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Frau des Monats

Ilaria Resta führt Audemars Piguet in eine neue Ära

Mit ihr hat seit Anfang Jahr eine Quereinsteigerin bei AP das Sagen. Inzwischen weiss Ilaria Resta genau, was sie will – und was nicht.

Iris Kuhn Spogat

zuversichtlichIlaria Resta übernimmt bei AP in ­einem schwierigen Marktumfeld und nutzt den Moment, um den Fokus neu auszurichten.

Zuversichtlich: Ilaria Resta übernimmt bei AP in einem schwierigen Marktumfeld und nutzt den Moment, um den Fokus neu auszurichten.

Lorenz Richard für BILANZ

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Waren Sie schon einmal im Vallée de Joux? Das Hochtal im Waadtländer Jura ist die Wiege der Uhrmacherei. Grosse Marken wie Jaeger-LeCoultre, Breguet und Audemars Piguet sind dort entstanden und noch immer ansässig.

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Es ist eine raue Gegend, es gibt Nadelbäume und Wiesen, einen Fluss und einen See, aber sonst? Dort oben, auf 1000 Metern über Meer, ist es ein halbes Jahr lang grün und ein halbes Jahr weiss. Die Region ist fern vom Rest der Welt, die Anreise ab Zürich dauert gleich lang wie der TGV nach Paris. Dass hier etwas so Verrücktes wie die Uhrmacherei entstanden ist, verwundert einen nicht.

«Genau das ging mir auch durch den Kopf, als ich das erste Mal hierhergekommen bin», sagt Ilaria Resta, CEO von Audemars Piguet, und fügt an, «das war übrigens genau vor einem Jahr, am 14. August 2023.» Das Datum ist nicht in ihr Gedächtnis eingebrannt, es war der Fahrer, der sie zu Audemars Piguet in Le Brassus chauffierte und sie daran erinnerte – und ihr zu ihrem Einjährigen gratulierte. Für ihn beginnt die Zeitrechnung der Resta-Ära offenbar am Tag 1 ihrer Begegnung. Für Resta am 1. Januar 2024.

Langer Übergang

Was in den Monaten dazwischen geschah: Resta absolvierte ein sogenanntes Onboarding an der Seite von François-Henry Bennahmias, aka FHB. Er hat Audemars Piguet, einen der wenigen in Familienbesitz verbliebenen Luxusuhrenhersteller, seit 2012 geführt und zu dem gemacht, was er ist – hinter Rolex, Cartier und Omega die viertgrösste Schweizer Uhrenmarke.

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Restas Motto: Lieben, was man tut, nie aufhören zu lernen und die Dinge besser hinterlassen, als man sie angetroffen hat.

Love, learn, legacy – das ist Restas Motto: Lieben, was man tut, nie aufhören zu lernen und die Dinge besser hinterlassen, als man sie angetroffen hat.

Lorenz Richard für BILANZ
Restas Motto: Lieben, was man tut, nie aufhören zu lernen und die Dinge besser hinterlassen, als man sie angetroffen hat.

Love, learn, legacy – das ist Restas Motto: Lieben, was man tut, nie aufhören zu lernen und die Dinge besser hinterlassen, als man sie angetroffen hat.

Lorenz Richard für BILANZ

Rückblickend nennt die 50-jährige Resta die Zeit im Windschatten ihres Vorgängers «a present», ein Geschenk. Das Gespräch findet auf Englisch statt, wechselt dazwischen ins Französische – und bleibt stets ein bisschen italienisch: Die italienisch-schweizerische Doppelbürgerin ist in Neapel geboren, aufgewachsen und an der dortigen Universität zum Master der Finanzmathematik geworden. Sie rollt das «R», auch ihre Hände und Arme können sprechen. Sie gibt zu, dass sie skeptisch war, als man ihr den langsamen Einstieg an der Seite ihres Vorgängers vorgeschlagen hat. Sie war saubere Schnitte gewohnt und überzeugt: «Koexistenz funktioniert nicht, ein klares Ende und ein klarer Anfang sind wichtig für die Firma und die Mitarbeitenden.» Das mag gestimmt haben in der Welt, aus der sie gekommen ist. Für ihren Start als CEO von AP waren die fünf Monate Übergang wohl das Beste, was passieren konnte – allen Beteiligten: Resta konnte sich langsam einleben, FHB langsam loslassen und die Belegschaft sich mit beidem langsam anfreunden.

