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Grand Seiko

Eine Liga für sich

Die japanische Luxusuhrenmarke Grand Seiko ist auf dem Vormarsch – mit Präzision, Stil, Savoir-faire und dem Ehrgeiz, immer besser zu werden.

Iris Kuhn Spogat

farben des koiDie SBGW321 ist ­inspiriert von den Nishikigoi, die sich in typisch japanischen Teichgärten tummeln – und exklusiv für Europa gemacht. Im Innern des Edelstahlgehäuses steckt das Handaufzugskaliber 9S64. Preis: 6100 Fr.

Farben des Koi: Die SBGW321 ist inspiriert von den Nishikigoi, die sich in typisch japanischen Teichgärten tummeln – und exklusiv für Europa gemacht. Im Innern des Edelstahlgehäuses steckt das Handaufzugskaliber 9S64. Preis: 6100 Fr.

PR / zVg Grand Seiko

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In der Schweizer Uhrenszene kursiert seit Langem der Spruch «Es gibt Uhren, und es gibt Rolex». Er müsste ergänzt werden mit «... und es gibt Grand Seiko». Falls Sie jetzt die Stirn runzeln, kennen Sie die Marke noch nicht. Die Uhren werden in Japan gemacht und sind wie jene des Schweizer Branchenprimus eine Liga für sich, und das inzwischen längst nicht mehr nur in den Augen von Frédéric Bondoux.

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Der 58-Jährige hat für die Marke seine Karriere bei der Swatch Group sistiert und ist seit 2020 damit betraut, für Grand Seiko den europäischen Markt aufzubauen. Von null. Bevor er zugesagt habe, sei er nach Japan gereist, «um mir ein Bild von Grand Seiko zu machen», erzählt er und ergänzt: «Was mich schwer beeindruckt hat, waren die viele Handarbeit und die Hingabe, die die Uhrmacher dafür haben.»

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Er trat den Job an, eine Woche bevor die Welt in den Lockdown ging – und hat die Krise in guter Erinnerung. «Die Stimmung war schlecht, zahlreiche Marken hatten eigene Boutiquen eröffnet – und ich hatte etwas Neues und Exzellentes.» Exzellent wie Rolex? Darauf sagt er nur, «Grand Seiko ist viel, viel kleiner.»

schwerarbeiter Frédéric Bondoux ist seit 2020 Europa-Chef von Grand Seiko. ­Gestartet ist er mit einer einzigen Grand-Seiko-Boutique in ­Paris. Heute beliefert er 123 Verkaufsstellen in 20 Ländern.

Schwerarbeiter: Frédéric Bondoux ist seit 2020 Europa-Chef von Grand Seiko. Gestartet ist er mit einer einzigen Grand-Seiko-Boutique in Paris. Heute beliefert er 123 Verkaufsstellen in 20 Ländern.

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schwerarbeiter Frédéric Bondoux ist seit 2020 Europa-Chef von Grand Seiko. ­Gestartet ist er mit einer einzigen Grand-Seiko-Boutique in ­Paris. Heute beliefert er 123 Verkaufsstellen in 20 Ländern.

Schwerarbeiter: Frédéric Bondoux ist seit 2020 Europa-Chef von Grand Seiko. Gestartet ist er mit einer einzigen Grand-Seiko-Boutique in Paris. Heute beliefert er 123 Verkaufsstellen in 20 Ländern.

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Schwer vergleichbar

Rolex stellt im Jahr über eine Million Uhren her, Grand Seiko um die 60'000 – und das anders als Rolex mehrheitlich in Handarbeit. Preislich schwingen die beiden Luxusmarken aber in ähnlichen Sphären. Eine sportliche Grand Seiko gibt es ab 2600 Franken, elegantere Modelle kosten zwischen 5000 und 11'000, einige mit Goldgehäuse um die 30'000 Franken. In einem Punkt sind sie aber gleich: Beide kontrollieren ihre Wertschöpfungskette von A bis Z.

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Grand Seiko firmiert mit Seiko unter dem Dach der japanischen Seiko Corporation. Seiko produziert seit 1913 Armbanduhren und ist berühmt für ein breites Sortiment zu tendenziell unschlagbarem Qualität-Preis-Verhältnis und berühmt-berüchtigt als Herstellerin der ersten Quarzuhr: Die Seiko Quartz Astron, lanciert am 25. Dezember 1969, kam zu einer Zeit, als eine Uhr mehr Pflicht war denn Kür und Ganggenauigkeit wichtiger als jede andere Spezifikation. Die Nachfrage nach den hochpräzisen Quarzuhren entwickelte sich explosionsartig, und Seiko gründete erstmals Tochtergesellschaften ausserhalb Japans – eine in den Vereinigten Staaten und eine in Grossbritannien. Was folgte, hat die Schweizer Uhrenindustrie beinahe ausgelöscht.

