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Torsten Friedrich ist der Experte für günstig

Der 48-jährige Denner-CEO muss den grössten Discounter der Schweiz wieder auf Wachstumskurs bringen.

Erich Bürgler, Redaktor BILANZ - fotografiert im September von Paul Seewer für BILANZ

Torsten Friedrich hat als Chef von Lidl Schweiz Eindruck hinterlassen. Nun muss er als Denner-CEO am Image des Discounters feilen.

Torsten Friedrich hat als Chef von Lidl Schweiz Eindruck hinterlassen. Nun muss er als Denner-CEO am Image des Discounters feilen.

Philippe Rossier

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Der Umsatz von Denner stagnierte 2024. Die Nachricht kam überraschend, galt Denner doch lange als Zugpferd innerhalb des kriselnden Migros-Konzerns. Nun hat Migros-Chef Mario Irminger den Druck auf Torsten Friedrich zusätzlich erhöht. Nach einer schwierigen Transferphase mit einem Interims-CEO werde die Tochter Denner hoffentlich im zweiten Halbjahr wieder Fahrt aufnehmen, sagte er in einem Interview mit CH Media. Friedrich, der Denner seit Anfang Jahr leitet, hat als Lidl-Schweiz-Chef bei der Konkurrenz Eindruck hinterlassen. Coop nimmt Lidl bei Preis und Qualität als Benchmark für die Prix-Garantie-Produkte. Der 48-Jährige setzte beim deutschen Discounter auf mehr Schweiz – von der Bündner Nusstorte bis zum Ostschweizer Rohmilchkäse. Auch forcierte er die Einführung von Self-Checkout-Kassen. Friedrich sei zugänglich, pflege den Kontakt zu Filialleitern und schenke den Mitarbeitenden viel Vertrauen, sagen Weggefährten. Der Hobby-Barista – er hat zu Hause eine La Marzocco und zwei Kaffeemühlen – steht bei Denner vor neuen Herausforderungen: Die Filialen haben völlig unterschiedliche Grössen, und die Eigenmarken sind wenig bekannt. Zudem muss Friedrich am Image feilen: weg vom Alkohol- und Tabakladen, hin zum nahen Discounter mit Frische-Angebot.

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Die Mitstreiter

Migros-Chef Mario Irminger dürfte als langjähriger Verantwortlicher für Denner bei der Wahl von Friedrich ein Wort mitgeredet haben. Die beiden pflegten bereits als Konkurrenten einen freundlichen Austausch. Eigentlich müsste auch Migros-Präsidentin Ursula Nold zu den Fürsprecherinnen der Discount-Tochter zählen. Mit ihren Aussagen nach Bekanntgabe der neuen Tiefpreisstrategie der Migros erwies sie Denner allerdings einen Bärendienst. «Alkohol wird unsere Kundschaft auch künftig nur im Denner finden», antwortete sie auf die Frage, wozu man denn überhaupt noch bei Denner einkaufen gehen soll. Dabei bemüht sich der Händler seit Jahren um einen Imagewandel: Statt Dosenbier und Wein hebt Denner das Angebot an frischem Brot, Obst und Gemüse hervor. Friedrichs direkter Vorgesetzter im Konzern ist der Leiter des Departements Handel, Michel Gruber. Der hat auch den Onlineriesen Digitec Galaxus unter sich und lässt den jeweiligen Verantwortlichen viel Freiraum. Eine wichtige Rolle bei jedem Discounter spielt der Einkaufschef. Der Ex-Rewe-Mann Sascha Göbels macht den Job bei Denner schon seit neun Jahren. Allerdings redet seit Kurzem auch jemand anderes mit: Der ehemalige Edeka-Manager Florian Decker verantwortet neu den Einkauf von Migros, Denner und Migrolino bei übergreifenden Sortimenten. Dabei geht es vor allem um Markenartikel. Die Hoheit bei der Auswahl der Produkte für das eigene Sortiment soll bei Denner bleiben.

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<p>Migros-Chef Mario Irminger zählt zu Friedrichs Mitstreitern.</p>

Migros-Chef Mario Irminger zählt zu Friedrichs Mitstreitern.

Keystone
<p>Migros-Chef Mario Irminger zählt zu Friedrichs Mitstreitern.</p>

Migros-Chef Mario Irminger zählt zu Friedrichs Mitstreitern.

Keystone

Die Familie

Torsten Friedrich wuchs in Leipzig in der damaligen DDR auf und war beim Mauerfall zwölf Jahre alt. Sein Vater, ein Elektrotechniker, ging jeweils an die Montagsdemonstrationen. Seine Mutter war Lehrerin. Jüngst kaufte die Familie in Kreuzlingen TG ein Haus. Seine Frau Susann Grande-Friedrich arbeitete lange als Ingenieurin bei Audi. Das Ehepaar und die beiden Töchter Klara (15) und Johanna (11) fühlen sich in der Ostschweiz zu Hause. Das war auch der Grund für den Abgang von Friedrich bei Lidl Schweiz. Er hätte eine höhere Position beim Mutterhaus in Neckarsulm antreten sollen – dazu kann man eigentlich nicht Nein sagen. Die Familie entschied sich allerdings dagegen, und Torsten Friedrich kündigte.