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der vorgängerFrançois-Henry Bennahmias (l.) hat AP zu dem gemacht, was sie heute ist: die viertgrösste Uhrenmarke der Schweiz.

Der Vorgänger: François-Henry Bennahmias hat AP zu dem gemacht, was sie heute ist: die viertgrösste Uhrenmarke der Schweiz.

Sébastien Agnetti / 13 Photo
der vorgängerFrançois-Henry Bennahmias (l.) hat AP zu dem gemacht, was sie heute ist: die viertgrösste Uhrenmarke der Schweiz.

Der Vorgänger: François-Henry Bennahmias hat AP zu dem gemacht, was sie heute ist: die viertgrösste Uhrenmarke der Schweiz.

Sébastien Agnetti / 13 Photo

Zweiter Anlauf

Bennahmias hatte Anfang 2023 angekündigt, er werde AP Ende Jahr verlassen. Als Monate später der Name seiner Nachfolgerin bekannt wurde, waren in der Branche und AP-intern erst mal alle verdutzt. Ilaria who? Von der Frau hatte noch nie jemand gehört. Kein Wunder: Sie hatte auch noch nie zuvor in ihrem Leben etwas mit Uhren zu schaffen – abgesehen von den Zeitmessern, die sie sich geschenkt hatte, um etwas zu feiern. Aber: Für sie ging – während die Welt werweisste, was die Wahl Restas zu bedeuten hat – ein lang geträumter Traum in Erfüllung. «Schon als ich jung war, wollte ich eines Tages CEO sein, um einmal alles entscheiden zu können», sagt sie, und ihre Augen leuchten wie ihr oranger Anzug. Dann fügt sie an, «nun wache ich auf und realisiere, dass ich wohl alles entscheiden kann, von meinen Entscheiden aber fast 3000 Familien abhängig sind». Sie empfindet es nicht als Last. Aber dazu später.

Einem CEO-Posten war die Mutter zweier Teenies bereits einmal sehr nahe. 2020 liess sie nach 22 Jahren Dauersprint ihre steile Laufbahn bei Procter & Gamble (P&G) hinter sich und wechselte in die Konzernleitung von Firmenich. Beim Schweizer Dufthersteller – wie Audemars Piguet damals noch ein privates Unternehmen – wurde sie Präsidentin über das weltweite Parfumgeschäft. Sie hatte den Auftrag, die Division auf ein neues Level zu heben – mit Aussicht auf den Chefsessel: «Ich habe sie als meine potenzielle Nachfolgerin eingestellt», sagt Gilbert Ghostine, heute Verwaltungsratspräsident von Sandoz. Resta trat ihren Job Anfang März an, ein paar Tage später ging die Welt in den Lockdown. «Sie ist das mit unglaublich viel positiver Energie angegangen», erinnert sich Ghostine, erzählt, sie habe sofort ins Virtuelle geswitcht und die Führung trotz allem voll übernommen. Überhaupt schwärmt er in den höchsten Tönen von Resta, beschreibt sie als sehr offen, stets positiv, direkt, als Führungsfigur, die sich nicht um sich dreht, sondern sich als Wegweiser versteht. Und, besonders markant, als Chefin ohne Maske: «What you see is what you get.»

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Resta war für Firmenich keine Fremde und Firmenich auch keine Blackbox für sie: «Ich habe im Fragrance-Business bei P&G mit dem Unternehmen gearbeitet», sagt sie, «sass einfach auf der anderen Seite des Tischs.» Resta übererfüllt die Erwartungen, die Ghostine in sie gesteckt hat. Sie verleiht dem Duftgeschäft menschlich, strategisch und kommerziell neuen Drall. «Die Performance dieser Division war nie besser», so Ghostine. Resta selbst blieb mit ihrer Erwartung allerdings auf der Strecke: Die Inhaberfamilie verkaufte Firmenich 2022 an DSM. Der niederländische Chemiekonzern stellt von Vitaminen über UV-Filter bis Feinchemikalien allerlei her für Produzenten von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Kosmetika, erwirtschaftet rund neun Milliarden Euro Umsatz – und ist börsenkotiert.