Grand Seiko gibt es erst seit 1960. Die Marke wurde gegründet als noble Untermarke von Seiko und als Gegenwehr zu Luxusuhren aus dem Ausland. Der Hintergrund: Die Importe von Armbanduhren nach Japan wurden per 1961 liberalisiert, und Seiko wollte dieses Feld den Schweizern nicht alternativlos überlassen. Sie schufen Zeitmesser, die in Bezug auf Genauigkeit und Verarbeitung mit den besten Schweizer Chronometern mithalten konnten – exklusiv für den japanischen Markt. Das änderte sich 2010, als Bondoux’ Chef Akio Naito entschied, Grand Seiko müsse international werden.

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remakeDie SLGW005 im 38-mm-Stahlgehäuse, ist eine Reproduktion der ersten Grand Seiko mit Hi-Beat-Handaufzugskaliber. Die Neuauflage ist denn auch gebrandet wie das Original von 1968. Preis: 10 400 Fr.

Remake: Die SLGW005 im 38-mm-Stahlgehäuse, ist eine Reproduktion der ersten Grand Seiko mit Hi-Beat-Handaufzugskaliber. Die Neuauflage ist denn auch gebrandet wie das Original von 1968. Preis: 10'400 Fr.

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remakeDie SLGW005 im 38-mm-Stahlgehäuse, ist eine Reproduktion der ersten Grand Seiko mit Hi-Beat-Handaufzugskaliber. Die Neuauflage ist denn auch gebrandet wie das Original von 1968. Preis: 10 400 Fr.

Remake: Die SLGW005 im 38-mm-Stahlgehäuse, ist eine Reproduktion der ersten Grand Seiko mit Hi-Beat-Handaufzugskaliber. Die Neuauflage ist denn auch gebrandet wie das Original von 1968. Preis: 10'400 Fr.

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Internationale Expansion

Naito ist Präsident von Seiko und Grand Seiko und seit 1984 im Unternehmen, dessen Geschichte 1881 mit der Gründung durch den Unternehmer Kintaro Hattori beginnt und das bis heute im Besitz der Familie Hattori ist. Er wirkt distanziert, vermeidet während eines der seltenen Interviews, das er BILANZ gewährte, Augenkontakt und verzieht keine Miene, hat aber klar hörbar ein Lächeln in der Stimme. Naito gesteht unter anderem ein, dass sich die Eroberung des Weltmarkts schwieriger gestaltet hat als gedacht: Ausserhalb Japans kannte jeder Seiko, kaum jemand Grand Seiko und niemand den Unterschied. 2017 wurden die beiden Marken daher auseinanderdividiert, für je eigenständig erklärt.

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«Wir werden uns noch viel mehr anstrengen»

Akio Naito, Präsident von Grand Seiko, über seinen Erfolgshunger.

Herr Naito, Grand Seiko ist gerade dabei, den europäischen Markt aufzurollen. Wie gehen Sie es an?

2020 haben wir eine eigene Marketing- und Verkaufseinheit gegründet und in Paris an der Place Vendôme unsere erste Boutique eröffnet. 2022 haben wir entschieden, dass wir zudem an der grossen Uhrenmesse Watches and Wonders teilnehmen wollen.

War es einfach, da reinzukommen?

Ganz einfach. Die Veranstalter sind auf uns zugekommen, nicht wir auf sie. Sie sagten, nun, da wir unsere Türen geöffnet haben für Rolex und Patek Philippe, warum stossen Sie mit Grand Seiko nicht auch dazu?

Das ist ja bekanntlich ein sehr teurer Spass. Haben Sie lange überlegt?

Ich hatte drei Bedingungen: Erstens wollen wir einen Stand, der dem Image der Marke, auf die wir sehr stolz sind, entspricht. Zweitens wollte ich eine auf lange Frist ausgerichtete Partnerschaft. Und drittens liess ich mir versichern, dass die Watches and Wonders eine Messe für Luxusmarken bleiben wird. Als alles geklärt war, habe ich zugesagt.

