungen. Nicht zuletzt hat auch der Kunde hohe Erwartungen, die wir selbstverständlich gerne erfüllen. Ein Beispiel: Heute ist eine Garantiefrist von fünf Jahren sozusagen Standard, vor acht Jahren war das noch aussergewöhnlich. Nein, es ist in der Tat nicht einfach, billigere Uhren herzustellen.

Umgekehrt werden Sie aber nicht in höhere Preisgefilde einsteigen, oder doch?

Doch, wir werden unser Angebot neben dem bestehenden Katalog auch auf teurere Produkte ausweiten. Der Grund dafür ist, dass wir äusserst komplexe Uhrwerke entwickeln. Aber im Kern geht es wirklich um Innovation. Die wurde schon in der Vergangenheit gepflegt, mit Modellen wie der Mikrograph oder der V4 zum Beispiel. Es geht uns nicht darum, extrem teure Produkte zu schaffen, sondern einfach darum, die Innovation voranzutreiben. Für mich gehört das untrennbar zur DNA unseres Hauses, und wir werden diesen Weg fortsetzen.

Die TAG-Heuer-Smartwatch könnte da neue Möglichkeiten bieten?

Absolut. Und hier stellt sich ja eine spannende Frage: Was bedeutet Luxus für eine digitale Uhr?

Ihre Antwort?

Kreativität spielt eine entscheidende Rolle – es geht darum, Emotionen neu zu erschaffen. Luxus beinhaltet immer ein gewisses Mass an Irrationalität, man kann das Magie nennen. Genau diese Magie muss im Luxus zu finden sein. Sie ist es, die mich an dieser Branche fasziniert und die wir in all unseren Produkten zum Ausdruck bringen müssen – auch in digitalen Uhren. Das bedingt, dass man, bildlich gesprochen, den Mut aufbringt, auch mal den Finger in die Steckdose zu stecken, also Dinge zu tun, die sich vorher niemand zu machen traute. Und es bedeutet, neue Wege zu gehen, mit vorgefassten Meinungen zu brechen, Grenzen zu überschreiten, über sich hinauszuwachsen. Darin steckt die Kreativität.

Dass dies so ist, hat mit einem Mann zu tun, der jahrelang Patron der Marke Heuer war, bevor sie 1985 von Techniques d’Avant-Garde, kurz TAG, übernommen wurde. Jack Heuer hiess er. Er hatte in den USA gelernt, was modernes Marketing ist, und die Methoden als Erster in der Schweizer Uhrenbranche angewandt. Bilder zeigen den Chef mit Piloten wie Jo Siffert, Clay Regazzoni, Niki Lauda oder Jochen Rindt – er war ein grosser Fan der Formel 1.

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Und er investierte als erste Marke von ausserhalb des Automobilbereichs in den Formel-1-Zirkus. Das Heuer-Logo war auf den Pilotenoveralls und den Rennwagen omnipräsent – dergestalt, dass sogar Spielzeugfabrikanten den Kleber auf ihre Ferrari-Formel-1-Modellautos applizierten.

Gipfeltreffen

Heuer-Patron Jack Heuer mit den Rennfahrern Niki Lauda und Clay Regazzoni (v.l.) vor einer Uhrenauslage.
Jo Siffert mit Heuer-Kalibern.
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Heuer-Patron Jack Heuer mit den Rennfahrern Niki Lauda und Clay Regazzoni (v.l.) vor einer Uhrenauslage. 

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Voller Einsatz

Es gibt einen zweiten Mann, der im Zusammenhang mit dem Oracle-Red-Bull-Racing-Team nicht unerwähnt bleiben darf: der Milliardär und Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz. Er wollte ein Team aufbauen, das den Spirit und die Marketingstrategie der Marke für seine Lifestyle-Brause widerspiegelt. Mit dem Kauf von Jaguar Racing legte er den Grundstein für Red Bull Racing, das seit der Saison 2005 in der Formel 1 antritt.

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Red Bull war von Anfang an anders als traditionelle Teams. Man setzte auf ein jugendliches, rebellisches Image. Und man war erfolgreich – vor allem in den letzten Jahren: Mit Max Verstappen holte man sich in den letzten Jahren Sieg um Sieg. Der niederländisch-belgische Pilot fährt seit 2016 für Red Bull und war für die Marke mit dem Stier auf den Getränkedosen ein Glücksfall: Er gewann die Formel-1-Weltmeisterschaften 2021, 2022, 2023 und 2024.

Für dieses Jahr steht eine grosse Veränderung an: Die Zusammenarbeit mit Honda als Motorbauer geht zu Ende, stattdessen entwickelt Oracle-Red-Bull mit Ford ein neues Triebwerk für die Rennwagen. Bisher hatte die Factory Motorfragen an den Partner delegiert, neu sei man federführend involviert, heisst es –die Aggregate werden denn auch in der Factory gebaut.