Insbesondere Letzteres dürfte der Parfum-Chefin ziemlich gestunken haben: Während des Gesprächs, das in ihrem Büro im Stammhaus in Le Brassus stattfindet, kommentiert sie ihren Wechsel vom Giganten P&G zur vergleichsweise kleinen Firmenich mit «Ich wollte in eine private Firma, weil es für mich keinen Sinn ergeben hätte, die beste aller börsenkotierten Firmen zu verlassen, um zu einer anderen börsenkotierten Firma zu wechseln». Beim Zusammenschluss von DSM und Firmenich war sie als Präsidentin des weltweiten Parfum- und Beautygeschäfts und Konzernleitungsmitglied gesetzt. Den Posten trat sie am 9. Mai 2023 auch an – offiziell, formell, war aber längst auf dem Absprung: Schon am 22.  Mai gab AP sie als künftige CEO bekannt.

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souvenirResta hat es nicht mit Dekos. In ihrem Büro steht nichts herum, abgesehen von diesem einen Geschenk, einem Willkommensgruss aus dem Nahen Osten.

Souvenir: Resta hat es nicht mit Dekos. In ihrem Büro steht nichts herum, abgesehen von diesem einen Geschenk, einem Willkommensgruss aus dem Nahen Osten.

ZVG
souvenirResta hat es nicht mit Dekos. In ihrem Büro steht nichts herum, abgesehen von diesem einen Geschenk, einem Willkommensgruss aus dem Nahen Osten.

Souvenir: Resta hat es nicht mit Dekos. In ihrem Büro steht nichts herum, abgesehen von diesem einen Geschenk, einem Willkommensgruss aus dem Nahen Osten.

ZVG

Null Expertise, viel Erfahrung

Resta ist die erste weibliche Chefin in der Firmengeschichte. Aufgespürt hatte sie Cornelia Tänzler, damalige Headhunterin von Russell Reynolds. «Der Auftrag war nicht, eine Frau zu finden», behauptet sie. Dass es schliesslich und endlich – «ich habe sehr viele Gespräche geführt mit sehr vielen Leuten» (Resta) – eine Frau geworden ist, war indes ganz nach dem Gusto von FHB. «Eine Frau wäre schön», sagte er gegenüber BILANZ kurz nach seinem Entscheid, AP zu verlassen. Geholfen hat er ihr nicht: Resta hat den Verwaltungsrat unter Vorsitz von Alessandro Bogliolo (ex Tiffany und seit 2022 im Amt) und dem Vize, dem Familienvertreter Olivier Audemars, allein von sich überzeugt. Und das ohne jedes Vorwissen über Uhrmacherei und mit null Verstrickungen in die Branche. Für sie nicht Makel, sondern Zier: In ihren Augen ist Expertise «a disease», eine Bürde, und Erfahrung «a gift», eine Gabe. Von Letzterem stecken 30 Jahre in ihrem Rucksack. Sie ist einstimmig gewählt worden. 

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Resta, die Quereinsteigerin, ist nun die mächtigste Frau in der Schweizer Uhrenindustrie. Der Superlativ war zugegebenermassen einfach zu holen: Die andere weibliche CEO – ja, es gibt genau zwei – ist Catherine Rénier, die im September nach Jahren bei der Richemont-Marke Jaeger-LeCoultre zur Schwestermarke Van Cleef & Arpels wechselt. Die beiden Brands spielen uhrmacherisch ebenfalls in der Luxusklasse, fliegen kommerziell aber in tieferen Sphären: Jaeger erzielte 2023 gemäss Morgan Stanley und LuxeConsult 641 Millionen Franken Umsatz, Van Cleef 410 Millionen Franken, AP schaffte 2,35 Milliarden.

weitwinkelAls Quereinsteigerin hat Ilaria Resta einen unverstellten Blick – und empfindet das für ihre Aufgabe als echte Opportunität.

Weitwinkel: Als Quereinsteigerin hat Ilaria Resta einen unverstellten Blick – und empfindet das für ihre Aufgabe als echte Opportunität.

Lorenz Richard für BILANZ
weitwinkelAls Quereinsteigerin hat Ilaria Resta einen unverstellten Blick – und empfindet das für ihre Aufgabe als echte Opportunität.

Weitwinkel: Als Quereinsteigerin hat Ilaria Resta einen unverstellten Blick – und empfindet das für ihre Aufgabe als echte Opportunität.