Sind Sie zufrieden mit dem Outcome?

Ja, natürlich. Grand Seiko ist inzwischen viel bekannter. Geholfen hat auch, dass wir in den vergangenen drei Jahren am Grand Prix d’Horlogerie de Genève für einen Preis nominiert waren und vor zwei Jahren die Trophäe auch gewonnen haben.

Was sind Ihre Ziele in Europa? 

Wir haben hier ziemlich signifikante Fortschritte gemacht, allerdings immer noch viel Potenzial, und wir werden uns noch viel mehr anstrengen.

Haben Sie denn überhaupt die Kapazität, um in Europa im grossen Stil zu wachsen?

Um die Kapazität mache ich mir keine Sorgen. Wir haben sehr talentierte und junge Uhrmacher, die dank den Fortschritten, die Grand Seiko in der ganzen Welt macht, hoch motiviert sind und nur darauf brennen, alles zu geben.

Sie treten gegen starke Schweizer Marken an wie Rolex und Omega. Was macht Sie so sicher, dass Sie hier Marktanteile gewinnen können?

Wir betrachten die europäischen Marken weder als Wettbewerber noch als Benchmarks.

Im Ernst?

Im Ernst. Denn eine Luxusmarke muss ihre ganz eigene Identität etablieren, wir wollen nicht verglichen werden in Sachen Preis, Funktionen ...

… sondern?

Wir wollen, dass die Leute sich in Grand Seiko verlieben. Das ist unser Ziel.

Was lieben Sie an Grand Seiko?

Drei Dinge. Das erste ist der japanische Sinn für Ästhetik und die Affinität der Marke zur Schönheit dessen, was uns umgibt, die Natur. Das andere sind unsere Uhrmacher, Ingenieure und Designer, die davon beseelt sind, exzellente Arbeit zu leisten. Und schliesslich die Leidenschaft der Fans. Sie sind eines der grossen Assets von Grand Seiko in Japan. In unserem GS9-Club haben wir über 40 000 Mitglieder. Wir sind dabei, etwas Vergleichbares nun auch in Europa aufzubauen.

Wer ist der typische GS-Kunde?

Es gibt einen kleinen Unterschied zwischen den Fans der Marke in Japan und ausserhalb Japans. Ausserhalb ist der durchschnittliche Kunde jünger als in Japan, was wohl damit zu tun hat, dass die Marke erst langsam bekannt wird und es noch so viel zu entdecken gibt.

Was ist das Schwierigste für Sie ausserhalb Japans?

Als wir Grand Seiko 2010 ausserhalb Japans lanciert haben, war eine der grossen Herausforderungen, das Markenimage von dem von Seiko zu unterscheiden. 2017 haben wir deshalb entschieden, Grand Seiko zu einer unabhängigen Marke zu machen, die nicht unter dem Dach von Seiko firmiert. 2018 haben wir Grand Seiko USA gegründet, 2020 in Europa, 2022 in Asia-Pacific und 2024 in China. Wir sind nun in allen wichtigen Märkten mit eigenen Einheiten präsent mit Mitarbeitenden aus den jeweiligen Regionen.

Eine Botschaft für die Schweizer Kunden?

Wir sehen uns nicht als Konkurrenz, deshalb heisst uns willkommen.

mächtiger willeAkio Naito, Präsident von Seiko und Grand Seiko, sucht für Grand Seiko Erfolg ausserhalb Japans.
Mächtiger Wille: Akio Naito, Präsident von Seiko und Grand Seiko, sucht für Grand Seiko Erfolg ausserhalb Japans.PR
mächtiger willeAkio Naito, Präsident von Seiko und Grand Seiko, sucht für Grand Seiko Erfolg ausserhalb Japans.
Mächtiger Wille: Akio Naito, Präsident von Seiko und Grand Seiko, sucht für Grand Seiko Erfolg ausserhalb Japans.PR

Bondoux startete mit einer Boutique an der Place Vendôme in Paris und hat schwer gewirkt: Grand Seiko nimmt seit 2022 an der Uhrenmesse Watches and Wonders in Genf teil, gewann im gleichen Jahr am Grand Prix d’Horlogerie de Genève die Trophäe in der renommierten Kategorie Chronometrie. In Europa beliefern die Japaner inzwischen 123 Verkaufspunkte in 20 Ländern.