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Dafür wird kein Aufwand gescheut: 1900 Menschen tüfteln und bauen in 21 Gebäuden, manchmal auch mit vollem Körpereinsatz: In einer kleinen Halle üben junge Männer, man nennt sie «Rubber Brothers», den blitzschnellen Spurt und Radwechsel beim Boxenstopp. 21 oder 24 Kilogramm wiegt so ein Rad, die Jungs, die hier arbeiten, müssen topfit und kräftig sein – ihr Training im firmeninternen Fitnessraum zählt deshalb als bezahlte Arbeitszeit.

Die Radwechsel-Szene wäre ganz nach dem Gusto des ehemaligen Patrons Jack Heuer. Er liebte es, sich in der Boxengasse aufzuhalten und die Instrumente in den Cockpits zu studieren – stets auf der Suche nach Inspiration für die Zifferblätter seiner Uhren, die er klar und schnell ablesbar haben wollte. Seine Begeisterung für den Motorsport zeigt sich besonders gut in den Namen der Kollektionen aus seiner Ära: 1963 lancierte er das Modell Carrera, benannt nach dem legendären Strassenrennen quer durch Mexiko. Es folgten 1969 die Monaco, 1974 die Silverstone und 1975 die Monza – alle mit Namen berühmter Rennstrecken. Die Kollektionen gehören bis heute zum Ikonischsten der Marke mit Hauptsitz in La Chaux-de-Fonds.

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Hommage auf Rennstrecken

Heuer gab seinen ­Kollektionen Namen berühmter Renn­strecken – und je ganz eigene Identitäten, die bis heute gepflegt ­werden: Carrera, ...
... Monaco, ...
... Monaco, ...
... Monza.
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Heuer gab seinen Kollektionen Namen berühmter Rennstrecken – und je ganz eigene Identitäten, die bis heute gepflegt werden: Carrera, ...

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Seit Jahrzehnten gibt es auch die Modellreihe Formula 1. Sie wird dieses Jahr in fünf neuen Modellen durchdekliniert. Darunter das Vorzeigestück TAG Heuer Formula 1 Chronograph × Oracle Red Bull Racing, eine Hommage auf die 20-jährige Geschichte des Rennstalls. Die Uhr im 44-Millimeter-Titangehäuse und in den Red-Bull-Farben Gelb, Rot und Blau bietet allerlei Anspielungen auf den Rennsport, darunter ein Karomuster auf dem Zifferblatt, das an die Formel-1-Flagge erinnert. Alternativ stehen vier weitere Modelle zur Wahl: Schwarz dominiert dabei mit Akzenten in Rot, Blau oder Lime, das rote Modell gibt es mit schwarzem oder rotem Band.

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Die Uhren werden sicher gefragt sein: Formel-1-Devotionalien verkaufen sich generell wie geschnitten Brot. Die Begeisterung für den Rennsport ist gerade bei jungen Menschen derzeit ungebrochen, als Turbo wirkt die Netflix-Serie «Drive to Survive». Demnächst wird es auch einen Film mit viel PS geben: Im Juni kommt «F1» mit Megastar Brad Pitt in die Kinos – vollmundig als Blockbuster angekündigt.

Zeitgeistiger Glamour

Dass die Formel 1 die Kassen wieder munter klingeln lässt, ist das Verdienst des US-amerikanischen Medienunternehmens Liberty Media. Es hat sich die kommerziellen Nutzungsrechte gesichert und den Sport mit zeitgeistigem Glamour aufgeladen. Was gut ankommt: TAG Heuer spricht von 750  Millionen Fans weltweit, über 90 Millionen Followern in den sozialen Netzwerken und einem zunehmend jüngeren Publikum. Heute seien 42 Prozent der Fans Frauen und jeder dritte Enthusiast jünger als 35. Die letzte Saison mit 24 Rennen hat sich für Liberty Media mehr als nur ausbezahlt: Neben einem Rekordumsatz von 3,4 Milliarden Dollar wurde ein Rekordgewinn von rund 500 Millionen Dollar eingefahren.

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Es geht um Milliarden im Formel-1-Geschäft, das zeigt sich auch im Herzstück der Oracle-Red-Bull-Factory am Bradbourne Drive in Milton Keynes bei London. Ein bisschen wie ein Vorlesungssaal sieht der Raum aus, den hier alle «Mission Control» nennen – nur voll bespickt mit Hightech. Zuvorderst gibt es statt einer Wandtafel einen wandfüllenden Riesenbildschirm mit farbigen Tabellen, Zahlenkolonnen und Rennstrecken-Diagrammen. Es ist das Gehirn des Teams – hier werden während der Rennen die Entscheide getroffen und Anweisungen ausgegeben. Denn maximal 100 Leute darf Oracle Red Bull Racing bei einem Rennen vor Ort einsetzen, die Teamleitung bleibt deshalb daheim vor dem Bildschirm, wertet die Informationen aus und zieht daraus in Echtzeit ihre Schlüsse. Allein am Unterboden der Rennwagen sind 200 bis 300 Sensoren fixiert, welche wichtige Daten erfassen. In nur 0,3 Sekunden sind diese dank hochkomplexen Datenverbindungen im Kontrollraum angekommen, auch wenn das Rennen in Melbourne stattfindet – in der Formel 1 müssen eben nicht nur die Fahrzeuge rasend schnell sein.

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