Lorenz Richard für BILANZ

Wegen der Last: Am Ziel ihrer Träume wird sich nun weisen, ob ihre alten Rezepte auch in dieser Rolle schmecken: «Ich bin aus Neapel, Familie bedeutet mir alles, so führe ich auch meine Leute», antwortet sie auf die Frage, wie sie mit den rund 3000 Mitarbeitenden umgeht. Unter Familie fallen für sie Dinge wie Commitment und Verbindlichkeit. Auch Aufrichtigkeit gehört dazu und natürlich Auseinandersetzungen – «möglichst auf der Stelle und ohne um den heissen Brei zu reden», wie einer ihrer Kollegen erzählt. Sie sagt: «Straight Talk ist für mich essenziell.» Damit kommen nicht alle klar: Der Personalchef ist weg, die Finanzchefin ebenfalls und nach fast 18 Jahren Firmentreue auch der Risk & Compliance Director. Nun sucht Resta Ersatz und wird von ehemaligen Kollegen, die gern in ihr Regime zurück möchten, bestürmt. Sie winkt ab, wider den Rat von Gutmeinern: «Ich habe mehrfach gehört, umgebe dich mit Leuten, mit denen du schon gearbeitet hast.» Will sie nicht: «Ich glaube, es hätte einen grossen Abstand geschaffen zwischen mir und den Menschen hier, wenn ich meine Offiziere mitgebracht hätte.» Zudem: «Es wäre schwierig mit jemandem, der mich von früher kennt, ich bin nicht mehr die Gleiche wie früher.»

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Im Scheinwerferlicht

Karriere wird gemacht mit Erfolg, Netzwerk und Glück. «Man kann als Chef nur so erfolgreich sein, wie die Mitarbeitenden wollen, dass man ist», sagte Leonard Lauder, Sohn von Estée Lauder und langjähriger Lenker des US-Kosmetikkonzerns, einst in einem BILANZ-Interview. Der Satz könnte auch von Resta stammen. Mit Schmusekurs hat das nichts zu tun, im Gegenteil. «Resta ist knallhart», sagt jemand von früher und relativiert, «wenn es um die Sache geht.» Sie drückt es so aus: «Ich fälle Entscheide vollkommen unpersönlich», und konkretisiert, «ob jemand mit mir matcht oder nicht, ist für mich ein No-Brainer, ich muss mit allen arbeiten können, sonst wäre ich kein fähiger Leader.» Mit der Disziplin, die diese Haltung erfordert, hat sie schon einiges in Gang gesetzt: Sie hat bei P&G Marken wie Ariel, Fairy, Swiffer, Head & Shoulders in Europa, im Nahen Osten, in China und Nordamerika aufgebaut. Sie hat das serbelnde Duracell-Geschäft neu energetisiert und dann – es war die Krönung ihrer Procter-Karriere – die Division «Hair Care» in Nordamerika von tiefrot in hocherfolgreich gedreht und ihr so tragfähige Flügel verliehen, dass sie von der einflussreichen amerikanischen Fachzeitschrift «WWD – Women’s Wear Daily» 2020 als «Brand Builder of the Year» aufs Podest gehoben wurde.

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Nun sind die Scheinwerfer einer ganzen Branche auf sie gerichtet. Für den Mut, den Job anzutreten, wird die Frau bewundert – aber kann sie es? «Es wird viel über sie geredet», sagt Pascal Ravessoud, Co-Präsident der Nonprofitorganisation Fondation de la Haute Horlogerie (FHH), die von AP 2005 mitgegründet wurde, um die Exzellenz der hohen Uhrmacherkunst weltweit zu fördern. Was geredet wird? «Man ist einfach gespannt, ob und was sie bei AP bewegen wird.» Er selbst hat Resta erst einmal getroffen. Sie hat ihm imponiert: «Sie ist kein bisschen blasiert und sehr schnell, wenn es darum geht, die relevanten Punkte miteinander zu verbinden.» Bennahmias seinerseits beschreibt sie als «fundamental menschlich».

Die Kollektionen von Audemars Piguet

AP hat 2023 gemäss der Schätzung von Morgan Stanley und LuxeConsult 51'000 Uhren verkauft und damit 2,35 Milliarden Franken umgesetzt – ergibt einen Durchschnittspreis pro Zeitmesser von rund 46'000 Franken. Das Angebot besteht aus vier Kollektionen mit vielen Spielarten in Sachen Grössen, Materialien, Farben und Komplikationen:

1. Die Code 11.59 (im Bild ein Modell von 2024) ist vor fünf Jahren eingeführt worden und spielt inzwischen rund zwölf Prozent des Umsatzes ein.