Ganz gleich, ob man Naito fragt oder Bondoux – beide Männer sträuben sich, Grand Seiko anderen Luxusmarken gegenüberzustellen und zu vergleichen. «Die beiden Kulturen sind schwer zu vergleichen», sagt Bondoux, und Naito: «Wir wollen nicht verglichen werden.» Kein Wunder, Unterschiede sind Feinstoffliches wie die Unermüdlichkeit bei der Suche nach Perfektion.  Oder eine tiefe Liebe zur Natur.

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Die Uhren

Grand Seiko
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Eiskalt

Im Norden der japanischen Insel Honshu, in der Präfektur Iwate, gefriert im Winter der 30 Meter hohe Wasserfall Nanataki, das Eis schimmert hellblau: Das ist die Vorlage fürs Zifferblatt der SBGH347. Preis: 6900 Fr.

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Diese zeigt sich nicht in den staubtrockenen Namen, den die Japaner ihren Modellen geben – SLGA025, SBGH347 oder SLGW003 –, aber in den Geschichten, die sie dazu erzählen: Sie spielen draussen vor der Manufakturtür. Für die Zifferblätter – bei Grand Seiko ein zentrales Element – fischen die Designer Ideen aus dem Koi-Teich, holen sie vom Morgenhimmel über der nahe gelegenen Hotaka-Bergkette, pflücken sie von den Kirschbäumen oder entdecken sie im Birkenhain hinter der Manufaktur. Changierende Farben, Oberflächenstrukturen sowie Licht-Schatten-Effekte sind die Essenz von komplexen Verfahren, jahrhundertealter Tradition japanischer Handwerkskunst und Engelsgeduld. Das Zifferblatt der «Birch Bark» (Birkenrinde) entsteht in 20 einzelnen Arbeitsschritten, und spätestens ab Schritt sechs, so möchte man behaupten, erkennt ein Laie den Zugewinn nicht mehr. Die Zaratsu-Polissage, eine andere Spezialität der Marke, die den Grand Seikos einen besonderen Glanz verleiht, erfordert höchste Geschicklichkeit und wird nur von wenigen Uhrmachern beherrscht, die jahrelang dafür trainiert haben. Jede Uhr wird von Hand zusammengebaut und verziert, jeder Sekundenzeiger einzeln gebläut, die Indexe auf dem Zifferblatt werden von Hand geschliffen und poliert. Bref: In einer Grand Seiko steckt viel Zeit von Könnern, die weit weniger verdienen, als sie in der Schweiz verdienen würden und sind – vergleichsweise – günstig. 

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Streben nach Perfektion

Ein Job bei Grand Seiko ist eine Ehrensache. «Ein Uhrmacher muss 10 bis 15 Jahre Erfahrung haben, um für die Marke arbeiten zu können», sagt Bondoux und nennt diese hohe Hürde den «Schutzengel der Qualität». Handwerkskunst geniesst in Japan per se hohes Ansehen. Die Meister sind Takumi: Dieser Titel ist ein staatliches Qualitätssiegel, das an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft ist, etwa dass jemand mindestens 60'000 Arbeitsstunden auf einem Gebiet vorweisen muss. Grand Seiko hat fünf Meister bei sich, zwei Uhrwerkdesigner, einen Zifferblattingenieur, einen Lederhandwerker und einen Uhrendesigner. Ein Takumi ist nicht nur verpflichtet, das eigene Können stetig weiterzubringen, sondern auch, es an die nächste Generation weiterzugeben.

Zu den Spitzenleistungen von Grand Seiko gehören die Kaliber. Es werden drei Typen hergestellt: mechanische, elektronische und Spring-Drive-Werke. Eine Spezialität sind die sogenannten Hi-Beat-Werke, reine Mechanik auf hoher Frequenz und damit sehr genau. Der grosse Stolz des Hauses heisst Spring Drive und ist ein Mix aus Mechanik und Elektronik. Angetrieben wird das Räderwerk entweder per Handaufzug oder von einem Rotor, braucht also keine Batterie. Die Kraft der Zugfeder wird aber mit einer von Quarz gesteuerten, elektromagnetischen Bremse konstant gehalten. Das Ergebnis: eine Ganggenauigkeit nahe der Quarzuhr – mit einer maximalen Abweichung von einer Sekunde pro Tag. Eingeführt wurde die Technologie 2004 und seither – man ahnt es – stetig verfeinert.

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Über die Autoren
Iris Kuhn Spogat

Iris Kuhn-Spogat

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