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Die Karriere

Nach einer Lehre als Kaufmann studierte Torsten Friedrich BWL und bewarb sich nach dem Abschluss bei Aldi und Lidl. Die erste Zusage kam von Aldi, wo er allerdings nur kurz arbeitete. Lidl bot ihm wenig später ebenfalls eine Stelle an, und zwar gleich in einer höheren Position als Verkaufsleiter. Es sollten über 20  Jahre beim deutschen Discounter in zahlreichen leitenden Funktionen werden. Der ehemalige Lidl-CEO Karl-Heinz Holland förderte Friedrich und sorgte dafür, dass er in die Geschäftsleitung des operativen Geschäfts von Lidl Deutschland aufstieg und dort unter anderem den Einkauf verantwortete. Die beiden verstanden sich auch persönlich gut. Holland habe mit seinem Führungsstil viele Lidl-Manager geprägt, heisst es im Unternehmen. Ein wichtiger Sparringspartner für Friedrich war Michael Aranda, der 17 Jahre lang in leitender Funktion bei Lidl Spanien tätig war. Aranda half Friedrich, sich auf die Rolle des Schweiz-Chefs vorzubereiten. Die Art, wie Aranda Mitarbeitende für sich gewinnen konnte, beeindruckte Friedrich. Wenn es darum geht, ein Team zu Höchstleistungen zu motivieren, nennt Friedrich den langjährigen Cheftrainer des FC Liverpool, Jürgen Klopp, als Vorbild. Mit seiner bodenständigen Art habe dieser auch die Superstars dazu gebracht, sich den Zielen des Teams unterzuordnen.

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<p>Für den Denner-Chef ist Jürgen Klopp ein Vorbild.</p>

Für den Denner-Chef ist Jürgen Klopp ein Vorbild.

imago/SKATA
<p>Für den Denner-Chef ist Jürgen Klopp ein Vorbild.</p>

Für den Denner-Chef ist Jürgen Klopp ein Vorbild.

imago/SKATA

Die Gegenspieler

Einer der härtesten Konkurrenten ist der ehemalige Arbeitgeber Lidl Schweiz. Der neue Länderchef Nicholas Pennanen treibt die rasche Expansion mit der Eröffnung von acht bis zehn Schweizer Filialen pro Jahr voran. Im Vergleich mit Aldi hat Lidl einen höheren Anteil von Markenartikeln. Auch Denner setzt auf starke Marken. Seit über vier Jahren führt Jérôme Meyer Aldi Suisse. Die Deutschen kamen vor 20 Jahren in die Schweiz und betreiben über 240 Filialen. Beide deutschen Discounter eröffnen immer mehr Filialen in den Innenstädten und kommen damit Denner stärker ins Gehege. Coop-Chef Philipp Wyss macht ebenfalls auf billig. Er hat das Sortiment der Tiefpreislinie Prix Garantie auf 1500  Produkte ausgebaut – nicht weit entfernt von den rund 2000 Artikeln, die Discounter führen. Im eigenen Haus macht Peter Diethelm, Leiter der Supermarkt AG, Denner zunehmend Konkurrenz. Im Oktober hat die Migros eine neue Tiefpreisstrategie ausgerufen. «Es soll keinen Grund mehr geben, zum Discounter zu gehen», liess sich Diethelm zitieren.

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<p>Peter Diethelm, Chef der Supermarkt AG, macht Denner Konkurrenz.</p>

Peter Diethelm, Chef der Supermarkt AG, macht Denner Konkurrenz.

Dan Cermak für BILANZ
<p>Peter Diethelm, Chef der Supermarkt AG, macht Denner Konkurrenz.</p>

Peter Diethelm, Chef der Supermarkt AG, macht Denner Konkurrenz.

Dan Cermak für BILANZ

Die Retail-Connection

Als Friedrich im Jahr 2020 die Lidl-Länderverantwortung in der Schweiz übernahm, weitete er sein Netzwerk im Verband Swiss Retail Federation aus. Dagmar Jenni ist dort seit über neun Jahren Direktorin. Friedrich fing mitten in der Pandemie an, als sich die Vorschriften des Bundes im Wochentakt änderten. Heute sind Themen wie der Einkaufstourismus aktuell. Zum Verband gehören von Aldi über Manor bis zu Decathlon und C&A viele Grössen des Retails, Denner ist, im Gegensatz zu Lidl, zusammen mit Migros und Coop Teil der IG Detailhandel. Unter Experten tauscht sich der Denner-Chef gerne mit HSG-Professor Thomas Rudolph aus. Dessen Forschungsgebiete, wie Konsumverhalten, E-Commerce und digitales Marketing, liefern reichlich Gesprächsstoff. Bei Umweltthemen ist Fabian Etter, Co-Präsident von Swisscleantech, ein wichtiger Ansprechpartner.

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Über die Autoren
Erich Bürgler, Redaktor BILANZ - fotografiert im September von Paul Seewer für BILANZ

Erich Bürgler

Erich Bürgler

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