Code 11.59
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Code 11.59
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2. Die Royal Oak Offshore (im Bild der Automatikchronograph von 2024): Eingeführt 1993, war sie als zeitgeistige Interpretation der Ikone Royal Oak von 1972 gedacht. Der damals erst 22-jährige Designer Emmanuel Gueit hat die Ästhetik der Royal Oak belassen, aber die Dimensionen verändert. Das Ergebnis war wuchtig, der Zeitmesser erhielt den Zunamen «The Beast». Sie wurde 1993 eingeführt und ist inzwischen wie ihre Vorgängerin eine Ikone.

Royal Oak Offshore
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Royal Oak Offshore
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3. Die Royal Oak (im Bild die Royal Oak Mini von 2024): 1972 hat Gérald Genta das extravagante (Stahl-)Modell designt. Das Modell galt als gewagt, ist heute – in weitgehend unangetastetem Design – eine der beliebtesten und einflussreichsten Uhren aller Zeiten.

Die Royal Oak
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Die Royal Oak
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4. (Re)Master, im Bild (Re)Master02 von 2024: In dieser Kollektion entstehen Hommagen an Legendäres aus Vor-Royal-Oak-Zeiten.

(Re)Master
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(Re)Master
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Neuanfang

FHBs Büro hat Resta inzwischen zu ihrem gemacht. Ihr Pult ist riesig, drum herum stehen genug Stühle für eine halbe Schulklasse, im Vorzimmer ein noch grösserer Tisch mit noch mehr Stühlen. Ist sie in Le Brassus, will sie ihre Leute um sich – und mag es informell und Kommunikation per WhatsApp. In einer Ecke ihres Büros stehen ein blaues Ecksofa, dazu zwei gelbe Poufs und ein paar Beistelltischchen. Ihre Wände liess sie mit Beton überziehen, «als Symbol für einen Neustart von Grund auf».

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Zu sehen ist davon bislang nichts – zumindest von aussen. Intern, so wird mehrfach bestätigt, hat sie am 1.  Januar 2024 die Führung übernommen. Ihren Stil attribuiert sie mit «zirkulär». Es bedeutet, dass sie nicht über allem sein will, sondern mittendrin. «Ich habe erkannt, dass der grösste Fehler, den ich in der Vergangenheit gemacht habe, darin besteht, zu weit weg vom Feld, von den Kunden, den Märkten und den Lieferanten, zu sein.» Und sie erinnert sich, dass sie, als sie zu P&G in Cincinnati, USA, versetzt wurde, weder Markt noch Menschen kannte, sich «fast wie ein Alien» fühlte. Sie ergriff die Flucht nach vorn, ging durch die Büros, schaute bei allen vorbei, stellte Fragen. So hält sie es auch bei AP. «Sie beobachtet, besucht Manufakturen, Märkte, Zulieferer und uns», erzählt einer aus dem Marketing, «und fragt und fragt und fragt.»

ap x musikIlaria Resta mit ­Mathieu Jaton, CEO des Montreux Jazz ­Festival. AP ist Global Partner und veran­staltet jedes Jahr ­besondere Happenings, für die Tickets gratis ausgegeben werden.

AP x Musik: Ilaria Resta mit Mathieu Jaton, CEO des Montreux Jazz Festival. AP ist Global Partner und veranstaltet jedes Jahr besondere Happenings, für die Tickets gratis ausgegeben werden.

ap x musikIlaria Resta mit ­Mathieu Jaton, CEO des Montreux Jazz ­Festival. AP ist Global Partner und veran­staltet jedes Jahr ­besondere Happenings, für die Tickets gratis ausgegeben werden.

AP x Musik: Ilaria Resta mit Mathieu Jaton, CEO des Montreux Jazz Festival. AP ist Global Partner und veranstaltet jedes Jahr besondere Happenings, für die Tickets gratis ausgegeben werden.

Nun hat sie offenbar bereits einen Plan: Ende August werde sie dem Verwaltungsrat ihre Strategie für den Neuanfang präsentieren, sagt sie, ausgearbeitet innert acht Monaten. Wird sie Ruhe reinbringen, wie ein Brancheninsider vermutet? Für konkrete Antworten liegt das Treffen terminlich falsch. Doch sie lässt durchblicken, in welche Richtung sie zieht: Sie will eine Umgebung schaffen, in der es möglich ist, die Dinge neu zu denken, zu innovieren. Zudem: «Wir werden den Fokus auf den Kunden richten.» P&G-Mantra in der Uhrenindustrie, wo Eile ein Fremdwort ist. Für sie, trainiert in der schnelllebigen Konsumgüterindustrie, wo Tempo die Essenz von allem ist, eine Herausforderung: «Ich bin ein ungeduldiger Mensch, mein Hirn brummt ständig, aber man muss auch wissen, wie man das Timing respektiert.» Gelernt hat sie das bei Firmenich. Auf den fragenden Blick antwortet sie: «Haben wir es eilig? Nein. Müssen wir das am schnellsten wachsende Unternehmen sein? Nein.» Sondern? «Meine Mission ist es, dieses Unternehmen für die Zukunft aufzustellen als stark, begehrenswert und unabhängig.» Stark ist AP, unabhängig auch. Beim Begehren gibt es Potenzial, insbesondere bei jüngeren Leuten – und bei Frauen.

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Ihr erstes Produkt bringt Resta – «fingers crossed» (Resta) – schon nächstes Jahr auf den Markt. Hat es mit dem Armband zu tun, das sie zu ihrer goldenen Royal Oak am Handgelenk trägt? Es ist aus «Frosted Gold», einer Spezialität des Hauses und etwas feiner als das Uhrenarmband des dazugehörenden Modells, einer AP ohne Zeitmesser. Die Frage dazu ist die erste, die Resta nicht beantwortet. Dafür legt sie eine andere Spur: «Anlässlich unseres 150-Jahr-Jubiläums werden wir mit etwas kommen, womit niemand gerechnet hat.» Sie habe es in ihrer ersten Woche angeregt. «Es wird eine Hommage an den Anfang von allem.» Und ihr erstes Denkmal.

Architektonisch einmalig: Das AP Museum in Le Brassus.

Architektonisch einmalig: Das AP Museum in Le Brassus.

Ambroise Tézenas / PR
Architektonisch einmalig: Das AP Museum in Le Brassus.

Architektonisch einmalig: Das AP Museum in Le Brassus.

Ambroise Tézenas / PR

Das Gerede in der Szene hat gewiss mit Resta und ihrem CV zu tun, wird aber von ihrer Ausgangslage zusätzlich befeuert. Hinter dem Unternehmen liegt eine furiose Dekade. Ein paar Schlaglichter: Bennahmias hat das Vertriebsnetz von 373 auf weltweit 88 miniaturisiert, darunter 20 «AP House» genannte Monobrandboutiquen, wo AP heute 90 Prozent des Umsatzes erzielt, der viermal höher ist als bei seinem Antritt. Die Belegschaft hat er auf knapp 3000 Mitarbeitende verdoppelt. In der bald fertiggestellten Fabrik «The Arc» in Le Brassus, wo mehrere Produktionsstätten unter einem Dach vereint werden, kann der Output von heute 50'000 auf 70'000 Zeitmesser steigen. An den Hauptsitz hat er ein architektonisch einmalig schönes Museum gebaut und direkt daneben das Vier-Sterne-Haus Hôtel des Horlogers. 2019 hat FHB zudem eine von Grund auf neue Kollektion eingeführt, die Code 11.59. Sie spielt inzwischen rund zwölf Prozent des Umsatzes ein, Tendenz steigend. Damit ist es ihm gelungen, ein Gegengewicht zur Ikone Royal Oak zu schaffen, bis dato die einzige Umsatzquelle der Firma. Er hat AP im Zeitgeist verankert, in der Kunst, in der Musik, im Sport. Letztes Jahr hat er mit der «Universelle», einer Code 11.59 mit 40 Komplikationen und einem Uhrwerk aus 1140 Teilen, die «Aiguille d’Or» gewonnen. Es ist die höchste Auszeichnung, die es in der Uhrenbranche zu holen gibt. Bref: FHB hinterlässt Resta ein mächtiges Erbe. Und eine Marke mit einem ziemlichen Macho-Image.

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Über die Autoren
Iris Kuhn Spogat

Iris Kuhn-Spogat

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